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Kein Freund von Vorreden, will ich doch sagen, wie dies Buch entstanden ist.
Die Wanderlust, die mich in meiner Jugend durch drei Weltteile führte und die ungebahnten Pfade Halbasiens mit Vorliebe aufsuchen ließ, hat mich seit einem Menschenalter auch auf unzähligen Fahrten und Wanderungen durch Deutschland geführt. Es gibt zwischen der deutschen Wasserkante und den Alpen kaum einen Gau, in dem ich nicht mindestens wochenlang verweilt, kaum eine Stadt, die ich nicht genauer kennengelernt hätte. Ich tat's zu meiner Erholung, zu meiner Freude; geschrieben habe ich in den drei Jahrzehnten nur wenige Schilderungen, schon weil mir andere Arbeit nach der Heimkehr keine Zeit dazu ließ.
Auch beim Antritt meiner Ferienreise im Sommer vor zwei Jahren dachte ich wahrlich nicht daran, als Ausbeute ein dickes Buch heimzubringen. Die Redaktion der »Vossischen Zeitung« hatte kurz vorher Beiträge für ihr Feuilleton von mir gewünscht, und ich versprach ein Reisebild, wenn ich Stoff und Muße dazu fände. Nun fügte es der Zufall, daß ich zuerst in ein so merkwürdiges und wenig bekanntes Nest wie Zerbst geriet, und da mich dann in der nächsten Station der Regen zwei Tage im öden Hotelzimmer festhielt, schrieb ich auf, was ich in der »verschollenen Fürstenstadt« gesehen hatte, und schickte den Aufsatz nach Berlin. Er fand im Leserkreise des Blattes so freundliche Aufnahme, wie ich sie mir nie hätte träumen lassen, und ein ganzes Häuflein von Zuschriften ermunterte zu ähnlichen Aufsätzen. So schrieb ich denn während der Reise die Schilderungen aus Dessau und Wörlitz und skizzierte mir die Eindrücke meiner folgenden Stationen noch etwas sorglicher in mein Tagebuch, als ich es sonst zu tun pflegte.
An ein Buch dachte ich aber auch nach meiner Heimkehr nicht, und erst im Lauf des folgenden Winters gewann der Plan dazu Gestalt, wieder auf Ermunterung von Freunden, die meinten, eine Sammlung werde nicht ganz ohne Berechtigung und dem und jenem willkommen sein. So entstand – mitten zwischen anderen, größeren Arbeiten und dringlichen Pflichten – das Kapitel über Erfurt, und ich wollte nun die folgenden in einem Zuge hinschreiben, als mir ein Augenleiden die Feder – wie es damals schien, für immer – aus der Hand nahm. Lange währte es, bis ich sie wieder brauchen und nun endlich die mir lieb gewordene Arbeit abschließen konnte.
Lieb ist mir dies Buch, weil es mich an sonnige Tage erinnert, aber auch, weil ich es mit gutem Gewissen in die Welt hinaussenden darf. Denn es ist, bei aller warmen Neigung für Land und Leute, ein ehrliches und fleißig gearbeitetes Buch. Im übrigen muß es nun selber zusehen, wie es durch die Welt kommt.
Ich füge nur noch bei, daß die Aufsätze sämtlich vorher in Zeitungen und Zeitschriften erschienen sind – außer in der »Vossischen Zeitung«, welche die meisten brachte, in der »Nationalzeitung«, der »Magdeburgischen Zeitung«, der »Nation« und der »Deutschen Dichtung« –, daß ich sie aber für diese Buchausgabe noch einmal sorglich durchgearbeitet habe.
Dieser »ersten Reihe« meiner »Deutschen Fahrten« soll jedenfalls noch eine zweite, welche die Vogesen schildert, folgen. Ob eine dritte, hängt davon ab, wie lang ich mich noch an der Schönheit dieser Welt erfreuen darf.
Berlin, im Juni 1903
Der Verfasser