Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
Wonne neben Wunn, und menschliche Gaumenweide neben Tierweide bot der alte Twannberg unter gleichem Dach, bietet der neue in strenger Scheidung von Bauernhaus und Kurhaus. Eine eigene, in vielem originelle: artigi Chochcherei bringt und brachte hinwieder der Magglinger Heuet mit sich, der in mancher Beziehung an den Moosheuet ( Ins 162 ff.) erinnert.
Zunächst mit seinen Zurüstungen. Do het mḁ ämmel aafḁ dḁhäime vo der letz̆te Metzgi här e Hamme g’chochchet mit Sụụrchabis. Das het mḁ de nn u̦f em Bärg z’sämme chalt g’gässe; un es isch äin em absolut nid «verläidet wi chalts Chrut». Voor u na̦a̦ ch het mḁn o scho g’sorget für dü̦ü̦ri Rëësti: Mi het g’schwelltni u g’schuntni Härdëpfel du̦r d’Härdepfeltrï̦ckere 1 du̦u̦re gloo, daß si worte sịị wi Träädeli; oder no lieber het mḁ si̦ g’schịịblet; de nn sị si̦ im doore chrumm worte wi n es Ohre, we nn mḁ si̦ bi’m bachche no’ m ụụsezieh vom Brot het i’ n Ofen ịịne ’too. So isch sị liecht i ganze Pü̦ntle z’fergge g’si̦i̦; u dás isch guet g’si̦i̦ zu de dï̦ï̦re Schni̦tz! Wịters het mḁn i’ n Vorrat Mähl brụụn g’rëëstet. Jez, wo der Anke so b’sïechig isch oder fasch nid z’haa, macht mḁ’s mit Maggi-Rolle. Der Solaat mit Essig un Eël het mḁn ó nid vergässe, so weeni wi d’s Brot u der Chääs, für Chäässuppe z’mache; u der Wịị, das verstäit si!
So het man u̦f em Bärg chennen ässe, daß äi’m d’Ohre g’waggelet häi. Um de si̦bne umme het es z’Morge g’gää: e dolli Mählsuppe, wi z’Nacht ó wider. Wär het welle, het no Chääs drị g’schnätzlet. D’Määder häi richtig, wi du̦u̦rewägg, g’mäint, es 496 Schnapps am Morge nüechter un͜derleggi de nn fï̦r e ganz Daag. Was es z’Oobe (mi säit däm jetze z’Mittág) g’gää het, häi mer schó verra̦a̦te. Z’I̦mm biß (z’Nụ̈ụ̈ni u z’Vieri) het’s Brot u Wịi g’gää, u de nn páschaa (s̆s̆: baschta! basta)! Vo z’trinke oder besser g’säit: z’sụffe all Stun͜d wi bi de Häcker ( S. 467) isch e̥ käi Reed g’si̦i̦. Fïr e Du̦rst het mḁn eppḁ Hëï- un Hä rdpeeribletter aab’brïet. Jez het mḁ richtig astatt Suppe Ggaffee; un eppḁ nid es blaaus, daß mḁ der Taßlibode dḁrdu̦u̦r g’seht. Ehnder es schwarzes mit Zu̦gger, wenn dää scho häidemäßig tïïr isch. Oder täili nähmen e Gäiß mit uf e Bärg, fï̦r d’Milch frisch u nit vergäütscht z’haa. Dás Gaffee trinkt mḁn u̦s äigete roue Magglinger Chachcheli.
Die het mḁ mit sannt allem G’schi̦i̦r u aller Ru̦stig im vórụụs ụụfe g’fergget, äb (bevor) mḁ sich ịịrichtet, ung’fähr vierzääche Daag fi̦r e Häị̈et mit Hụụs u Häi m dobe z’blịịbe. Es sịg dee nn, daß eppe̥r dahäim all Daag di bläächigi Gántine ụụfe bring. Fïr d’Chu̦u̦rzwiil het o scho epper sịs Dachserli (Ins: Daggerli) mit ihm g’noo.
Aber wi chochchet mḁ dee nn? He, do nimmt mḁn o dä zäächelịterig Magglinger-Logel ( lagella, S. 404) mit äim u fĭ̦llt dää mit dem Bï̦ttiwasser (Zị́täärne-Wasser) im Twannbärg oder eppḁ i der ggruebeti Matte. Wen n es e chläi frëschelet (s̆s̆) oder su̦st e «speziälle» Gụụ het, so g’chëërt daas äbe «zum G’schäft». Aber wen n es vom Ịịschgrüebli am Spitzebärg cha nn g’spịịse wärte, so isch es rächt guet. Das Wasser schi̦ttet mḁ in e Dreibäipfanne: e richtigi Magglingerpfanne, wo mḁn o mit Lạub ụụswäscht, we nn mḁn eppḁ e̥käi Wäschlumpe oder Harnischblätz het. Äigeti Magglingerlëffel het mḁn oo: alti rundi, vo Ịịse.
Aber wó mḁ chochchi, isch jetz gäng e Froog. Mi macht daas a mene freie Platz under enere Schärmtanne oder Schärmbueche oder bi’m Wald, wo’s hi̦lb isch u mḁ glịị e chläi Holz zụche g’fergget het. U dert íßt (Ins: äßt) mḁn oo. Früecher het en iedere B’sitzer vo Magglinge-Land o n es Hi̦ttli g’haa; ganz es arms, das isch wohr. Do isch nụmme n e trochcheni Mụụre vo Brusthëëchi ụụfg’fïehrt g’sii, u drï̦ï̦ber e ine Roone 2 (Baumstamm) als waagrechten Abschluß und als Schwelle g’läit. Fịr do ụụfe z’choo, um ịịne z’schlụ̈ffe, het mḁn e chläi mïeßen ïber darg’läiti Stäine ï̦ï̦bere chräble. Erst der Gäärster ụf em Chapf 3 het du um 1850 es rächts b’schlĭ̦figs Hị̈̆ị̈̆sli häreg’stellt: 497 mit ere Dị̈̆ị̈̆r, wo mḁ het chënne b’schließe. Deckt isch daas ó g’sịị, wi alli an͜dere, mit Zimmerspään (alt Erl.: Späärn) u Ladeschwaarte, wo mḁ uf em Gi̦i̦beli (der First) mit schwäre Stäine ( zäntnerigi Dachnegle) b’lastet het. Läider isch dás Magglingerhịịsli oder -hï̦̆ttli o wi alli andere z’nụ̈ụ̈te g’gange. Strolche, mi cha nụmme vermuete, weli, häi si verbrennt oder d’s Holz dḁrvo g’stohle. Jez mueß mḁ eppḁ un͜der ere Blaache schla̦a̦ffe oder i d’s Häi schlị̈ffe, wo mḁn aafḁ g’macht het, u si ch vo de Häïgị̈egli (chlịịne, grị̈enlächte Chääferli, eppḁ so groß wi ’ne Häärtfloh) lo plooge, daß mḁ fast d’s hin͜der fï̦ï̦r wirt.
Landwirt, Vinelz
80 Jahre alt, gestorben
Nu, mi het si ch u̦f daas verfaßt g’macht, gäb mḁn ụụfe isch. Mi het äis g’sunge u g’feetet un e chläi g’luegt us em Jammer ụụsez’choo. Mi het es Chäferfest g’fi̦i̦ret.
U de nn wirt de nn aber o g’wäärchchet, we nn mḁn äinisch doben isch! Da wird Flịịß aag’wändet! (Ägerten.) Am Jakobsdaag (25. Juli oder wie 1809 neun Tage vorher) gäit’s aa. Am drei oder halbi vieri fee d’Manne aafḁ määïe. U si̦ tie nu̦mme määie; en iederi an͜deri Arbäit isch ihne z’min͜der. Das isch de nn aber richtig o ’ne Kunst! D’Nĭ̦derländer (Äänerländer) chënne (chäị̈) z’Magglinge nid määie; das chënne nu̦mme Bäärglị̈t! Warum? Das Bärggras wird nie rächt wïehlig; es blịịbt chụụrz, nid e Mol e Han͜d hëëch. Un e Däil de̥rvo isch ḁ lsó mu̦tzes, herts Bï̦ï̦rstegras, mi säit ihm Hundshoor. Das schlị̈ft dem 498 Ni̦derländer, wo gäng z’hëëch määit u nid rächt z’Bode het, ganz äifach un͜der der Sääge̥se (Sääge̥ze) dụụr. U de nn isch no äis. We nn de nn d’s Tau ab isch u mḁ troche määie mueß, so läit si̦ ch vo däm Saft un͜der am Sääge̥se̥blatt e chläberige r n I̦berzụụg aa: der Wolf.
U we nn mḁ de nn no gäng schëëni bräiti Mahde chënnt zieh! Aber zwische de Stụde u i dene neïe Aapflanzige im Bieler Magglinge cha mḁ mäṇgisch nu̦mme sääble: d’Sääge̥se i ganz chlịịne Zï̦ï̦g gägen äi’m (sich) sälber zieh, schier ḁ lso wi we nn mḁn i de Räbe schabti.
Drum wott daas eppis sääge, we nn nu̦mme schon es Magglinger Maad vo an͜derhalb Jụụche̥rte g’määit isch. U Ni̦derländer mit weeni Lịt u vil Land sị schreckeli froh, wenn nen e ti̦fige Bärgler ihri Sach i d’s halbe määit (um die Hälfte des Ertrags).
D’s deere, das gäit de nn fli̦ngg! A häiße Daage cha mḁ’s täägigs näh. Do dooret’s äim schier uf der Säägese. Ämmel lampet es uf der Stell; es schläsmet, wirt schlä̆sem, schlääsmig, g’schlääsmig ( fiappe, säit der Lamlinger). Es cha i mene Tag sogar z’dï̦ï̦r wärte: rëësch ( rôti, säit der Lamlinger).
Mi mueß si ch also schicke, um d’Stụde z’rächche: das chụụrze u staarche (feste) Gras us em G’stị̈ïd ụụse z’zieh un u̦f freiji, sụnnigi Blätze z’trage. Däm seit mḁ schämle. 4 Der Trëchniplatz, ụf däm mḁ d’s Gras mit dem Rächche spräitet, häißt der Schä̆mel. (Äine r hingäge, wo duur e wägg gäng Gält ụụsgi bt, spräitet an allnen Orte.)
Wịịl’s jetz do dooret, gi bt’s eppḁ n e Lëị̈stun͜d oder zwoone. Do lịggen ịịsi Häïerlị̈t im Schatten un͜der e̥mene Tannli u decke der Huet ïber d’s G’sicht, daß mḁ nid wäiß, isch daas jetz ị̈ị̈se Rueff-Fränzel oder der Chrẹbs-P’hauli oder wäär su̦st. Mir schrịịbe ’nen e Grueß uf e̥nes Bapịịrlịị u lịịre’s i d’Bëgli vo mene Rächche u gange wịters.
499 Dert rị̈ị̈schelets (s̆s̆) im Häi. Wohl, das isch z’näh! Ihrere zwee spräite d’Häibääre ( le bers) ụụs. Das isch es Netz schier wi ’ne Fischerbääre ( S. 86), wo u̦s starche Stricke g’fịloschiert (s̆s̆) isch. Es hanget a zwee Bëëge: Häibäärebëëge oder Häibääreschịt vo Esche oder Tanneste, wo z’sämme bi’m ụụsspräite e Kräis mache, (Im Ämmetaal säit mḁ der ganze Heubääre «der Böge».) Guet, do drịị tuet mḁn ụụfhäïe: mi fï̦llt di Bääre u verschnüert si̦ mit dem Bääresäili. Anstatt der Bääre häi täili no gäng d’s Häitị̈echli. Do la̦uffe di vier Zëpfe i Bändel ụụs, wo mḁn über d’s Chrị̈tz bin͜dt.
Dääwääg chämme jetz di Schämle a Laadhị̈ffe, wo fast so groß sịị oder no grëëßer als es Fueder. So ’n e Laadhụffe macht mḁ richtig gä ng schëën a mene Platz, wo mḁ jetze grad oder eppḁ speeter mit dem Läiterwaage guet zueche chu̦nt. Frïecher het mḁ d’s Häi i d’Schị̈ị̈rli ’too, wo n es ( graad u̦f der Stell) i Jääs (Gärung) choo isch, u het’s de nn voor u noo aabe g’räicht.
Aber so n es Fueder z’lade isch ó ’ne Kunst! Wi glịị gäbe di churze Hälmli es verzottlets, verzatterets Fueder, wo bi’m erste schï̦ttle uf em hotschlige Wääg u̦s enand gatteret! Scho ohni daas falle ganzi Hälmli oder ganzi Schï̦ï̦ble ab, we nn mḁ nid hasligi Stụde obe drụf deckt un i d’Läiterbäïm Häïschịtter oder Häïdouli (nach Art der daubenartigen Bụụchdouli, S. 408) ịịsteckt wi bi’m schi̦ffe vom Ämd us em Äänerland ( S. 36) i d’Range. I̦ber di ganzi Ladig chämme zwe Bịndbäüm (Bị́mpäim).
E Däil Häi chunnt o vo Gäicht oben aabe oder vom Twannbärg. Dert isch mḁ v’licht i äi’m Tag fertig worte. U jetze chämme di Manne toodmị̈ed am Oobe häi m — fï̦r no äis Tagwäärch, oder besser g’säit, Nachtwäärch.
Das Häi — oder Äämd — mueß no u̦f d’Bï̦hni, bsunders wen n es drëït (droht) cho z’rägne. Do isch der «Bäre» z’Twann guet draa, wo so mit eren Art Häiụụfzu̦g (aber no nid vo Lạupe) in äim Ruck ganzi Schï̦ï̦bel fergget. Im ï̦ï̦brige Twann u z’Ligerz, do müeße die no froh sịị, wo d’s Häi chenne ụụfegable uf e Häi-Este̥rig ï̦ber der Wohnig. Die mäiste müeße’s ụụfesäile. Do lạuft d’s Estrigsäili — es mueß es ganz es arpártigs glatts u starchs sịị — i der Chri̦nne vo der Schịịbe, wo i mene G’stell (es häißt d’Chatz) si ch drääit. Das Gstell hanget a mene Trääm un͜der em Estrigloch, wo fast a mene iedere Hụụs links am See als e chlịịnne Dachịịbạu gar wïetig hï̦bsch — mi chënnt säge «malerisch» — hëëch ïber d’Huusterasse fï̦ï̦re luegt. Sëttigi Estrigloch gi bt’s o i de eltere 500 — jo fast no i neuere Gasse — z’Neïetstadt, u ämmel de nn b’sun͜derbar im alte Stadttäil vo Landere gäge Sant J̦hánsen u̦mme. Das gi bt dem Määridblatz gar es Wätters es äigets, häimeligs luege. Mi möcht fast säge, es sịg sịs Gắschee (s̆s̆: cachet).
Das Häï ụụfesäile no so bis z’Mitternácht mit müeden Armen u Bäi, das isch de nn hingääge es bitzeli min͜der häimelig. Aber ịte̥m 5 ( jää jetz!), es mueß g’macht sịị, was su̦st? Also, aabe mit dem Häï vom Waage i d’Bääre! Die aag’hänkt a’ n Ha̦a̦gge vom Säil! Do warte zwee, bis doben am Ụụstri̦tt vom Estrichloch e schwindelfreie, starche Maa z’wäg isch, fï̦r di Ladig abz’näh. Jez tëënt’s: ạuf! Die Manne ru̦pfe am Täil vom Säili, wo si ch loot abezieh, u d’Bääre schwäbt hëëcher u hëëcher, bis es dobe häißt: Jetz! Do gilt es, ganz langsam lo z’goo, fïr daß der Maa dobe d’Bääre cha ergriffe un uf d’Bï̦hni ịịnezieh. Die do un͜de brụụche bloß mit dem Säil e dumme Schnall z’tue, un es zieht der Maa dobe ụụse u hụụshëëch abe uf d’Stäine! Gottlob wäiß mḁ no nịịt vo mene sëttigen Unglï̦ck. Hinggäge bassiert’s de nn gäärn, daß, we nn mḁ dummer Wịịs schnellt, d’s Säili us der Schịịbe rï̦tscht. De nn brụụcht es frei e chläi e Voortel (Geschick), ’s mit eme Ruck wider ịịne z’bringe (machen ịịz’springe).
Uf der Bï̦hni wirt das Fueter, fï̦r das s es rächt glịi u guet jääsi, verta̦a̦ u g’stampfet («g’fu̦llet»). De nn chunnt es, we nn’s verjääse het, z’Razione-Wịịs g’schroote dur d’s Häïrohr ab vor de n Stal l.
1
Vgl.
Lf. 506 f.
2
«Der» Ronen:
Gw. 181.
3
Seiner bis 1916 wunderbar wohl erhaltenen achtzigjährigen Witwe verdanken wir die Anschaulichkeit dieser Schilderung.
4
Dieses
schämle als
fü̦ü̦re chratze wertvoller Halme aus Gebüsch und Geheg zum Trocknen auf dem ebenerdigen
Schämel hat keine Begriffsverwandtschaft mit dem
Schämel als Sitz oder Fußstütze, geschweige mit Übertragungen wie etwa
scamgó, écagne (
M-L. 7647 f.). Rollschemel (
schwz. Id. 8, 767 ff.) oder dgl. Wie aber dies Wort entlehntes l.
scamellum, scamillum aus
scammum ist und mit der Schwesterform
scabillum, it.
lo sgabello, frz.
l’escabelle, l’escabeau, rheinisch Schawéll usw. nach Solmfens Deutung (
Walde 683) auf l.
scabère =
schabe als das Zurechthobeln z. B. eines Klotzes zum Sitzen oder Aufstemmen der Füße zurückgeht, so vielleicht auch spezifisch twannerisches
schämle und als Tätigkeitserfolg wie dessen Schauplatz der
Schämel auf solches Hervorkratzen (vgl. das
schabe als Mähen und Rechen kümmerlichen Grasbestandes). Vgl. Deischlig, Alhe, Ans, zälge u. a. (Saanen) als ähnlich in uralten Wortsippen verankertes Mundartgut.
5
’s ist glịịch! (Wie die
«item» [«dasselbe»] in Rechnungskolonnen.)
Solches Bärghäi ist, gut eingebracht, so unbeschreibbar duftig, mi mëcht fast d’Chue mache u grad sälber e Schị̈ị̈bel näh. Auch ist es so starch, chreftig und unter Umständen hitzig, daß äis Bärgfueder so viel wert ist, wie zwei vo under ụụfe: namentlich von solchem Talheu, welches frëschelet (s̆s̆) und für sich allein eine elände Fueterei gibt. Ohne viel andere Zugabe als das alt hergebrachte G’läck ( S. 508) erzeugt solches Heu bei peinlicher Reinlichkeit eine Milch, die, gleich vom Stall ewägg bezogen, sich mit keiner zuvor von uns gekosteten vergleicht. Zudem fällt in guten Jahren die Ernte so reich aus, daß es früher Twanner gab, die gäng der ganz Häistock uf d’s nëëchst Ja̦hr g’spaart häi — allerdings nicht zum Vorteil der Qualität: es ist schlächt worte.
Wohl aber streckt mḁ den Vorrat zur Dürrfütterung für Summer und Winter, so daß d’s Grïene bloß gelegentlich als Schläckerei verabfolgt wird. Winzige Feldchen bestellte man bereits 1764 mit Esparsette: 501 Bä́rßette, später auch mit (etwa drei Jahre ertragreich bleibender) Lụ̈ssäärne (ä́), mit Chlee, Reygras (1844) und andern Schmaale (1810 für Schmielen), Haweie- oder Weiefäcke (Löwenzahn, bereits 1843 in Twann als Solat auszugraben verboten) und Chatzedälpli (Wundklee) wachsen ung’sääit. Ein ergiebiges iigraase (importiert neutwannerisch) oder (gut seeländisch, 1843 auch in Tw.) chöhle, ein G’chöhl 1 gewährt aber besonders das Naturgras. Daneben frißt d’Gäiß allerlei Unkräuter aus dem Weinberg ( S. 320) und Pflanzblätz; so z. B. das Schläikgras (Tw. Schlịịchigras, Schna̦a̦ggigras: die Quecke) und den ihm ähnlichen, auch gleich schwer auszurottenden Nü̦schel (s̆s̆). Die Samen aller dieser Schädlinge werden durch das Häïblïem immer wieder in neue Rasenstücke verschläipft. Die werden freilich ebenso durchsetzt von einem Kunterbunt niedlicher Gebilde, welches ohne jegliche Systematik hier bloß nach Art eines winzigen Idiotikon namhaft gemacht werde: go änteschïele (d’s Änteschïehli oder Hereschïehli ist die so prächtig blühende Waldplatterbse, Lathyrus vernus); d’s chli̦i̦n Asterli und der Bärgaster; d’s Baumtrëpfli ( Aegopodium Podagraria) mit eßbaren 502 Wurzeln; 2 d’s Pfaffehïetli ( Evonymus europaeus); Blaauchrụt (Hundszunge); go chängele (die Chängele oder Ängele: die hochstenglige Schlüsselblume); d’s Dinte- oder Gäißebeeri (Liguster); d’s Dru̦mmeschlegli (Traubenhyazinthe); der Tụụbechropf ( Silene inflata); der Fluesolat der Felsenheide ( Lactuca perennis mit den eßbaren jungen Blättern); d’s Gältseckeli (das Wiesenschaumkraut); ga̦ haselblïemle (das Haselblïemli = «Tschụtscherlụsi», Leberblümchen, erscheint zugleich mit den Haselkätzchen als erste Frühlingsblume); bi’m Holderloch (Waldstück Tü.); d’s Karmä́nderli (Gamander); Mắtschaarte (Mannstreu); go näägele (auf Fluenäägeli); Schwịzerhoose (Akelei); der Silberling (Taubnessel, deren Früchte wie Senesbälgli aussehen).
Einige solcher Pflanzen gedeihen auf Sumpfboden, welcher der Entwässerung mittelst Akte (Ake, aquaeductus) ruft, wenn nicht einer Wässermatte wie die Stierematte zu Geicht. Oder sie zieren die Umgebung eines Sood, dessen Wasser zu pumpen ist, wenn nicht eines laufenden Brunne (1533: Brunn, alt Erl.: der Brü̦nne), Brïnneli. (So heißt 1805 eine Vingelzer Rebe.) Dï̦nkel (Deichel) führen sein Wasser aus einer da und dort mit Lätt oder Lehm, Leim, Lịịm verdänschte (1785) Brunnstube. — Erwähnen wir hier auch das heute wenig besuchte, liebliche Plätzchen zur Wasserweid auf der Insel.
Unter sie mischen sich Pflanzen, welche «Vihlmehr der Ströhung als der Heüung» dienen. 3 Solche Sträïïg liefert nebst der Li̦sche (s̆s̆, Ins 109) das Schilf: die Schwï̦mmele, das Chrotterëhrli, Seerëhrli.
Die bisherigen Ausführungen knüpften sich an die Matten des twannerischen Vorder-Magglinge, mit dieser nähern Bestimmung unterschieden vom Lammlinger-Magglinge und vom bielerischen Hinder-Magglinge, dessen verheißungsvolle Aufforstung es mehr und mehr der Heugewinnung entzieht. Eine alte Grenze zwischen beiden bildet der Baselstäi als Marche des fürstlichen Bistums. Twanner heuen aber auch auf Lamlingermatten, und eine wichtige Futterbereicherung liefert der Twannbärg-Heuet. Geld sodann verdienen auch Seebụtze im wältsche Heuet.
G’ä̆mtet oder g’ämdet (Tw.), g’äämdet (Tü.), Ämt (Tw. 1748) geerntet 4 wird überall, wo der Heuet nicht erst in dem bloß éinen jährlichen Futterschnitt voraussetzenden Heumonḁt, sondern bereits anfangs Juni stattfindet. So in den verschiedenen -matt: Bäre- 503 (Tw.), Bläüi- (1783 Mett), Chroos- (Tw.), Gruebe- (Tw.), Schädelismatt (1805 Biel, jetzt vom Handelshaus Jordi-Kocher besetzt), Stierematt (Geicht 1744) und den viel zahlreichern Matte. Zu « Ins» 280 ff. seien bloß nachgetragen: die Bieler Nidau- und die Ablaßmatte (1805, jetzt Wildermetmatte, im Winkel der Bieler- und Madretscher Schụ̈ụ̈ß), die Gruebete Matte (Tw. 1675) und Dunkgruebematte (1619 Magglingen), die Gwart-Matte (Ni.), Luckmatte (Tw.), Neumatte (Tw.), Länginatte (Insel). Angereiht seien: die Wasematte und die Wäseli (Bl. 1805); die Riedmatte und alle die Riede oder Ried, Riedli, das Franzeried (Tw.); die Brüelmatte und alle die Brüel, 1533: Stunckis Brüell (Geicht); die Salachmatte = die Salach oder das Salach (=Mahd) — 1533 in Kappelen — d. i. Sumpfgebiet 5 nach Art der Lattriger Sumpfmatte oder der «wüsten Halden im sumpf vff dem sew» (1533), welche um 1760 durch den Twanner Irlet mit einer e Schịbeschu̦tz länge Seemụụre gesichert wurde. Sachlich verwandt sind das Saar (Flußgeschiebe und Seeschlamm) 6 als Träger des zum Saargbaum (Tw.) umgedeuteten Saarbaum (Schwarzpappel), das Morgetaal der Bielerinsel, 7 die Ei (die vssere öy, La. 1533). Dieser unfern lagen 1533 die Maßholtere, die dornachte Halde und zwei Jucharten im Grünß. Kappelen hatte 1533 eine Buglera, Ins 1533 je ein Mannsmaad in der Riferschen, im Granat, zu Rotsch, Twann 1678 ein Grundstück im Spärs unterhalb Port.
Alle diese Geländestücke gäbe no äinisch so vil, we nn man bi’m Meerze-Vollmoon, und zwar i der Jungfra̦u, d’Schäärhụ̈ffe und d’Ampäisehụ̈ffe verrächet.
1
Wie
Chöhli, Kohl, zu l.
caulis, was überhaupt Stengel bedeutet.
2
LWB. 1817.
3
NB. 4, 351 (1768).
4
Mhd. (
WB. 2, 1, 21) das
â-mât.
5
Zu ahd. (
Graff 6, 183) und mhd. (
WB. 2, 2, 34)
salo, sal-wer (trübe, fahlgelb, schmutzig), frz.
sale gehört das
sal (des
salwes, Schmutz) und Sal-ach (mit verallgemeinertem
-acum): sumpfige Gegend und manch ein
Saali und
Sahli.
6
Schwz. Id. 7, 1258. 1260.
7
Vgl. «Murg» in
Aw.
Der Weltbrand der Gegenwart lehrt das von ihm noch unverzehrte Inselchen der Schweiz nach alter Väter Sitte wieder sịs äigete Brot z’ässe, sị Milch sälber z’brụụche und nach entschlossenem absträipfe des den Großen gedankenlos na̦a̦cheg’gịịgete Luxus, seine wachsende Bevölkerung — soweit wirtschaftlich möglich — mit der dem Boden in doppeltem Ausmaß abgerungenen Nahrung ehnder besser weder schlächter als bisher zu erhalten. Solche Kunst, «d’Fieß z’sämezzieh» und damit nur festere Bode un͜der äi’m ’berchoo, lernte bereits vor vier Jahrzehnten der Seebụtz.
504 Wie bis zur Stunde der Schweizer seine Hand west- und ostwärts über Meer und Land ausstreckte, um argentinisches Brot zu essen und seine Milch den Japanern zu verkaufen, so holte — gleichsam in mikrometrischer Nachahmung dieser großen Scheßte — der Seebụtz sein Brot und Viehfutter änet dem See und wịt im Jura hin͜der, wogegen er das Bauholz seiner Wälder und die guten Jahresernten seiner Reben in große Fernen verschiffte ( S. 27 ff.). Das Entsumpfungswerk, welches dem Moos seine verborgenen Schätze ablocken lehrte, führte den Bewohner des schmalen linken Seestrichs zu intensiverer Bebauung des fast noch einzig ihm verbliebenen Seeketten-Südgehängs. So entfaltet sich seine Veranlagung, du̦sse z’wäärchche un dinne z’schaffe, überhaupt seine wäärchligi und schaffige Art auf beschränktem Gebiet nur um so intensiver; die der Räbg’sellschaft ( S. 224 ff.) parallel gehende landwirtschaftliche G’nosseschaft Twann-Ligerz-Tüscherz, die mit gleichnamigen Verbindungen des übrigen Seelandes in Rapport steht, wirkt anregend auf den Einzelnen. Dabei behält doch Hang und Halde des linksseeischen Gebiets den Bebauer desselben beim Gegensatze des Wịịbuur zum rechtsseeischen Chüebụụr — wie übrigens dieser mit seinem verbitzlete Grundbesitz sich wieder abhebt vom Hofbauer des Voralpengeländes. Arrondierte Pụụrehööf wie hier gibt es links des Sees nur zwei sogenannte: zwei Rebberge zu Ligerz, wo 1825 (am Platz der neuen Boome, Baume, Balm, S. 138) in gleicher Wertung ein Pụụrehụụs stand. 1 Das pụụre n und «buwen» (1472) vollzieht sich hier bloß auf Güetli und Bärggüetli (wie zu Tü. zwei Eigennamen lauten), selten auf Güeter von der Größe des ehemaligen einen Twannbärgguet, sowie des Lattriger Isel- (Insel-) Guet von 1533. Diese Gütchen konnten und können in einer einzigen Jụụcherte bestehen, wie 1896 sogar im Pụụredöörfli Geicht «ein Jucharten, genannt in der Jucherten» als eigene Flur lag. Zwei Jucharten bildeten 1533 zu Lattrigen «das Juch vff dem Rein». (Vgl. Ins 299.)
Auf dieser rechten Seeseite war überhaupt der Grundbesitz Einzelner öppis wenigs größer, und zwar auch als Eigentum von Tüscherzer, welche ja bis 1876 zu Sutz-Lattrige kirchgenössig waren, und von Twanner als bevorzugten Käufern des über das ganze Seeland hin verteilten mächtigen, 1533 vom Staat Bern veräußerten Twanner Pfruendland ( S. 204). Zu solchem Grundbesitze kam noch das jeweilen uf sächs Johr i Lääche (a Zins) g’gää bne Gebiet der Öfeliblätze 505 im Strandgebiet von Täuffelen-Gerlafingen. Diese wurden so geheißen nach den zu Stubenöfe und (Küchen-) Öfeli zurecht gehauenen San͜dstäine, welche der bis auf Reste abgetragene südlichste Jurazug ( S. 133) dort zurückgelassen.
Diese rechtsseeischen Eigen- und Pachtgüter vo de Öfeliblätze dänne bis u̦f Port aabe (dieses einstige untere See-Ende) konnten vor der Tieferlegung des Seeniveaus um mehr als 2 m von den schiffahrtskundigen Seebu̦tze ohne jegliche Vermittlung von Rad und Roß erreicht werden, und zu Twann reichte der See unmittelbar an die südliche Häuserreihe. Die Ra̦a̦thụụslänti ( S. 33) het g’reckt bis ob d’ School (Schaal) der heutigen Metzgerei Engel. Di inneri Bahnhoflänti oder Moosgartelänti lag direkt neben dem jetzigen «Bäre». D’Schorelänti reichte an die Eisenbahnlinie, d’Wingreislänti bis zwische d’Hị̈̆ị̈̆ser. Auf der heutigen Stra̦a̦ßebrï̦gg belud man die von der Twannbach-Mündung herangeruderten Wäidlige mit Mist u Gï̦lle (Bschü̦tti) für d’s ääner Land. Der Grabe u̦f der Insel, d. i. die Su̦nnsite gelegene Länti, war schiffbar bis zum Wë̆schhụụs des Chloster, so daß der zu transportierende Wein i Bränte vom Chäller i d’s Schiff getragen wurde. Kein Wunder, daß es n ieders Hụụs es grëßers oder chlinners Schiff g’cha het, oder doch Anteilhaber eines solchen war. Alle schweren Lasten wie Dünger, Stäine, Holz, Tụụrbe von 506 der Hắgniger Torfgesellschaft, ferner Lätt, Grien u San͜d zu Bauzwecken und namentlich Unterhalt der Seemụụre, sowie Ụụsfï̦llhärt für die Bï̦ï̦rine (Twann hatte hierfür ein verschriebenes Recht in den Öfeliblätze) wurden p’här See transportiert. Ganz besonders aber gilt dies von dem rechts des Sees geernteten Viehfutter, das eine viel reichere Milchviehhaltung als die heutige ermöglichte (s. u.). Vorzügliche Futterbaustellen gewährten das Moos zu Brügg und Port, weitere Stellen in den Gemeindsbezirken Biel und Nidau (alles an die Zihl und di ï̦sseri Schị̈̆ị̈̆ß grenzend), I̦psḁ ch, Lattrige n (vom Lattrigen-Egge zum Sumpfstäi), Mörige (bis zum si̦beten Achcher), Täuffele-Gerlafinge (uf bäidne Site vom Tanngrabe), Lüscherz. Hier überall konnte mit g’ladnem Schiff bis an die Seegrenze der Grundstücke gefahren werden, bis die erwähnte Seespiegelsenkung das schiffbar Wasser gegen 300 m vom Land entfernte, das trocken gelegte stotzig Bord der Fußufer nur zu Fuß überschreitbar werden ließ und die Strömung so beschleunigte, daß ein länte am gewünschten Ort untunlich war. So mußte man die Düngerauffuhr und Futterabfuhr an Äänerländer verdinge. Das het si ch so schlächt g’räntiert, daß man profịtliger (vorteilhafter) d’s Land fast «um ene Biresti̦i̦l»: um ene Schund, um ene Hundsbrịịs — jedenfalls weit unter dem Ankaufspreis — ane g’gää het.
Solch extensiver Gutsbetrieb, wie er noch — und nun erst recht — heute den Sant-J̦hánns Matte und Noos- (Nods-) Matte der Ligerzer, sowie deren Neuwiesen zwische der großi und chlịịni Insel gilt, forderte z’Zịte-wịịs eine überaus anstrengende Arbeit. Do het’s e guete Tăglëhner im Tag drei Mol g’chëëre Zwëlfi schloo. Z’Mítternacht het er z’Nacht g’ässe (das Abendbrot genossen) bei einem Twanner, dem er der ganz Nómittag und die ganze Vormitternacht het hälffe häïe u Häï ịịnedue. E Stun͜d speeter het er bi menen an͜dere z’Morge g’ässe (gefrühstückt), um ihm darauf bis zum folgenden Mittág zu neuem Heuerwerk Hilfe zu leisten. Ein drittes Elfstundenwerk galt einem dritten Besitzer großer und zerstreuter Futterflächen. Die Getreideernte erneuerte den Kreislauf. Da ward um etwa 3 Uhr nach Mitternacht änet dem See d’dresche n, ’pu̦tzt (das Getreide gereinigt) und häi m g’fị̈ehrt, um nach kurzer Rast ein neues Feld in Angriff zu nehmen. Kurze Zwischenmahlzeiten an Ort und Stelle erfrischten zu neuem drị hạue.
Die jenseits des Sees frei gewordenen Kräfte werfen sich nun auf intensive Bearbeitung der durch den Seerückzug größer gewordenen Ufer- 507 oder Strandgärten, der zwischen die Weingärten geschobenen kleinen Kunstwiesen und Gemüsefelder, der Twannbärg-Parzellen ( S. 495 ff.) und der Allme̥tblätze im Burg-, Schloßflueh- und Windsaagi Bereich.
Ein guter Rest von Seebụtze-Besitz am rechten Uferstrich ist übrigens immer noch verblieben. Bis zur Stunde hält der Stëggli-Rëëmer (Stöckli-Römer) zu Tüscherz im Sommer alle seine si̦i̦be Stï̦gg Vieh in eigens gebauter Schị̈ị̈r zu Su̦tz eingestellt; dort auch baut er Gemüse und Kartoffeln. Neben ihm besitzen noch etwa es Dotze Dï̦sche̥rzer Land änet dem See, das sie, wenn der See unfahrbar ist, unschwer mit un͜der um fahre auf der nunmehrigen Straße erreichen. Aber auch es Dotze Dwanner besitzen noch Grundstücke zu Lattrigen und im Mörigen-Egge (d’Eïlimatte). Ja, ein gutes Stück Strandboden zu I̦psḁ ch, welches durch die Entsumpfung dem See entrissen worden ist, wurde durch diese Seebutzen als di Graasere (Graasmatte) z’Waase g’macht.
1
Nach
Albert Krebs’ verdankenswertem handschriftlichem Bericht, dessen Fortsetzung s.
S. 36 f.
Der immerhin stark reduzierte Grundbesitz träit aber Eignern, welche statt der Zäiche des Kalenders die Zeichen der Zeit zu deuten wissen, weit mehr ab; ja, sie verstehen dem ihnen verbliebenen Boden das Doppelte seiner bisher gewährten Nährkraft gleichsam abz’lätschle (zu entlocken). Hierzu leitet als erster Grundsatz: Weniger Veh (Vehwaar, Waar) und dafür solches, das den ganz eigenartigen Verhältnissen der Seeregion sich anpaßt; solches auch, das der Weinbauer mit der nämlichen individuellen Behandlung, die er jedem einzelnen seiner tausend und tausend Rebstöcke angedeihen läßt, Frëïd het z’gạume. Wie interessant ist es, die Twanner Viehzählung vom 16. Dezember 1740 mit einer heutigen zu vergleichen! Da gab es an Chïe, Stiere, Gäiße, Schoof: z’Chlịịnne Dwann und uf der Insel 30, 0, 3, «etliche» ( es paar); im Moos: 14, 0, 9, 1; zu «Groß Twann» ( im Stedtli): 79, 0, 25, 1; i der Chroos: 2, 0, 0, 0; z’Wingräis 18, 0, 0, 0; zu Geyach ( Gäicht): 4, 52, 1, 52; z’sämme; 151, 52, 41, 54 und «etliche», 1872 besaß Twann samt Wingreis 113 Milchkühe. Im April 1916 ließen sich schätzungsweise zählen: etwa 45 Milchkühe im Dorf Twann und auf der Insel, 2 Kühe zu Wingreis und etwa 50 zu Geicht und dessen Umgebung, während die drei Twanner Twannberg-Bauern zusammen bei hundert Rindviehstücken zählen mögen.
Welche Wandlung also! Die 23 Bụụre und Bịịrli des Dörfchens Geicht samt seiner Umgebung und der Twannbärg liefern heute 508 ihre Milch an eine Bieler Molkerei, als deren Angestellter ein Geichter Fuhrmann den größten Teil des Milchbedarfs im Twanner Dorfe deckt. Dagegen hat Geicht sein Halbhundert Weidstiere an die zur Landwirtschaft nötigen Brụụchstiere getauscht. D’Scha̦a̦f sind selbst auf dem Tessenberg so selten geworden, daß mḁ vo allem Wun͜der erzellt, wie im Lamlinger Magglinge die noch jüngere Frau Xándi Bärger die Wolle ihrer zwei Stallschoof zu Strumpfgarn verspinne. Die Vließträger häi de Sëï Platz g’macht, von welchen man 1740 merkwürdigerweise gar nicht Notiz g’noo het.
Der Wechsel der Haustierart ist zugleich ein solcher der Pflegeform. An den Platz der Sommerweide tritt die ganzjährige, durch Tränken im Stall statt des so nötigen ụse- oder du̦sse-tränke vielfach ungesund übertriebene Haltung im Roß-, Chïe-, Gäißestaal l, im Sëïchrumme mit der alltäglichen Nebenbeschäftigung: der Staal l mache. Man findet, das tauge (Safn.: tü̦ü̦geni) besser; die Tiere seien am Schatten u Schäärme von schlimmen Beigaben der Viehweide lịịberer, mögen auch eine wirklich sie befallende Krankheit besser b’haa (aushalten) und du̦u̦rep’hauke (überwinden), und ihre ganze Behandlung sei min͜der uwa̦ttlig (unbequem 1 ). Wie bequem allerdings läßt mittelst des Baare (der Raufe) und der Chri̦pfe (Chrü̦pfe, selbst durch den als Chri̦pfedri̦cker 2 bezeichneten hinterhältigen, menschenscheuen Pfleger) und des Sëïtrog fuetere. 3 Bequem läßt sich ferner aus der Läcktäsche (s̆s̆) vor dem Tränken und Melken Salz und Kleie als das G’läck der Kuh und Ziege i d’s Mụụl stoße, um sie sị̈ffig und anhänglich zu machen und zu bewirken, daß sie brav schëpfi (Milch geben). Gäbig auch läßt sich so dem kranken Tier es Drank ịịschï̦tte, das schnëïlig, schnääderfrääsig G’schëpf bilde (« mores lehren»).
Besser sodann als eine Herde oder auch nur e Tru̦ppele, es Trï̦ppeli gleichartiger Tiere der Weide läßt sich im Stall das einzelne für sich behandeln: das ’bbu̦tzte (kastriert); das hochtragende und (dem Werfen) näähig: das Eersteli (welches erstmals geworfen hat). Auch von einer Neuigkeit sagt man: das isch mer es Eersteli!). Sorgfältiger endlich lassen sich ungedeihliche Tiere, wo nid fï̦ï̦re̥tsi ch wäi, lassen sich strụụbi Chueli (deren nie sich glättende Haare auf Konstitutionsfehler schließen lassen) u. dgl. ụụsscha̦ube (beseitigen und damit von der Nachzucht ausschließen), dafür aber g’lịịbigi Tiere (wo 509 Lịịb häi), ja solche, wo ụụsbiete (zum Wettstreit auffordern), heranziehen. Das gelingt aber nur dem Tierfreund, der das geringste Omen eines Tierquälers: eines Schinter, Tierlischinter von sich fernhält, der auch an Luft und Licht und Sonne die seelische Regsamkeit seiner Pfleglinge beobachtet und unterhält und sie namentlich in ihrer angebornen Sị̈̆berligi unterstützt. Und wessen andere Natur solcher Reinlichkeitssinn geworden ist, der wird namentlich bei der von städtisch-seedörflicher Bauart ( S. 120 ff.) aufgenötigten Stall-Enge das davon unzertrennliche Unaamïetige (Stallg’schmack, Spuren des Haarwechsels: si ch e nthaare oder enthääre u. dgl.) mittelst eigener Stallhose und Stallschueh vom Wohnteil fernhalten.
Da auf dem See das Schiff, an der Berglehne der Bu̦ggel die Lasten trägt, sind die Seedörfer an Rosse n oder gut tü̦scherzerisch vielmehr Resser 4 arm. Bloß einzelne Geschäftsleute und ein Fuhrhalter besitzen an Pferden äis oder zwäi zu eigenem Gebrauch und zum Vermieten besonders als Vorspann (s. u.).
Bedeutender ist natürlich die Pferdehaltung im Bụụreland, wenn sie auch an die des Voralpengeländes nicht so weit hinanreicht, daß etwa beispielsweise von eigener Aufzucht die Rede wäre. Vielmehr kauft man auf Märkten wie Chindon ( Schí̦ndung oder — um Gottstatt 510 — Schí̦nte̥, uf em Schi̦nte̥määrit) halbjährige, eben abgesäugte Füllen ( poulins entiers): Sụger, und gi bt si̦ uf e Bäärg zum sü̦mmere. Das bewahrt sie vor schlimmen Folgen des müßigen Stehens im Stall, u. a. vor dem stögele oder chnödle und ŭ̦́ber choo, ŭ̦́ber g’heie, wobei das Tier statt mit dem ganzen Huf nur mit dessen Vorderrand auftritt und so die Standfestigkeit verliert. Ferner stärkt die Luft der Juraweiden die Lungen der Tiere in dem Maße, daß sie von Strapazen wie denen des Artilleriedienstes weit weniger na̦a̦che g’noo werden. Es unterbleiben oder mildern sich schlimme Uebel wie der Lungestịịger, bei welchem das arme Geschöpf grụ̈ụ̈seli mues a̦a̦tne. (Agerten.) — Erst die auf der Weide gekräftigten Tiere werden dann aag’setzt zum lehre zieh, nachdem ihnen zum gäuggele und göölig tue genügend Zeit geblieben.
Ganz vereinzelt und auf kurze Zeit (1850-1852) diente auf der Insel ein Esel, der drum nicht vermochte, die Zoologie (und Zotologie) des Schimpfwörterbuchs mit originellen Beiträgen zu bereichern. Aber auch vom Roß ist nichts Bodenständiges anzubringen außer der Übertragung der Gu̦u̦re auf ein unliebsam sich geberdendes Weibsbild; 5 ferner der affrikativen Form Chlepfer (Klepper), der n-Form zäüne und zụụne statt zäumen, und der Benennung des Deichselpferdepaares als das zuehändig und das vónderhändig (s. u.). Entlehnt sind die Redensarten: Tue wi n e Hängst und (mit gegenteiliger Ergebung ins Unvermeidliche) der Chŏli lo walte (das in Nacht und Nebel den Heimweg besser als sein Meister findende Pferd). 6
Auch mäṇgi Chue isch jo g’schịịder weder ihre Mäister. Und gerade die einzige Kuh eines Gutes, das früher deren drei nährte, aber dann zu vermehrtem Acker- oder Weinbau übergegangen ist, beweist ihre Meerkigi z. B. durch scharfes Herauskennen der Schritte ihrer Pflegperson. Diese Anhänglichkeit wird vermehrt durch Aufzucht vo jungem ụụf. Das absäuge (sozusagen abmämmele) des Chalb, welchem ähnlich der unerzogene Mensch seine Chalberstückli macht; durch die Hụswäid der halbgewachsenen Chalbete (des Gu̦sti, Gu̦steli, Rindli); durch das dem ersten Wurf nahe Rind, und die sorgsame Pflege der Chue, welche aber abg’stoße wird, wenn sie nicht u̦f d’s Mol 7-8 l schëpft. Diese Ergiebigkeit ist so sehr das Hauptaugenmerk des kleinen Züchters, daß er die Abstammung von einem anerchennte oder sogar ’zäichnete (prämiierten) Mu̦ni (Muneli) (in Lg. Mü̦̆neli) in zweite Linie rückt. Sowohl diese Zuchtstiere 511 ( Mŭ̦́ne̥ne), wie die sogleich nach dem abtränke als Zuchtochsen g’häilete oder ’bu̦tzte Stiere (z. B. der Bome und der Bornella als gejochtes Deichselpaar zu Geicht 1756) sollen in erster Linie frein sịị und si ch nid lo hịtzge (in Wut versetzen). Nichts an ihnen darf auch daran erinnern, daß der noch aus alter Raufboldezeit bekannte Tootschleger-Stock mit Stahlknoten der Mŭ̦́nifi̦sel (Mŭ̦́nizään) hieß. Dagegen erzählt der Mu̦nistaal l für den vormals in Twann, später in Geicht stationierten Dorfmu̦ni oder G’mäinsstier, daß auf Nützlichkeit im Leben und Nutzbarkeit im Tode alles ankam. Auf Vereinbarkeit aber von kleiner Landwirtschaft und Hausindustrie weist jenes Männchen im Vorderjura ( Plagne, Pläntsch), das mit eme Stierli an äi’r Han͜d und emene Gártong ( carton voll Uhrenmacherarbeit) i der an͜dere von Biel heimkehrte.
Mit der Rindviehzahl hat auch die Ziegenzahl abgenommen; und die verschiedenen neuen Ziegenzuchtgenossenschaften auch des Seelandes — z. B. von Twann und Umgebung — mit gelegentlichen Gäißebụuretage haben eine große Aufgabe vor sich, wenn sie eine sorgfältige und rationelle Ziegenpflege ein- und durchführen und damit ebensosehr die Güte als die Zahl der «Kühe des Vermögenslosen» zu steigern beabsichtigen. Es ist dabei zumeist auf Saanegäiße abgesehen, und zwar «Saanemu̦tsche»: auf den Mu̦tz im Gegensatze zur G’höörnti. Unter diesen wieder erscheint die Chu̦u̦rzhäärigi vorzüglicher als die Länghäärigi, die Zottel- oder Fotzelgäiß, die Zottleti. Die größere Mühe, die letztere rein zu halten, macht sich bemerkbar am böckele der Milch zumal einer Gäißemueter, welche schon eine größere Zahl Gi̦tzi geworfen hat. Und das isch de nn Schaad für die zwee (Erl.: zwöö) Lịter Milch u̦f d’s Mool, welche eine gute Ziege im Grüene (bei Grünfutter) gibt. Von bekannter Güte ist ja normale Gäißmilch, welche bei richtigem Gäißefueter auf der Gäißewäid und im warmen Gäißestaal l (so heißt heute auch eine Flur bei den Mühlenen) erzielt wird. Zu dem hoch schätzbaren Gäißenu̦tze kommt die Leichtigkeit der Behandlung: Den Gäißehi̦rte kann schon das junge, rasche Mädchen ersetzen, das selber noch es Gi̦tzi ist; geschweige das vorlaute, ältere Weibsbild, welches als e Gịbe betitelt wird, besonders wenn sein ụụfbigähre an das mäggele des Tieres erinnert.
Vil G’scheer u weeni Wu̦lle ergibt dagegen die Schafzucht auch im allgemeinen Sinn der Nützlichkeit — welche Übertragung die Verdunkelung der ursprünglich buchstäblich gemeinten Redensart und damit die vermeintlich angezeigte, sinnlose Rundung des «Gescheer» 512 zu G’schöör (Kehrichthaufe) mit sich gebracht hat. Wir sahen schon in « Ins» (S. 178 f.) die bis zum massenhaften Verscharren im Schinterplatz gediehene Verwahrlosung der von (Hals-) Brüüni, von Zägge (Zecken), vom (Leber-) Äägel heimgesuchten Wollträger. Wie namentlich der Eingeweide-Parasit die geplagten Schööffli ufrääsig und damit hinfällig machte, zeigt die noch heute spaßhaft an einen, wo nid ma g ässe, gerichtete Frage: Hesch öppḁ n Äägle? Auch die Unterkunft, welche da und dort noch an die vermutete Urform des Namens Gals = Chules erinnert, 7 trägt nicht immer viel zum Wohlbefinden einer Haustiergattung bei, die bei anhaltender Wu̦lletụ̈ụ̈ri vielleicht in Zukunft eine höhere Schätzung gewinnt. Ebenso ist die minime Sorge, womit höchstens die Wịd dere zum Verschneiden als mästbare Chrụtu̦u̦rfle tierärztlich behandelt werden, Grund genug für die mịggerige Abträglichkeit von Tieren, welche doch viel ungenutzt zugrunde gehendes Futter in Wolle und Fleisch umsetzen könnten. So begreift sich, wie die erzielte grobi, rụụchi Wulle beim Weben und Stricken niene hi̦i̦ gäit (schlecht ausgibt). Die Inselpächter der Jahre 1843 bis 1853 scheinen selbst mit der magern Weide der chlịịnni Insel zufriedener gewesen zu sein, da sie selbstgewonnene Wu̦lle wäsche, chaarte (karden) und spinne und den z’wäbe g’gää bnne Halblịịn für eigenes Hausgewand walken ließen. 8
Völlig us em Tierbuech aber würde man damals die Preise gefunden haben, die heute für ein ganz junges, unter Umständen mit der Saugflasche oder dem Schwamm abg’mämmelets, abg’säigts Feerkeli und etwas älteres Fäärli, wie denn erst für einen Faasel, für einen Mu̦tz (Erl.: Motz) als kastrierten Beer, eine Galsle als kastrierte (der Bu̦u̦rdi oder Rose beraubte) Moore, Fäärlimoore bezahlt werden. Es trat erst zwischen jene und die heutige Zeit die Einfuhr englischer und halbänglischer (1847) Rassen, welche ihre Wichtigkeit wieder verloren haben. Heute kann jedes gut gehaltene Schwein aus dem Wachstumsstadium der hochbeinigen, ụụfzogne Grassau zu der g’sänkte Mastsau «empor» gedeihen, bei welcher es waggelet und beiderseits der charakteristische Fäld (die Falte) 9 vo de Hin͜derbäi schreeg ụụfe gäge d’Laffe (Schultern) gäit.
513 Der bereits in « Lützelflüh» 10 hervorgehobene Unterschied der Zusammensetzungen mit Sau- und Säu- (Sei-) tritt auch im Twannerischen noch lebhaft zutage. Der ausgesucht unhöfliche Mensch ist sạugrob, ist vielleicht obendrein ein Sạukärli, Sạumage, 11 Sạuni̦ggel. Aber der Trinker hat Säüäügli, der Händler als Beutel eine Säübla̦a̦tere; der Löwenzahn oder d’Säübluemme trägt das Säübluemmerëhrli, mit welchen Kinder pfu̦u̦re oder gịịgle. Die Sau selbst frißt Säüdränki aus dem Säühafe, Eingemachtes aus dem Säübücki im Säütrog oder -tröögli. Sie liefert dafür den Boorst, den Säünabel (Samenstrang) für das Einfetten warm gelaufenen Eisens (z. B. von Sa̦a̦gebletter), besonders aber als Schwịịnigs: Säüfläisch, -brägel, -schnu̦u̦re; dazu die Späcksite, die Laffli, die Hamme, wogegen d’s Granggelbäi übrig bleibt. Dagegen ist «der Schinke» eine grobe Bezeichnung des Beins, wie der Scheiche (auch basl.) eine solche des Fußes. Wie das Schlachttier ist uf em Schrage der Operierte und der sonstwie Bettlägerige. Jenes wird ụụsgnoo oder ụụsg’macht; d’Däärm werden g’chehrt und g’schlịịmt für gewöhnliche Würst. Doch nicht für Würste, welche ein Seeländer mit der Rede bekomplimentierte: I fri̦sse d’Schintele, u der Ura̦a̦t g’heien i furt. In das Netzi kommt das aus Fleischriemen und Läbere geschnittene, mit Maazis (Muskatblüte) und 514 Salbịneblettli gewürzte Spi̦ßli, oder das aus g’hacketem Fläisch bestehende Adrio (á-) (Erl.: Adriol). Dieses Fleisch wäre sonst wie Händscheläder so zääi. Dagegen sitzt zwüsche de Laffe das zarte Jumpferebi̦tzli, während d’s Pfaffestü̦cki der Lummel des Geflügels ist. Alle diese Fleischsorten wiegt der Verkäufer aus, welcher der Bank macht (der Fleischbank vorsteht).
1
Ahd.
wâtiîh (mhd.
waetlich) eigentlich «kleidsam», dann wohlgekleidet und damit stattlich, schön, kann ebenso auf dieses «bequem», wie auf sonst bernisches «ordentlich, sittsam» (vgl.
bien séant) weiterführen.
2
Vgl.
Lf. 264.
3
Vgl.
Meiners «futtern».
4
Alttüscherzerisch gelegentlich sogar
das Resser. Vgl.
Ins 338. Note 9.
5
Schwz. Id. 2, 410, wo
Gurrli als
pudendum muliebre zu bestätigen ist.
6
Das Pferd sieht 2½ mal schärfer als der Mensch:
Berdrow 1915, 199.
7
Vgl. den
Galserbärg oder
Chulemont,
Schụ̆limung, Tschụ̆limung, ganz sinngemäss französiert als Jolimont. Nicht so «hübsch» ist das im Inser Chorgerich (vgl.
Ins 608) häufig erwähnte
Tschuliloch als das eingefriedete und der Schaulust des Pöbels preisgegebene Gefängnis des ehemaligen Rathauses.
8
Irlet.
9
Ahd.
der falt, mhd.
der valt und die
valte, die
valde neben dem Adjektiv
ein-, dri- usw.
-valt und
-valtee, -fältig, welcher Umlaut auf das Dingwort zurückwirkte. Oder handelt es sich um Rekonstruktion aus «das Fääl
di» (
Gb. 442) zu
faldan, falten?
10
294.
11
Der Mage als Verwandter:
Kluge 298.
Viel Eigenartiges hatte zur Zeit des rechtsseeischen Landbesitzes die linksseeische Milchverwertung. Kamen 1 die Kühe im Herbst vom Berg zurück, so wurden sie im Stall z’erst aafḁ wĭ̦der z’wägg’fueteret, bis ihre Milch in Masse und Güte verkäst werden konnte. Das war der Fall von ụụsgänds Jänner oder aafangs (ịịngänds) Horner bis zur Bergfahrt im Mai oder Juni. Gewöhnlich stellte man hierzu den Pächter des chlịịnne Twannbärg an. Der verarbeitete die Milch von den ungefähr 110 Twanner und Wingreiser Kühen z. B. des Jahres 1870 zu Anken und Magerkäse, welche Produkte die Lieferanten konsumierten. Die Buttermilch wurde an Arme ụụsdäilt, die Schotte zur Schweinezucht verwendet. Den Sommer über behielt man wieder nur Vieh für den notwendigsten Milchbedarf daheim.
Hierzu einige Wortnachträge. Die kurzen Melkzüge an den Dịlle oder Stri̦i̦che des Ụtter zumal der sehr schonend zu behandelnden neumälchige Tiere werden als ein zi̦pfle bezeichnet; das vorbereitende Bearbeiten der Zitzen (aarüste n) ist ein aazieh. Das nunmehr häufig durch ein Milchsi̦i̦bli bewerkstelligte richte (seihen) geschah und geschieht sonst mittelst der Milchfolle, welches Wort aber samt dem Trachter zugleich dessen Füllung (den Follewï̦ï̦sch) bezeichnete: sauber präparierten Bast der Waldrebe ( Niele).
Die Milch mußten die Viehbesitzlosen während der Käsereizeit in der Chäserei holen. Diese war zunächst im Hu̦blerhụụs zunächst dem Kirchhof untergebracht; noch redet der dortige Vorschärme davon. Später kam sie in das jetzige G’mäinsweschhụs im Moos; und schließlich ward sie nach Geicht versetzt, um aber dort nunmehr stille zu stehen. Dort also, wie zwischen ịịne bi de Bụụre, holte man die Verbrauchsmilch im Chrïegli oder Milchtụteli oder Tụlung. Der Dechchel hindert, daß im u̦mmeg’gëitsche und -glu̦ntsche der Milch während des Tragens diese doch nicht ụụsg’geitschet wird. (Etwas anderes ist verggëitsche: svw. pantsche durch qualitätsschädliche 515 Mischung.) Ein verggï̦dere und versï̦ï̦dere während des ụụsmässe vermeidet die Frau des Kuhbesitzers um so angelegentlicher, da das Milchgält in ihre Tasche fließt. Und das wott eppis säge, da die Viehbesitzer trotz dem Literpreis von 20 Rappen lang vor 1880, von 25 Rappen kurz vor dem Weltkrieg und den 36 Rappen des Jahres 1918 gäng no meh ụụfe wäi mit der Milch. Eine Steigerung übrigens, die sich durch die großen Unkosten der Milchwirtschaft links des Sees wohl erklärt.
Dieser Preis nötigt zu äußerstem hụụse mit der edlen Flüssigkeit. Schon die fettarme, weil zum Teil des Pelz (des Rahms, der Sahne) beraubte blaui Milch verdient volle Ausnutzung wie di ganzi Milch. Den Chïeijer (Chüeijer mit sanntne Hose): die Rahmdecke auf der erwellte Milch gehört jedenfalls auch nicht in den Kehricht.
Die Kräuter und Gräser des Jura geben, nach einem Zeugnis vom Jahr 1782, eine eigentümlich süße und gewürzhafte Butter, die auch, ohne z’räächele, ranzig ( räächelig) zu werden, sich lange unụụsg’loo (ungesotten) hält. Sehr guten Bäärganke, als Halbpfï̦nder in Jänzenebletter gewickelt, brachte seiner Zeit der Danieeli vom chlịịne Twannbärg ins Tal herunter, um damit die Kuhmiete zu entrichten. Das gab ausgiebige Ankeschnitte, kurz Schnitte geheißen, für klein und groß. Ein ankne bloß im Ankechï̦ï̦beli als Butterstoßfaß gestattete man sich gelegentlich zur Winterszeit.
Geschah dies regelmäßig von allen Lieferanten der Twanner Chäserei (s. o.) glịịchlig, so bestand der Chäsereichääs (als Gegensatz zum Bäärgchääs) natürlich nur aus Magermilch. Wurde der mager Chääs dann erst noch hert wi Stäi und arm a Chu̦st, so mußte er sich den Titel Tï̦ï̦rligịịger gefallen lassen — als eigentümliche Umdeutung des armen Spịịsgịịger, der um milde Gaben vor den Türen geigt. In guten Zeiten aber wurden zu Twann bis sieben Zentner Milch verchääset, und es gab (z. B. 1744) ganz aaständigi Chääsli von beiläufig Viertelzentnerschwere. Der im Chehr um von den Lieferanten verköstigte Lohnchääser war dann fei e chläi es Mannli.
Auch Ligerz hatte eine kleine Talkäserei, wo das Chääs zäichne (1837) behufs Zustellung an die Beteiligten ebenfalls eine Rolle spielte.
Seit einigen Jahren gehört auch unsere Gegend zum Kreis Biel des bernischen Milchtechnikerverbandes. Der Geichter Landwirt Seila z hat sich in dieser Beziehung große Verdienste erworben.
1
So erzählt Albert Krebs (s.
S. 504) weiter.
Eine Weingärtnerbevölkerung, die durch ihre Tagewerke zu so subtiler Klein- und Einzelarbeit erzogen wird, ist damit von selber auch veranlaßt zur Kleintierpflege. Wir gedenken hier des Schnäggezüchter Kö́bi Gall in Ligerz, der sich humoristisch den größten Hornviehbesitzer nannte. Wir erinnern an das in « Ins» 335 ff. über Geflügel und Kaninchenzucht Gesagte, wobei sprachlich «das» noch heute gültige, sporadisch auch in Bözingen zu hörende, «Äier», das glu̦ggig, d. i. brütlustige Huhn, 1 das Hị̈endli als Kücken und der Ggị̈̆ggel als Hahn notiert sei, auch das Langohr unter den Kaninchen angemerkt werde. Mit der Erwähnung des I̦mp als Bienenvolk, des I̦mpi und I̦mpeli als Biene ( Beji), des I̦mpistock und -hụ̈ụ̈sli, sowie des I̦mpi-Gäärster als vielgenannten Bienenzüchters deuten wir ein Kapitel eines spätern «Bärndütsch» («Saanenland») an, indes eben hier noch von wiederholten Ansätzen zur Seidenzucht während schlimmer Weinfehljahre zu berichten ist.
Bereits um 1768 wurden um Biel durch die bernische ökonomischi G’sellschaft Maulbeerbäume zum Zweck der Seidenwürmerzucht und Seidenindustrie gepflanzt. 2 Von da aus müssen die Versuche rasch bis nach Twann sich ausgedehnt haben, da hier am Gäärsterhụụs ein wenigstens hundertjähriger Baum — und zwar noch in voller Lebenskraft — steht. Auch dies ist allerdings e schwaarze — schwarzfruchtiger — Baum, dessen Blätter nach bisheriger Annahme nid so gueti Sịịde gääbe, wi vom wị̆ße (weißfrüchtigen) Baum. Und da nach altem Spruch d’Chïe z’Bärg gange, we nn d’Mụlbeerbletter fị̈flịịbergroßi sịị, also erst Ende Mai oder anfangs Juni, so bedeutet das selbst für Twann und Ligerz, die wärmsten bernischen Orte, eine klimatische Speeti, welche mit den Lebensbedingungen der Raupe nicht völlig stimmt. Hạup tmḁ nn Dụ̈tsch in Ligerz pflanzte daher wịßi Bäüm, und als Sịịdestụụbe, welche noch heute zu sehen ist, wählte man ein Gehalt im R̦umbụụ (zu S. 186), diesem Försterhäuschen an dem herrlich besonnten Waldegge über Bịppschól. Mit Hauptmann Deutsch nahmen Hauptmann Engel und Notar Engel sich der Sache an, und die Sịdezuchtg’sellschaft empfing innert der Jahre 1837-1849 z. B. aus dem Ängelbärg und von der Insel regelmäßige Beiträge, die sich zwischen 5 und 28 Franken bewegten. Leider brachten alle Opfer und Mühen bloß unansehnlich gääli Sịde zustande, die an der Berner Ausstellung des Jahres 1853 bloß einen Aufmunterungspreis errang, trotzdem der Gutsherr Wildbolz, der Arzt 517 Dr. Engel († 1857) und dessen Schwiegersohn, der Twanner Sekundarlehrer und seitherige eidgenössische Lebensmittelexperte Schwab, die Angelegenheit neuerdings an die Hand genommen. Diese harrt gemäß dem Satze nụ̈ụ̈t na̦a̦la̦a̦ g’winnt neuer Studien und Versuche. Solche hat im Jahr 1914 Oberlehrer Böhlen in Vinelz mit seinen Schülern aufgenommen, und die außerordentlich interessanten Ergebnisse berechtigen zu der Hoffnung, es komme vielleicht doch noch irgendwann und irgendwo im Seeland zu einem befriedigenden Resultat so lockender Vereinigung einer neuartigen Baumkultur und Beerenverwertung, einer reizvollen Kleintierzucht und einer so feinen Industrie, wie das Sịịde win͜de, Sịịde spinne und Sịịdigs wäbe es ist. — Ein Seidenweber arbeitete übrigens vor zwei Menschenaltern zu Ins.
1
Nicht jedoch «die» Huen.
2
SDS. 1914, 12;
Fäsi 4.
«D’s Brï̦nnelizält, d’s ober und mittler Gu̦mmezält» ( S. 131) bei Geicht über Twann suchen mit ihrer Umdeutung der «Zelg» e̥ne̥ren alte Saag (einem alten Wort) e neuen Ụụsdruck z’gää. Die drei Zelgen waren ja 1 der dreijährige Turnus der Feldbestellung (Dreifelderwirtschaft), 2 welche mit Wintergetreide, Sommerfrucht und Brachweide vom 8. Jahrhundert an bis um 1760 das verkehrsarme dörfliche Zusammenleben der Markgenossen mit Brot und Zukost, mit Milch und Fleisch und Acherzug unterhielt. 3 Die jeder Familie zugeteilte Zelg war als «Nährfruchtland» der ez-isc, eßßisch, Esch, stellenweise das Ịịsch und das Öösch, wie zu Neuenstadt les Oechettes, wie bei Prägelz les Ouches. 4
«Das» nun gänzlich umgedeutete «Zält» näherte sich der Zelg noch in Schreibungen wie «die lamlinden ( Lamlinge-) Zelt» (1743), «die hindere g’selt» (1744). Unentstellt finden wir 1811 das Leimezälgli (Ga.), die Maderätsch Zelg (1589), die Zellg im Grüüß zu La. (1533) usw. «Auf» dieser Brünnelizelg lagen 1696 eine Ägerte ( Ins 303), sowie der obere und untere Brü̦nnelisacher. Als andere Achchere seien zwecks kleiner Ergänzung zu Ins 290 ff. bloß nachgetragen: der Ägertenacher (Tw.); Burgacher uf em Brünneli (Tw.); die Lorenz-Achchere (Tw.), der Rösseli- ( Rosselet-), 518 Zimmerli-Acher (Tw.), Bendichtsacker (Vg. 1788); Salmans- (La. 1533), Hätt- (Kappelen 1533), Hirzelacher (Tü.); Fuchse- (Fh.), Bäre- (Tw.), Spärwerßacher (Kapp. 1533); der Wyler- (Tw.), der churz und läng Schelmenacher (Schindanger, Schinterplatz, Kapp. 1533); die Grintacheren (Kapp. 1533); der Tschemelacher (Sutz 1768); der Bụ̈ụ̈nenacher (Tw.); die Twanner Graaustäi-, Birebaum-, Tschänibaum-, Here nbaumacher; d’s Roßịịse (Geicht); d’s Mittlerfäld (Geicht). Auf alle diese Äcker wird wie in Ins z’Acher g’gange oder g’fahre zum achcheriere; aber in Tw. nicht mit dem sonst allgemein westschweizerischen Flueg, sondern mit dem erst neuzeitlich dem Schriftdeutschen entlehnten Pflueg, der denn auch zum sonst unmundartlichen pflüege dient. Das besorgen aber aus den Bärgblätze der frühern Allmänt des Twannberges dortige Bauern, wenn nicht Dessebärger; im Wein- und Pflanzgartengelände der Talschaft ist für den Pflug kein Platz. Anders war das zur Zeit des rechtsseeischen Grundbesitzes. Da kam auch das Nachbarrecht der Radwändi (so hieß 1583 zu La. ein Acker) zur Geltung. Es gab Verschreibungen von Ackerstücken mit dem Vermerk: Man radwändet oben vom Wald härab uf disem Acker (La. 1533); oder: Hans Möriß radwändett uff dem Acker so und so (Kapp. 1533); oder: Da und da liegt eine Jucharten Acker, so auf mich radt wändet (1761). 5 Solche Äcker, die mit dem Recht des Anstößers belastet waren, behufs der Pflug- und Wagen-Radwende auf sie ụụse z’fahre, hießen Anwander (z. B. Kappelen 1533).
Erstmals unter Pflug oder Hacke genommene Ackerstücke sind Ụụfbrüchch. Sie sowohl wie ältere Ackerfluren in isolierter Lage zumal an Gehängen, die an Wald grenzen und gegen Viehtrieb zu schützen waren, wurden ịịzụụnet als obrigkeitlich bewilligte 6 Iischleeg. Nach solchem «Absondern», l. cernere, 7 benennen sich die jurassischen Cernils z. B. auf dem twannerischen Courtelaryberg, und das zu Li. gehörende Cerniaux (1783: Cerniod mit den damals noch bestehenden 14 Häusern), 8 1609 Chernols, Chernolz, Schernols, Schernelz, Schää rne̥lz, Schắne̥lz, 1597: Tschärnelts.
Solche Einschläge sind natürlich magerer Boden, welcher der Düngung bedarf. Vor allem des (Stall-) Mist, der früher in Stedt und Stedtli (als welsche courtine) ebenso ung’schiniert am offenen Heerweg sich breit machte, wie heute noch stellenweise ụf em Land. In Twann mußten diese Misthü̦ffe, deren Geruch das Leitmotiv der 519 Atmosphäre abgab, zugleich mit den malerischen Lạube ( S. 127) aus der zur Straße verbreiterten Gasse weichen. Schorete, Wü̦schlete (s̆s̆, Kehricht), Rueß u. dgl. ergänzen den Stalldünger nicht so rasch wirksam wie der Brennhäärt der Mu̦tthụ̈ffe ( fournaux de terre), wie die Gü̦lle oder B’schü̦tti (um 1840: Spütti), namentlich die im wachsete Moon (1806, 1807) und womöglich im Stäibock (1811) ụụsta̦a̦nni. Dünn wi Abwäschwasser ist sie freilich auch dann unwirksam. Konservierte Jauche aber untersagen die Käsereigesellschaften. Erst recht in e Wuet 9 (Wuehligi, Raschwüchsigkeit) g’ra̦a̦te die Pflanzen durch gewisse Reizstoffe, besonders aber durch eläkterischi Hochfrequenzströme, die bei Pflanzen wie Tieren den Stoffwechsel beschleunigen. Das macht zịtig z’gruenele, kann aber freilich Pflanzen auch gäil machen: zum Vergeilen bringen.
Die Ackerstücke wurden zur Zeit der Dreifelderwirtschaft hauptsächlich mit Getreide bestellt: «mit Frucht angebauen (1764), mit Korn ( Dinkel) und Gewächs» (Tw. 1767). Die Hauptrolle spielte dabei «die» oder «das» in « Ins» 310 ff. vorgeführte Baschi als Mischgetreide (z. B. das alt erlachische Wi̦ckibaaschi), dessen Schreibung ( bage, 10 page 1696, Base 1726, Basä 1718, Büßy 1750, Basche 1761, Bäschi 1752, Bachsä 1717, Bachsi 1746, Batzen 1743) auch links des Sees so viel Mühe machte. Dazu kam Spät- und Früehhaber (z. B. 1816 am 16. Mai gesät) mit dem eigentümlichen Chläili 11 des Kerns; der Winter- und Su̦mmerwäize (1806), unter welchen man Chleesoome säete, um diesen, wo er nid erru̦nne wäär, mit Rogge zu ersetzen; die Gäärste, die man (schon 1834) gleich dem Roggen in handhohem Stand ’troolet het (gewalzt), um das Lagern, das daherige fụụle und ụụswachse zu verhüten. Ụụsgange war schon früh der Hirse, Hirsch, dessen Spreuer so gut gegen das du̦u̦rli̦gge Schwerkranker sind. Das su̦mmere (Geicht 1770) heißt spezieller der Choornet und neutwannerisch d’Äärnt, das äärnte. Die (schon 1849 auf der Insel mit einer Treschmaschine) ’treschete (s̆s̆) Ääli kommen nur im Bụụreland in den Spịịcher, 12 das nordfranzösische spicarium. Zum Dreschflegel alter Zeit ( Ins 318) sei nachgetragen, daß er dem Twanner in dem bekannten Bild vom Glückspilz an die Stelle der Laterne, des Holzschlegels usw. treten kann: Wem auch gar alles gelingt und gerät, däm duet no ch der Dreschflegel uf em Esterig chalbere.
520 Eigentümlicherweise hieß im alten Twann das Gespinnst d’s G’wächs, welcher im engern Sinn gefaßte Name sonst das Getreide (das links des Sees selten gepflanzte Chorn) bedeutet.
Dergleichen Gefahr abz’mụụdere, z’vermụụdere oder z’vermoore verfallen, wie Getreidesamen, in nassen Frühjahren auch d’Härtöpfel. Zu den zahlreichen frühen Sorten dieser Hackfrucht ( Rööseler oder Rööselihärdöpfel usw.) seien hier die Grü̦̆bler beigefügt: im Garten gezogene Knollen, die man zum Gebrauch vo der Han͜d i d’s Mụụl unter den stehen gelassenen Stauden fü̦ü̦re grü̦blet (hervorklaubt). Die an der bernisch-freiburgischen Grenze bereits 1748 gepflanzte 13 Kartoffel wird gemäß der kleinen Landwirtschaft des Berglandes ohne Pflug kultiviert. Dem setze mit Hilfe der Haue folgt, vor em fü̦ü̦re choo der Triebe, das bu̦tze (jätte) und rïehre (Erl.: hööggle) mit dem liechte Dreizịngg zwecks lu̦gg mache des Rạuft (der Erdkruste); dann, wenn si fü̦ü̦re sịị, das hạule mit dem Spitzhạuli, welches in kleinem Maßstab die Form der Blatthạue wiederholt. Das Spitzhạuli dient auch zum hụ̈̆ffle, hụ̈ffele (wälmle), wie der ziemlich schwere Charst zum ụụsdue (grabe). Auf dem Twannberg vollzieht sich dies an recht kalten Herbsttagen unter wiederholtem Hän͜d weerme an eigens hierzu aa’zintnem Fị̈ị̈r.
Im Härdepfelchru̦mme des Kellers wachsen im Frühling d’Chäiste mannshëëch, so daß man an ihnen die Knollen fï̦ï̦re zieht. Ein abchäiste vor dem Gebrauch unterläßt man: das macht mḁ nimme̥ hr; es macht die Knollen verböllet und schwarz. Die bei starkem Überfluß und niedrigem Preis mittelst des Härdepfelstüehli, der Härdëpfeldrï̦cki oder -drï̦ckere vorbereitete di̦i̦ri Rëësti sei hier ( S. 495) nochmals erwähnt. Diese Rëësti wird am Vorabend der Bereitung ịịg’wäicht. Zum sofortigen Verbrauch gesottene ( g’schwellti, g’schwelltni, g’schwelltnigi) Härdëpfel schịblet man dagegen mit dem dem Schălụsi ähnlichen und an die Rïebhächle erinnernden Raffler. Sonst aber war der Härdëpfelraffler ein in Holz gefaßtes, sehr engmaschiges Drahtsiebstück, durch welches die Knollen zum Zerkrümmeln du̦u̦redrï̦ckt werden.
Rudolf Münger
Zum brägle alsdann ï̦bertoo, soll jede Rëësti im spru̦dlige Schmutz der Pfanne pfịffe (sausen), zischen und sprägle (sprätzle). — Aus den der Rin͜de entledigten: b’schnittne rohen Kartoffeln wird die raui Rëësti, werden ebenso Härdëpfelbitzli, wenn nicht (halbierte) Bi̦tze bereitet. Versoodere, versoore, verbrenne oder auch aabrenne (aabrönne, «bränte») sind gleich sorgsam zu vermeidende Nachlässigkeiten.
521 Wie Kartoffeln, pflanzt man u. a. i de Wịtine (Blößen) der Rebberge Bohnen mit oft so großem Erfolg, daß man z. B. 1782 no z’Martistag «Grien Bonen gekochet u gäßen» hat. 14 Ohne Stütze gedeihen da prächtig die Buschbohnen, Mụtzli, als Suppebëhnli, Suppebohne einer Grụppli-Art. Solche zweiter Art, die ausschließlich zu Suppe, Muessuppe verkocht werden, aus welcher jedoch besondere Kochkünstlerinnen di lin͜de Bohnen ụụsezieh, fü̦r n es Sëëßeli dra z’mache, heißen Stịgbëhneli. Sie fordern nämlich (Reb-) Sti̦ckel als Anhalt, an denen sie gradlinig steigen. Schwänkle dagegen: Ranken, wie die Erdbeere sie seitwärts treibt, wollen die Stäckebohne recht hoch empor senden an Bohnestäcke. Nach dem Aussehen solcher ist eine überschlanke Person so dï̦nn wi n e Bohnestäcke. An solchem Anhalt spinne die Bohnen so ausgiebig, daß kundige Frauen sie ähnlich den Rebschossen hefte, um den einigermaßen hinterhaltenen Sạug (Ins) oder Schutz der Fruchtbildung zuzuwenden. Unter den zahlreichen Stangenbohnensorten schätzt man insbesondere die nahtlosen Ohnifädebohne, anderwärts die Ung’fädlete geheißen. Zu Twann bedeutet aber dies Wort just g’fädleti Bohne, welche des fäädne oder des sị̈ị̈fere erst noch harren, gleichwie die Chi̦i̦fel-Erbsen ( pois mange-tout). Mit ụụsloo dagegen bezeichnet man das an winterlichen Abenden gemütlich vorgenommene 522 Auskernen hartschaliger Bohnen und Erbsen, deren Samen d’s Mannevolch in das drun͜der g’stellte Gefäß, d’s Wịịbervolch eher i d’Schoos, «aus»-fallen «läßt». Dann folgt das erläse. Di wïeste Bohne g’schwellt mḁ fïr d’Sëï. — So eifrig wie möglich wird für einen ansehnlichen Vorrat von dï̦ï̦re Bohne g’soorget. Die g’spaltete und angesottenen Kefen werden zunächst im Cheemi an eigenen Stäckli uufg’hänkt und kommen dann im Bohnechëërbeli zum ụụsdeere an die Sonne. Schließlich werden sie in eigenem Bohneseckli dem Luftzug der schwarze Chämmere ausgesetzt, in welcher man auch d’s g’räükt Fläisch verwahrt.
Im Keller aber warten sụụri Bohne ihrer Verwendung. Sie werden im Bohnestandli ịịg’macht wie in eigener Kufe der Sụ̈̆rmango̥ld, sei dies nun kleinblättriger Schnịịd- oder aber Abbrächmango̥ld mit langen, breiten Ri̦ppi. Besonders stolz paradiert sogar neben dem Trinkwi̦i̦feßli, dessen Inhalt sie bei fleißigem abbu̦tze nicht schädigt, die Sụrchrụt- oder Sụrchabisstande, eigens gefüllt vom Chabishobler, welchem mḁ b’richtet g’cha het, är söll choo. In der Erdgrube dagegen überwintert, d’Stoorze aufwärts kehrend, d’s süeße Chrụt. In den Seestrandgärten links des Sees läßt man übrigens Chabis wi Chëhli getrost auf seinem Standort überwintern und holt sich nach Bedarf e̥s Chëhli (vielleicht es ụụfg’sprungnigs) oder zwäi, drei Chëhli, wenn nicht so und so mäṇgs Chabischëpfli, oder sogar es Bluemmechëhli (Blumkohl, chou-fleur). Besonders geschätzt sind, und zwar von jeglicher Kohlart, die derben, festen Häïptli des Bäärgchabis vom Dessebärg, vom Twannbärg, von Geicht, indessen d’s Mooschrụt sowohl nach Fischen wie nach Tu̦rbe riecht und schmeckt: fischelet oder chrụ̈̆telet und wie die ersten Moospflanzen überhaupt mööselet. Das nämliche kann vom Rööselichöhli des Mooses gelten, im Gegensatze zum Reeselichehli der Strandgärten.
Die rechtsseeischen «Bondangße»: die Rụnggle, neutwannerisch Ru̦nkle, Ru̦nkelrïebe führen im Namen über zu den Rị̈ebli, insbesondere den Pfẹlzer-Rüebli. Die soll man doch ja im Fisch sääije, wie i der Wa̦a̦g und im Schï̦tz d’Bohne setze und im ụụfgäänte Moon d’Äärbs. Ein besonders guter Erbsenpflanztag ist der Ezechiel-Tag (10. April). Nicht in diesem dagegen d’Zi̦i̦bele; die chämme su̦st i d’Gauche (würden vergeilen). Auch sollen sie käi Augsterääge ’berchoo. Botanisch verwandt ist das Lạuch. Das sächliche Geschlecht lehnt sich an «Gemüse» und G’chchööh, das Gegenstück zu dem mit Essig oder mit Späck aag’machte Solaat, welcher 523 nicht mehr frisch dem Solaat- oder Pfäfferbecki enthoben, sondern schlampig geworden, am Abend noch erst recht mundet. Spaargle wurden bereits 1794 im Insel-Garten gepflanzt; neuer ist d’Rübaarbe̥re, und bloß für das Geflügel wird etwa Meerchoorn (Mais) gebaut.
1
Vgl.
Gb. 270 f.;
Ins 293.
2
Hoops 1, 48; 2, 68.
3
Dr. Manuel Röthlisberger, Das bernische ländliche Nachbarrecht (Bern, 1916) 30-47.
4
Graff 1, 529;
mhd. WB. l, 761;
Schwz. Id. 1, 569; vgl. zum Teil
M-L. WB. 2913.
5
PuTw.;
NB. 4, 183; vgl.
Gb. 241 f.
6
NB. 4, 133-1266 in großer Anzahl.
7
M-L. WB. 1832;
Walde 154; zu gr.
krínein.
8
RBS. 149.
9
Im
mhd. WB. 3, 534 zu waten und l.
vadere (energisch nach etwas hinstreben) gestellt. Anders
Kluge 501.
10
Morel 215.
11
Das Biichöörnli:
Gb. 517.
12
Ein solcher zu Büel:
aBl. Taf. 22; vgl. Albert Stumpf, Bernische Speicher (Zürich 1914), Nr. 1 und 2 und Inschriften S. 22. 26.
13
Laut Staatsarchivar Schneuwly in Freiburg.
14
Herbst-Rödellein.
Mattsoomme 1 oder Páwo ( pavot aus papaver, 2 Mohn) als Solátöl, chrụụsigi und glatti Münze (Mịnze) u. dgl. führen über zu den Arzneipflanzen für Chrankni und Bräsch thafti und für Di̦ffi̦sịịli, für welche niemer der Dokter räichti. Gegen allerlei Übel wissen die Hausfrauen zumeist recht g’schịịdi Rezä́tt. Fị̈ị̈ffingerlichrụt und Sarni̦kel; Karmä́nderli (Gamander) und Bi̦berchlee, Kamille und Wärmuete spielen eine gleich wichtige Rolle wie Meerzeschneewasser für Brandwunden, g’salzne r Späck für Wunde z’bu̦tze, d’s Schmäärhị̈tli der Nierenfettkapsel für der Umlạuf mache z’rịffe und Sëïgalle für Sprịịßen ịị (we nn mḁ n Glasscherben oder Holzsplitter: e Sprịịßen ịịg’macht het). Solche Kräuterkunde wäre eine gute Vorschule für die mehr und mehr der Neuzeit sich wieder aufdrängende Kultur von Arzneipflanzen in einem eigenen Chrụ̈tergarte neben dem Blumen- und dem Gemüsegarten, in welchem dagegen das Buchs als Safträuber und Schneckenherberge füglich fehlen darf.
Wie kundig der Garten mit der Umstächschụfle oder der nunmehrigen Grabgable, dem Rechen usw. bearbeitet wird, zeigt z. B. die Art, wie er über den hungerige Braachet hinüber hilft: den Juni, in welchem die Frühgemüse vorüber, die späten Garten- und Ackerernten no nid nooche sịị. In Twann gibt es freilich Partien, welche des Gartens so gut wie ganz entbehren. So d’s Gäßli und die untersten Häuser am Burgwäg. Sie konnten sich früher, z. B. 1533, des länge, des innere (1605) und des u̦ssere Moosgaarte getrösten. Nun sind diese Stücke größtenteils vom Bahnhof, vom Tanneplatz und von Privatgebäuden in Beschlag genommen. Dafür hat jedoch der zurückweichende See Platz gemacht für eine äußerst intensive Strandgartenkultur. Der Obst- und Gartebauveräin von Biel und Umgebung gibt hierfür große Anregungen.
Zur Zeit des rechtsseeischen Grundbesitzes gab es dort auch Bụ̈ụ̈nde, Bụ̈ụ̈nne, in Tw.: Bï̦nte (Bï̦ntenachcher) für Gemüse und 524 G’wächs (Gespinst). Dies letztere wurde gleich dort auch g’roostet (geröstet) und heimwärts verschifft. Auch die Geichter pflanzten Gespinst und zogen den Samen dazu: den Flachssoome oder die Leinsaat, sowie die Hanfsaat, Hawße̥t, Hạuse̥t (1853: Hausetsamen) selber. Eine gute Nebeneinnahme aus ersterem gewährte das g’lị̈ị̈teret Lị̈ị̈nëël (1833), welches als Beleuchtungsmittel allerdings vorteilhafter durch Räps (z. B. 1832) ersetzt wurde. Das Gespinst aber wurde in bekannter Weise auf der Brächhütte oder dem Hụ̈ụ̈sli d’deert und b’brochche. Die Di̦ngle schafften Knaben auf den See; dort häi si̦ sị aa’zu̦nte und dem Bärgluft ubergää, um an dem grandiosen Fị̈ị̈rwäärch ihre Augenweide zu haben. Das Wäärch (der Hanf) wurde sodann g’ri̦i̦be (in Tw.: g’manget) und gleich dem Flachs g’hächlet. Was hierbei von den schön geordneten Fäden der Rịịste gesondert wurde, gab beim Flachs Chụụder, beim Hanf Chnöpfigs, Chnöpf. Die letztern wurden zu Wöschsäili gedreht oder gaben, g’woobe, Äschetüecher. Das übrige Gespinst lieferte, gebäucht ( b’bụụchet), währschafti sälberg’spunnigi und im Dorf g’wobni Gewänder, Bettzeuge usw. Vgl. l’habit d’estouph 3 zu Courtelary 1687 als Aufgeld zu einem Kuhberghandel. 4
Vielleicht lehrt die Zukunft auch unser Ländchen, sich von den Krisen des Weltmarktes unabhängiger zu machen durch neue Erzeugung von Wu̦lle ( S. 511 f.), Sịịde ( S. 516 f.) und G’spünst, zu welchem dann auch die in der Neßlere (Tw.) und sonst an unsern Flüehne so wuehlig gedeihenden Neßle gehören werden. Das durch Amerikas Baumwolle ( Bạuele) verwöhnte, hie und da mit der Beschränktheit eines Bạuelegrin͜d arbeitende Gewerbe der Gegenwart hat diesen «Netzstoff» ( neßß-ila) der alten Fischerei und Hausindustrie (vgl. das Nesseltuch) zu würdigen verlernt oder höchstens sporadischen Gebrauch (für Spinatzusatz, gegen Harnbeschwerden u. dgl.) davon gemacht. Und doch gibt die nach Art von Flachs und Hanf g’rooßeti Pflanze ein wunderbar feines und starkes Gewebe. Heute aber weiß man bloß, daß d’Neßle (nur nicht «dää Monḁt») brönne. 5
Die künftige Bekleidungsindustrie bedarf ja keiner Rückkehr zu veralteten Gewändern, wie dem G’staltrock ohni Ermel von blauem Gri̦ß oder Stri̦chchlituech, wie allerdings grad es rächt es tolls Wịịbervolch ihn mit Stolz getragen hat. Auch nicht zu den 526 wịß u blaaue Stri̦chlihose der Männer. Wenn nur über dem ganze Hemm dlisti̦i̦l oder -schilt eigenhändig verschaffets (verarbeitetes) guets Duech, dessen Kosten doch nicht i d’s Guettuech ịne grịffe, von rechter Haushaltungskunde zeugt. Wenn nur der weibliche Grundsatz: Mi soll nid hụ̈roote, bivor mḁ cha Hose blätze, sich immer siegreicher durchkämpft. Wenn nur nicht aus Löchern des brättig statt zịgig g’li̦smete Fï̦rfueß d’Fäärsere náckedig blu̦tt fï̦ï̦re gu̦gget und das Brasse̥li ( bracelet, Armband), will aber hier sagen: das elastische Strumpfban͜d das schadhafte Böörtli verdeckt. Wenn nur nicht die sịịdige Hï̦deli gewisser Stadtschönen auch die «Landpomeranzen» anlocken, Vogelg’schị̈ị̈ch zur Schau zu tragen. Dann mag über der flott gewellten Zï̦pfe oder Trï̦tsche des Frauenkopfes ein geschmackvoll selbst garnierter Dechchel — wenn zu groß, mit dem Párettli als innerer Randfüllung aus homogenem Stoff g’fïeteret — die anmutvolle Trägerin zur Aufforderung anreizen:
Komm hieher, mein lieber Figaro,
Und schau mal, wie mir der Hut steht.
1
Umgedeutet aus Magsamen: altdeutsch:
mago, mage und
mahen, mân, Mohn (
Kluge 317;
schwz. Id. 4, 104: Magi).
2
Walde 560;
M-L. 6210.
3
Gr.
stýpē, stýppē, wurde entlehnt als l.
stūpa, stuppa (frz.
étouppe), und dieses über germ.
stopfa (
M-L. WB. 7332) und it.
stoffa (étoffe) und
stoffo als Stoff; hierzu der zum Stopfen dienende Stöpfel = Stöpsel, sowie staffieren
ụụsg’staffiert. (
Kluge 30. 545.)
4
Schlafb. Tw. 165.
5
Warum? Vgl. die neuerdings in der Elisabeth Müller herrlichem «Vreneli» (S. 53 f.) erzählte Sage.