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Auch unser «Bärndütsch»-Werk hat die verheerenden Wirkungen des Weltkrieges auf die friedliche Kulturarbeit neutraler Staaten zu erfahren bekommen. Während die ersten vier Bände in regelmäßigen Zeitabständen von drei Jahren erscheinen konnten, wurde die Veröffentlichung des fünften Bandes, «Twann», durch die unerhörte Steigerung der Herstellungskosten um volle fünf Jahre verzögert. Bereits 1916, drei Jahre nach Vollendung von «Ins», lag der Band «Twann», als zweite Hälfte des «Seelandes», in der Handschrift druckbereit vor. Allein bei dem damaligen Stande der Arbeitslöhne und der rücksichtslos in die Höhe getriebenen Papierpreise konnte an eine Drucklegung nicht gedacht werden. Wohl hatte sich der Verlag bereit erklärt, trotz der schwierigen wirtschaftlichen Verhältnisse in gleich opferwilliger Weise wie bisher denselben Beitrag an die Erstellung des Werkes zu leisten wie in der Friedenszeit. Das konnte jedoch nicht mehr genügen. Der Ladenpreis, um das Zwei- bis Dreifache vermehrt, würde den Absatz des Buches beinahe unmöglich gemacht haben. Es blieb nichts anderes übrig, als bessere Zeiten abzuwarten und im Vertrauen auf solche die Arbeit des unermüdlichen Verfassers nach Kräften zu fördern. So reifte in den Jahren 1916-1919 der sechste Band, «Aarwangen», zur Vollendung, aber auch nur in der Handschrift und ohne Aussicht auf baldige Drucklegung.
Um diesem Zustand ein Ende zu machen, gründete sich im Sommer 1920 in Bern die «Bärndütsch-Gsellschaft». Diese aus Freunden des «Bärndütsch»-Werkes zusammengesetzte Vereinigung von Männern und Frauen verschiedener Berufs- und Gesellschaftsklassen stellte sich die Aufgabe, durch werbende und belehrende Tätigkeit die allgemeine Teilnahme an der Notlage des «Bärndütsch» zu wecken und durch öffentliche Veranstaltungen verschiedenster Art die Mittel zur Drucklegung der noch unveröffentlichten Bände aufzubringen. Durch Wort und Schrift, durch Vorträge, Vorlesungen, Konzerte und dramatische Aufführungen, welche sich im Winter 1920 auf 1921 in langer Reihe ablösten, wurde die bernische Öffentlichkeit zur Mitwirkung herangezogen, und auf dem so bearbeiteten Boden reifte im Winter VI 1921/1922 der Plan zu einem großen Volksfest, dessen Ertrag die Vollendung des Friedlischen Werkes sichern sollte.
Der Erfolg des «Bärndütschfestes», das am 1. und 2. Juli 1922 bei schönstem Wetter in Bern abgehalten wurde, übertraf alle Erwartungen. Der Grundgedanke des Festes: ein Aufmarsch des bernischen Landvolkes aus all den Gegenden, die Dr. Friedli zu seinen Forschungsgebieten ausgewählt hatte, fand überall im Lande freudigen Anklang. Im Emmental, im Seeland, im Oberland, im Schwarzenburgischen und im Mittelland bildeten sich freiwillige Gruppen unter der Landbevölkerung, die es sich zur Ehre rechneten, auf eigene Kosten nach Bern zu reisen und ihren Landesteil in ihrer heimischen Tracht und Hantierung zur Darstellung zu bringen. Auch die Meiringer und die Saaner ließen sich die weite Fahrt nicht reuen, und das Seeland mit Twann, Ins und Ligerz rückte allein mit fünf großen, bildschönen Gruppen auf. Die großen Umzüge durch die Straßen Berns am Nachmittag des 1. und am Vormittag des 2. Juli brachten die ganze Stadt auf die Beine, und das Festleben auf der alten Plattform, deren Wahl zum Festplatz sich als ein überaus glücklicher Gedanke erwies, weckte den Eindruck einer herzlichen Verbrüderungsfeier von Stadt und Land.
Hatte man jemals und irgendwo etwas Ähnliches erlebt? Ein allgemeines Volksfest um — ein Buch, ein Werk der Volkskunde und Sprach-Wissenschaft! Allein es ging doch wohl um mehr. Eine stadtbernische Zeitung schrieb in ihrer Festbetrachtung: «Wie tief der ‹Bärndütsch›-Gedanke, d h. der bewußte Wille des Bernervolkes, an seiner angestammten Mundart festzuhalten und sie nicht kampflos der Verflachung und Verwässerung preiszugeben, zu Stadt und Land Wurzel gefaßt hat, das bewies das Fest vom letzten Samstag und Sonntag. Man darf füglich dieses Volks- und Trachtenfest als eine Demonstration des Bernervolkes für seine Mundart und das durch sie bedingte und geförderte Kulturgut betrachten.»
Der klingende Ertrag des Festes und der vorangegangenen Veranstaltungen der «Bärndütsch-Gsellschaft» ermöglicht es nun, dem Werk einen erheblichen Betrag als Subvention zuzuführen. Mit dieser und der Summe, die der Verleger in der Höhe der früheren Herstellungskosten zu jedem Band beisteuert, kann der vorliegende Band «Twann» gedruckt werden und dürfte auch die Ausführung zwei bis drei weiterer Bände gesichert sein, ohne daß der Ladenpreis eines Bandes die jetzige Höhe von Fr. 25 zu übersteigen braucht. Damit hat die Bärndütsch-Gsellschaft den Zweck ihrer Gründung erreicht und sich ein Verdienst erworben, für das ihr auch an dieser Stelle der wärmste Dank ausgesprochen werden soll.
Der vorliegende Band «Twann» hat eine eigene Entstehungsgeschichte. Die Arbeit, erstmals in den Jahren 1913-1916 geschrieben und dann VII notgedrungen auf die Seite gelegt, wurde nach mehreren Jahren, als die Drucklegung endlich ins Auge gefaßt werden konnte, vom Verfasser wieder aufgenommen und, während eines erneuten Aufenthaltes im Seeland (Ligerz und Erlach), zum Teil gründlich umgearbeitet. An keinen der früheren Bände ist deshalb so viel Zeit und Sorgfalt gewendet worden; keinem konnten die Vorteile langsamen Ausreifens in dem Maße zustatten kommen.
Zu diesen Vorteilen gehört aber auch die langdauernde Mitarbeit sachverständiger Personen, die sich von 1913 bis 1922 in verschiedener Weise, teils durch mündliche Belehrung, teils durch Prüfung der Handschrift oder Korrekturfahnen um «Twann» verdient gemacht haben.
Wir nennen dankbar die Herren Großrat Max Engel, Albert Krebs, die Familie Irlet, die Präsidentenfamilie Lehnen und Wirt Brand in Twann, Lehrer Schläfli in Ligerz, die Verwalter Louis und Cosandier in Schaffis, die Lehrerfamilie Anker in Ins, sowie Großvater, Vater und Sohn Stucki ebendaselbst wegen ihrer kundigen Beratung in Sachen des Weinbaues, welchem Gegenstande der Löwenanteil des Bandes «Twann» zukommt. Zur Kenntnis des Bielersees, seiner Sagenwelt und seiner Befahrung lieferten außer den bereits genannten Herren Engel und Krebs wertvolle Beiträge: Herr Oberwegmeister Andrey und Frau Andrey in Ligerz sowie Herr Sekundarlehrer Witschi in Brügg. Ortsgeologische Kenntnisse steuerten bei: die Herren Dr. Fritz Antenen in Biel und Dr. Eduard Gerber in Bern; Beiträge zur Urgeschichte die Herren Dr. med. Viktor Groß in Neuenstadt (†) und Bildhauer Karl Hänny in Bern. Äußerst dankbar sind auch die Schwestern Schaffner zu erwähnen, die leider im dritten Jahr von Dr. Friedlis Twanner Aufenthalt nach Amerika übersiedelten. Von den genannten Personen haben mehrere sich in verdankenswerter Weise an der Durchsicht der Druckkorrektur beteiligt, so auch die Herren Dr. med. Blank in Erlach, Pfarrer Hürzeler in Biel, Pfarrer Herdi in Ligerz, Pfarrer Lüthi in Twann und ganz besonders der sprachlich und sachlich zuverlässige und feinsinnige Seelandkenner Herr Robert Scheurer aus Erlach, Zollbeamter in Bern.
Es sei auch nicht unterlassen, einigen Freunden des «Bärndütsch» zu danken, deren schätzenswerte Kenntnisse oder freundlich angebotene Beiträge leider nicht mehr verwendet werden konnten, so dem Kenner der Fischerei des Bielersees Herrn Progymnasiallehrer Paul Aeschbacher in Täuffelen, dem Pfahlbaukenner Gymnasiallehrer Dr. Th. Ischer in Bern und Herrn Oberstleutnant Blum, Lehrer in Müntschemier.
Von den künstlerischen Illustratoren des Bandes «Ins» sind uns auch für «Twann» treu geblieben: die Herren Willy Gorgé, Rudolf Münger, Dr. Emil Hegg in Bern, Dr. Eduard Blank in Erlach. Ihnen wie VIII den neu hinzugetretenen Künstlern Dr. Ernst Geiger in Schaffis, August Jäger-Engel in Twann, Bildhauer K. Hänny in Bern, Architekt Hänny in St. Gallen und Herrn Stumpf, dem Photographen der bernischen Speicher, sprechen wir unsern aufrichtigen Dank aus. Sie haben jeder auf eigene Weise dazu beigetragen, daß der Band «Twann» zu den bestillustrierten des ganzen Werkes gehören wird. Einige Bilder (wie die auf S. 266, 273, 297) waren bereits klischiert, als die Rücksicht auf den verbleibenden Raum den Verfasser zu Kürzungen des handschriftlichen Textes nötigte. Dadurch verloren diese Bilder die Beziehung zum Text und wurden sozusagen heimatlos. Daß sie trotzdem aufgenommen sind, scheint uns leicht zu verantworten.
Zuletzt gedenken wir auch der treuen Mitarbeit des verstorbenen Herrn alt Oberlehrer Jakob Sterchi in Bern, der als Mitglied der «Bärndütsch»-Kommission von ihrer Einsetzung an bis zum Juni 1920 dem Werden und Wachsen des Friedli-Werkes mit regem Eifer gefolgt ist.
Die nächste Aufgabe, welcher der Verfasser seine rastlose Arbeit widmet, ist die Herausgabe des Bandes «Aarwangen». Es besteht alle Aussicht, daß der Band noch 1923 erscheinen werde.
Im Auftrag der Direktion des Unterrichtswesens des Kantons Bern
die mit der Leitung des Unternehmens betraute Kommission:
Prof. Dr. Otto v. Greyerz, Präsident.
Prof. Dr. Heinrich Türler, Sekretär.
Dr. Felix Balsiger, Gymnasiallehrer.
Bern, im Juli 1922.