Jeremias Gotthelf
Uli der Pächter
Jeremias Gotthelf

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Aber Uli ärgerte sich fast an allem, was über das Notwendige hinaus im Hause blieb. Geld zu machen, daß man sich in alle Spiele kehren könne, selb sei die Hauptsache, meinte er. Für das Haus könne man noch lange sorgen, wenn Gott einem das Leben lasse; das wäre gut, daß man sein Korn nicht verkaufen müsse, wenn es so wohlfeil sei, sondern den Zins sonst machen könne. Nun gab Vreneli etwas nach, und etwas machte es nach seinem Kopf. Da ist aber keine rechte Freudigkeit, wenn Eines hieraus zerrt, das Andere dortaus, das Eine als Beute betrachtet, was es erzerrt, das Andere als Raub, was man ihm abgezerrt.

Vreneli zog die Base zu Rat, ob es nicht gut wäre, einmal verflümert abzustellen und aufzubegehren, daß Uli wüßte, woran er sei, und daß es sich bei solchem Schaffen und Sorgen doch nicht meistern lasse wie ein klein Kind. «Mach es nicht,» riet die Base. «Was trägt es dir ab? Kannst etwas an Vorräten erobern und etwas an Bettzeug, und wenn dir dann die Mäuse darüber kommen, was hast du dann davon? Hundert Jahre, wenn ihr das Leben habt, mußt du es noch hören. Fahre in Gottes Namen fort, wie du angefangen hast, und verkauft er dir noch mehr, so lasse es auch geschehen; denke, an einigen Ellen Leinenzeug und einigen Metzen Obst hängen Heil und Seligkeit nicht.» Während die Base so sprach, strich Joggeli um ein Wägelchen herum, welches geladen wurde, um auf den Markt gefahren zu werden. «Ja, ja,» sagte er, «so ist es recht, das müßte mir auch verkauft sein, und je mehr je lieber; die Weiber sehen es freilich nicht gerne, wollen Vorräte haben, aber wofür? Um die gute Frau zu machen oder einen Kreuzer Geld, von dem der Mann nichts weiß. Meine Frau hat mir damit geschadet, es weiß kein Mensch wie viel, und Vreni wird wohl von ihr was davon gelernt haben. Daher hast recht, gleich anfangs zu zeigen, wer Meister ist und welchen Weg es gehen muß. Das Geld wirst brauchen können, allweg fressen es die Mäuse nicht, und die Motten kommen nicht darein.» Solche Reden gefielen natürlich Uli wohl, stärkten seinen Glauben an Joggelis Wohlmeinenheit, an die Notwendigkeit, den eigenen Willen durchzusetzen, und in der Ansicht, Geld machen sei unter allen Künsten die erste und dringlichste.

Als Weihnacht kam, hatte Uli wirklich ein schön Stück Geld aus all der Stümpelten gelöst, weit, weit über den Bedarf zu den Gesindelöhnen, und doch war es keine fröhliche Zeit, und das Neujahr war ebenfalls kein heiteres. Es ist oft der Fall, daß wenn man Dienstboten ändert, man den Wendepunkt, wo die alten aus-, die neuen einziehen, nicht erwarten mag und zwar beidseitig nicht. Das Verhältnis ist so giftig geworden, daß man sich nicht bloß kein gut Wort mehr gibt, nicht bloß zornig wird, wenn man sich sieht, sondern sogar, wenn man sich aus der Ferne husten hört. So war es aber in der Glungge nicht, im Gegenteil; als der Zeitpunkt rückte, wo geschieden werden mußte, mochten beide Teile nicht gerne daran denken, hätten gerne dem Rade der Zeit den Hemmschuh untergelegt. Selbst Uli kam es jetzt, er hätte sich doch vielleicht den unrechten Finger verbunden, allweg habe er sich eine schwere Bürde aufgeladen und Jahre werde es gehen, ehe er aus den Klötzen, welche er angestellt, ordentliche Knechte herausgehauen und zurechtgemeißelt. Begreiflich gestand er es nicht, nicht einmal vor sich selbst wollte er so recht den Namen haben, daß es ihm so sei. Den Knechten ging es ähnlich, sie verließen ungern die Glunggen, zeigten es jedoch nur Vreneli, wie es ihnen war und daß sie wohl wüßten, wenn es nach seinem Kopfe gegangen, sie beisammen geblieben wären. Äußerlich hatten alle das Aussehen, als ob sie sich bitterlich haßten, aber innerlich war bloß ein Grollen, und zwar ein Grollen, daß man von einander mußte und zwar ohne Notwendigkeit, sondern weil jeder einen aparten Kopf hatte und Uli den allerapartesten, gespickt mit Joggelischen Brocken.

Abgehende Dienstboten feiern, wie bekannt, das Neujahrsmahl noch mit, es ist das Abschiedsmahl, nach welchem sie weiterziehen auf ihrer Pilgerreise nach einer neuen Station. Viele essen und trinken da noch zum Platzen, um die alten Meisterleute zu ärgern und von ihren Rechten den ausgedehntesten Gebrauch zu machen, und leben doch am besten am Gedanken, wie zornig sie ihre Meisterleute verlassen. Das ist auch ein wüst Zeichen der verkehrten Natur der Menschen, eine wahre Teufelsüchtelei. So gings in der Glungge nicht, man war karg mit den Worten, mit Essen und Trinken ging es auch nicht recht, wie sehr Vreneli nötigte. Daher kam die Offenheit nicht, welche der Wein manchmal bringt, die frostigen Bernernaturen tauten nicht auf, kurz machte man die Sache und düster zog das Jahr auf der Glungge ein, und als am folgenden Morgen die Abgehenden Abschied nahmen und sagten: «Lebet wohl und zürnet nüt», waren die Gesichter auch düster, doch war keine Stimme, die nicht gebebt hätte, wenn sie Vreneli sagte: «Leb wohl und zürne nüt.» «Leb wohl», sagte dann Vreneli, «und wenn du vorbeigehst, so komme ins Haus und berichte, wie es dir geht. Hörst, und vergiß es nicht, ich zürnte es, wenn du es nicht tätest. Je besser es dir geht, desto mehr wird es mich freuen. Aber es ist keine Gefahr um dich; stellst dich gut, so gehts dir gut; gibts dir etwas Ungesinnetes und können wir dir helfen, so vergiß uns nicht und denke an uns.» Selbst Uli sagte: Sie sollten ihm nicht zürnen; wenn sie einmal selbst in seine Lage kämen, so würden sie ihn begreifen. Wenn einer einen Anfang hätte wie er, so müsse er sich sturm sinnen, woher er die Kreuzer alle nehmen wolle. So schieden sie im Frieden auseinander, und dies ist allemal schön. Wer aus allen Häusern im Frieden scheidet, darf hoffen, einst auch im Frieden zu scheiden aus dieser Welt und einzuziehen mit Freuden in Gottes himmlisches Haus.

Am Nachmittag und am folgenden Tage zogen die neuen Dienstboten ein, und Vreneli ward es ein um das andere Mal übel.

Es ist ein wunderlich Geschöpf, so ein Menschenkind, und noch wunderlicher krabbelt es ihm im Kopf herum, noch viel wunderlicher, als in einem chinesischen Wörterbuche die achtzigtausend Schriftzeichen, welche die chinesischen Gelehrten ersonnen haben sollen, krabbeln mögen. Ja, müssen noch ganz andere Gelehrte haben, die Chinesen, als wir, haben aber auch um so längere und dickere Zöpfe, begreiflich!

Was so in eines Knechtleins Kopfe krabbelt, stellt sich selten ein Mensch vor, und wäre es auch ein Gelehrter, selbst ein deutscher. Sie kamen daher wie Dampfkessel, auf zwei schlechte Beine gestellt zwar, aber aus allen Löchern pfiff und schurrte der Dampf, sintemalen sie aufgeblasen waren, was die Haut ertragen mochte. Erstlich bildeten sie sich schrecklich viel ein, daß sie wirklich einen Platz hatten und noch dazu an einem so berühmten, großen Bauernorte. Wer ihnen begegnete, frugen sie, wie weit es noch bis zur Glungge sei, und jeder mußte vernehmen, dies sei der Berühmte, man werde schon davon gehört haben, der dort als Melker oder Karrer einziehe oder gar als Meisterknecht, denn so genau nahmen sie es nicht. Sie bildeten sich auch wirklich ein, Solche wie sie seien noch nie diese Wege gewandelt, denn sie gingen nicht, sie wandelten. Als sie endlich an Ort und Stelle angewandelt kamen, mußten sie natürlich zeigen, wer da angewandelt käme, und so kamen sie wirklich wie aufrechte Dampfkessel auf zwei Beinen. Vreneli weinte zuletzt, doch bloß für sich. Uli stunden die Haare bolzgerade auf vor Zorn, er verwerchete ihn jedoch auch im Stillen. Joggeli saß hinter dem Fenster und verwerchete nur Galgenfreude, jedoch auch im Stillen, er fürchtete sich doch zuweilen vor den Kernsprüchen seiner Frau.

Nach und nach langte auch die Bagage an; die war traurig, es war, als käme sie aus dem siebenjährigen Kriege und hätte alle Schlachten mitgefochten. Mädi wars, welche rekognoszierte und sichere Berichte darüber brachte. Mädi war also geblieben, Vreneli zu Lieb und Ehr. Uli konnte es nicht verzeihn, daß er die Andern zum Abzug gebracht. Mädi hatte keinen Liebhaber unter den Abgehenden, aber das Ehrgefühl rechter Mägde, welchen alles daran gelegen ist, daß es gut gehe da, wo sie dienen, daß es heißt: da werde recht gearbeitet und bessere Ordnung sehe man nirgends. So viel Verstand hatten zur selben Zeit die Dienstboten, daß die Ehre des Orts auch auf die fiel, welche zu dieser Ordnung beitrugen. Mädi hatte Schadenfreude und sagte, es geschehe Uli recht, daß er solchen Zeug gekriegt, der werde das Jahr über für mehr als zweihundert Taler Zorn und Verdruß zu schlucken haben. Nur sei es nicht recht, sagte es zornig, daß die Unschuldigen mitleiden müssen. Das werde eine Zuversicht geben, daß man vor Zorn nicht mehr werde die Augen auftun mögen. Aber was ihns am zornigsten mache, sei, daß man die Lumpen alle Wochen werde waschen müssen und dann die halbe Woche ums Haus herum werde zu hängen haben, das werde doch der Glungge wohl anstehen! Die Leute werden glauben, es sei da ein Lumpensammler eingezogen und trockne an den Zäunen, was er naß zusammengetragen. Es hasse nichts mehr, als so verhudelte Hemdchen zu waschen. Anrühren dürfe man sie nicht, das Wasser ertrügen sie nicht, an der Sonne führen sie auseinander und das leiseste Lüftchen trage die Fetzen dem Teufel zu, und wenn dann nichts mehr sei, so müsse man alles gestohlen haben. Am besten sei es, Uli wasche selber, Vreneli solle es ihm sagen, Mädi wolle damit hell nichts zu tun haben. Vreneli sagte nichts, aber Mädi konnte sich nicht enthalten, Uli zu fragen: «Sag, Uli, in der hintern Kammer sind noch zwei große alte Tröge; soll ich diese etwa ausputzen, damit die neuen Knechte Platz haben für ihre Sachen?» «Wenn es nötig ist, so will ich es dir schon befehlen,» schnauzte Uli. «Einstweilen siehe nur zu dir und mache, daß du immer Platz hast.» «Jä so,» sagte Mädi, «ist das so gemeint? Das wird eine strenge Obrigkeit geben sollen, wo man nicht mehr das Maul auftun soll und sagen, was einem dreinkommt.» «Höre, Mädi,» sagte Vreneli, «schweig und laß der Sache den Lauf.» «Aber darf man dann kein Wort mehr sagen hier? Soll das so streng gehen?» «Reden kannst, so viel du willst, aber Öl ins Feuer schütten, selb tue mir nicht, selb ist nie erlaubt und war es zu keinen Zeiten. Aber es ist halt eine böse Zeit; was klar war, wird finster, und je mehr die Menschen sich einbilden auf ihre Weisheit, desto dümmer gehen sie mit allem um, und was gesetzlich beschränkt war, soll jetzt gesetzlich erlaubt sein, Gift und Feuer in jedes Kindes Hand zu freiem Gebrauch gestellt werden.»

Es war in der Tat nicht nötig, bei Uli Öl ins Feuer zu schütten, es brannte ohnehin sattsam in ihm. Uli hatte sich vorgestellt, wenn er wohlfeile Knechtlein dinge für seine höhern Stallstellen, so kämen die demütig daher im Gefühl, wie ihre dermaligen Kräfte ihrer Aufgabe nicht gewachsen seien, und mit dem Vorsatz, das Fehlende baldmöglichst zu ergänzen. Aber potz Himmeltürk, wie gröblich hatte Uli sich geirrt! Den Bürschchen kam nicht von weitem in Sinn, daß sie noch was zu lernen hätten; so wie sie ihre Posten hatten, hatten sie auch das Bewußtsein vollständiger Vollkommenheit. Sie hätten es immer so gemacht, sie seien es so gewohnt, allenthalben, wo sie gewesen, sei es so recht gewesen, sie wüßten nicht, warum es hier nicht auch recht sein sollte. Das war ihre Antwort, mit welcher sie bei jeder Zurechtweisung bei der Hand waren. Um so trotziger gaben sie diese Antwort, weil sie Uli als ihresgleichen betrachteten. So einer, der auch nur erst Knecht gewesen, solle nicht kommen und sie dressieren wollen; von einem, der nicht mehr sei als sie, ließen sie sich nicht kujonieren, dem wollten sie es zu merken geben, daß sie wohl wüßten, wer er gewesen, wenn er es etwa vergessen wolle; solche liebliche Gedanken hatten sie. Man kann sich denken, welch lieblich Dabeisein Uli hatte, und durfte nicht klagen. Selbst getan, selbst haben, mußte er denken.

Aus der Tenne war viel Korn getragen worden, was nicht immer der Fall ist, wenn auch viel Garben eingefahren worden sind. Aber aufschlagen wollte es nicht, die Müller taten sehr wählig und selten sah man einen bei einem Bauernhause. Dagegen schneite es mächtig, regnete drein, fror wieder zu, schneite wieder, so daß Uli dachte, es lege sich eine Eiskruste über die Äcker, unter dieser ersticke der Samen oder die Mäuse täten ihn fressen. Im Frühling oder gegen den Sommer müsse das Korn allweg aufschlagen, und da sei es doch hart, unter dem Preise verkaufen zu müssen, um den Zins zahlen zu können, den Joggeli durchaus nicht nötig hatte.

Die Pachtherren haben es gar verschieden gegenüber ihren Pächtern. Es ist hier nicht von irländischen, nicht von englischen Pachtherrn die Rede, sondern von schweizerischen, begreiflich. Einem Pachtherrn, der noch lebt, brachte einmal ein Pächter den Zins gleich am Verfallstage. Der Pachtherr fuhr ihn schrecklich an: «Meinst, ich habe das Geld so nötig wie so ein Lumpenbub von deinem Kaliber?» Und fast hätte er den armen Teufel vom Hofe gejagt. Der Pächter hatte gemeint, wie gut er es mache, hatte das Geld in allen Ecken zusammengelesen, kam stolz daher im Hochgefühl freudiger Erwartungen und wurde angefahren, daß ihm die Knie noch lange nachher wackelten. So kann man sich täuschen in seinen Erwartungen, wenn man die Menschen nicht kennt; der kam aber sein Lebtag nie mehr am Verfalltage mit dem Zins daher. Ein anderer Pächter kam zu seinem Pachtherren auch ohne langes Warten mit dem vollen Zins und meinte, was er tue und wie wohl er ankäme. «Es scheint,» sagte der Pachtherr, «die Pacht sei gut, daß Ihr den Zins so schnell machen könnt. Ja, ja, die Zeiten sind gut für die Pächter, alles gerät wohl und gilt viel, ein Birnstiel ist wie bar Geld. Apropos, was ich habe sagen wollen: ich gönne Euch die Pacht, aber per Jucharte muß ich zwei Taler Zins mehr haben, anders tue ich es nicht. Für mich sind die Zeiten bös, alles ist teuer, ich muß sehen, wie ich mich durchbringe.» Wart, du alter, verfluchter Schelm, dachte der Pächter, der auch nicht dumm war, dir bin ich schlau genug für die Zukunft, wenn du mich jetzt nicht kriegst. Und demütig tat er, rutschte fast auf den Knien herum und redete verblümt von einem Erblein, welches ihn in den Stand gesetzt, die Pacht zu zahlen, kurz er brachte es dahin, daß der Herr bei dem gleichen Pachtgelde blieb. Von da an kriegte selber Herr den Zins nie schnell und ganz, sondern erst auf langes Mahnen hin verstückelt und unter hundert Seufzern und Bitten, doch abzulassen, dieweil der Zins nicht zu erschwingen sei, das Blut unter den Nägeln hervorgepreßt werden müsse, um ihn aufzubringen. Das freut dann den Herrn gar sehr, daß er sein Land so hoch angebracht, den Pächter so hart gepreßt, läßt aber nicht ab, schlägt aber auch nicht auf, und er und der Pächter sind herzlich wohl zufrieden mit einander. Sind doch zuweilen kuriose Leute, die Menschen!

Uli wußte aber, daß Joggeli weder zu der einen noch zu der andern Sorte gehörte. Er war zu mißtreu, um gerne lange Geld ausstehend zu haben, hatte es zu gerne in den Händen und trieb Kurzweil mit Zählen, als daß er es gerne lange mißte. Sollte er also verkaufen um geringen Preis, um den Zins zu machen, sollte er sein Geldlein einziehen und das Korn sparen? Das ging ihm im Kopfe herum, daß er oft aussah akkurat wie eine wandelnde Brummelsuppe.

Das dritte Ding (an zweien wäre es mehr als hinreichend gewesen, um einen Uli rappelköpfig zu machen) war Vrenelis Zustand. Vrenelis Zustand war eben kein besonderer, aber es war das erstemal, daß Vreneli darin war, Uli so was erlebte, und da meint man dann wunder, wie apart alles sei und das Allerschrecklichste vor der Türe stehe. Je inniger die Liebe, desto größer auch die Angst. Und Uli hatte Vreneli von Herzen lieb, er sah gar wohl, was er an demselben hatte, aber seine Liebe war halt nicht besser als ein Diamant, derselbe läuft im Nebel der Welt auch an, ja sogar mit irdischem Kote kann man ihn bedecken.

Wie sehr Uli Vreneli auch liebte, den rechten Verstand in solchen Dingen und Zuständen hatte Uli doch nicht, bei aller Angst. Die Weiber haben es gerne, wenn man sie an Ruhe mahnt und die Arbeit ihnen wehrt, sie tun dann gerne noch einmal so viel als sonst und ohne sich zu beklagen. Uli kannte das nicht, und wenn Vreneli nicht immer bei allem war wie sonst, so vermißte er es, frug ihm nach, fragte, ob ihm was fehle, dies und jenes sollte gemacht sein; wenn man nicht immer hinten und vornen sei, so sei nichts gemacht usw. Er merkte in seiner Hast nicht, daß er damit Vreneli weh tat; er meinte es gut, hatte aber halt den Verstand nicht. Wer ihn halt nicht habe, dem müsse man ihn machen, meinte die Base. Sie hielt Uli eine scharfe Predigt, machte ihm himmelangst und die Hölle heiß, er versprach das Beste. Fortan, wenn er fragte: «Wo ist Vreneli? Vreneli, das und das sollte gehen, das und das solltest machen», so setzte er allemal hinzu: «Oder magst etwa nicht, so sag es, ich will dann sehen, wer es macht oder wie es geht.» Die Base sagte oft: Ein Kalb sei dumm, aber so mit einem jungen Mann sei es doch noch lange nicht zusammenzuzählen. «Selbst mit manchem alten nicht», brummte sie manchmal nachsätzlich. So geduldig die Alte mit dem lieben Gott war, so sehr sie überzeugt war, daß alles komme aus seiner väterlichen Hand zu unserm Besten, Käfer sogar und Mäuse, so geduldig war sie auch mit dem Mannevolk; aber sie betrachtete es eben wie Käfer und Mäuse, wie eine Art Ungeziefer, welches man in Geduld und Langmut zu ertragen habe, weil es eben von Gottes väterlicher Hand geordnet sei. Ihre Ansicht darüber freimütig auszudrücken, hielt sie erlaubt. Es war Uli aber auch etwas zu verzeihen. Wo er nicht war, ging was Krummes, bald was mit den Rossen, bald was mit den Kühen. War er im Walde, so gabs daheim was Dummes, war er daheim, so kam man aus dem Walde mit einem zerbrochenen Wagen heim oder einem blessierten Rosse. Da kommt dann gerne so eine allgemeine Ungeduld in die Glieder. Wie es gehen solle, wenn Vreneli ganz dahinten bleiben müsse, das begriff Uli nicht. Indessen so was muß man begreifen lernen, man mag wollen oder nicht.


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