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»Sehr verschieden von den anderen Affenarten, wie Meerkatzen, Javaaffen, Makake und Resus, benahmen sich die sechs Schimpansen. Ihre Spiele waren viel methodischer. Eines Tages standen zwei leere, große Kisten im Gehege der Menschenaffen.
Pascha untersuchte sie eingehend. Dann lief er plötzlich im Kreise immer um die eine der Kisten herum. Er mußte sich wohl mit seinen Frauen verständigt haben, denn alle fünf machten es ihm nach und liefen genau in seiner Spur hinter ihm her. Auf einmal bezog Pascha auch die andere Kiste mit in seine Bahn ein, genau so taten die Äffinnen. Immer im Galopp ging es im Oval herum, ein ›Gnomenreigen‹.
Bald wurde die Aufgabe komplizierter. Der Kreis, den Pascha lief, wurde zur Acht. Doch nur vier Damen der Gefolgschaft folgten dem Anführer. Nelly, die fünfte, begriff es nicht, sie kam aus der Reihe. Das störte aber die anderen in ihrem exakten Spiel, und sie stießen Nelly aus dem Kreis. Resigniert setzte sich die Äffin und sah zu. Jetzt gab der Schimpansenmann dem Spiel eine neue Note.
Er hob die linke Vorderhand und lief auf drei Händen weiter. Gleich darauf hüpften auch die Damen in derselben Weise hinterdrein. Nicht lange liefen sie so, und Pascha wechselte, indem er den rechten Hinterfuß hob. Auch hierin folgten ihm seine Frauen wie auf Kommando.
Nun schien es dem Affenmann genug, er sprang ganz unvermutet hinter eine Kiste, und in der Reihenfolge, wie die Schimpansinnen an ihm vorbeigehumpelt kamen, schlug er jeder auf das Hinterteil. Damit war das Spiel aus. Wer wollte nach solchen Beobachtungen noch der Ansicht einzelner Wissenschaftler beipflichten, daß die Tiere keinen Humor hätten?
Als eines Morgens an dem Maschengitter über dem Gehege drei Bananen hingen, wußten sich die Schimpansen auch in dieser Lage zu helfen. Eine der Äffinnen, die, deren düsteren Kopf Jochen gezeichnet hatte, stellte, nach einigen vergeblichen Bemühungen, eine Kiste auf die andere. Wenn man bedenkt, daß das eine Handlung ist, die das Tier in der Freiheit nie ausführen konnte, so ist der Glaube an das nur instinktmäßige Handeln der Tiere schwer aufrechtzuerhalten.
Die so erzielte Höhe reichte aber nicht aus, die Schimpansin kam nicht bis zu den Bananen.
Nun stand im Gehege eine Bambusstange. Die Äffin stellte sie unter die Bananen und versuchte emporzuklimmen, doch die Stange fiel um. Eine ganze Reihe vergeblicher Versuche dieser Art hatte sie gemacht, bis ihr endlich das Richtige einfiel. Sie stellte die Stange wieder senkrecht, enterte blitzschnell daran empor, und springend, während die Stange den Halt verlor, ergriff sie die Bananen und fiel zur Erde.«
Der Vortragende führte noch andere Beispiele an, aus denen klar hervorging, wie sehr diese Menschenaffengruppe fähig war, unter ganz neuen Lebensumständen Wege zur Erreichung eines Zieles zu finden, die keiner ihrer Vorfahren gegangen war.
Zweifellos leitet der Instinkt im weitesten Maße die Geschöpfe der Natur. Selbst der Mensch beweist in Augenblicken, da ihn irgend etwas überrumpelt, Instinkt. Doch genau so, wie es verfehlt wäre, den Menschen als reines Verstandeswesen zu betrachten, ebenso falsch wäre es, im Tier einen blind den ehernen Gesetzen der großen Natur folgenden Organismus zu sehen.
Wo die Grenze zwischen Bewußtsein und Unterbewußtsein läuft, das festzustellen gelingt wohl kaum beim Menschen, noch viel weniger beim Tier.
Wenn man davon ausgeht, daß alle Erscheinungen des Lebens im Fluß sind, nichts endgültig ist, so glaubt man zu verstehen, daß die Leistungen des Instinktes und des Verstandes sich wechselseitig ergänzen.
Wenn ein Tier instinktiv das Richtige tut, so müssen die Erfahrungen vieler Generationen gewirkt haben, um dies wunderbare Werkzeug zu entwickeln. Erst einmal aber ist jede Erfahrung neu, und es muß in allen Geschöpfen mehr oder minder eine Kraft leben, die sie befähigt, das Neue, demgegenüber der Instinkt versagen muß, aufzufassen. Der Verstand! Hier liegen die Unterschiede zwischen hoch- und niederentwickeltem Tier sowie zwischen höchstentwickeltem Tier und Mensch nur im Graduellen.
Diese Gedanken suchte Jochens Vater seinem Jungen auf dem Heimweg begreiflich zu machen. Jochen folgte auch den ersten Gedankenzügen mit Interesse, doch schnell erlahmte die Konzentrationskraft des jungen Gehirns, dessen Stärke exaktes Denken nicht war. Die Fähigkeit des Erfassens lag bei ihm im Auge und im Gefühl.