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(Tschugger Mundart.)
E Langhans isch es g’si̦i̦, wo als Bildhauer a der alten Insel z’Bärn «der barmhärzig Samariter» groß u fịịn het ụụsg’mäißlet; un e Langhans 1 isch es wider g’si̦i̦, wo als Pfarrer a der neuen Insel der barmhärzig Samariter i zwäüne Läbeswäärch vo der Bärner Chirche het machen e G’stalt z’g’winne. Die zwäü Wäärch sịị di bäiden Anstalten für söttigi bidụụrenswäärti Chrankni, wo wägen ihrer schwierige u langwierige Bihandlig, wo i käine Wäge d’Chösten abträit, i käir private no staatliche Häilanstalt ụụfg’noo wärte. Das sị di «Unhäilbare» u di Epileptische, wo mit dem falle nte Weh (1768: der «fallenden Sucht», 1586: dem «hinfallenden Siechtag») g’schlage sịị. Bäidnen Anstalte het der Langhans biblischi Nääme ’gää, wo säge wäi, es wärti i mene söttige «Gnadehụụs» («Bethesda») 2 die ụụfgnoo, wo mit ihrem ganze Läbe enzig a «Gottes-Gnad» g’wi̦i̦se sịị. Bäider Gattig Chrankni, wo fast alli als unhäilbar im Läben oder im Tod ihres Asyl verlöö un als «bloße Pflegefälle» dene, wo Dokter studiere, nid vi̦l schịịne z’lehre z’gää, häi in der Daat z’erst solle i di glịịchi Anstalt choo. En erfahrne Dokter (A. von Ins) het du̦ vo däm abg’ra̦a̦te: Nu̦mme dás ni̦i̦d! Tüet di Epileptische ḁpaartig! Däm Dokter het mḁ g’folget, un ḁ lsó isch es guet choo. Di Vorberäitige, wo dä Inselpfarer Georg Langhans als e praktisch u theoretisch tüechtige 606 Chopf (är het jo o mụ̈eße hälffe d’Pfarer examiniere) scho u̦f sịne früehere Böste z’Churzebärg u z’Ni̦derbipp u z’Graferied bịị n ihn het lo rịffe, sị däwääg mit bärnischer Bidächtigkäit un dḁrfu̦ü̦r ohni mit aller Gattig Prööbeléie verpfu̦scht z’wärte, ihrem richtige Zi̦i̦l u Zwäck e̥rggääge ’gange,
Als Presidänt vo der schwịzerische Kumission für christlichi Liebesdäätigkäit, wo der Langhans 1885 mit sịm Referat vor de schwizerische Pfarer z’Herisau het in d’s Läbe g’rüeft, isch äär du̦ ḁfangen i sịm Häimatkanton praktisch däätig voraa’gange. Ämmel aafḁ mit dem Biwịịs, daß es Hü̦lfsbedürftigi gnue gääb, wo i Anstalte sötti. Vo de g’wöhnlichen Unhäilbare het mḁ das langisch g’wü̦ßt; aber wi vil Epileptischi gi bt’s?
E Zehlig het d’Antwort ’gää: i der ganzi Schwịz öppḁ fụ̈ftụụsig, u dämnoo im Kanton Bärn ihrere 880! U de nn isch erst de nn no d’Froog gsi̦i̦: Was für Epileptiker het mḁ ’zellt? U weeli het mḁn überhạupt aa’gäh? Weeli het mḁ versteckt, für nid müeße vor de Lüt von ’ne z’rede, u weeli het mḁn überhạupt gar nid für epileptisch aag’luegt? Es gäit jo doo wi bi den an͜dere «Gäisteschrankne», wott säge: Hi̦i̦rnichrankne, wo mḁn äi’m «nụ̈ụ̈t Bsun͜ders aamerkt», wen n er nid wi ’ne Fläüge a de Wän͜d umme chräblet oder d’s ganz Hụụs d’s un͜der óbe rüehrt.
Un e söttigi Unkenntniß un es söttigs oberflächlichs luege isch grad bi den Epileptische ganz überụụs verhängnisvoll. Do redt mḁ gäng nụmme vo denen állerdings fürchterlichen Aafäll, wo äine grad der Augeblick no mit de̥r redt oder öppis schaffet u vi̦li̦cht der an͜der Momänt wi vom Blitz ’troffe z’Bode fallt u, wen n es böös go soll, der Chopf ḁ lsó wüest ụụfschloot, daß er dḁrvo cha stäärbbe. Dḁrbịị loot er e Brüel ụụs, daß ’s äim dür Maarch u Bäi fahrt. Do lịt dä Aarm oder di Aarmi! Er (oder si̦) isch nü̦mme bịị n ihm (bịị ’re) sälber. Der ganz Lịịb isch g’staabe̥dig wi n e Bitz Holz, d’Arme u d’Bäi het er vón ihm g’streckt. D’Zän͜d bị̆ßen über enand u chäü (chönne) d’Zunge verbị̆ße, we nn mḁ nid ganz sụ̈ụ̈ferli es z’sämmeg’läits Düechli cha dḁrzwüsche stoße. D’Auge het er ganz verchehrt, daß mḁ numme no d’s Wị́ße g’seht. D’s Gsicht isch ganz bläich. No ’re halbe Minute oder öppis ehnder föö (fange) d’Armen u d’Bäi aafoo jucke; mi g’seht, wi Chrämpf dḁrdü̦ụ̈r fahre. Der Lịịb wirt wi mit der unsichtbare G’walt vo ’mene Ri̦i̦s (di Alte häi us ganz ịịlụ̈ụ̈chtende Gründ g’säit: vo ’mene bööse Gäist 3 ) u̦mme un anne g’heit, daß er z’Nacht zum Bett ụụs fallt, we nn mḁ nid linggs u rächts e Bettschääri ịịsteckt wi bị 607 ’mene Chin͜d. D’Armen u d’Bbäi zieh ịị u stoße mit der G’walt vo mene Wüetige. Der Chopf fahrt ụụf un abb, u d’s Gsicht wird verzerrt, daß mḁ dä Möntsch gar nid ummeg’chennt. D’Auge drääije si ch linggs u rächts un ụụf un abb, d’s Mụụl schnappet ụụf u zue, d’Läspi schụụme. Jetz g’hört mḁ der Oote m goo, ó d’Stööß-wịịs; wi daas chịịchet u raßlet! D’s Gsicht wird chöltschblaau; es isch, wi wenn dä arm Möntsch mụ̈eßt ersticke. Äntlich, no ’ne par Minute, gi bt’s aafḁn e rüeijige, aber e däüffe, däüffen Ootezu̦u̦g wi ne Sụ̈ụ̈fzger. Aber gäng no isch dä Chrank vo Si̦i̦n n. Jetz erwachet er u chunnt zue n ihm sälber; aber miṇ Gott, wi isch er so müed! Är isch wi g’reederet. Alls an ĭhm säit: Machet nụ̈ụ̈d aa mer! Lööt mi ch! lööt mi schlooffe wo n i bi̦i̦ u win i bi̦i̦! Bloß e ganz vertroute Möndsch läit ’na sụ̈ụ̈ferli, sụ̈ụ̈ferli a d’s erst best rüeijig Blätzli.
Aber öpper, wo wott g’schịịder sịị, isch scho zuecheg’sprunge g’si̦i̦, fü̦r Arm u Bäi u Chopf u Lịịb u̦s Lịịbeschrefte z’haa u Schmöckwasser un͜der d’Nase z’haa u i d’s Mụụl öppis «Steerkigs» z’schü̦tte, bis dä arm Mönsch de nn no wü̦rklig erstickt oder e Lungene ntzü̦ntig dḁrvo dräit. So «gschịịd» Lụ̈t gi bt’s mäṇgisch.
Söttigi Aafäll, bi dene hie u doo en arme Möndsch, wo sịs Mues u Brot verdiene mueß, jämmerlich erstickt g’fun͜de wirt, déne säit mḁ d’s falle nt Weh. Wi wenn’s nid o ganz an͜deri Arten Epilepsịị gääb, dene mḁ si ch chụụm achtet oder wo mḁn als dummi Maniere oder als Charakterfähler stra̦a̦ft — Fäll ganz b’sun͜ders bi Schuelchin͜d, wo der Lehrer oder D’Lehrgotte g’chenne sött fü̦r z’mache, daß do ŭ́f der Stell dḁrzue ’doo würd. Warum? Jetz wäär dem Übel i sinen Aafäng no grü̦ndlich abz’hälffe.
Nähme mer es Chin͜d i sịnen erste Schueljohr oder es an͜ders 608 (bsun͜ders es Mäitli) i sịnen Un͜derwịịsigsjohr — es schrị̆bt. Blötzlich blịbt der Griffel oder d’Fädere i der Han͜d still. D’Auge luegen es par Sekunde i d’s Lääre n ụụse, ganz starr wi bi äi’m, wo vo Si̦i̦n n chunnt; d’s Mu̦u̦l brü̦melet öppis, niemmer wäiß was, u d’Hän͜d fahren öppḁ vor em G’sicht dü̦ü̦re wi bi̦ mene Chin͜d, wo im Schloof e Fläüge wott wehre. Das gäit es par Sekunde, de nn fahrt das Chin͜d fu̦rt schaffe u wäiß vo allem, was do zwüschen ịịne choo isch, nụ̈ụ̈t. En an͜dere Mönsch redt mit de̥r, ganz wi n e g’schịịde, g’sun͜de Mönsch duet. Blötzlich wirt das Gsicht ganz bläich; es fahrt ve̥rlicht ganz sụ̈ụ̈ferli es Zucke drüber wi n e Wätterläich am Oobehimmel — un alls isch wider im Blei, der Chrank wäiß nụ̈ụ̈t an͜ders. E Dritte lạuft mit der, stramm u fest wi n e Soldat. Blötzlich stäit er still, wi wen n er über öppis nooche stụụneti. Oder er lạuft wịter; aber er stolperet, oder er plampet hin u här, wi wen n er im Draum lief — es par Augeblick; «was isch’s? Was luegsch mi aa?»
Das isch ó Epilepsịị — d’s petit mal oder d’ absence, wi n ihm der Wältsch säit — d’Aafangsform, aber mit dem ụụfg’haa bne Finger: paß u̦ff! 4
Do duet es’s mit dem erfahrene Hụsdokter u mit dem Schuelarzt, wo hoffetlich äinisch jeedi Schuel ’berchunnt. Aber zwüsche dér liechtiste Form u äi’r schweerste, wo hoffnungslos mit Verblöödung u Härzschwechi es Änd nimmt, gi bt’s e ganzi Reien Übergäng, 5 wo zum Däil in eren Anstalt no z’häile wäri, we nn mḁ z’rächter Zịt dḁrzue däät; oder wo ämmel bessereti, we nn mḁn u̦ssert der Anstalt dem Dokter ó folgeti.
Un alli die Fäll: d’Häilungsmüglichkeit vo den äinte u d’Erliechterig vo däm trụụrige Schicksal, wo den Unhäilbare un ihrne Aag’hörigen ụụferläit isch, hai b’Grü̦nder vo der Epileptiker-Anstalt «Bethesda» dänkt. Un do isch em Langhans un em Chilchmäier Howald z’Bärn äi Maa na̦’m an͜dere a d’Site g’stan͜de u het dem Wäärch z’wäägg’hu̦lffe u hilft ihm o jetz dü̦r böösi Tage dü̦ü̦rḁ. Mier namse hie bloß Seeländer: der Dokter von Ins z’Bärn, die Regierungsräät Schụ̈ụ̈rer Vater u Suhn vo Erlḁch, der Amtsschrịịber un Amtschaffner Christe z’Erlḁch.
609 Mit 17,185 Fränkli g’sammletem Gält het der kantonal Hü̦lfsveräin für Epileptischi am 30. Wintermonat (Nóffämber) 1885 erklärt: mier wa̦a̦ge’s! un am 1. Juni 1886 het er mit sächs Chrankne d’Anstalt eröffnet.
Wo? Natürlich nid i’ mene Neubau. Aber uber em Dorf Brü̦ttele isch das ịịg’gangne Bad (vgl. Ins 58 ff., 618 f.) läär u lịịber g’si̦i̦, u das het mḁ vo der Ju̦mpfer Müller i Läche g’noo. Aber mi het en án͜der no g’seh, daß dört die Ịịrichtige fü̦r di neui Anstalt vi̦l z’tụ̈ụ̈r chäämi. Mit bloß sí̦bez’g Rappen im Dag für die Vermëgeslose cha mḁ nid wịt springe. Der Staat het’s du̦ besser vermöge, sị Mäitlianstalt ( Ins 60, 579) dört hi̦i̦ z’due, u d’Epileptikerkumission het w ịters g’luegt. U was het si̦ g’fun͜de?
A der Sụ̈dabhelti vu̦’m Tschụlimu̦ng (Jolimont) zieht si ch der Erlach-Gampele-Strooß noo das habliche Un͜derdöörfli Schu̦gg u drü̦ber gäge dem ergangenen uralte Hụ̈ttedöörfli Äntsche̥rz zue, wo es äigets G’mäinli ụusg’macht het, das früecher ó ganz arme Oberdöörfli Schu̦gg. D’Lüt dört häi als Räbmannli u Taglöhner dene Her re von Stäiger vo Schu̦gg d’dienet. Denen ihrers Batrizierguet het im volle Flor vo mene flị̆ßig u kundig ( S. 210) verwalteten Umschwung vo Räbe un Achchere u Matte mit däm prächtige Heerehụụs z’mitts inne u dem Inselhụụs ( S. 214) darnäbe u dem Lạubehụụs darhin͜der wi n es chlịịs Ritterguet vo sịr stolze Hööchi i d’s Taal abe g’luegt. Aber wi chu̦nnts du̦u̦? Der letz̆t Heer von Stäiger het das prächtig Häi m u̦s mängem Grund nid chönne b’halte. Aafḁ het er’s mit z’vi̦i̦lne G’chwi̦sterti g’ha z’däile u von ’ne ụụsz’chạuffe. Und de nn hai d’Rääbe män͜gs Johr nụ̈ụ̈t meh ’dräit. D’Insel (der Berner Inselspital), wo scho d’s Inselhụụs g’ha het, het dụ d’s ganz Stäigerguet an ihn ’zoge, aber ’s dụ i der Folg em Staat ab’dräte. Dää het der Epileptikerku̦mission d’s Stäigerhụụs, d’s Lạube- u d’s Inselhụụs uf vier Johr i Lääche g’gää. Da s isch t An no Nụ̈ụ̈nenachtzgi (1889) 610 gsi̦i̦; am 4. Meerze 1890 isch mḁn ịị’zü̦ü̦glet. Na̦ vier Johr het d’Anstalt dää Däil vu̦’m Guet für füfz’gtụụsig Franke g’kạuft, u d’s Johr drụụf (1905) fü̦r hunderttụụsig Franke o no grad der an͜der Däil vo dér Staatsdomäne: der Bụụrehof u d’s Äntsche̥rzhụụs mit allne Räbe. Darzue gi bt der Staat stịịfi Johresbịịträäg.
Aber jetz het’s erst du g’häiße u häißt es gäng u gä ng noo, d’Augen uuftue un i d’Händ spöüe, für ụs däm alte rịịche Heresitz e neui Anstalt für gäge zwäühundert im zwäüfache Sinn armi Chrankni z’mache. Do mueß jetz d’Chirche d’Wält lehre, was das häißt, arm sịị u doch rịịch: mit chlịịne Mittel großi Zwäcken erräiche. Jeedi Sántịịme vor em ụụsgää drụ̈ụ̈ Mool i der Han͜d umdrääije, fü̦r daß si̦ uụṣgääb, 6 was bi mene Brotz e häreg’schmi̦ßni Franke. Hie mụ̈eße großi Rụ̈ụ̈m no meh z’sämmeg’läit wärte, für daß dä groß Hushalt gäng no äifacher u billiger chööm; dert müeße Däil Stube i Zälle verpartaschiert wärte fü̦r Tobsü̦chtigi u Tạubsü̦chtigi, wo n e Däil ehnder in es Ịịrehụụs un e Däil in e Besserungsanstalt g’chörti. I der Chunst, söttigi Bạuereie so zwäckmäßig u so billig wi mü̦glich, z’mache, häi si ch der Vatter u der Suhn Hegi (s. u.) als wahri Sackermänte (kosende Schelte für Genie’s) ụụsg’wi̦i̦se. Un no in äi’r Sach: das nöötige Wasser z’fin͜de. Daas, wo zum Stäigerguet g’lü̦ffe g’si isch, dăs het jo scho g’nüegt für e Privathụshalt. Aber en Anstalt für Hirnchrankni, wo Beeder heuscht u gäng u gä ng wider Beeder, die brüelet na̦ Wasser! Wasser! Wasser! Nu̦, das het fi ch na̦ langem sueche g’fun͜de. Di Brü̦nneli lạuffe.
Aber no an͜deri Brü̦nneli: die vo de freiwillige Gaabe sötti nid ụụfhööre lạuffe, für daß d’Kumission u der Dokter u der Vorsteher äi dringende Wunsch na̦a̦ di na̦a̦ chönnti erfülle: di Chrankne besser us enan͜dere z’haa u na̦ de Grade vo ihrer umügliche oder mügliche oder wohrschịịnliche oder sogar fast sichere Häilbarkäit abz’stueffe. Es isch doch himmeltrụụrig für di liechter Chrankne, u für di Sụ̈̆ferlige (Reinlichen) un Äigelige un Oordliche u Freine (Gutartigen), mit halb Blööde u mit Schmierfinke u Rịịbịịse u Händelsüchtige müeße an äi’m Tisch z’ässe, un i äi’r Stube der Tag z’verbringe, wil si i Gott’s Name i däm änge Platz müeße z’sämmeg’stu̦ngget wärte.
U jetz grad no äis! Es besseret mängem ḁ lsó schön i der Anstalt oder es chu̦nnt äine r ḁ lso ume z’wääg (wird geheilt), das s mḁ’ nḁ darf lo goo (entlassen) — aber o wetsch: i zwööne Monḁte isch d’s alt Eländ wider doo. Wḁrum? Er het dḁhäime oder i si’r Stellig, 611 won er öppḁ neu findt, sị Sach ni̦i̦d. Oder wenn oo, so isch er ekäi ganze u volle Möndsch i sị’r G’sellschaft. Er isch en arme Zü̦ttel u g’spü̦ü̦rt das; er nimmt’s schwäär u suecht vilicht si Trost bi’m Glas oder Glesli, wo für ihn ’s eergst Gift isch. Oder er wird sụst (sonstwie wieder) e schwache Mönsch u wider rịff für d’Anstalt (wenn de nn wider Platz für ihn doo isch). Söttig Lụ̈t, wo nie im Läbe feste Stan͜d fasse u sälbständig wärte, chömen öppḁ us allne Häil- un allne Besserigsanstalte u wärte gäng u ggä ng wider deren ihri Gest — we nn mḁ nid es Asyl fü̦ü̦r si̦ het, wo si öppis Rächts chönne u möge schaffe u darfü̦ü̦r i bischäidenem Maaß ĭhri Sach (ihren Unterhalt) häi un e Versorgig i de chrankne u schwache Daage (in den Tagen der Krankheit und Schwäche).
Nu̦, scho jetz, im bloßen Aafang vo däm grụụsám schööne Wäärch vo der Bärner Chirche, chäü d’Johresberichte 7 vo schöönen Erfolge rede. 1914 sị sächs Baziänte «gebessert» u zwöö «sehr gebessert» (so daß si zwäü Johr lang käi Aafall meh g’ha häi) ụụs’dräte, Wi’s ’ne du̦ssen im freie Läbe gang, das hanget dárvo ab, wi si̦ si ch halti: gobb si̦ dem Dokter folgi u si ch sälber ganz klar machi, daß nu̦mmen im Bigläit vo stramm g’regelierter Läbesoornig vo bliibe nter Besserig könn d’Reed sịị.
Zu dere g’chört i der Anstalt vor allem e rüejigi, frü̦ntlichi Umgangswịịs. Do wirt nu̦mmen öppḁ denn äinisch wider d’s Ru̦u̦che fü̦ü̦re̥g’chehrt, wenn es Übel anstatt i Blöödigkeit i Boshäit un in e Tụ̈ụ̈felsü̦chtigi ụụsarte will, wo i der Hụsornig alls d’s un͜der óbe rüehrt un o di gidultigste Wärter u Wärtere zum Hụ̈ụ̈sli ụụs bringt, daß si säge: Do möcht der Ttụ̈ụ̈fel dḁrbịị sịị!
Zur rächte Bihandlig chunnt öppis rächts z’ässe: als Närvefueter en äiwịßrịịchi Chost. Dḁrbịị isch absolut nid g’säit, daß grad all Tag Fläisch u̦f e Lade müeß; d’s Gŭ̦́nträäri: z’vi̦l Fläisch schadt nid nu̦mme dem Gältseckel von eren Anstalt, wo als ene kirchlichi mit bischäidene Mittel fi̦chtet; es isch o für d’Bluetbildung nụ̈ụ̈t nu̦tz. Dḁrfï̦ï̦r pflanzet d’Anstalt ganz Hü̦ffe G’mües, u b’sun͜ders Bohne und Äärbs u Rüebli. D’Milch vo denen ung’fähr drị̆ßg Chüeh wirt alli z’sämme im Hụụs verbrụụcht. Dḁrggäge chunnt fasch t jeedes Tröpfeli Wịị us de Schu̦gger Räbe — u̦ssert däm, wo öppḁ d’Chnächte u di äigeti Räbmanne i däm abg’lägne große Hụụs Äntsche̥rz 612 brụụche — i’ n Handel u verschoppet mit «Bapịịr» u «Metall» unzehligi Löcher im Hushalt. Wénn’s überhạupt öppis z’läse gi bt! Aber di längi Reie Mißjohr ( S. 235 f.) het o den Anstalträbe trụụrig zueg’setzt; u du̦ chu̦nnt du̦ no dä 4. Brochmonḁt 1910 (vgl. Ins 66 f.), wo n es o díe Rụ̈̆bis u Stụ̈̆bis verhaglet u für mängs Johr verdeerpt het.
Zum rächten ässe chu̦nnt d’s rächte schaffe — grad rächt o fü̦r di Epileptische, für die us ihrem grü̦ü̦ble u na̦a̦chestụụne über ihre Zuestand ụse z’lü̦pfe un ’ne d’s Gfüehl z’gää, daß ihres Läbe ó öppis wäärt sịịg, u no unäntlich vi̦l meh weder das vo ’mene g’sun͜dne Mönsch, wo’s nu̦mme verfụlänzet oder mit schlächte Sache verchäibet u verbli̦tzget. Es söttigs ụụfhaa u hööch ha vu̦’m Läbesmuet isch d’Hauptsach am wäärche vo den Epileptiker; was es der Sach na̦a̦ abträit, isch du̦rchụụs nid so groß, wi mḁn öppḁ mäint. Afange sịn e̥re gar nid so vi̦l, wo öppis rächts chäü mache; die mäiste sị jo halb oder ganz wi chlịịni Chin͜d, wo uf Schritt u Dri̦tt müeße g’hüetet wärte oder für die mḁn en Arbäit förmlich mues ersinne, daß si öppis z’düe häigi. Aber o die, wo mḁ ’ne en Arbäit im Hụụs oder im Fäld darf aavertrạue, mueß mḁ jo b’ständig under Auge haa, u wi sịịdig mueß mḁ mit ’nen umgoo, daß ’s nid im Uwille öppis chru̦mms u tu̦mms gääb! Do mueß mḁ Soorgg haa, u no Söörgger i mene pressierige Wärch wi im Häüet un i der Äärnt, daß alls schöön rüejig u g’mächlich zuegäit. Daß die, wo chäü, e chläi aanhaltig u di̦i̦fig ihri Sach mache, aber daß niemmer ju̦u̦flet u jastet u sowohl d’Arbeit wi der äiget Zuestand, wo jetze der Momänt grad rächt e guete n isch, nid verju̦u̦flet. Mi gäit dra hi̦i̦, wi we nn mḁ nid wett, u richtet doch vil ụụs. Do isch es grad, wi wen n im ganzen Acher oder uf em Moos niemmer regierti u käi Mönsch tät bifähle. Äis arbäitet dem an͜dere i d’Händ, un am Oobe nd isch vilicht drüü Mol so vi̦l i der Schụ̈ụ̈r wi u̦f eme Bụụrehof, wo der ganz Daag nụ̈ụ̈t isch weder ’brüelet u g’hụsteret u g’chäibet un ụụspoleetet u gfluechet u g’schunte worte.
U de nn ’berchöme di Lụ̈t für ihrers schaffe i der Hitz, wo mḁ dḁrbịị natụ̈ụ̈rlich o ganz äxtra für e Schutz vo däm arme Hi̦i̦rni u G’ni̦ck sorget, o n en aag’mässeni Zuelag zo ihrem Ortinääri.
D’Chin͜d, gäng öppḁ drị̆ßgi vo dene hundertsibez’g Pfleglinge, die müeßen ó schaffe, das verstäit si ch ung’säit. Sị müeße lehre, ihres Hi̦i̦rni de liechtere Aaforderige vu’m spöötere Läbe mache na̦a̦che z’choo un ämmel e Däil vo ihrem Un͜derhalt sälber z’verdiene. Drum wohnt i der Anstalt o en äigeni Lehrgotte, wo Schuel un Un͜derwịịsig het. D’Hạuptkunst isch dḁrbịị, i erfahrener, g’schi̦ckter Aapassig a 613 jedes Chin͜d u̦s ihm z’mache, was z’machen isch; nụ̈ụ̈t welle z’erzwänge, aber o nid zuez’gää, da si ch hin͜der der Chrankhäit e Schlappigi u Schlu̦mpigi versteck, wo im Äärnst vu̦’m spöötere Läbe z’sämmeknickt wi n e Strauhalm. O ch der chrank Mönsch soll ganz e tapfere Mönsch sịị! U das isch z’Schu̦gg ḁ lso. B’suecher, vor dene si ch d’Chind nid schi̦niere, chäü g’seh, wi die der Lehrgotte a den Auge hange, u wi das e Fräüd isch, wenn’s wi̦der zu n ere träffende Antwort oder zu ’mene gueten Ụụfsätzli g’längt het.
(Aus dem für «
Aarwangen»
zurückgestellten Schulkapitel)
Gäng am Uubersụnndig het der Pfarer vo Erlḁch Bredig i der Anstalt. Wo die no z’Brüttele g’si̦ isch, isch der Pfarer Hofer vo Si̦i̦sele go der Gottesdienst b’sorge, wi̦l der Pfarer z’Eiß mit Witzwịl u di an͜dere Pfarer i der Nööchi mit an͜derne Näbepflichte z’düe gnue häi. Aber o u̦f Schu̦gg isch der Pfarer Hofer no volli sächs Johr gäng di guete zwo Stun͜d über e Schalteräin (bei Ins) ụụs g’loffe, fü̦r das schööne, dankbaren Amt z’verseh. Si̦t An no Sächsi het’s der Ortspfarer Lụ̈thard z’Erlḁch g’macht, u si̦t dem Nụ̈ụ̈ni ṣi Nachfolger: der Arnold Knellwolf. Dää het im drị̆ßigste Johresb’richt (für 1915) ó ’ne chu̦u̦rzi, aber en intresanti Ụụskunft ’gää über dä Aantäil, wo so ’ne warmhäärzige Pfarer als «ein Gehilfe zur Freude» grad rächt am gäistige Läbe von ere söttige Anstalt het. B’sun͜ders ḁ lsó ’ne Bredig isch allimool es Fest scho fü̦r e Brediger sälber. Do g’seht si ch dää so rächt a sịm Platz wi niene sü̦st. Bsun͜ders jetz i däm prächtige Saal mit dene herrlichen Ornamänt a der Di̦i̦li, wo i däm verlotteret aa’drätene alte Stäigerhụụs ( S. 609) nöü restauriert worden ist. Do überluegt der Brediger vụ’m Chänzeli ụụs e ganzi g’sammleti Schaar vo öppḁ hundertzwänz’g Chin͜d u Manne u Frauen u Jumpfere, wo n ihm so z’sägen am Mụụl hange, u wo 614 bi’m ụụse goo ihm chöme cho d’Han͜d recke; di äinte still, di an͜dere mit halblụtem Dank. U daß daas ’nen äärnst isch, bi̦wịịse si̦ mit dem G’sang, wo zum Harmonium erster Güeti dür e Saal rụschet (s̆s̆) wi in ere große Chilche a ’mene Festtag. A den an͜derne Sunndige het der Vorsteher en Andacht.
D’s G’sang u d’s Harmoniumspi̦i̦l häi no an͜deri Glägehäite, si ch lo z’g’höre: am Exame, wo di Sachverständige vo der ermüedende, aber unermüedlich treuen Arbäit a de Chin͜d si ch chönnen überzụ̈ụ̈ge; am Wie̥nachtbạum, wo gäng e schööni Zahl vo Gabe bi̦wi̦i̦s’t, daß vor an͜derne g’mäinnützige Wäärch, wo meh Wäse’s von ’ne mache, Schu̦gg dóch nid vergässen isch; aber o a de Biäärdigunge, wo d’s Johr dü̦ü̦r gäng öppḁ sächs bis vierzäche Mool mụ̈eße stattfin͜de.
D’Anstalt het ihres äigene Chilch hööfli. Es lịt, guet ’pflegt u sorgfältig i der Oornig g’haa, wunderschöön am Äntsche̥rzwääg u̦f prächtig ụụssichtsrịịcher Hööchi. Dört isch dene, wo ’ne im Läben ḁ lsó vi̦l Sụnne isch verbönnt 8 g’si̦i̦, doch no im Tod so z’säge di volli Sunne g’gönnt.
Di Wahl vo däm Platz het si ch frịịli nid emool so von ihm sälber verstan͜de, wi mḁ chönnt mäine. Mi het di Dootne z’ersch i der Daalsohle ni̦de mit däm lättige Häärt welle vergrabe, wi̦l es dört am billigste wär z’mache g’si̦i̦. Du̦ het du̦ n e guete Witz vu̦’m Papa Schüürer der Sach der richtig Trääf ’gäa. Dää het ganz trochche g’macht: Soo! nodäm di arme Lụ̈tli in ihrem Läbe nie nụ̈ụ̈t G’fräüts g’ha häi, säü si ietz na̦ ch ihrem Tod no ch go ersụffe!
* * *
Z’mitts un͜der sịne Pfleglinge lịt der erst Hụsvatter vo der Anstalt: Rudolf Hegi vo Roggwil (28. Juni 1836 - 1906, Oktober 23.). Als e früechere reformierte Lehrer im Fri̦i̦be̥r gpiet u du̦ währet zwäüezwänz’g Johr als Armenerzieher im Schachehof z’Wange het dää gu̦ldlụter u pflichtträü Ma e Summ vo Erfahrige mit ĭhm u̦f Brüttele u Schu̦gg ’bra̦a̦cht, wo n en Anstalt vo dér Art u déne gassige (knappe) Mittel zäächemool guet het chönne brụụche. U no als chrächelige Si̦bez’ger isch er gäng wider em Bett ertru̦nne un u̦f sịm Poste gstan͜de, bis er z’letz̆t sịm fatale Halsübel si ch fast plötzlich het mụ̈eßen ergää.
Zum Glü̦ck für d’Anstalt, wo so stramm i dene ịịg’üebte schmale Wäge mueß furtmarschiere, wo so scharpf druf luege mueß, daß Johr ụụs Johr ịị bäidi Droom vu̦’m Fade z’säme recki u si ch grụ̈ụ̈seli 615 hüete mueß, mit der große Chellen aaz’richte, het d’Läitung chönne i der Familie blịịbe. Das überụu̦s schaffig u wäärchig u hụụslig Mueterli isch gäng no doo, u daß der Suhn mit dem Name un em Gäist vu̦’m Vatter vo däm si̦’m G’hü̦lf zu si̦’m Nachfolger ụụfrü̦cki, het si ch ganz von ihm sälber g’gää. Un ó schi̦i̦nbar ganz von ihm sälber isch di Lehrgotte vo z’sälbisch: Klara Ida Ellenberger, bi neui Hụsmueter worte. Als deren ihren Ersatz häi mer biräits d’Elise Hubmann us em Thurgau, die jezigi Frau Lüthi, u d’Fräulein Bigler mit ihrer usserordentliche Hi̦i̦gaab g’lehrt ehre.
Aber wi chönnti mier en enzigi Zịịlete vo Schu̦gg schrịịbe u d’Tante Rosa du̦sse loo? Di langjährigi Läiteri vo der Chinderabtäilig: Rosa Lirenmann? Mi mues g’seh, wi die mit Liebi un Umsicht u G’schick u Festigkäit die Chin͜d u̦ssert der Schuel lehrt wäärchche. D’Buebe wi d’Mäitli lismen im Winter Strümpf u machen an͜deri Handarbäite, un im Summer hälffe si du̦sse. D’Frau Forster, dem Vorsteher sị Schwester, isch ó so ’ne treui Seel, wo scho mängs Johr der Anstalt ihri Chreft dargi bt.
Wenn’s nụmḁn o z’mache wäär, daß d’Wärter u d’Wärteri min͜der starch wächsleti, u das s mḁ di guete chönnt zuechebin͜de! Aber mi bigrịfft’s joo: di Pfleg vo Epileptische isch nid e Sach wi i mene Chrankehụụs, mo mḁ d’Fräüd cha haa, schier all Daag e Besserig z’g’seh u sälber dra z’hälffe u darbịị vi̦l z’lehre, u gäng wider an͜der Lụ̈t un͜der d’Hän͜d z’berchoo. Das isch i Schugg gar äitönig u brụụcht e Hi̦i̦gaab ohni glịịche.
Die het zum Glück vo der Anstalt ihre Dokter, wo vụ’m Aafang aa bis hü̦t u hoffetlech no mäṇgs mäṇgs Johr denen Eermste vo allne «Stiefkindern des Schicksals» sị Liebi, sị scharpfe Blick, sịni Erfahrige u sịni ịịdringende Studie widmet: der Arzt Dr. Eduard Blank z’Erlḁch.
1
Georg Heinrich Wilhelm Langhans von Bern (1830-1898); 1858-1864 Vikar und Pfarrer in Kurzenberg, 1864-1875 Pfarrer in Niederbipp, von 1875-1886 in Grafenried, bis 1897 am Inselspital in Bern. Schrieb: Bibl. Gesch. f. Volksch. und Leitfaden. f. d. Konfirmanden-Unterricht. Groß waren auch seine Leistungen für kirchliche Liebestätigkeit, im Hilfsverein für Geisteskranke, im Verein für religiöse Volksschriften, im Verein für Verbreitung guter Schriften und an der Redaktion des «Säemann». (Leuenberger, Bipp 498 f.)
2
Joh. 4, 1 ff.
3
Vgl. Marc. 9, 17-27.
4
Wir schöpfen diese Schilderungen aus einem Referat des Erlacher und Tschugger Arztes Dr.
Eduard Blank, dessen bündig gefaßte, kristallhell ausgearbeitete Originaldarstellung im 23. Jahresbericht (1908) der Tschuggeranstalt zu lesen ist. Im darauffolgenden Bericht 24 (1909) steht ein Aufsatz über Behandlung der Epilepsie, und in Aussicht gestellt wurde dort eine Belehrung über die Ursachen dieser Geißel der Menschheit. Einen sehr fachkundigen Aufsatz über die Anstalt Tschugg bringt auch der «Säemann» 1920, S. 95 f.
5
Zu studieren auf S.15 f. des Jahresberichts von 1908.
6
Durch Ausgiebigkeit an Erfolg erreiche.
7
Als solche lagen uns außer den
S. 608 genannten vor: die Nummern 21, 25 (mit dem Rückblick auf das 25jährige Bestehen, vom Direktionspräsidenten W. König, Pfarrer in Muri bei Bern) und 29. Die Nummer 25 zeigt photographisch das
Steiger-, das
Insel- (vgl.
S. 609) und das
Laubehuus.
8
Vgl.
Gb. 127.
Der Menschheit Leben ist ein stetes Schlachtfeld. Nur wechseln seine Szenen. Jetzt messen Hunderttausende in breiter Front und tiefer Staffelung die Tapferkeit der Person und die Tüchtigkeit ihrer Waffe, bis eine Weile der letztern Getöse verstummt vor dem Seufzer Sterbender, dem Wehlaut der zu Krüppeln Zerschossenen, dem Fluch über die Urheber des Krieges.
Des Waffenkrieges. Seine Schrecken und seine Greuel sind der millionenfach gehäufte Mord der Blüte eines Volkes, eines Erdteiles, 616 der wägsten Söhne eines Menschenalters im Molochsdienst eines zynisch brutalen Übermenschentums.
Dieser Dienst legt Munition auf die eine Schale der Schickalswaage, auf die andere — «Menschenmaterial». Das ist’s, was in erstaunlicher Raschheit den Blick abstumpft für eine Szenerie, die doch zu neunundneunzig Hundertsteln des Zeitverlaufes die Menschheitsbühne beschlägt — eine allerdings läntwịịlig wechselarme und stille Bühne: es Hụ̈ffli Eländ i dä̆m Eggeli hie, es Hụ̈ffli Eländ i dä̆m Eggeli dört; Sieche, Gelähmte, Verkrüppelte, Taube, Blinde, Lahme, Verwirrte, Fallsüchtige.
Und doch sind auch das Kämpfer; und sie waren es, wenn nicht an ihrer statt Voreltern. Da wurde u̦f g’wi̦nne oder verlụ̈ụ̈re gekämpft für chönne z’äxistiere, für vorwärts z’choo oder doch ämmel fü̦ü̦r z’choo. Allein, sị hääi der Chü̦ü̦rzer zoge, und nun bleibt ihnen bloß die eine, passive Seite des Kampfes: lịịde u si ch lịịde; ein der Menschennatur z’wi̦ders und schon damit weit größeres Heldentum. Denn was ist sein Lohn? Der Tod als Erlöser. Was ist seine Genugtuung? Der Rückblick auf Vergangenes. Der kann sich richten auf ein schlimmes Erbe (der Vater oder d’Mueter het g’soffe), und der Sohn, die Tochter löst mit großem Ertragen den Fluch, welchen die Schuld der Eltern so leichtfertig auf die Kinder wälzt. «Im großen und ganzen,» schreibt der Arzt Dr. Mützenberg in Spiez, «liegt bei unserm Volk das Verantwortlichkeitsgefühl gegenüber der kommenden Generation noch ganz darnieder. Wenige Eltern fragen sich, ob ihre Gesundheit und ihre Lebensweise dazu angetan seien, eine lebenskräftige, gesunde Nachkommenschaft heranzuziehen.» 1 Es wird eine Aufgabe der Zukunftskirche sein, diesen Satz des vierten Gebotes mit Eisenhämmern den Gewissen einzupfählen.
Ein anderer aber, an hoffnungsloser Tuberkulose sich Dahinschleppender, hat gemäß dem Satze «mi läbt nụmmen äinisch» seine Gesundheit als einziges Wiegengeschenk in städtisch liederlicher Gesellschaft verplịtzget und verlaboriert. Mitlebende «Freunde» übernahmen hier die traurige Rolle schuldbeladener Vorfahrer, bis sie als Ratten das sinkende Schiff verließen. Am Siechen aber tritt nun das Wort vom glimmenden Docht 2 in seine Rechte.
Und nun aber dieses G’chü̦ppeli wackerer Streiter, die ihr böös haa als scheinbar einzigen Lohn für brav z’wäärchche einheimsen! Diese an Chamisso gemahnende «alte Waschfrau», die nur mehr mit g’chrümmte Hän͜d u g’staabeletige Fingere an den unbeweglich 617 gebogenen Armen stehen, liegen und sitzen kann. Die isch albḁ n am Morgen um drei ụụf un e Stun͜d wịt ga̦ wösche für n es Fränkli u z’Aa̦ben am nụ̈ụ̈ni häi m choo. U dére d’s eltist vo fụ̈ụ̈f Chin͜d? Dä Háns-Ueli isch als Un͜derwịsiger a Hirne ntzüntung g’stoorbbe. Der zweit isch ihm 27 jährig nooche choo. Ar isch dur di grundbódebööse Fü̦fz’gerja̦hr du̦u̦reg’sü̦ü̦rggelet worte un het als arms Pụụrewäberli i de chalte Wäbchällere ohni Ladebode Summer u Winter ụụsg’halte u g’wuestet (gehustet) u g’wuestet, 3 bis uf sächswüchigem Chrankebett, wo d’s letz̆t Räppeli Verdienst het ewägg g’noo, d’Lungi isch ụụsg’wuestet gsi̦i̦. Äi Spitzebäärgschääffer het fü̦fz’g Johr bi jedem Wätter sị Dienst ’too, für als Alterversorgung — d’Gsü̦chti darvo z’trage, wi als äinzigi P’hänsion (Bänzion) e Söldner us Batavia.
1
Jahresbericht 1813, 51.
2
Jes. 42, 3.
3
Ahd. der
hwuosto:
Kluge 217.
Wie gut, taten sich nun solchen Mustern allzeit geduldiger, dankbarer und freundlicher Kreuzträger, deren z’sämmeg’sparti Batze dru̦ff g’gange g’si̦ sịị, die Tore eines Asyls auf, in welchem sie unter liebevoller Pflege nun doch dem Erlöser Tod entgegenschauen konnten oder können!
Dies Asyl für Unheilbare ist das ehemalige Finkbeiner- Schlößli zu Mett bei Biel, die am 17. April 1898 ins Leben getretene Zweiganstalt der Vereinigten Krankenasyle der bernischen Landeskirche. Die Mutteranstalt war am 4. April 1886 in einem bescheidenen Miethaus zu Rychigen bei Worb gegründet worden durch einen Freund und Gesinnungsgenossen von Georg Langhans: Dr. Emil Blösch, und Gottlieb Friedrich Ochsenbein († 1893), Pfarrer in Schloßwil. Ein Jahresbericht des Gemeindespitals Biel, dessen Seele damals (1882) der menschenfreundliche und geschickte Arzt Dr. Neuhaus war, hatte den Seelsorger des verkehrsarmen Konolfinger Amtssitzes auf die Not der Großzahl schwer chronisch Erkrankter hingelenkt und ihn mit Beredsamkeit bewaffnet 618 gegen all die Fürwort (Ausflüchte), welche die Unentbehrlichkeit von Asylen für Unheilbare vernụ̈ụ̈tiget häi. Bereits 1888 half er sịs Anstältli auf das vom Ausschuß für kirchliche Liebestätigkeit erworbene ehemalige Patriziergut Beitiwil zu Rubigen bei Münsingen zü̦gle und sah die Zahl der Pfleglinge vo mene Halbdotze bis auf meh weder sibez’g steigen. Schaad isch’s, erlebte der auf seinen Wunsch mitten unter seinen Anvertrauten im äigete Tootehööfli — daß schlichte Tootechämmerli ist nun mit Rudolf Müngers «armem Lazarus» 1 geschmückt — Begrabene nicht auch den erweiternden Neubau des Kriegsjahres 1914! Das nämliche Unheiljahr der Welt sah, als Heilsjahr des Emmentals, die sechste Anstalt zu Langnau erstehen. Damit äinstwịle schloß sich der Töchterkreis, welcher mittlerweile durch die Errichtung der Asyle St. Niklaus bei Koppigen (zuerst in Hellsau), Mett, Spiez und Neuetstadt ( Mon Repos, dessen Grundstein am 21. August 1905 gelegt wurde) gebildet worden war.
Wie innig mittlerweile dem Bernervolk diese sechs Anstalten ans Herz gewachsen sind, zeigt ganz besonders die Durchhilfe, mit welcher ihnen die sonst schon schwer belasteten Einwohner- und Burger-G’mäine und viele Privaten in der unerchannte Tụ̈ụ̈ri der Kriegsjahre die Darreichung einer ungeschmälert richtigen Kost und des unvermindert guten G’li̦ger an die Pfleglinge ermöglichen. Das ist b’sun͜ders z’anerchenne bei den zumeist ungewöhnlich kleinen Seeländer Gemeinden, die erst nach der Entsumpfung na̦a̦ di na̦a̦, zu ihrem relativen Wohlstand ụụfeg’chräblet sịị. Als der stete Zuwachs der Aufnahmsgesuche dringend eine Erweiterung der Metter-Anstalt erheischte, häi d’Seeländer frü̦sch i d’Hän͜d g’speut und an die 240,000 Franken Baukosten bi na̦a̦chems 69,000 Franken z’sämmeb’bra̦a̦cht, neben welchen das Frauenkomitee der Anstalt noch 24,000 Franken für die Möblierig sammelte. Die Stabt Biel verzichtete auf den Neubau einer Parallelanstalt und gab den dafür bestimmten Fonds billig a’ n Zins. Auch die Regierung spendete 50,000 Franken.
So konnte am 12. Oktober 1911 das renovierte alte Schlößli und als Neubau d’s neu Schlößli 2 in einfacher Feierlichkeit eingeweiht werden.
Das ganze einfache und gediegene, gefällige und praktische, heimatschutzgemäße Werk stellt eine so ausgiebige, westwärts gerichtete Verlängerung des alten Schlößli dar, daß damit die Zahl der Krankenzimmer 619 von 5 auf 22, die der Bett von 38 auf 99 erhöht werden konnte. Der ebenso groß wie prächtig angelegte Bau von Mon Repos birgt 80 Betten in kleinen, aber ebenfalls häitere und hohen Zimmern. In Mett bilden Treppen ( Stäge) und durchgehende Gäng den hübschen Verbindungsbau zwischen beiden Schlößli. Das neue bietet ein gut gegliedertes Seitenstück zum gleichförmig gestreckten alten. Der Chäller birgt die Zentralheizung und Arbäitsblätz für Chrankni, wo öppis chönne schaffe. Im Parterre lịgt d’Chu̦chi. Die Verlegung von Weschchuchi, Glettirụụm, Tröchnirụụm, Gärtnerzimmer u. a. gegen Norden ermöglichte die Richtung fast aller Krankenzimmer gegen Süd und West. Der nämlichen Rücksicht diente die Anbringung des stimmungsvoll einfachen Predigsaal, der den düstern Gang des alten Hauses ersetzt, im obere Stock. Wie zu einer Familie sammelt der Äßsaal die, wo cheu lạuffe; heimelige Tagesräume laden zum plạudere, ein eigener solcher d’s Mannevolch, wo wäiß, was Oornig isch, zum tụ̆́bäckle. (A’n Bode speue u chŏdere u. dgl. ist selbstverständlich streng verpönt.) Der Personenaufzug, welcher Wäsche zum Trocknen auf den großen Estrich des Hauptgebäudes befördert, der Handụụfzu̦u̦g für ebensolche Wesch über der Waschküche, sowie zwei eläkderisch Uufzü̦ü̦g für Speisen und für Personen, denen solches Ịịsepahn- u Luftschiff-fahre gäng es arpaartigs Freudeli macht, gehören zur unentbehrlichen Ausstattung der Anstalt.
Bredige und Andachten, Konfirmationen und Lịịchegebät besorgte zu Mon Repos bis zu seinem Hingang (1911) Pfarrer James Groß, 3 die Seele der dortigen Anstalt. Die Predigten übernehmen zu Mett im Chehr die Pfarrer der Umgebung je am erste Monatsunndig. Die Leichengebete halten abwechselnd die Bieler Pfarrer. Unter ihnen besorgt Pfarrer Hürzeler die regelmäßigen Andachten. Zwei Mol i der Wuche macht der Hụsarzt — der ausgezeichnete Metter Arzt Dr. Äschbacher — sị Tụụr, um außerdem für jeden Notfall gleich zur Han͜d z’sịị.
Die Nähe der Bahnstation Mett-Bözingen, die Schmalspurbahn Biel-Mett-Meinisberg und die Tramlinien Biel-Mett und Biel-Bözingen ermöglichen den Ersatz einer Vorsteherfamilie durch fleißige Besuche der Anstaltsdirektion, zumal ihres Präsidenten. Dafür leitet eine Oberschwester die Besorgung der hundert und mehr Patienten. Unter ihr stehen zunächst sechs Schwestere; im alten Schlößli kamen deren 4 auf 38 Patienten. Eine größere Schwesternzahl ersparte man sich 620 äußerst zweckmäßig durch Vermehrung der Dienstmäitli, welche den Schwestern so ermüdende Arbeiten wie bloche u fäge abnehmen und sie zum ausschließlichen Krankendienst um so fähiger und williger machen. So gehört nun zu jeder Schwester ein Dienstmädchen. Zu diesen kommen d’Chöchi und eine eigene Nachtwächtere, welche sụ̈ụ̈ferli der Chehr macht, um in tausend Nöten der Nacht Unbehilflichen z’wäg z’hälffe. Einem Chrankewärter während der Bauzeit dagegen hätt mḁ no gärn der Holzböde na̦a̦g’schlu̦ngge. E Gärtner dient als Chumm-mer-z’Hü̦lf in tausend Fällen.
Nicht immer Hilfen bedeuten die Wịsite Angehöriger, welche darum auch auf Sunntig, Zịịstig u Donnstig vo den äis bis am vieri beschränkt worden sind.
Der trotz aller Entlastung von gewöhnlichen Mägdediensten immer noch schwere und aufreibende Schwesterndienst verglịịcht si ch scho déßtwäge nid mit gewöhnlichem Spitaldienst, weil bei Unheilbaren jeglicher genugtuende Erfolg einer klaglos tapfern Hingebung und der bisweilen doch chu̦rzwịlig Patientenwechsel fehlt. Wohl wird die Bezeichnung «unheilbar» zu einer bloß relativen gestempelt durch einige äußerst seltene Fälle von Heilung. Ein tuberkulöser Jüngling konnte nach dreijähriger Behandlung im Mon Repos d’s ụ̈ụ̈rle lehre und zehn Jahre — bis zu einem tödlichen Unfall — ein Uhrengeschäft betreiben. D’Chrü̦cke (Chru̦cke) het er Ja̦hri lang nụ̈ụ̈t meh b’brụụcht. Ein in Mon Repos fị̈ị̈fjährig eingelieferter Kranker wurde ein kräftiger Schmied. Zwei ebendort behandelte Kranke, wo käis Gli̦i̦d häi chönne verrüehre, wurden ebenfalls geheilt (1907). Andere Patienten verließen die Anstalt bedeutend gebessert ( es het ’ne ’besseret). Wo dies physisch unmöglich ist, kann es seelisch wahr werden. So bei jenem im Wald verunglückten Neuenstadter, wo bloß u̦f em Rü̦gge li̦gge chaa. Der verdient einen Teil seines Unterhaltes mit li̦sme, und sein Kanaari flötet und rollt Melodien zum Klirren der Stricknadeln.
Ein gänzlich gelähmter kleiner Neuenstadter trainierte seine noch kümmerlich beweglichen Fingerglieder so erfolgreich, daß er selbstersonnene kleine Kunstwerke fertigt. Ein schwachsinnig und total verkrüppelt eingetretener Metterknabe tuet der Chnopf ụụf, daß ’s e Fräüd isch, und zwei zum Besuch der Bözinger Schule Befähigte füehre ihre lahme Gefährtin u̦f em Wägeli oder Schlitte mit. So sind die vier Kinder d’Sunnen im Hụụs.
Ihren Gegenpol bilden die «Kerntruppen» oder der «Stock» Ausdauernder, die es auf Nụ̈ụ̈nzgi oder drü̦ü̦ber bringen. So jener 94 jährig verstorbene Spitzebärgschääffer ( S. 617), dessen unverwüstliche 621 Vollsinnigkeit ihn zu einem Hunderter zu machen versprach. Mehr solche Methusalem würden allerdings gleich den in eine Irrenhaus-Tobzelle oder eine Tuberkulosenanstalt Gehörenden für angezeigtere Aufnahmen der Platz verschoppe. Auch diese setzen ja, dank dem sorgenfreien und guten Unterhalt, eine meist recht lange Pflegedauer voraus, welche mit der Beerdigung auf den zumeist eigenen Friedhöfen endigt. Diese kostet für Schlößlianer 35 Franken.
Heldenhaft geduldige Kreuzträger sind freilich nicht alle Pfleglinge. Es gi bt e̥re, wo für ’ne Franke zwänzg all Tag Brootis wetti un im Sắlong schlooffe. Es gibt intrigante Wịịbsbilder, und gi bt Mannevölcher, wo der Tụ̈ụ̈fel si̦ sticht, an͜deri z’eergere. Einer, däm mḁ het müeße der Schnạuz abrassiere, het baal d g’cholderet u baal d ’täübbelet u baal d wi n e Wüetige drịg’schlage, daß mḁ ’nḁ es Chehrli het müeße i äini vo dene zwo Tobzälle due. An͜deri, wo gäng u ggä ng häi g’ha z’chi̦i̦rme u z’chlööne, het d’G’mäin ga̦ Worbe (in die seeländische Armenverpflegungsanstalt) oder i’ n Dettebüel (bei Wiedlisbach) too. Aber wohl, die sị gärn u̦mme choo! U bi an͜derne ewige Chäärine het’s du̦ ó g’guetet.
Welch ein Gegensatz die allzeit Täätige n, die dem Bestreben so eifrig entgegenkommen, keine Fụụlkit und einen Schlippschlapp in der Anstalt aufkommen zu lassen! Wie anmutig diese Art unbehilflicher Leutchen, enand z’wägz’hälffe! Und wie rührend diese Opferbereitwilligkeit einzelner, aus ihrem magern Sackgält ämmel oo ch e Stụ̈ụ̈r z’gää an die Baukosten der Anstalt oder a’n Wiehnḁchtsbạum!
Solchen Sonnenblicken aus dem Leben der Pfleglinge antwortet die Direktion hie u doo mit einer Leistung aus der Reisekasse: einer 622 Wagenfahrt mit obligatem z’Vieri; einer leicht faßlichen kleinen Theateraufführung; einem Konzert, welches jetzt eine Batḁlionsmụsig gi bt, jetzt ein Gesangverein, jetzt wohl gar eine gefeierte Solosängerin, deren lerchenhaftes Sichemporschwingen zur «Harmonie der Sphären» gerade recht dem Kreuzträger zuruft: Vergiß, o Menschenkind, nicht, daß du Flügel hast!
1
Geschildert im Jahresbericht 1913, 11; das Titelbild ist eine farbige Wiedergabe.
2
Jahresbericht 1911, zu S. 45: Südansicht; ebd. 42: Front; 57: Hofansicht; 68: Korridor; 62: Neubau mit Wäldchen. Ebd. 86: Mon Repos (Süd).
3
Sein Bild im Jahresbericht 1911, zu S. 84.
Der bernische Ausschuß für kirchliche Liebestätigkeit veranstaltet, in Verbindung mit Bezirksspitälern und Krankenanstalten, anderthalbjährige Kurse zur Heranbildung von Krankenpflegerinnen für Spital-, für Gemeinde- und für Privatpflege. Er trägt damit dem Umstande Rechnung, daß mḁ nid alli Chrankne cha i Anstalte due.
Dieses Mueterli het si ch überta̦a̦ (-tó): überscháffet. Der Maa isch g’stoorbbe; oder er läbt noo, aber er isch e Glü̦nggi oder e Lu̦mp. Die Frau het si ch gwehrt und het’s du̦u̦reg’haue bis ụf d’s letz̆te Fääserli vo ihrer Chraft. Nun heißt es: I cha nimme hr! Oder sie gibt dem sechsten Kind das Leben. Vierzääche Tag absolute Bettruhe, richtige Ernährung, freundliche Pflege, und sie chu̦nnt wi̦der uf d’Bäi, wird starch wi n es Roß, wo alli Stricke möcht verrịsse.
Aber wer sorgt derweilen für die fụ̈ụ̈f hungerige Mụ̈ụ̈li? Wer macht d’Hushaltig? Wer rüstet die Kleinen zur Schule? Wer wäscht si̦ u strählt sị u zü̦pfet ’ne. Und wer besorgt den neuen Erdenbürger?
In diesem Dachkämmerlein guckt an kaltem Weinmonatmorgen aus verrumpfetem (zerknülltem) Kissen e verstru̦blete Bart. Die eben geöffneten Augen zeigen hochrote Innenlider; sie triefen über die wulstigen Seck, und wo die Tränendrüsen münden sollten, sind sie durch pflaartschige Zi̦ger verschoppet. Noch ist das Nachttischli besetzt mit etwas Proviant. «Jää, häit er de nn no nụ̈ụ̈t z’Morge g’haa?» «‹He wohl, aber das doo isch für z’Mittag.›» «Isch de nn daas gäng ḁ lsó?» «‹Abso̥lut ni̦i̦d, nu̦mme no di Wuche.›» «Warum?» «‹He, wüsset de̥r, di Lụ̈t, wo n i bịị ’nne verdinget bi̦i̦, möge nid g’choo mit der Arbäit.›» «Was häi si̦ de nn so Schröckeligs z’düe?» «‹He, ämmel aafḁ müeße si̦ jetz i däm G’flotsch i de Räben u̦mme stampfe für di par Beeri go znäh, wo’s neume gi bt. De nn müeße de nn, we nn’s oordliger Wätter gi bt, d’Härdöpfel ụụs, u g’sääit isch ŏ́ no nụ̈ụ̈t.›» «Jä, chönne si̦ de nn nid öpper aastelle, für z’hälffe?» «‹Jaa wohl, aastelle! Du miṇ 623 Gott! Woo d’Lụ̈t näh? Die häi sälber alli Hän͜d voll z’düe.›» «Un öpper vo wịter här? I ha g’mäint, es gääb so vil Arbeitslosi, u z’Täuffele u z’Eiß häi si jo u̦f der Verpflegungsstation bi’m Landjeger o grad en Arbäitsnachwịịs.» «‹Joo, pfiffe! Z’ässe nähme si schoo, u z’trinke no lieber. Aber wenn si̦ merke, daß es e chläi äärstig a d’s wäärchche gäit, so chehre si̦ der Sti̦ịl um un empfähle sị ch.›» «Frooge si de nn dem Lohn nụ̈t darnoo?» «‹Frịịli, wenn’s acht Franke gääb im Tag un im Vormittag e Liter un im Nomittag äine, de nn schoo. Aber meh weder d’s Halbe vermöge mịner Lụ̈t ni̦i̦d; si müeßen ó luege, wo d’s Brot här chu̦nnt.›» «Wi sịt er su̦scht mit ’ne z’fri̦i̦de?» «‹Ho, es gäit. I lịịde mi e chläi, si lịịde si ch oo.›» «Aber wenn der z’grächtem söttit chrank wärte, mi guete n alte Maa, wi gieng’s e̥ch dee? Wär luegti de nn zue n e̥ch?» «‹Hee, do müeßt mḁn äbe de nn erwarte nd sịị...›»
Daß eine Krankenpflegerin auch hier in die Lücke trete: das wäre der richtige Nachsatz. Eine Krankenpflegerin mit ganz besonderer geistiger Ausstattung. Di wịßi Hụụbe als offen getragener Ausweis wohl bestandenen Examens wäre bloß ein Teil davon. Es brụụchti dḁrzue eine gute Portion echt weiblichen Zartgefühls und feinen Taktes, starker Diskretion und jener Entsagungsgabe, die bei recht vielen Merkmalen eines «nicht auf der Höhe stehenden» ländlichen Haushalts scheinbar nid näben u̦mme luegti; anscheinend nụ̈ụ̈t an͜ders wüßt; am allerwenigsten bei gewissen Anlässen d’s Näsli rümpfti und d’s Mụ̈ụ̈li verzuug. Kein scharfes und spitzes: «Wo häit er daas? und wo isch äis? Das mueß zueche, un jetz mueß dä́is aag’schaffet sịị!» Unter den Händen einer richtigen Krankenpflegerin — wohl auch Vorgängere — gewinnt ganz leis und unmerklich, erst nach Wochen sichtbar, alles, was do isch und zur Han͜d li̦ggt, höhern Wert, neue Bedeutung, größere Gebrauchsfähigkeit. Der glịịch Bäse wü̦scht sụ̈berer und die glịịchi Säiffi wä́scht sụ̈berer; die Fänster der Stube und die Fenster der Seele: die Augen schauen heller aus; der Läärme min͜deret und die Ausgiebigkeit jeglicher Hantierung mehret.
Solch wohltätige Hauskrankenpflege besteht seit vielen Jahren in Schüpfen unter der Ägide von Pfarrer Feitknecht aus Twann, Der dortige Hilfsverein für vermögenslose Kranke zählt gegen 140 Mitglieder und erhält aus seinen Mitteln eine hochgeschätzte Krankenschwester.
Ein Krankenpflegeverein Erlach und Umgebung besteht, dank den Bemühungen von Pfarrer Knellwolf, seit Januar 1914. Mit seiner sehr tüchtigen und tätigen Krankenschwester leistet er unentgeltliche Krankenpflege 624 für Vermögenslose der Einwohnergemeinde Erlach und für solche (bereits mehr als zweihundert) Mitglieder, welche jährlich uf d’s wenigste drei Fränkli entrichten. Andere Personen können gegen eine tarifierte Vergütung sich vom Dokter oder vom Veräinsbresidänt ebenfalls die Dienste der Krankenpflegerin erbitten.
Von großer Wichtigkeit ist, daß unter solcher Verwaltung auch Krankenmobilien und Krankentransportmittel richtige Anwendung und Besorgung finden. Was andenwärts an solchen Geräten laienmäßig aag’schaffet wird, erfährt planlose Verwendung, geht verloren oder wird verdorben. Außgeliehenes gäit kapŭ̦́t oder es chu̦nnt nie z’rugg!
Wo noch keine örtlichen Krankenhilfsvereine bestehen, findet sich doch bei plötzlichen Unfällen Rat und erste Hilfe bei den Samaritern. Seit der dem deutschen Kaiserhause nahestehende Chirurgieprofessor Joh. Friedr. Aug. v. Esmarch (geb. 1823) — in Nachahmung der St. James Ambulance Association — 1881 in Kiel den deutschen Samariterverein gründete, 1895 in mehr als 400 deutschen Orten Samariterschulkurse errichtete, den bereits 1892 in 23 Sprachen übersetzten Leitfaden für Samariterschulen schrieb und den Beistand der Ärzte durch die Verpflichtung der Samariter erwirkte, bloß bis zur Ankunft des rasch herbeigerufenen Arztes zu fungieren, hat sich der barmberzige Samariter des Gleichnisses auch im Seeland verhundertfacht. Da gibt es unter anderm die Samaritervereine Nidau, Madretsch, am See. Der letztere umfaßt die Gemeinden Ligerz, Twann und Tüscherz und hielt auch im Nachwinter 1916 unter der Oberleitung von Dr. Schläfli in Neuenstadt und der Mitwirkung von Oberlehrer Schläfli in Ligerz einen erfolgreichen Kurs im Twanner Rebstock ab. Das mit einer gehaltreichen Abendvorstellung schließende Samariterexamen, an welchem die vielfach auf verblüffender Vereinfachung beruhenden, erstaunlichen Fortschritte der neusten Kriegschirurgie mit zur Veranschaulichung gelangten, hatte die Diplomierung von neuen Samariterinnen und neuen Samaritern zur Folge. Es besteht auch seit Jahren ein Samariterverein Vinelz und Umgebung, geleitet vom Arzt in Erlach.
Der Austeiler der Diplome (Lehrer Schmid) war der Leiter der obligatorischen Samariterkurse für die bernischen Seminaristen.
An einem Vortrag in der Kirche zu Vinelz von Emma Probst über das Samariterwesen kam auch die Gründungsgeschichte des Roote Chrụ̈tz zur Sprache. In diesem Zeichen siegt mitten im Millionenmord der alt- und neuweltlichen Kulturblütenträger die wirkliche Humanität über die Verrücktheit der Kriegspsychose.
Die Anstalten für Fallsüchtige und andere Unheilbare bergen bloß in der Minderzahl auch Kinder. Brücken zwischen Kinderschule und Lebensschule schlagen Kirche und Lehrerschaft, Gemeinden und Staat eine um die andere in Gestalt der Stellenvermittlung, der Fortbildungsschulen für Knaben und Mädchen, der staatsbürgerlichen Erziehung, der weihevollen Aufnahme in den Verband der Erwachsenen. Und unter Heranziehung der normal aufwachsenden Schuljugend selbst arbeiten die nämlichen Faktoren an der Kräftigung der leiblich und seelisch Zurückgebliebenen aus dem Geschlechte von morgen. Es geschieht dies unter nüchterner Erwägung des praktisch Durchführbaren. Besser am Ort als z. B. eine Anstalt für blödsinnige Kinder, die für alle daran Beteiligten etwas unendlich Trostloses haben müßte, findet man ein Asyl für Greise, die a d’Chinderstatt choo sịị. Scho öppis an͜ders ist eine Anstalt für einigermaßen bildungsfähige schwachsinnige Kinder, wie Pfarrer Gottfried Straßer sie im «Sunneschyn» auf dem Ortbühl zu Steffisburg gründete. 1 Außerordentlich nötig ist ein im Jahr 1916 ernstlich angeregtes Asyl für Trinkerkinder ( Petites Familles) von der Art des 1910 in Erlach von Marguerite Guex gegründeten und von Luise Simmen geleiteten. Es handelt sich um eine Ergänzung der von Pfarrer Harald Marthaler in Bern, früher in Biel, gegründeten Trinkerheilanstalt auf der «Nüchtern» zu Kirchlindach ( S. 490).
Schwächliche Kinder ihri Feriẹ in eigenen Heimen statt im äigete Häi m verbringen zu lassen, ist z’ersch dem Zürcher Pfarrer Bion, der dafür den Doktortitel erhielt, z’Sinn choo. In Biel war es wieder Pfarrer Marthaler, auf dessen Anregung hin je und je eine Anzahl Kinder dieser Fabrikstadt das erste der nunmehrigen vier Ferienheime 626 auf der herrlichen Jurahöhe zu Präge̥lz bewohnen durften. Seither herbergt auch das obere Schärne̥lz zu Ligerz ein solches Asyl für Nidauer Kinder.
Eine Hauptschöpfung dieser Art ist aber das neue «Wịßhụụs», bekannter unter dem Namen Maison blanche zu Leubringen ( Evilard) über Biel. Seit dem 1. Juli 1914 bietet dieser auf herrlichem Aussichtspunkte gelegene, durch prächtigen Tannenwald vor Westwinden geschützte und mit sauerstoffreicher Luft beschenkte, bei allem Verzicht auf Luxus stattliche und allen Anforderungen moderner Gesundheitspflege angepaßte Bau 2 den denkbar besten Kurort für herstellbare, schwächliche Kinder. Gegen das Minimum von an͜derthalbs Fränkli im Tag, auf welches d’Anstalt no ’ne ganzi Franke drụftuet, werden Bernerkinder, welche nicht an offener Tuberkulose leiden und damit nach Heiligenschwendi ob Thun gehören, vom 4. bis zum 16. Altersjahr ụụfg’noo. Sie müssen aber dort u̦f d’s min͜dste zwe Monḁt blịịbe, was allerdings nach dem Befund der Anstaltsärztin, Dr. Anna Ris-Walther in Leubringen, z’weni ist. Kindern, welche bereits nach so kurzer Zeit in alte, ung’sun͜di Pfleg z’rugg müeße, chan es unmü̦gli z’g’rächtem bessere; dies um so weniger, da Skrofulose in Verbindung mit hochgradiger Blutarmut die Hauptkrankheit der jungen Patienten darstellt. Eine wirksame Verhütung ihres vollen und das ganze Leben der Pfleglinge bedrohenden Ausbruchs hängt vom unermüdeten Opfersinn eines Publikums ab, das auch in dieser Beziehung z’erst aafḁ vor der äigete Tü̦ü̦r wüscht, bevor es in kindischer Sensationslust seine Almosen hinwirft, ohni z’wïsse, wo si̦ hi̦ chämme. Wie gut die wohl abgemessenen Gaben in der Maison blanche angewendet werden, zeigen die schon jetzt errungenen Heilerfolge, verbunden mit der wohltätigen Umstimmung des gesamten seelischen Wesens. Alli Chin͜d schwääre, ’berchämme rundi u rooti Backe. Si möge drum brav ässe, nachdem sie die mitgebrachten Verdauungsschwächen rasch und glücklich überstanden haben. Auf die bei Tisch gestellte Frage: wär wott noo? häi di mäiste d’Han͜d ụụf: i̦i̦g! i̦i̦g! i̦i̦ oo! i̦i̦ oo no e chläi! Vielesserei, diese fürchterliche Mitgabe in das Leben des Existenzkämpfers wie des im Müßiggang die Wassersucht sich anessenden und antrinkenden Fräßbụụch wird selbstverständlich nid pflanzet. Für verständiges z’wägfuetere dagegen sorgen einerseits die kleinen z’Imm bi̦ß (Zwischenmahlzeiten) als Ergänzung der äußerst sorgfältig geführten Küche, anderseits alle die sanitarischen Maßregeln, welche die Beanspruchung der Apideek auf ein Mindestmaß 627 reduzieren. Eine große Rolle spielt der richtige Schloof, um welchen leider die Hast und Unruh des Erwerbslebens und der Lärm der Stadt so viele Kinder betrügt. Do obe chënne si̦ doch o äinisch z’grächtem ụụsschlooffe! Am achti ist «Zapfenstreich», am si̦bni «Tachwacht», und wer nach Erklärung der Doktere noch längerer Bettruhe bedarf, bekommt wie eine rechte Engländerin breakfast into bed. Zu solch nächtlichem li̦gge in den gründlich durchlüfteten Schlafzimmern und in den guete Better kommen drei Tagesstunden, die wo möglich in der offenen Liegehalle verbracht werden: äini vor em z’Mittág, zwoone vor em z’Nacht. Zwischen diesen obligatorischen Ruhestunden aber heißt es: si ch rüehre, u daas ti̦fig! Täglich der ganz Lịịb chalt wäsche u rịịbe, äinisch i der Wuche warm bade, mit dem jedem Lavabo zugeteilten, peinlich sauber gehaltenen Zan͜dbï̦ï̦rstli d’Zän͜d bu̦tze: das gehört zum ABC (Aapeetsee) der Hausordnung. Daran schließt sich weise abgemessenes schaffen in Haus und Garten, das bisweilen sogar eine freiwillige Betätigung erweckter Arbeitslust wird: ein Holz ụụfläse im nahen Wald u. dgl. Isch nụ̈ụ̈d z’düe, so macht ein kindlicher «Sport» chu̦u̦rzi Zị́ti.
Damit ist auch die seelische Umwandlung der jungen Pfleglinge gezeichnet. Apathisch die einen, ein «lo mi sịị!» auf dem gelangweilten Gesicht; gedrückt die andern, ein «wo häi si̦ mi ächt hi̦ ’too?» in den früh vergrämten Zügen; verschüchtert ein drittes — es frömdet —: so betritt ein großer Teil die Anstalt. Und natürlich platzen in Zeiten, wo Völkerhaß auch über unsere Friedensinsel hereinflutet, schon die Kindergeister aufeinander: dieses Wältschli und jener « boche» strecken enand d’Zungen ụụse und wääeile u bäägge gröhlend. Doch übermorgen stellen Alemannen und Burgundionen sich unter das eine Kommando des zäächejährige Hindenburg, am dritten Tag unter das éine des endle̥fjährige Joffre. Es ertönt aus hochgerötetem Gesicht ein überschneidiges: Batḁlioon, vorwärts, ’ărschsch! Batai’on, en avant, marche! Brrr, rumpumpum! Und ein blondes und ein rabenschwarzes Mädchen, bras dessus bras dessous gewaltig Wichtiges verhandelnd, fordern das Jahrhundert in die Schranken.
So bauen Kirche und Schule und Staat und Gemeinden weitere Brücken über politische und soziale Kluften. Ein Pfarrer war es allerdings, der — am 27. November 1906 vor dem Ausschuß für kirchliche Liebestätigleit — das Kindersanatorium anregte: derselbe James Groß in Neuenstadt, der auch die Seele von Mon Repos gewesen ist. Die Pfarrer Ris in Worb und Billeter in Lyß förderten die Sache in Namen des Synodalrats, der sehr tätige Pfarrer Ludwig in Biel gehörte 628 der Direktion an, und von den Kanzeln des Bernerlandes ging die Anregung aus, an den Kindertagen und Blüemlitage der Jahre 1912 und 1913 für Äufnung des Baufonds zu sammeln oder vo der G’mäin ụụs ohni wịteres es G’namsets z’spräche. Allein die Seele von Maison blanche ist doch e hööche Milidäär: Oberst Carl Ludwig von Steiger in Bern, und in erster Linie mit ihm verkehrt das dem äußerst tätig mitwirkenden Lehrerstand entnommene Vorsteherpaar: Hans Zulliger von Madiswil und Ida geb. Hämmerli von Vinelz, vom Vater und Großvater her i d’s Anstaltswäse ịịg’schosse. Und so cha’s nid fähle: Maison blanche wird gleich ihren Schwesteranstalten die fürchterlichen Jahre des Völkermordes der alten und neuen Welt siegreich überstehen, auch wenn sie e Letzi dḁrvooträit, mit welcher heute kein Redlicher verschont wird.
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«Säemann» 1913, Nr. 8, mit Bild auf S. 59.
2
Abbildungen im Jahresbericht 1913/14 zu S. 1. 4. 6. 8. 12. 16.
In der Sorge für die der Schule entwachsene Jugend, welche i der Frömdi die Grundlagen oder auch den Abschluß ihrer Berufsbildung sucht, hat sich die Bernerkirche ein weiteres Tätigkeitsgebiet geschaffen. Abgesehen von gelegentlichen Plazierungen in der deutschen Schweiz, handelt es sich hier hauptsächlich um Ordnung der wilden Welschlandgängerei. I d’s Wältsche go d’Sprooch lehre ist ja der zur Mode gewordene breite Weg der Vervollständigung erworbener Schulkenntnisse. Und zwar ist d’s Wältsche in modernem Sinn die französisch sprechende Schweiz, d’Sprooch deren Schulsprache. Eltern, wo’s häi u ’s vermäi (vermëëge), schicken ihre Söhne und vorab ihre Töchter in e Phänsión (Bänzión); wer die Chöste von beiläufig tụụsig bis fü̦fzähehundert Fränkli nicht erschwingt, wird als Volontär oder um e̥n e̥s chlịịs Löhnli plaziert, wenn nicht Gelegenheit zu einem Tụụsch sich bietet: gegenseitigem Austausch junger Familienglieder zwecks Erlernung des fremden Idioms.
Der recht häufig verfolgte idealste Zweck dieser Fortbildung ist eine gründlichere Beherrschung des fremden Sprachschatzes und seiner Literatur als Teil einer Selbsterziehung, welche alemannisch-deutsche Schwerfälligkeit in Gehaben und Denkweise mit burgundisch-französischer Elastizität der ganzen Art, si ch z’gää, amalgamiert. Die bekannte Neigung und Fähigkeit des Deutschen zur Aneignung solcher Geistesbildung und Vererbung schon im folgenden Menschenalter bringt eine zu augenfällige 629 Erleichterung des sozialen und ökonomischen fü̦ü̦rchoo und fu̦rtchoo, als daß nicht das Streben nach letzterer zu allen irgendwie regsamen Volksschichten durchsickerte. Mit welchem Erfolge, zeigen die im Wältschen alt werdenden oder sogar ihr Geschäft vererbenden Metzger, Becke, Chüeffer, Wi̦i̦rte, Pụụre, welche dụ̈tsch u wältsch glịịch guet schnable. Ihnen ist d’s Wältschland ihrers Meerika, das sie ohne Meerfahrt erreicht haben.
Allein, wie viele stranden auch auf dieser trockenen Fahrt! Als Opfer teils von Mißbräuchen, teils von mangelndem Sprachtalent, teils von fatalen Mißgriffen in der Platzwahl!
Ein erster Mißbrauch ist die Unterbringung noch schulpflichtiger Kinder, die damit der fruchtbarsten Schulung in ihrer Muttersprache beraubt werden, in der Fremde. Es sollen damit zwo Fläïgen uf äi Chlapf getroffen werden: frühere Erwerbsfähigkeit ( öppis verdiene) und Befriedigung eines gewissen Fortbildungsdranges.
Nicht selten steckt dahinter Die Modesucht von Eltern, die aus ihrem Kind doch viel ringer und erfolgreicher sofort einen Genossen und Erben ihres Geschäftes ohne den Firlefanz eines verunglückten und verlornen Welschlandjahres machen würden. — Als einzige Frucht eines solchen brachte jener sehr tüchtige Pụụresuhn die Kenntnis heim, « à présent» bi̦dụ̈ti äitwäders zieh oder stoße. Wieso? He, we nn mer vor em z’Morge g’graset häi u d’s Fueder über d’Schwelle i d’s Tenn ịịne g’fergget, un es de nn g’gulte het, mit eme fermen Aalauf voorna̦a̦che z’zieh oder hin͜defe̥r z’stoße, de nn het de nn der Mäister i der Landen inne g’rüeft: à présent.
Dies Müsterli illustriert zugleich all die furchtbaren Mißgriffe in der Wahl des Platzes, womit unzählige kostbare Lehr- und Arbeitsjahre tüchtiger junger Leute fụ̆́tụ̈ụ̈ g’gange sịị. Ein Glück noch, wenn letztere gesunden Leib und intakte Ehre, vielleicht auch nur das Leben z’ru̦gg b’bra̦a̦cht häi. Denn das wüscht der Rịịn nid wägg: 630 der Versuchung, unter dem Fü̦rwort (Vorgeben), äin’ d’Sprooch z’lehre, un’zahlti Chnächten u Jumpfrauen aaz’stelle, erliegt allzu manche Dame und zu mancher Heer, so lang Dụ̈tschi dumm gnue sịị, si ch für söttigs häre z’gää.
Belastet schamlose Ausbeutung die eine Waagschale schwer, so sinkt dagegen die andere no viel tiefer unter elterlicher Schuld verhotscheter Erziehung. 1 Zunächst fehlt es meh weder daß mḁ glaubt an der Anerziehung eines rechten Arbeitsgeistes. Daß dem so ist, isch nụ̈ụ̈t z’verwun͜dere, wo schon der Vater oder die Mutter oder beide Glü̦nggine oder Schlabine sịị, und also der Öpfel nid wịt vom Baum fallt. Scheinbar verwunderlicher, in Wahrheit gleich erklärlich ist, daß e flị̆ßigi Mueter e fuuli Tochter het, u dem Vatter, wo si ch fast töödt, der Suhn d’s Gäärstli dụre macht. Begreiflich: diese und jene in Hantierungsaufgaben fast erstickende Frau het nid Zịt, d’Tochter z’b’richte und nit Gidult, ere zuez’luege, wie sie dies und jenes so ung’schicht fü̦ü̦r nimmt; si macht’s ringer sälber. So wird die Bernerin aus Hootschige zur Ängländere aus Liverpool oder zur Amerikanere aus Neuyork. Und der Herr Sohn, wo si ch de nn äinisch nid soll abschinte wi der Alt, wird durch die seine Gutmütigkeit ausnützenden «Freunde» zum nie und nirgends festen Fuß fassenden Bürger aller Welt. So wird sogar der feste Damm, den eine stramme Schulführung gegen die Fụụlkit errichtet, durch die hundertmal stärkern andern Lebensmächte wieder verschwemmt.
Hand in Hand aber geht mit dem Arbeitsgeist die Gewissenhaftigkeit, deren Stolz darin besteht, daß mḁ ’rḁ i allne Dinge darf traue. Das gegenteilige ’s nid g’naau näh mit Anvertrautem äußert sich einerseits im mạuse und stịbịtze zunächst solcher Dinge, denen vermuteterweise niemmer nụ̈ụ̈t noofrogt, anderseits in liederlichem Vertragsbruch: im Nichtantreten oder hin͜derru̦cksige Verlassen gedingter Stellen — wohl sogar mit der Begründung: i verdiene dert u dert meh.
«Verdiene» — wo vo Rächts wäge no sött ’zahlt wärte, daß mḁn öppis Rächts lehr! Jede Berufserlernung chost Gält, unter Umständen schwer Geld, u d’Hụshaltig lehre u d’Sprooch lehre sött nụ̈ụ̈t choste? Sogar und gerade dort nichts, wo junge Leute ohne die geringste geistige Ausrüstung, vielleicht sogar schwäär vo Begri̦ffe, eine Stelle anzutreten sich erdreisten? Das bezieht sich 631 sowohl auf Unanstelligkeit in jeglicher Hantierung, die so ’mene degaschierte Wältsch fürchterlich u̦f d’Näärve gi bt — «i chan n ihm nid zueluege!» — als auf den Mangel jeglicher sprachlichen Vorkenntnis. Was ist das im Grund für ein Unsinn, z’mäine, e̥ so ’ne Sprooch flụ̈ụ̈g äi’m vo n ihm sälber aa, wie Schneeflocken ins Gesicht? Selbst der Vorgeschulte, der obendrein mit Sprachtalent begabt ist, het tüechtig Wäärch a der Chunkle, um in einem so unauslernbaren Ding wie einer Sprooch nur schon innert seinem Lebenskreis sich wi der Fisch im Wasser zu bewegen. Und den Ungeschulten g’heit mḁ mitts i’ n See use: do schwü̦mm! Das ist besonders peinlich, wo zugleich mit der Sprooch no n es Hant we̥rch gelernt werden soll, und der Mäister nụ̈ụ̈t dụ̈tsch, der Bueb nụ̈ụ̈t wältsch chaa. Das setzt begrị̆fflich Szenen ab, die in der armen jungen Seele bitteres Weh erregen.
«Wer nie sein Brot mit Tränen aß...»; wer nie e Längizị́ti ụụsg’stan͜de het, welche von dem in keine Sprache übersetzbaren Schweizer Heimweh das vollgemessene erste Stadium bedeutet; wer nie die Tiefe dieses andern «nur wer die Sehnsucht kennt, weiß, was ich leide» wenigstens geahnt hat: der hat auch keinen Blick und kein Gehör für die bebenden Lippen, das zitterige Stimmli, das träänige n Auge, die im schweizerischen Amerika dem erstmals gesehenen und gehörten Deutschberner in einer Sekunde wortloser Sprache die Erlebnisse eines Jahres erzählen. Jene tụụsig Mü̦ntschi, welche de nn no grad u̦s eme wältsche Pfarhụụs ein deutscher Backfisch einem Pensionär u̦f eren offene Charte — kärtlich zärtlich — zusandte, konnten vielleicht ideenflüchtiger, laxer Zerfahrenheit entspringen. Nicht aber eher dem alle Schranken der Konvenienz jugendhaft überspringenden Gemütssturm einer Minute? Es chu̦nnt drụf aa, wär’s ist. Es gibt etwa Reine, denen alles rein ist, und die nicht so Lasterhaft zu sein brauchen, um prüde sein zu müssen.
1
In markiger Sprache sagt dies der langjährige Stellenvermittler Pfarrer Bürgi zu Kirchlindach im «Säemann» vom April 1916.
In all solche Not het d’Bärner Chirche aag’fange ịịnezü̦nte. Es war im Jahr 1898, daß mit der Sektion «Seeland» die erste bernisch-landeskirchliche Platzvermittlungsstelle gegründet wurde. In rascher Folge gliederten sich die Sektionen Emmental, Oberland, Mittelland, Oberaargau an. So schloß sich bereit 1904 das bernische Netz und organisierte sich analog wie der Verband der Zweiganstalten für Unheilbare. Der Sektion Seeland gehören 37 Gemeinden an (als auswärtige noch Langnau i. E., Biberist, Grenchen und Solothurn), welche für Honorar und Reisekosten des Stellenvermittlers aufkommen. 632 Andere seeländische Gemeinden (z. B. Ferebálm) beteiligen sich insoweit, als sie für jede in Einzelfällen nachgesuchte und zustande gekommene Plazierung 3 bis 4 Franken entrichten.
Von der Stellenvermittlung ausgeschlossen, ja prinzipiell bekämpft wird die gerügte Entfremdung schulpflichtiger Kinder von ihrem Heim. Das auf die Konfirmierten und damit zugleich der Schule Entlassenen sich beschränkende Vermittlerwerk ist noch reich genug an Arbeit, wie auch an Enttäuschungen und Verdrießlichkeiten. Es erfordert einen Mann, dem sein nicht allzu ausgedehnter Amtsbereich die nötige freie Zeit, seine Sprachgewandtheit die erforderliche Bewegungsfreiheit, seine Geistesverfassung den wünschbaren Humor, seine Persönlichkeit die unerläßliche Autorität zugute kommen läßt.
Solche Männer waren für den besonders schweren Anfang die Pfarrer Moritz Egger in Corgémont und Hürzeler in Biel, während der Jahre 1910 bis 1917 Pfarrer Ernst Herdi in Ligerz, der seitherige bernische Generalsekretär, dann der Pfarrer von Rüti bei Büren: Courant. Seit 1920 ist die Sektion Seeland vertreten duch Pfarrer Baumgartner in Vinelz als Stellenvermittler für Knaben, und Lehrer Ritter in Madretsch für Mädchen.
Wer z. B. Herdis Vermittlerarbeit auch nur oberflächlich kennen lernen wollte, mußte ihn zu verschiedenen Malen des Jahres fungieren sehen. Um d’s Neuja̦hr u̦mme nimmt der Mann äi französischi Zịtig um di an͜deri zur Hand, um die ihnen aufgegebenen Inserate auf ihren richtigen Abdruck hin zu mustern. Dann liegt ein Schock postbereiter Brieffe auf seinem Pult. Sie wandern an alti Chụndine: Mäisterlụ̈t, die als wirklich solche für alemannische Söhne und Töchter sich bewährt haben, und zu deren Plätzen mḁ mueß Sorg haa wi zum Zucker, we nn d’s Pfun͜d es Fränkli chost. Ab und zu fliegen vom Pult auch wohlgesetzte Brieffli an wältschi Pfarer, ob sie in ihren Gemeinden Stellen wüßten, welchen man mit guetem G’wü̦sse Halbwüchsige anvertrauen könnte.
O ja! tönt es «umgehend» zurück. Ihrere si̦bne un͜der äinisch! Freiwillige solcher Art, die ohni Lohn brav wäärchche und den im Grenzdienst weilenden Sohn ersetzen, und Mädchen, die in teurer Zeit ohne Lohn für eine Magd einstehen und vom Brot, wo d’s Kilo zweiefü̦fzg Rappe chost, nid z’vi̦l wäi abg’hạue haa — söttigi cha mḁ gäng brụụche.
Unser Mann legt diese Schreibebriefe lächelnd beiseite. Sie gehören i d’s Rĕ́serwaar. — In den Papierkorb aber wandern ohni wịters mit Blaustift umrandete Inserate, in welchen Madame so und so ein 633 intelligentes Mädchen für alles «bei etwas Lohn und Familienanschluß» sucht. Man kennt das. — Bas erfreut den Vermittler ein Brief, dessen Adressenschrift er wieder erkennt. Gottlob! Der Junge hat sich tapfer gehalten und bei seiner demnächstigen Heimkehr einem Nachfolger Platz und Kredit gelassen. Ein anderer ist mit seinem Anbefohlenen nicht so zufrieden und läßt ihn, ohne ihm nạạz’plääre, ziehen. Doch will er es noch mit einem andern probiere. Er kennt den Vermittler und anerkennt sein gutes Werk.
Studie von Anker
Unterdessen fliegen auch die Anmeldungen um Platzvermittlung heran. Sie türmen sich zu Bịịgete auf; und es ist ein Glück, daß die Frau Pfarrer als Sekretärin im ụụfdue und im Ermöglichen eines rasch orientierenden Überblicks der Eingänge gute Vorarbeit besorgt. Zwei hundert ist der gewöhnliche Durchschnitt solcher Bewerbungen, welche selbst aus der Ostschweiz (Thurgau, St. Gallen, Graubünden) zahlreich einlaufen. Es kommen dazu gäng öppḁ ihrere Drịßgi bis Vierzgi, welche um das bloße Patronat bitten: si̦ häi (durch Angehörige oder Befreundete) sälber e Platz g’fun͜de, möchten sich aber unter die Schutzbefohlenen des Vermittlers gezählt wissen.
Die andern sind nun z’plassiere; die allermeisten im Frühling, wenn sie früsch vom Here choo sịị. Dás gi bt Schrịịberei! Hin und här und her und hin fliegen Karten und Briefe; gelegentlich schwirrt ein Telephonem oder ein Telegramm. Das ist die Arbeit des Pfaff no der Ostere, des von der schwersten kirchlichen «Fest»zeit und der Schulexamenleitung «Ausruhenden».
Doch solcher Arbeit Adel gibt Adlerschwingen, und das Geschäft wickelt sich förderlich ab. Etwa zwei Drittel der Angemeldeten, cha mḁ rächne, werden plaziert. Die Zahl vermindert sich, wenn infolge einer Platzofferte an verschiedene bernische Vermittler 634 der eine derselben dem an͜dere i d’s Zụ̈ụ̈g ine höögglet und ihm gute Plätze ewägg schnappet.
Ist die Plazierung im Blei, so folgen in kurzem die Mäiebrieffe. Ein frankiertes Brieftäschli enthält einen leeren Briefbogen, den letzten Jahresbericht und den letzten «Säemann» samt der Einladung an die Plazierten, z’brichte, wi’s gang. In einem Normaljahr wie 1912 liefen 146 Antworten ein, nebst 29 von Patronisierten. Es wird in solchen Schreiben gedankt für die aufgewandte Mühe; für den «Säemann», welcher d’s Johr du̦u̦r in mehr als zweitausend Eremplaren versandt wird, freilich da und dort mit seinem z’rụggchoo auch etwa unfreiwillige Abmeldedienste verrichtet; und für die in Aussicht stehenden Vermittlerbesuche.
Diese werden im Laufe des Hochsommers allen Plazierten und Schutzbefohlenen abgestattet — sofern sie nämlich gäng no z’fin͜de sịị, was ja allerdings in der Regel der Fall ist. Sie nehmen währet öppḁ zweie Monḁte je vier bis fünf Wochentage in Anspruch; und sị wäi öppis häiße! Man erwäge, daß die meisten Plätze weit von den Bahn- und Poststationen abliegen. Hier gilt es, einen Pụrehof auf vereinsamter Höhe abzusuchen, dessen Bewohner samt dem Plazierten vielleicht auf erst noch recht entferntem und mühsam abzusuchendem Arbeitsplatze weilen. Ihnen na̦a̦chez’frooge und na̦a̦chez’stampfe läßt der Vermittler sich um so weniger räüe, da hier der ungeschminkte Augenschein ihm die denkbar beste Auskunft verschafft. Dort ist ein Schutzbefohlener grad für ’ne Kumission ụụs; der um so unverhülltere Bericht über sein Befinden und Verhalten ( wi n er si ch halti) kann mit der Einvernahme des Zurückgekehrten «konfrontiert» werden. Das zeitraubende Warten aber orientiert über den ganzen Geist, der in des Versorgten Platze herrscht. Und der söhnt mit den Beschwernissen der Reise im ganzen reichlich aus. «Immer wieder müssen wir es aussprechen, daß der Besucher im Wältschlan͜d viel Freundlichkeit erfährt. Gastfreundschaft wird reichlich geübt. Hier wird ịịg’spannet und dort führt das Auto ein gutes Stück des weitern Weges. Die Krone des Vergnügens wartet freilich dort, wo germanische Züge und alemannische Eigenheiten sich harmonisch in das friedliche Bild des Romanentums einfügen.» Und so arbeitet auch die Bernerkirche an dem so nötigen Sichverstehen und enan͜dere la̦ gälte bei Dụ̈tsch u Wältsch. «Wir arbeiten an einem guten Werk.» Möge es einst seine Wohltat auch auf die Englandgängerei erstrecken!