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Als Marquard am nächsten Morgen Edwin besuchte, fand er ihn an seinem Pult, die Feder in der Hand, den Kopf in die Linke gestützt. Ein weißer Briefbogen lag vor ihm.
Guten Tag, Fritz, sagte er. Du kommst gerade recht. Ich soll einen Entschluß fassen, und Alles in mir ist wie zugemauert. Ich brauche Jemand, der mich entschließt. Vielleicht hast du den Schlüssel.
Er sah ihm mit einem überwachten, unstäten Blick ins Gesicht und versuchte zu lächeln. Es war unheimlich, wie er sich Mühe gab, einen ganz harmlosen Plauderton anzuschlagen.
Der Freund schüttelte den Kopf.
Ein Entschluß? fragte er.
Ja wohl, und kein geringerer, als diese Feder dort in jenes Dintenfaß zu tauchen und die Worte hinzuschreiben: »Hochgeehrter Herr Decan!« Wirst du glauben, daß ich an dieser Herculesthat nun schon zwei Stunden arbeite und noch nicht den Finger dazu bewegt habe?
Du kannst auch was Gescheidteres thun. 263
Gern. Wenn nur nicht viel Verstand dazu nöthig ist.
Nur so viel als du brauchst, um einen Koffer zu packen und dich auf die Eisenbahn zu setzen. Meine Pelzstiefel stehen dir zu Diensten, Reisegeld desgleichen. Wenn du nur diesmal die Arznei einnimmst, ohne lange über dem Recept zu grübeln, und heute noch aufpackst.
Heute noch?
Wozu erst schreiben, daß du kommen willst? Du kommst, und damit basta. Ich weiß Alles, was du sagen willst: daß du nicht in der Stimmung bist, daß du fürchtest, dich gerade jetzt nicht vortheilhaft zu präsentiren. Das ist Alles Schnickschnack. Wenn du nicht auf der Stelle dazu thust, ist es sehr fraglich, ob du dich überhaupt noch präsentiren kannst, nicht am Ende dich absentirst, dahin, wohin wir gestern unserm Balder das Geleit gegeben haben. Du schleppst es jetzt seit Monaten mit dir herum, und es ist ein bischen Viel zusammengekommen; einen Stärkeren könnte es mürbe machen. Also endlich einen Strich darunter, einen Frack angezogen, Vorgesetzte und Collegen besucht, das Tretrad der Carrière in Schwung gebracht und der grauen Substanz in deinem Gehirn Ruhe gelassen, damit sie ihre Defecte wieder ergänzen kann. Wenn diese Ordination nicht pünktlich befolgt wird, stehe ich für Nichts, oder vielmehr ich stehe für das Nichts, in das deine Wenigkeit sich baldigst auflösen wird. Hast du denn geschlafen?
Ich glaube, erwiederte Edwin, zerstreut mit dem Kopfe nickend. Vorgestern Nacht von zwei bis drei.
Dacht' ich's doch! schalt der Freund und warf seinen 264 Hut heftig auf den Tisch. Und Niemand hat sich gestern blicken lassen, das Werk der Barmherzigkeit an dir zu thun und dich in Schlaf zu langweilen? Wozu hat man denn Freunde, die heimliche Dichter und unheimliche Vorleser sind? Wo hat Mohr gesteckt mit seinem berühmten Lustspiel? Und unser theurer Franzel? Heiliges Gewitter –!
Der Dichtkunst hat die Philosophie schon am Nachmittag die Thür gewiesen, sagte Mohr, der eben hereintrat und Marquard's Worte gehört hatte. Uebrigens sei ruhig, Doctor. Ich fühle mich durchaus nicht beleidigt. Man weiß längst, daß ihr Materialisten nicht klassische Bildung genug habt, um Orpheus und Morpheus zu unterscheiden. Guten Tag, Edwin. Ich bin nur hier, um dir zu sagen, daß ich auch heute noch zu nichts tauge. Das Salz in mir wird dumm, oder vielmehr, es ist bitter geworden. Als Bittersalz hat es vielleicht das Verdienst, zu meiner Katharsis etwas beizutragen; verzeihe diesen schlechten Witz, aber für gute sind die Zeiten zu schlecht. Und dann wollte ich noch sagen, warum der Volkstribun sich heute so wenig wie gestern hier sehen lassen kann. Er sitzt.
Franzel?
Besorgt und aufgehoben. Die Polizei hat ihre Mutterarme nach ihm ausgebreitet und das verirrte Kind auf ihren Schooß genommen. Beklagen wir ihn nicht. Ihm ist wohl. Meine phrenologischen Kenntnisse haben mir längst gesagt, daß er la bosse du martyr besitzt. 265
Aber der Anlaß, der Vorwand?
Störung einer öffentlichen gottesdienstlichen Handlung. Dein geistlicher Herr College, Edwin, dem wir es als zarte Rücksicht auslegten, daß er gestern früh sich nicht mehr zum Wort meldete, ist spornstreichs vom Kirchhof weg nach der Polizei gefahren, um sich über die atheistische Opposition, die er gefunden, zu beklagen. Franzel steht ohnedies ziemlich hoch in der Kreide bei den dunklen Mächten der bürgerlichen Ordnung und Ruhe. So haben sie die Gelegenheit ergriffen, ihn für einige Zeit zu einem stillen Mann zu machen. Viel können sie ihm nicht thun, und so ein paar Wochen Untersuchungshaft bei mangelhafter Heizung sind noch immer eine gnädigere Strafe für gottlose Ketzer, als die Holzstöße von ehedem. Ich fürchte nur, es wird ihn noch halsstarriger machen.
Und er hat Recht! rief Edwin, indem er mit fieberhafter Leidenschaftlichkeit aufsprang und im Zimmer hin und her ging. Sie wollen den offenen Krieg, sie fordern ihn selbst heraus, und es wird nicht eher Frieden geben, bis man ihn ehrlich durchgefochten hat. Ich selbst, hier auf diesem Fleck, wie oft habe ich mit Franzel darüber gestritten, daß man nicht streiten solle, als mit Meinungsgenossen. Und freilich, die Wahrheit wird dadurch eben nicht verbreitet, daß man die Thorheit und den Aberwitz noch mehr gegen sie aufbringt. Aber das Recht, seinen eigenen Weg zu gehen, das wenigstens soll man sich nicht verkümmern lassen, und so viel man in dem modernen Staat von Gewissensfreiheit schwatzt: wenn es zum Klappen 266 kommt, ist es immer nur eine Freiheit für Gewisse, die das öffentliche Gewissen gepachtet zu haben glauben. Und wir, immer in dem Vorurtheil, daß der Verständigere nachzugeben habe, wir drehen uns beständig in Halbheiten herum. Wir lassen es uns gefallen, daß in allen wichtigen Stunden unseres Lebens Formeln gemurmelt werden, die für uns keinen Sinn mehr haben, daß, wenn uns ein Kind geschenkt, ein Bund fürs Leben geschlossen, ein geliebter Mensch der Erde zurückgegeben wird, ein fremder Mund, dem wir jedes Wort bestreiten möchten, seine Sprüche hineinmischt, die uns langweilen, wenn sie uns nicht empören. Ich habe das miterduldet, wie tausend Andere, und mir gesagt: es ist nicht schlimmer, als daß du dich in Briefen mit Hochachtung und Ergebenheit unterzeichnest, von denen du nichts empfindest. Es sind Formen, die nur Den beschränken können, der noch einen Inhalt darin findet. Aber ich sehe, wohin man mit diesem Gehenlassen kommt. Statt mir jedes Pfaffengeschwätz von vorn herein zu verbitten, habe ich, während dieser Zionswächter Balder's armen Staub verunglimpfte, in mich hineingebrütet, als saus'te nur der Wind in den dürren Aesten, und erst die Schutzrede unseres Getreuen hat mich aufgeweckt. Wenn er geschwiegen hätte, wahrhaftig, ich glaube, ich wäre stumpfsinnig genug gewesen, den Eiferer schwatzen zu lassen, wie ich das eine Mal, da ich eine Pathenstelle übernahm, kläglich genug Ja sagte, als ich gefragt wurde, ob ich das Kind in dem Glauben bestärken wolle, Jesus Christus sei niedergefahren zur Hölle und am dritten Tage wieder 267 auferstanden von den Todten. Und nun büßt unser armer Vorkämpfer für unser Aller Feigheit und falsche Scheu, mit verjährten Mißbräuchen ehrlich und gründlich zu brechen. Nein, ich will hin, ich will diesen Herren erklären –
Du wirst die Güte haben, mir nicht aus der Cur zu laufen, sagte Marquard ruhig, indem er den Aufgeregten am Arm zurückhielt. Was unsern Sündenbock betrifft, so hoff' ich, ihn baldigst frei zu machen. Ich habe allerlei Connexionen, und so sehr man in maßgebenden Kreisen die Lüge eines confessionellen Staats- und eines Hochkirchenthums nach englischem Muster hätschelt, eine stille Furcht vor dem freien Geist können sie doch nicht los werden und sind die Ersten, Halbheiten und Compromisse so lange als möglich bestehen zu lassen. Du aber, mein Sohn, wirst jetzt in Gesellschaft von Mohr erst eine Stunde spazieren gehen, wobei ihr möglichst unbedeutend und geistlos euch zu unterhalten habt, hernach –
Die alte Hausmagd unterbrach ihn, die einen Brief abzugeben hatte. Ein lebhaftes Roth färbte Edwin's erloschene Wangen, als er die Handschrift erkannte. Ihr verzeiht, sagte er, ich will nur einen Blick hineinwerfen.
Er trat ans Fenster. Sie hörten ihn laut auflachen. Gute Neuigkeiten? fragte Mohr, der zerstreut mit den Blättern der Palme spielte.
Vortreffliche! Und gerade zur rechten Zeit. Ich werde nun heute noch abreisen, denn du hast Recht, Fritz, die Luft hier thut mir nicht gut. Ich muß dich 268 nur bitten, Heinrich, meine Abschiedsgrüße in dem Häuschen an der Lagune und bei der Frau Professorin zu bestellen. Ich – ob ich den Fuß wieder in die Tonne setze – ob ich nicht Einem von euch die Mühe aufhalse, meine fahrende Habe mir nachzuschicken, – nun, in jedem Fall schreibe ich, sobald ich weiß, wie es da unten steht, und ob ich gleich dableibe. Und jetzt – ihr entschuldigt mich wohl – in zwei Stunden geht der Zug – ich habe noch mein Haus zu bestellen.
Wir weichen der Gewalt, sagte Marquard trocken, und ich enthalte mich um so mehr aller Abschiedsfeierlichkeiten, als ich überzeugt bin, dies Alles ist blinder Lärm, und so bald werden wir dich nicht los. – – –
Er hatte sich nicht getäuscht. Nach zwei Stunden saß Edwin, noch so wenig reisefertig, wie vorher, am Tische und starrte auf den Brief, der offen vor ihm lag, als ob er immer noch erwarte, einen andern Sinn zwischen den Zeilen vorschimmern zu sehen, als den die Worte enthielten. Sie lauteten folgendermaßen:
»Mein theurer Freund!
Die Frist ist verstrichen, die drei Tage sind um, ohne daß ich Sie wiedergesehen hätte. Ich hatte es kaum gehofft, daß die Eröffnungen, die ich Ihnen durch Ihren Bruder machen ließ – grüßen Sie ihn herzlich von mir; ich beneide Sie um das Glück, einen solchen Bruder zu haben – daß überhaupt noch ein Wort von mir Eindruck auf Sie machen könnte, da ich in der Hauptsache nichts widerrufen, mich und Sie nicht täuschen kann. 269
Ich bin zu Ende mit meinem Willen zum Dasein und mit den Mitteln dazu. Sie wissen, es ist das bei mir ziemlich Ein und dasselbe. Ich kann nicht begreifen, wie man ein Leben noch lieben kann, dessen Bedingungen einem genommen sind. Und doch – es müßte mir erst noch weher thun, der physische und der Seelenhunger noch schärfer an mir nagen, um mich zu dem Allerletzten zu bringen. Einstweilen ist es noch ein stumpfer Schmerz, und auch die Hoffnung, er möchte nicht immer dauern, meldet sich zwischendurch. Also habe ich den Versuch noch machen wollen, ob es besser mit mir wird, wenn ich in ganz neue Umgebungen komme. Die alte Gräfin hat mich eingeladen, auf ihrem Schloß einige Zeit zuzubringen; sie ist selbst gekommen, mich abzuholen, und so wenig sie mir zusagt, so wenig habe ich Grund, allzu wählerisch zu sein. – Wenn Sie diese Zeilen lesen, bin ich schon unterwegs.
Ich kann kaum bitten, daß Sie mir einmal schreiben möchten. Aber wenn Sie nicht überhaupt vorziehen, mich zu vergessen, beklagen Sie mich mehr als Sie mich verdammen. Ich werde nie aufhören, Ihrer zu gedenken.
Toinette.«
Mittags, als ihn die gute Madame Feyertag besuchte, um ihm die Einsamkeit zu vertreiben und zu 270 fragen, ob er etwas bedürfe, schien er ganz gelassen, sprach von seiner nahen Abreise, dankte ihr für ihre Liebe und Treue, die sie Balder bewiesen, und traf allerlei Vorkehrungen für den Fall, daß er seine Professur gleich antreten würde. Er aß auch von den Gerichten, die ihm hinaufgebracht wurden, nur zum Ausgehen konnte er sich nicht entschließen, und der Koffer, den er sich hatte vom Boden herunterholen lassen, blieb ungepackt.
Die alte Lore sah ihn bis spät in die Nacht im Zimmer herumgehen, und erst um Mitternacht erlosch das Licht.
Als Marquard dann am Morgen kam, wunderte er sich durchaus nicht, zu hören, der Doctor sei noch nicht abgereis't. Er hat eine Nervenkrankheit, die man Willenlosigkeit nennt, sagte er zu dem Meister; es ist schwer, ihr beizukommen, aber ich denke, wenn wir ihn nur erst auf den Weg gebracht haben –
Oben vor der Thür des Zimmers erschrak er. Er hörte Edwin's Stimme laut und mit einem fremden Ton allerlei Reden führen. Als er eintrat, fand er den Freund mit offenen Augen im Bette sitzend, das Fläschchen mit Veilchen-Essenz und Lea's Teller auf dem Schooß, beides gegeneinander schlagend, wie ein Tamburin und einen Trommelschlägel. Er erkannte den Eintretenden nicht und fuhr fort in seiner mißtönigen Musik, die er mit wirrem Fiebergeschwätz und einzelnen italienischen Versen – wie es schien, aus Dante – begleitete. Auf dem Tischchen neben dem Bett lag ein kleines Exemplar der göttlichen Komödie aufgeschlagen, daneben 271 Toinettens Brief. Die Rückseite desselben war durchaus voll geschrieben, mit Edwin's kleiner Handschrift, wahrscheinlich war es noch am Abend geschehen, kurz ehe das Fieber hell ausbrach, und der Freund las mit Staunen eine seltsame Improvisation in der Strophe des Inferno, deren Nachklang den Kranken angeregt haben mußte. Obwohl Balder dem Bruder nachsagte, daß ein heimlicher Poet in ihm stecke, hatte er doch in Jahren sich auf solchen Sünden nicht mehr betreffen lassen und wäre in gesunden Tagen diesem plötzlich ausbrechenden Terzinenfieber auch gewiß nicht verfallen. Aber wie es im Traum oder in nachtwandlerischen Zuständen geschieht, daß man eine Fertigkeit oder Kunst, die man sonst nur in geringem Grade beherrscht, plötzlich mit spielender Geläufigkeit ausübt, so waren auch diese Strophen hingeschrieben ohne alle Correctur, wie auf das Dictat eines Fremden, und da auch ihr pessimistischer Inhalt vielfach dem widersprach, was Edwin sonst bekannte, und der cynisch überreizte Ton des Ganzen seinem Wesen fremd war, mutheten sie Marquard an wie das Protocoll über die Reden eines Menschen, dessen Seele von einem Dämon besessen ist, so daß er willenlos nachsprechen muß, was Jener ihm eingiebt. Die Verse lauteten:
Die Schule, dünkt mich, hätt' ich durchgemacht,
Zum Abgang wär' ich reif. Braucht's ein Examen,
Daß man erkennt, wie weit ich es gebracht?
So fangt nur an und fragt in Gottesnamen.
Denn fast gelüstet mich's, euch ins Gesicht
Die ganze Bettelweisheit auszukramen. 272
Das Leben – woher stammt's?« – Wir wissen's nicht. –
»Und wohin führt's?« – In Nacht aus Dämmernissen. –
»Und wozu dient's?« – Es lehrt uns Weltverzicht. –
»Was aber, sprich, ist Gott?« – Gott mag es wissen. –
»Was ist die Freude?« – Frei von Schmerz sich fühlen. –
»Was ist der Schmerz?« – Die Freude zu vermissen. –
»Du sollst nicht immer im Verneinen wühlen.
Vom Positiven bist du weit entfernt
Und sitzest unsanft zwischen zweien Stühlen.« –
Nun denn, ich hab' in Prima klar gelernt,
Was dunkel mir geschwant in Sexta schon.
Die Nuß, die man uns giebt, ist ausgekernt.
Wir knacken sie, der Amme kaum entflohn,
Bis wir die Zähne dran uns durchgebissen;
Der Mühe Reiz ist auch der Mühe Lohn.
Den Hunger, mehr und immer mehr zu wissen,
Aefft Schal' um Schale, die wir gierig nagen,
Im Wahn, wir sei'n der Sättigung beflissen.
Und wenn wir so betrogen Gaum und Magen,
Erfreu'n wir uns der Siesta tief genug,
Um über die Verdauung nicht zu klagen.
Der Leichtsinn nur, der nie nach Gründen frug,
Geht satt hinweg. Er nahm getrost die Schalen
Für Kern und hielt Nichtweisesein für klug.
Er hofft, schon rings umgraut von Todesqualen:
Nun gehs erst an, nun soll das Beste kommen!
Sobald verglüht der Erdensonne Strahlen,
Sei flugs ein hell'res Himmelslicht erglommen.
Ihr guten Träumer! Nach der Schule zwar
Wird eine schöne Ferienzeit euch frommen. 273
Auch wandert dann die strenggeprüfte Schaar
Zur Universitas, was schon auf Erden
Den Musensöhnen hochvergnüglich war.
Denn frei von Stundenzwang und Staubbeschwerden
Ins Universum gehn wir ein; doch nur,
Um dort recht still und unscheinbar zu werden.
Von lustigen Commersen keine Spur;
Hier gelten schon die Füchse gleich den Alten,
Und nicht mehr klingt der Ruf: Auf die Mensur!
Und darum all die wechselnden Gestalten?
Darum der Aufwand? O der blöden Thoren,
Die diese Mißwelt für »die beste« halten!
Mir, der ich alle Lust daran verloren,
Erscheint sie als ein Traum des großen Pan,
Den eines Hundstags sein Gehirn geboren.
Dixi – »Du hast dich fleißig umgethan,
Doch ist das Ding nicht gar so plan und platt:
Der Reife Zeugniß kannst du nicht empfahn.« –
Noch nicht? Noch länger wenden Blatt um Blatt,
Drauf stets Dasselbe steht? Sagt' ich nicht laut,
Ich sei des Hockens auf der Schulbank satt?
O, widrig ist ein Thier, das wiederkaut,
Mit trägem Malmen zwischen groben Kiefern
Den Brei noch schrotet, den es längst verdaut. –
»Gleichviel, du bleibst und hilfst dort auf den tiefern
Faulbänken deinen schwächern Schulgenossen,
Ihr Exercitium reinlich abzuliefern.
»Was runzelst du die Stirn und blickst verdrossen?
Die Zwischenstunden kannst du ja benützen
Zum Versemachen oder andern Possen
»Und deinen Namen in die Schulbank schnitzen.« 274