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Sein erster Gedanke war, daß der lange Schlaf ihn glücklich um das Diner im Schlosse mit den fürstlichen Gästen gebracht hatte. Er hoffte, ihnen auch für den Abend ausweichen zu können, und war daher unangenehm überrascht, als er hörte, daß all sein Irrelaufen ihn nur im Kreise um das Schloß herumgeführt, daß er nur einen Hügelstrich zu überschreiten habe, um sich an der Rückseite des Parks dem Wildgatter gegenüber zu befinden. Nun ergab er sich in sein Schicksal, ließ sich von einem barfüßigen Tagelöhnerkinde den Weg zeigen und kam noch zeitig genug, um den letzten Schimmer des Abendroths auf dem kupfernen Dach des kleinen Eckthurms verglimmen zu sehen.
Durch das Treppchen, das vom Hof in das Seitengebäude führte, wollte er sich in sein Zimmer zurückstehlen. Ein Lakai aber, der auf ihn gewartet zu haben schien, erinnerte ihn an den Unfall seines Zimmernachbars, indem er ihn zu entschuldigen bat, daß man schon in seiner Abwesenheit ihn ausquartiert habe, in den oberen Stock des Hauptgebäudes – ein schönes Zimmer nach vorn 130 heraus, mit welchem Tausch, wie die Frau Gräfin gesagt, der Herr Doctor gewiß zufrieden sein würde. Es war Edwin sehr gleichgültig, wohin man ihn brachte. Als er aber droben an das hohe Bogenfenster trat und die still im Abendlicht ruhenden Wälder, das weite Land dahinter und den zartgefärbten Himmel darüber ausgebreitet sah, wurde es ihm zum ersten Mal an diesem Tage leicht und frei zu Muth, und die schwüle Last unruhiger Gedanken fiel von ihm ab. Der Diener hatte die Kerzen auf dem Pfeilertisch angezündet, fragte nach seinen Befehlen und entfernte sich dann mit dem Bemerken, in einer halben Stunde sei das Diner unten im Saal. Ihre Durchlauchten hätten die Rückkehr des Herrn Grafen von der Jagd abwarten wollen.
Edwin nickte zerstreut. Er war noch unschlüssig, was er thun sollte. An Stelle der beklommenen Furcht vor seiner eigenen Schwäche, die ihn heut durch den Wald gehetzt, war ein heftiges Verlangen getreten, sie wiederzusehen, die Stimme wiederzuhören, die die geheimsten Saiten seiner Brust erzittern machte, ihren Blick wieder auf seinen Augen ruhen zu fühlen. Es schien ihm, als wäre er nun stark genug, mit der Glut zu spielen. Dann wieder verdroß ihn die Nähe der fremden Gesichter, die er mit in Kauf nehmen sollte.
Er hatte seine Wandertasche auf dem zierlichen Tisch mit vergoldeten Rococofüßen vorgefunden und fing mechanisch an, den Inhalt auszupacken. Die Schreibmappe fiel ihm in die Hand. Er dachte, daß er erst vor vierundzwanzig Stunden an Lea geschrieben hatte – wie 131 ahnungslos! Dann überlegte er, ob es nicht wohlgethan sein möchte, jetzt gleich von seinen Erlebnissen ihr zu berichten, damit das Schwerste schon gesagt wäre, wenn er ihr wieder vor die Augen träte. Er fühlte [in] sich den Muth, es wenigstens zu versuchen, und hatte schon das Schreibzeug geöffnet, als es an der Thür klopfte und Graf Gaston in sehr elegantem schwarzem Gesellschaftsanzuge mit seinem gewohnten liebenswürdigen Ungestüm hereintrat.
Sie schriftstellern, Doctor! rief er lachend. Welchen großen Gedanken haben Sie heut im Walde gehabt, der nun noch zu Papier gebracht werden soll? – Ihr Männer der Wissenschaft seid doch beneidenswerthe Sterbliche. Unsereins bedarf, um seinen Beruf, das Leben zu genießen, methodisch auszuüben, einen so weitläufigen Apparat: Küchenwagen, Flaschenkorb, einen Flügel, Havannacigarren, schöne Weiber und sonst noch dies und das. Sie dagegen durchstreifen eine Wildniß, in der Nichts wächs't, als Bucheckern, Eicheln und Tannenzapfen, und kehren heim, seelenvergnügt »mit Ihrer Tracht unsterblicher Gedanken«, wie Lenau sagt. Ich bedaure unendlich, daß ich Sie in dieser geistigen Schwelgerei stören muß, um Sie zu einer viel materielleren zu entführen. In einer Viertelstunde dinirt man, die schöne Fürstin ist schon höchst begierig auf Ihre Bekanntschaft, und wenn Sie noch Toilette machen wollen –
Die Toilette eines Philosophen, unterbrach ihn Edwin lächelnd, der, wie Sie sagen, ohne weitläufigen 132 Apparat sich behelfen muß, omnia sua secum portans. Wenn die schöne Fürstin damit vorlieb nehmen will –
Natürlich, Verehrter! Es kommt nur darauf an, ob es Ihnen nicht gênant ist. Jeder trägt freilich die Uniform seines Berufs, und obenein auf der Reise – übrigens, meine sämmtliche Garderobe nebst meinem Bedienten steht Ihnen zur Verfügung, falls Sie es dennoch vorzögen –
Ich danke Ihnen, bester Graf. In der That, Sie erinnern mich sehr zur rechten Zeit, was man dem Hause, in welchem man Gastfreundschaft genießt, bei feierlichen Gelegenheiten schuldig ist. Als Sonderling und Cyniker ist man ganz an seinem Platz in seiner Tonne; aber der Contrast eines Landstreicheraufzugs mit diesen goldenen Prunkgemächern würde selbst Vater Diogenes, wenn er einigen Sinn für Harmonie besessen hätte –
Um Gotteswillen, verehrter Freund, Sie mißverstehen mich völlig! Nicht von fern habe ich gemeint – nein, Sie müssen – Sie dürfen auf keinen Fall –
Erlauben Sie mir dennoch, lieber Graf, das zu thun, was ich für das Vernünftigere halte. Zudem – ich habe nicht den geringsten Appetit, da ich mein Diner schon in einem Bauernhause eingenommen habe. Und wenn die fürstlichen Gäste ohnedies so kurz zu bleiben denken, würde die Gegenwart eines ganz Fremden –
Sie wollen mir die Ungnade meiner angebeteten Cousine zuziehen! rief Gaston mit drolligem Pathos. Thun Sie mir den einzigen Gefallen und seien Sie 133 nicht stolz oder eigensinnig. Sehen Sie, wir sind ohnedies sehr zusammengeschmolzen. Die Zwillingsmörder Thaddäus und Matthäus haben sich eingeschlossen und büßen für ihr Attentat auf unsern dicken Nachbar durch freiwillige Zimmerhaft bei Rheinwein und Trüffelpastete. Oginsky hat auf die Nachricht, Fürst Bataroff sei mit von der Partie, plötzlich eine so heftige Migräne bekommen, daß er auf der Stelle zu Bett gegangen ist. Unter uns gesagt, er fürchtet wahrscheinlich, dieser Russe kenne seine Antecedentien besser, als mein theurer Vetter, dem diese improvisirte Migräne hoffentlich die Augen öffnet. Bleibt, um der reizenden Fürstin den Hof zu machen, nur der Chevalier, der Damen aus der großen Welt gegenüber eben so stumm zu sein pflegt, wie ihn die Halbwelt gesprächig macht; und ich, mit dem besten Willen, – sobald die Gebieterin meiner hoffnungslosen Gefühle zugegen ist, habe ich keine anderen Götter neben ihr. Bei der seltsamen Stimmung des Hausherrn, und da der junge Fürst auch kein brillanter Causeur ist, wird das ein tristes Vergnügen werden, und auf mich Unglücklichen fällt alle Schuld. Bester Doctor, seien Sie groß, seien Sie erhaben, kommen Sie, wie Sie da gehen und stehen, mit mir hinunter. Ich beschwöre sonst Himmel und Hölle und bringe es dahin, daß die Schloßherrin selbst sich zu Ihnen herausbemüht, um Sie von Ihrem Tintenfaß wegzuschmeicheln. Kann nur das Ihren Stolz sättigen, oder werden Sie auch zu dieser himmlischen Erscheinung sagen: Gehen Sie mir etwas uns der Sonne, Frau Gräfin? 134
Edwin mußte lachen.
Sie lachen! rief der Uebermüthige. Das heißt, Sie ergeben sich. Das ist ja bekanntlich das Geheimniß aller Siege über die Spröden männlichen und weiblichen Geschlechts: man bringe sie zum Lachen. O meine stolze, ernsthafte Cousine! Wenn das schönste Brillantfeuer meines Humors ihr nur jemals mehr als ein gnädiges Lächeln du bout des lèvres abgelockt hätte! Aber nun auf und hinunter, wo Sie mit Schmerzen erwartet werden. Nehmen Sie sich nur in Acht, durch die blauen Augen der holden durchlauchtigen Missionärin nicht bekehrt zu werden. Im Himmel ist mehr Freude über Einen Philosophen, der Buße thut, als über neunundneunzig frivole Weltkinder meines Schlages.
Er faßte, immer so fortschwatzend, Edwin unter den Arm, erlaubte ihm kaum, sich die Hände zu waschen, und zog ihn dann mit fort, die hellerleuchteten Corridore entlang und über die breiten, teppichbelegten Stufen der Marmortreppe.
Als sie in den kleinen Salon neben dem Speisesaal eintraten, eilte der Hausherr ihnen entgegen, begrüßte Edwin mit seinem starr verbindlichen Gesicht und entschuldigte sich, daß er den ganzen Tag noch nicht dazu gekommen sei, sich nach seinem werthen Gast umzusehen. Die Jagd, bei der er ihn leider auf dem Sammelplatz vermißt, und seine Pflichten gegen neue Gäste hätten ihn abgehalten. Edwin verneigte sich zerstreut. Seine Augen schweiften nach den neuen Gesichtern, die aus dem ungewissen Dämmer der Wachskerzen ihm 135 entgegensahen. Der große, breitschultrige Herr mit dem blanken Schädel und dem langen blonden Bart, der nahe am Fenster mit dem Chevalier geplaudert hatte und aus den geschlitzten grauen Augen einen kalten Blick auf den neu Eingetretenen warf, war ohne Zweifel der russische Fürst. Auf dem blauseidenen Sopha neben der Gräfin, die ihr grünes Sammetkleid mit einer schweren, schwarzatlassenen Robe vertauscht hatte, saß ein kleines, überaus zierliches, blondhaariges Wesen in der geschmackvollsten Phantasietoilette, vom Rücken gesehen einem halbwüchsigen Mädchen gleichend. Als sie jetzt, da der Graf ihr Edwin vorstellte, den Kopf zurückwandte und zwei lachende blaue Augen zu ihm aufschlug, konnte er wohl begreifen, daß diese märchenhafte Erscheinung, wenn sie es darauf anlegte, keine geringe Macht ausüben mußte, Ungläubige zu bekehren. Jetzt freilich, neben der weit vornehmeren Schönheit der Herrin des Hauses, war die Gefahr, selbst für ein Schmetterlingsherz, wie das des jungen Grafen, nicht unwiderstehlich. Nur ihr eigener Gemahl, ein schöner junger Herr mit feinem, sinnigem Gesicht, dessen geschwisterliche Aehnlichkeit mit der Gräfin Niemand entgehen konnte, schien beständig unter dem Zauber dieser blauen Kinderaugen zu stehen. Wenigstens kehrten die seinigen immer wieder zu ihnen zurück, und mitten im Sprechen mit Anderen begegnete es ihm, daß er inne hielt, um irgend eine ganz gleichgültige Frage an seine Frau zu richten. Er reichte Edwin mit der freundlichsten Miene die Hand und äußerte, daß er schon viel von ihm gehört habe und sich des glücklichen Zufalls freue, 136 der ihn endlich mit ihm bekannt mache. Toinette nickte ihm mit einem seltsamen Lächeln zu, dessen Sinn schwerlich ein Dritter errathen hätte. Mit einer ganz besonderen Holdseligkeit aber empfing ihn die junge Fürstin, die ihm sofort den leeren Sessel neben sich anbot und mit aller Koketterie eines verwöhnten Kindes keinen Augenblick ein Hehl daraus machte, daß sie gesonnen sei, ihn schleunigst zu erobern.
Sie müssen mir schon ein wenig still halten, Herr Doctor, sagte sie, indem sie mit ihrem weichen Kinderhändchen, an dem ein paar schöne Ringe funkelten, einem der schlanken gelben Windhunde über den glatten Kopf strich. Wissen Sie, daß ich kaum je in meinem Leben auf eine neue Bekanntschaft so neugierig gewesen bin, wie auf Sie? Sie sind nämlich der erste lebendige Philosoph, den ich von Angesicht zu Angesicht kennen lerne. Ich habe es mir immer gewünscht – mich auch wohl ein bischen davor gefürchtet; und jetzt –
Jetzt sehen Sie einen ganz alltäglichen Menschen vor sich, ohne Pferdefuß, sogar ohne Handschuhe, in denen er die Teufelskrallen verstecken könnte, und nur dadurch von anderen Sterblichen unterschieden, daß er sich nothgedrungen in dem bescheidenen Gewande eines Fußreisenden in diese erlauchte Gesellschaft wagt.
Ob Sie mir so ganz alltäglich vorkommen, erwiederte die schöne Blonde, wobei sie ihre Locken schüttelte und lachend zu ihrem Gemahl hinübersah – das ist eine Gewissensfrage, die wir nicht discutiren wollen. Genug, Sie haben mich völlig enttäuscht. 137
Und welches Bild hatten Sie sich von einem Philosophen gemacht, meine gnädige Fürstin?
Ich hatte mir immer einen ältlichen, gelben, hagern Menschen darunter vorgestellt, mit stechenden schwarzen Augen und spöttisch gekniffenen Lippen – so etwas im Genre von Voltaire – einen Menschen, in dessen Nähe es einen kalt überläuft, und der sich mit unheimlichem Lachen die Hände reibt, theils aus Schadenfreude, daß er so viele gute, einfache Gemüther um ihr Seelenheil gebracht hat, theils weil ihn selber beständig friert.
Ich kann versichern, Durchlaucht, daß ich nicht nur die Temperatur dieses Salons, sondern auch die der Welt ganz behaglich finde.
Das ist es eben, was ich Ihnen gleich angesehen, und was mich sehr überrascht hat. Sind Sie aber vielleicht nur ein guter Schauspieler, oder friert es Sie wirklich nicht?
Nach Allem, was ich darüber weiß, erwiederte Edwin lächelnd, haben die Philosophen so gut rothes warmes Blut, wie andere Säugethiere. Was hat Sie zu der Ansicht gebracht, meine gnädige Fürstin, daß wir zu den Amphibien gehörten?
Ihre Verwandtschaft mit der Schlange, deren arges Geschäft Sie ja fortsetzen. Oder thun Sie etwas Anderes, als den armen Kindern Gottes zureden, daß sie vom Baum der Erkenntniß essen möchten, obwohl Sie wissen, welche Strafe darauf steht: der Verlust des Paradieses?
Und wissen Sie so gewiß, daß unsern ersten Eltern in dem ewigen Sonnenschein behaglicher zu Muthe war, 138 wärmer und wohnlicher, als da sie im Schweiße ihres Angesichts ihr Brod aßen? Indessen – diese wohlaufzuwerfende Frage ist schwerlich zu entscheiden und kommt zum Glück nicht mehr in Betracht. Wir sind nun einmal nicht mehr in Eden, wir müssen für die verlorene sonnige Unwissenheit einen Ersatz suchen, und nach meinen Erfahrungen, Durchlaucht, ist unter den verschiedenen Erwärmungsmitteln die rechte, redliche und aufrichtige Philosophie nicht das schlechteste.
Wie? Sie behaupten, der Verstand könne erwärmen? Eine Weisheit, bei der das Herz nicht mitzusprechen hat –
Und wer hat Ihnen gesagt, daß wir so getrennte Wirthschaft führen? daß unser Kopf nichts Herzliches zu denken habe und unser Herz sich Nichts in den Kopf setzen dürfe? Aber freilich, ich vergesse, daß Durchlaucht sich mit tiefen theologischen Studien beschäftigen. Von dieser Seite sind wir seit zweitausend Jahren auf allerlei Verleumdungen gefaßt, die geduldig hinzunehmen nicht immer leicht ist, am wenigsten aus einem schönen Munde. Indessen, haben nicht auch die christlichen Märtyrer Spott und üble Nachrede gelassen hingenommen, ohne daß darum an ihrer Warmblütigkeit gezweifelt werden dürfte?
Sie thun mir Unrecht, Herr Doctor, erwiederte sie mit einem reizenden Erröthen, indem sie die Augen niederschlug; ich bin eine ganz einfache, ungelehrte Frau, die sich nur freut, »wenn kluge Männer reden, daß sie verstehen kann, wie sie es meinen.« Fragen Sie meine 139 liebe Freundin, die Gräfin. Sie wird mir das Zeugniß geben, daß ich völlig ungeschickt bin, irgend Jemand zu bekehren. Wer nur mit dem Herzen denkt, der muß wenigstens ein so volles Herz haben, daß es von selbst überfließt, als ein Gefäß der Gnade, das seinen Reichthum nicht fassen kann und anderen Dürstenden durchaus davon mittheilen muß. Aber ich bin immer mehr davon überzeugt worden, daß Worte keine Himmelsschlüssel sind, daß die wahre Theologie nicht im Streit der Lehrmeinungen besteht. Selbst die tiefsinnigen Offenbarungen der Mystiker –
Sie haben sich auch in diese Abgründe gewagt? rief Edwin.
Mit einem guten Führer, lächelte die schöne Frau, ihren Fächer anmuthig bewegend; mit einer erprobten Sicherheitslampe gegen schlagende Wetter – warum denn nicht? Es ist so interessant! Das geheime Grauen, das uns anwandelt, wenn wir im Halbdunkel dieser tiefen Schachte und Höhlen, wie in einem künstlichen Bergwerk, die wunderlichen Tropfsteingebilde, das phantastische Glimmen der Metalle sehen und eine Ahnung uns überfällt, welche Schätze uns noch verborgen sein mögen! Man steigt dann so viel lieber wieder ans helle Tageslicht hinauf. Denn Sie müssen mich ja nicht für eine Kopfhängerin halten. Im Gegentheil, alle Weltluft, als ein Geschenk unseres Schöpfers, betrachte ich, seitdem ich in diese Tiefen geschaut, mit um so dankbareren Augen und freue mich, daß ich immer noch so kindisch sein kann, viel kindischer und sogar unbesonnener, 140 als meine theure Freundin hier, die noch zehn Wochen jünger ist, als ich, und mir selbst gestanden hat, daß sie weder betet, noch sonst einen Verkehr mit ihrem Gott unterhält. Nicht wahr, Tonietta, zur Herrnhuterin bin ich verdorben?
Wer weiß, liebe Alexine, sagte Toinette, die während der ganzen Zeit dem lebhaften Geflüster Gaston's nur halb zugehört zu haben schien. Zur Abwechselung, um auch diese Emotion auch einmal kennen zu lernen, und wenn der rechte geistliche Führer mit einem anders construirten Grubenlämpchen sich einstellen sollte –
Abscheulich! rief die kleine blonde Schönheit und gab ihrer Nachbarin einen leichten Schlag mit dem Fächer. Glauben Sie kein Wort davon, Herr Doctor. Die Gräfin verleumdet mich nur so boshaft, weil sie gegen den Vicar, der uns begleitet, und der allerdings an meiner jetzigen Richtung großen Antheil hat, eine völlig grundlose Antipathie gefaßt hat. Sie werden seine Bekanntschaft machen und sollen dann entscheiden, ob er diese Abneigung verdient.
Ein so bedenkliches Schiedsrichteramt, durch das ich in jedem Falle die Gunst Einer von zwei hohen Damen verscherze –
Ein Märtyrerthum im Dienst der Wahrheit, dem sich ein Philosoph nicht entziehen darf. Der Vicar hat nur noch etwas Eiliges zu schreiben – er ist auch in weltlichen Dingen mein – unser erprobter Gewissensrath. Ich hoffe aber, noch im Laufe des Abends –
In diesem Augenblick wurden die Flügelthüren des 141 Speisesaals geöffnet, der Haushofmeister in großer Gala erschien mit einer stummen Verbeugung an der Schwelle, der Herr des Hauses bot der Fürstin, der Fürst seiner Schwester den Arm, und die Uebrigen schlossen sich den beiden voranschreitenden Paaren in zwangloser Ordnung an.
Edwin kam bei Tisch neben den Chevalier zu sitzen, der mit dem Appetit eines Schiffbrüchigen aß und trank und dazwischen eine einsilbige französische Unterhaltung mit dem jungen Grafen führte, von seinem andern Nachbarn aber nicht die geringste Notiz nahm. Der Platz zur Linken Edwin's war, wie es schien, für den Hausgeistlichen des fürstlichen Paares aufgehoben. Unser Freund saß demnach so gut wie allein und war es von Herzen zufrieden. Er sah hinter dem großen silbernen Tafelaufsatz ihm gegenüber, der mit einem prachtvollen Strauß rother und gelber Rosen geziert war, das Gesicht Toinettens, ihre dunklen, räthselhaften Augen, den blassen Hals, an dem sich die braunen Löckchen kraus'ten, die vornehme und doch schmiegsame Gestalt ruhig im Sessel zurückgelehnt, während sie die Speisen unberührt vorübergehen ließ. Neben ihr kam ihm die blonde Fürstin, die in beständiger Beweglichkeit schwatzte und lachte und aufs Zierlichste aß und trank, mehr und mehr wie eine allerliebste Zofe vor, die sich in fürstlichen Putz geworfen hat und geschickt das Betragen einer großen Dame nachahmt.
Sie war eifrig bemüht, dem Grafen und der Gräfin auseinanderzusetzen, daß sie keinen klügeren Geniestreich 142 machen könnten. als wenn sie den raschen Entschluß faßten, mit ihnen nach Italien zu gehen. Sie wußte das Vergnügen einer gemeinsamen Reise mit hundert Abenteuern, Räuberanfällen, schlechten Wirthshäusern, in denen für so viel Menschen kein Unterkommen sein würde, endlich eine solenne Audienz beim heiligen Vater, bei der sie geltend machen würde, daß im Protestantismus das Pantoffelküssen Sache der Männer sei, so drollig zu schildern, daß selbst Toinette in das Lachen mit einstimmte. Dennoch blieb die Gräfin fest bei ihrer Weigerung. Reisen bekomme ihren Nerven nicht, behauptete sie ruhig. Ihr Gemahl hatte eifrig der Fürstin beigestimmt und lebhafter, als es sonst seine Art war, von früheren Reisen her über Land und Leute im Süden mitgesprochen. Als er seine Frau so entschieden ablehnen hörte, umflog ein tiefer Schatten sein Gesicht. Er wurde plötzlich blaß, fing an, den Bart zu drehen, und verstummte völlig.
Sie sollten noch nicht Ihr letztes Wort sprechen, Gräfin, sagte jetzt der russische Gast, indem er mit den dicken Fingern seiner wohlgepflegten Hand sich den langen Bart kämmte. (Ein gewisses nervöses Zwinkern seiner Brauen machte sich bemerkbar, sobald er sprach, wobei die kleinen Augen völlig in dem breiten Gesicht verschwanden und der colossale blanke Schädel eine unheimliche Aehnlichkeit mit einem Todtenkopf bekam.) Prinzesse Sascha hat Ihnen den Plan von der romantischen Seite gezeigt. Betrachten Sie ihn nun auch von der classischen, artistischen. Es wäre eine lächerliche 143 Affectation, wenn ich nicht einfach gestehen wollte, daß Sie keinen besseren Cicerone in Museen und Kirchen, Villen und Ruinen finden könnten, als my humble Self, oder, wie die Italiener sagen, il povero Signor Me. Es ist dies meine sechste italienische Reise. Freilich kann ich Ihnen Manches nicht mehr zeigen, was mich auf den fünf ersten entzückt hat, aus dem einfachen Grunde, weil ich es in meine Heimath entführt habe. Que voulez-vous? Wir gelten nun einmal für die barbares du nord, die überall auf Raub ausgehen. Man muß nicht besser sein wollen, als sein Ruf. Aber es ist immerhin noch Einiges geblieben, was der Mühe werth ist, und Ihre Nerven, Gräfin – vielleicht giebt es nur Ein wirksames Mittel gegen dieses Leiden: dies magnetische Fluidum der Kunst. Ich erbiete mich zu Ihrem artistischen Leibarzt und garantire den Erfolg.
Und wer sagt Ihnen, Fürst Bataroff, daß ich das Mittel nicht bereits in Deutschland versucht und leider unwirksam gefunden habe?
In Deutschland? Kunst in Deutschland? Wenn Sie nicht etwa von der Musik sprechen, die eine Domaine des germanischen Gemüthes ist, oder von der Turnkunst –
Ich habe immer geglaubt, die Dresdener Galerie, die wir auf der Hochzeitsreise vierzehn Tage studirt haben, besitze einige Kunstwerke, um die uns Italien beneiden könnte, und die Museen in Berlin, Wien, München –
Nennen Sie mir nicht diese traurigen Treibhäuser, 144 Gräfin, in denen mir von der künstlichen Bruthitze, mit welcher der wissenschaftliche Eifer der guten Deutschen ihrem natürlichen Mangel an künstlerischem Sinn nachhilft, zum Ersticken übel wird! Meine Nerven, die Gottlob so gesund sind, wie ich es den Ihrigen nur irgend wünsche, – ich glaube in der That, sie würden bis zur Hysterie herunterkommen, wenn ich sie vierzehn Tage lang täglich zwei Stunden durch eines unserer landüblichen Museen hetzen müßte. Ich bin einmal auf der Küste von Finnland in eine Hütte getreten – es war ein Unwetter, daß man das elendeste Dach willkommen hieß. Da hockte die Fischerfamilie um eine Kiste herum, die sie von einem gestrandeten Schiff gerettet hatte. Der Schmuck und die Toilette einer großen Dame waren darin verwahrt gewesen, hatten einige Havarie gelitten und fanden sich nun in den Händen und bei der Thranlampe dieser biederen Halb-Idioten ziemlich déplacirt – ungefähr so, wie die Titians, Rubens, Correggios und Rafaels in Ihren lieben deutschen Städten, bewacht von Pedanten, begafft von Philistern und nur durch ein dünnes Dach von dem grauen Regenhimmel geschieden, zu dem sie ungefähr so gut passen, wie die Brüssler Spitzen in jener gestrandeten Kiste zu der Thran-Atmosphäre einer finnischen Schifferhütte.
Sie sind wieder einmal im Zuge, sagte Toinettens Bruder mit feinem Lächeln. Gewiß haben Sie Recht: wer den Künstler will verstehn, muß in Künstlers Lande gehn. Aber Sie vergessen Eins: wenn die Kunst in unserer kälteren Zone nicht wild wächs't – soll man 145 darauf verzichten, sie mit langer und liebevoller Pflege doch endlich zu acclimatisiren? Wir wissen, was uns fehlt. Daß wir uns in unsern Mangel nicht à bras croisés ergeben, ist doch kein Vorwurf; und wenn ich die deutschen Künstler betrachte –
Die deutschen Künstler? Ich beschwöre Sie, lieber Fürst, bei den großen Manen der großen Meister, geben Sie diesen armseligen Pfuschern nicht einen so stolzen Namen. Aber nein, ich thue ihnen Unrecht. Sie sind durchaus keine Pfuscher, vielmehr recht geschickte zünftige Handwerker oder Fabrikanten, die ihr Métier nach allen Regeln gelernt haben und es im Zunftstolz mit Jedem aufnehmen. Deutsche Künstler! Ich habe sie kennen gelernt. Da war Einer, der allerlächerlichste Stümper von der Welt, ein gewisser König, den seine Collegen den Zaunkönig nannten, weil er alte Zäune mit etwas Unkraut garnirt für Landschaften ausgab. Ich machte mit einem Kenner und Enthusiasten, unserm guten Baron L., eine Wette; dieser arme Teufel, der im Zorn Gottes an das Farbenklecksen gerathen war, würde der »Kunst« mit Vergnügen entsagen, wenn man ihm sein pauvres Talent abkaufte, ich meine, ihm zu leben gäbe, unter der Bedingung, daß er nicht mehr malte.
Und Sie haben gewonnen?
Verloren, mon cher, und das mit Recht; ich hätte die deutschen Träumer und Idealisten besser kennen sollen. Denken Sie, Gräfin, der Mensch kommt dahinter, daß es bloß auf ein Experiment mit ihm abgesehen war; augenblicklich erwacht sein »Künstler«-Stolz, er thut, als 146 ob ihm das Leben nicht mehr der Mühe werth wäre, wenn er nicht täglich an seinen hölzernen Landschäftchen herumpinseln könne, – schreibt mir ein impertinentes Billet und wirft mir meine Gnade vor die Füße, ich bitte Sie: Hofmalertitel, Gehalt, Versorgung – nicht nur die zukünftige, sondern auch die ganze Summe, die er bereits erhalten hatte. Meine Wette hatte ich verloren, aber Deutschland hatte einen Künstler wiedergewonnen, und damit einen Narren mehr.
Gaston lachte überlaut und fing an, dem Chevalier, der kein Wort verstanden hatte, die Geschichte zu verdolmetschen. Die schöne Fürstin, die in das Lachen mit eingestimmt, wollte eben, zu Toinette gewendet, das Gespräch wieder auf die italienische Reise bringen, als Edwin's Stimme sie unterbrach.
Ich möchte Sie bitten, Fürst, sagte er mit ruhigem Nachdruck, von dem Künstler, den Sie einen Narren zu nennen belieben, mit etwas mehr Respect zu sprechen. Ich habe das Glück, der Schwiegersohn dieses trefflichen Mannes zu sein, und bin daher in der Lage, seinen Charakter und die Gründe seiner Handlungsweise richtiger zu beurtheilen. Nicht verletzte Eitelkeit hat ihn bewogen, auf die Pension zu verzichten, die ihn zur Unthätigkeit verdammte. Es kann Niemand bescheidener von sich denken, seine Unzulänglichkeit klarer einsehen, als er. Aber da er Niemand im Wege ist, wenn er seine kleinen, schüchternen Bildchen malt, hat er sich dieser harmlosen Leidenschaft wohl nicht zu schämen, die immer noch menschenwürdiger ist, als gewisse andre noble Passionen, 147 und nur das war eine närrische Einbildung des guten Mannes, daß er Ihr Anerbieten für Ernst nahm. Indessen, warum sollte nicht auch einmal ein Großer sich an der liebevollen Vertiefung in das Kleine ergötzen? Mein lieber Schwiegerpapa denkt viel zu gut von den Menschen, um von vornherein auf den Verdacht zu kommen, man habe ein höhnisches Spiel mit ihm treiben, ihn zu einem Experiment mißbrauchen wollen, wie Ew. Durchlaucht das vielleicht mit Ihren Leibeigenen sich erlauben mögen. Daß er für diese Ehre sich nicht allzu höflich bedankte, ist einem Menschen, der eben kein Narr ist, doch wohl nicht zu verdenken. Ich selbst bin Derjenige gewesen, der, sobald ich in das Verhältniß eines Sohnes zu ihm trat, dem alten Ehrenmann die Augen geöffnet und dadurch mitgewirkt habe, daß Sie Ihre Wette verlieren mußten.
Eine Todtenstille folgte auf diese Worte. Man hörte nur nach einigen Secunden den Chevalier leise zu Gaston sagen: Qu'est ce qu'il a dit, que le prince fronce si furieusement les sourcils? – Aber die Antwort wurde ihm abgeschnitten.
Denn während Edwin, den Blick fest auf den Fürsten gerichtet, eben die Antwort desselben abwartete, war ein neuer Gast mit unhörbaren Schritten durch die offene Flügelthür des Saales eingetreten und bis hinter den leeren Stuhl neben Edwin gelangt. Jetzt wandte dieser sich um. Aber wie wenn der Blitz neben ihm eingeschlagen hätte, fuhr er plötzlich in die Höhe.
Vor ihm stand Lorinser. 148
Nicht ein Zug seines Gesichts hatte sich verändert, seit Edwin ihn zuletzt gesehen, nur die Haltung des Kopfes war eine freiere geworden, und der Blick, der noch immer mit Vorliebe bald am Boden hinkroch, bald in der Höhe schweifte, heftete sich auch jetzt zuweilen geradeaus auf den Menschen, der ihm gegenüber stand. So in diesem Augenblick, wo er gute Ursache gehabt hätte, die Wimper zu senken. Mit einem völlig fremden, höflichkalten Lächeln sah er seinen Nachbarn an, als ob er ihn einlüde, doch nur sitzen zu bleiben und sich nicht zu bemühen, um ihm Platz zu machen. Er war in untadelhaftem Gesellschaftsanzug, und nur das lautlose Auftreten erinnerte an den armen Candidaten, der vor Jahren auf allerlei Schleichwegen sich fortgeholfen hatte.
Keinem der Gäste, auch nicht der Herrin des Hauses, die während der letzten Scene kein Auge von dem Sprechenden verwandt hatte, war in der raschen Bewegung Edwin's etwas Besonderes aufgefallen.
Erlauben Sie, daß ich die Herren mit einander bekannt mache, sagte jetzt die Fürstin, froh über die Unterbrechung des peinlichen Auftritts. – Herr Vicar Lorenzen –
Meine gnädige Fürstin, fiel ihr Edwin ins Wort und seine Stimme zitterte: eine Vorstellung ist unnöthig. Dieser Herr ist mir, obwohl er es verleugnen zu wollen scheint, nur allzu gut bekannt, so sehr, daß ich ihm ohne Weiteres meinen Platz in diesem Kreise einräume und mich für heute von der Gesellschaft beurlaube.
Aber Doctor! rief Gaston, der nichts von diesem 149 seltsamen Zwischenfall begriff, die Philosophie, die der Theologie ohne Schwertstreich das Feld räumt –
Wenn es meine arglos gemeinten Glossen über die deutschen Künstler und insbesondere über Ihren Herrn Schwiegervater sein sollten, die Sie vertreiben, so bin ich gern bereit, amende honorable zu machen, sagte Fürst Bataroff, indem er ruhig seinen Bart streichelte und einen Blick auf die Gräfin warf. Sie führen eine Zunge wie ein Schwert, Herr Doctor, und ich dächte, nachdem Sie meinen Ausfall so tapfer parirt, könnten wir einen ehrenvollen Frieden schließen.
Ich danke Ihnen für dieses freundliche Wort, mein Fürst, erwiederte Edwin, und nehme den Frieden ohne Hinterhalt an. Wenn ich trotzdem die Tafel verlasse, so geschieht es, weil es mir gegen die Natur geht, neben Jemand zu sitzen, den ich für einen – ich wollte sagen, über den ich meine eigne Meinung habe. Ich bitte mir diese kleine Schwäche nicht übel zu nehmen. Die Frau Fürstin sieht daraus nur, wie ungegründet ihr Verdacht war, daß man immer kaltes Blut haben müsse, um ein Philosoph zu sein.
Er warf einen Blick eisiger Verachtung auf Lorinser und verneigte sich gegen die Tischgenossen, indem er es vermied, die Gräfin anzusehen.
C'est drôle! sagte Bataroff und flüsterte der Fürstin etwas ins Ohr. Sie schien es nicht zu hören. Ihr lachendes Gesicht war plötzlich starr vor Schrecken und von einer dunklen Röthe übergossen worden.
Der Hausherr erhob sich. 150
Mein Herr Doctor, sagte er in gereiztem Ton –
Erlauben mir der Herr Graf, fiel Lorinser ohne das geringste Zeichen von Aufregung ein, daß ich diesen Herrn um eine Erklärung bitte, wie er dazu kommt, einen friedlichen Gast dieses erlauchten Hauses zu beleidigen, wenn nicht ein plötzlicher Anfall von Wahnsinn –
Ich bin leider meiner Sinne vollkommen mächtig, versetzte Edwin mit schneidender Schärfe, und Niemand kann es mehr bedauern, als ich, daß ich in die Lage versetzt worden bin, zum Dank für die Gastfreundschaft, die ich in diesem Hause genossen, einen so unliebsamen Auftritt zu verursachen. Aber keine Pflicht der geselligen Höflichkeit und des guten Tons kann mich dazu bringen, ruhig neben einem Menschen zu sitzen, den ich gute Gründe habe für das Gegentheil eines Ehrenmannes zu halten. Ich bitte den Herrn des Hauses und seine werthen Gäste nochmals um Entschuldigung; aber es giebt Instincte des Bluts, die stärker sind, als alle Dressur. Wer gegen eine Kröte oder Schlange einen natürlichen Widerwillen hat, wird den Platz räumen, den ein solches Ungeziefer ihm unleidlich macht, womit ich Niemand zu nahe treten will, der sich stärkerer Nerven erfreut. Sehen Sie mir nur immer dreist in die Augen, mein Herr – Vicar! Ihre eherne Stirn ist mir schon aus jener Zeit bekannt, da Sie noch als Candidat Lorinser –
Sie wollen mir vorwerfen, daß ich meinem Namen die ursprüngliche Form wiedergegeben habe, wie er in unserer Familie, ehe sie aus Dänemark einwanderte – – 151
Ich gönne Ihnen jeden Namen und Titel, den Sie sich beizulegen wünschen. Wenn Sie Ihre übrige Vergangenheit so rasch auszulöschen vermöchten –
Richtet nicht, auf daß ihr nicht gerichtet werdet, unterbrach ihn Lorinser mit unerschütterlicher Ruhe und Salbung. – Außer einem leichten Zittern der Nasenflügel verrieth kein Zug des fahlen, aber eigenthümlich imponirenden Gesichts eine besondere Erregtheit.
Ich rufe, fuhr er fort, meine gnädige Gebieterin, die Frau Fürstin, zur Zeugin an – daß ich mich niemals für einen sündelosen Menschen ausgegeben; nur Einen solchen hat die Erde je getragen. Wir Andern aber sollten eingedenk sein, daß wir allzumal Sünder sind und des Ruhmes ermangeln, den wir vor Gott –
Sie rüsten sich zu einer Predigt, Herr Vicar, sagte Edwin. Ich will Sie nicht darin stören, Ihre Gemeinde zu erbauen. Da ich aber zu dieser nicht gehöre, so habe ich die Ehre, mich den Herrschaften allerseits zu empfehlen und eine gute Nacht zu wünschen.
Er verneigte sich leicht gegen die Gräfin und hatte den Saal verlassen, ehe noch einer der Anwesenden von seinem Erstaunen sich hatte erholen können. 152