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Es war also seine Absicht gewesen, mich zu töten. Vielleicht hatte ich seine Wut selbst herausgefordert, jedenfalls aber hatte ich in äußerster Notwehr gehandelt. Würde ich nur noch eine Sekunde gezögert haben, säße mir selbst eine Kugel im Leibe. Ich untersuchte seine Taschen. Er hatte auch gelogen. Er war gar nicht im Besitze eines Schecks. Von vornherein war es also seine Absicht gewesen, mich zu betrügen und aus dem Wege zu räumen. Das setzte ich später auch Frau Merete auseinander …
Bevor noch der Lärm der vorüberrollenden Wagen vorbei war, hatte ich ihn in den großen Koffer gepackt und diesen verschlossen. Ich erinnere mich, daß ich noch lange nachher über das Tragische dieser Szene erschüttert war, ich fand, der donnernde Lärm dort unten war ein seltsames Akkompagnement zu meiner Tat. Ich blickte mich im Zimmer um. Nichts war mehr in Unordnung. Die Luft aber schien auf unerträgliche Weise stillzustehen und gegen meine Schläfen zu drücken. Ich trat an das offene Fenster, um Luft zu schöpfen. Aber auch von der Straße kam ein heißer Dunst von sonnendurchglühtem Asphalt herauf, und heiserer Lärm drang an mein Ohr. In solchen Augenblicken verlieren weniger starke Naturen die Besinnung. Während einiger Minuten fürchtete ich vielleicht, daß meine Nerven das furchtbare Gewicht der Ereignisse nicht aushalten würden. Ich wollte aber siegen. Darum griff ich nach dem Tabak, wie nach einem Beruhigungsmittel, und bei dem blauen Rauch der Havanna gewann ich mein Gleichgewicht wieder.
Nach Verlauf einer weiteren Viertelstunde hatte ich meine Maskierung vollendet. Dann verließ ich das Zimmer und schloß die Tür hinter mir ab. Auf dem Gang begegnete ich dem Zimmerkellner, der mich freundlich grüßte. Diese Freundlichkeit ging mir durch Mark und Bein.
Unten in der Portierloge hing ich selbst den Schlüssel an das Brett und sagte, daß ich auf einige Tage verreisen würde. Doch wollte ich mich noch versichern, ob alles in Ordnung sei, und fragte deshalb, ob jemand nach mir gefragt habe. »Nein,« antwortete der Portier, »hier ist niemand gewesen.« Ich pflegte keine Besuche zu bekommen, und die Frage setzte ihn etwas in Erstaunen. Darauf ging ich fort und verließ das Hotel für immer als Dr. Holborn aus Ribe.
Ich begrub mich in der Millionenstadt Berlin, wo ich eine kleine Wohnung hatte, die ich selbst in Ordnung hielt, so daß nie ein fremder Mensch sie betrat. Dort legte ich auch die letzten Reste von Dr. Gravenhags Erscheinung ab.
Man sagt, daß der Verbrecher von einer geheimnisvollen Macht zu dem Ort seiner Tat getrieben wird.
Vielleicht war es eine Folge dieses unerklärlichen Triebes, daß ich mich bereits am darauffolgenden Tage im Palmengarten des Hotels einfand. Ich betrat das Hotel nicht ohne Gemütsbewegung, wußte ich doch, welches Geheimnis dort oben in dem Zimmer brütete. Ich wußte aber auch, daß ich die Menschen aus die Probe stellen wollte, ich wollte sehen, ob jemand mich wiedererkannte. Aber niemand erkannte mich.
Schließlich kam der Tag, an dem man die Leiche fand. Ich las es in den Zeitungen. Die Ratlosigkeit der Detektive darüber, daß niemand den Mörder hatte hinaufgehen sehen, interessierte mich sehr. Mein Plan war also vollkommen geglückt. Und wie einfach war dabei alles gewesen! Der Mörder hatte im Hotel gewohnt, und das Opfer war gekommen, zwischen beiden aber war kein Unterschied gewesen.
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Hiermit endigt der Bericht über Robert Robertsons Erzählung. Der Verfasser hat es für nötig befunden, ihr den Rahmen eines selbständig geformten Romans zu geben. Gleichzeitig aber hat er sich bemüht, etwas von der charakteristischen Darstellungsweise Robertsons festzuhalten, seiner unglaublichen Kaltblütigkeit, seiner Rücksichtslosigkeit und seinem brutalen Egoismus. Im persönlichen Zusammensein mit ihm traten diese Eigenschaften sehr deutlich zutage.
Natürlich sind die Aufschlüsse, die dem Roman zugrunde liegen, den Handlangern des Gerichtes schon lange bekanntgegeben worden. Man hat auf der Grundlage dieser Aufschlüsse Nachforschungen vorgenommen, und Robert Robertsons Bericht ist noch auf keinem Punkt Lügen gestraft worden. Er selbst ist indessen spurlos verschwunden. Eine Zeitlang konnte man noch hier und dort in der alten Welt Spuren von ihm erwischen. Und dadurch kann man vielleicht Antwort auf die Frage bekommen, die sich einem unwillkürlich aufdrängt: Wurde er mit Frau Merete, dieser seltsamen Frau, vereinigt?
Es hat fast den Anschein. Wo immer man Spuren von ihm fand, fand man auch Spuren von einer schlanken, blassen Dame, mit einem träumenden und müden Blick in den schönen Augen, die in seiner Gesellschaft gesehen worden war.
Dann aber verschwanden beide spurlos. Doch glaube ich, daß sie noch am Leben sind. Und vielleicht werde ich ihm noch einmal begegnen. Oder ihr.
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