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In dem einleitenden Bericht, den der Berliner Detektiv dem Polizeiamt einlieferte, heißt es:
»Beim Oeffnen des großen Koffers, der mehrere Tage im Speicher des Hotels Kaiserhof gestanden hatte, zeigte es sich, daß er vierzehn Ziegelsteine und die Leiche eines Mannes enthielt, der schon eine Zeitlang tot gewesen sein mußte, da die Leiche in Verwesung übergegangen war.
Der Koffer ist 1,85 Meter lang, 1,10 Meter breit und 0,90 Meter hoch. Das Schloß ist etwas gewölbt. Er trägt die Marke der Kofferfirma Neuhauser & Worms, Lübeck. Er scheint schon längere Zeit in Benutzung gewesen zu sein, die Kanten sind abgestoßen, und das Schloß scheint schon einmal repariert worden zu sein. An der einen Querseite des Koffers befinden sich die Spuren verschiedener Hoteletiketten, die indessen sorgfältig abgekratzt sind.
Der Koffer gehörte einem Herrn, der am 25. Juli ins Hotel einkehrte und sich als dänischer Arzt Dr. Holborn aus Ribe ins Fremdenbuch einschrieb. Nachdem er einige Tage still und zurückgezogen gelebt hatte, verließ er das Hotel Mittwoch, den 29. Juli, nachmittags vier Uhr, indem er dem Portier mitteilte, daß er eine kurze Reise vornehme, am nächsten Tage aber zurückkehren würde. Da der Reisende nach Verlauf mehrerer Tage noch nicht zurückgekehrt war, wurde das Zimmer Nr. 304 vermietet und der Koffer in den Gepäckraum gestellt. Das Personal des Hotels, besonders der Portier, versichert, daß keiner den Reisenden zurückkommen sah, seit er das Hotel an jenem Nachmittag um vier Uhr verlassen hatte. Das Personal behauptet, es sei unmöglich, daß nicht jemand seine Rückkehr bemerkt haben würde, denn er war wohlbekannt im ganzen Hotel, beim Personal, im Speisesaal, in der Portierloge, in den Fahrstühlen und auf den Korridoren. Außerdem hätte es Aufmerksamkeit erregt, wäre er in Gesellschaft gekommen, denn man war gewöhnt, ihn immer allein zu sehen. Trotz der einstimmigen Erklärung des Hotelpersonals ist es indessen klar, daß er ins Hotel zurückgekehrt sein muß und zwar in Gesellschaft von einer oder mehreren Personen. Wie er in sein Zimmer gelangt ist, kann vorläufig nicht festgestellt werden, da der eine Schlüssel die ganze Zeit beim Portier gewesen ist, der andere in der Obhut des Zimmerkellners.
Heute, um 12,30, hat der Unterzeichnete auf Aufforderung und in Gegenwart des Portiers und Direktors des Hotels das Schloß genannten Koffers erbrochen und den oben erwähnten Fund getan. In dem Toten hat das Personal des Hotels sofort den Gast von Zimmer Nr. 304 wiedererkannt. Er war durch eine Schußwunde an der Schläfe, wahrscheinlich von einem Revolver groben Kalibers, getötet worden. Nach vollbrachter Tat hat der Mörder die Leiche in den Koffer gepackt und diesen verschlossen. Nach Aussage des Portiers trug der Tote denselben Anzug wie Dr. Holborn, als er das Hotel am 29. Juli um vier Uhr verließ, um nicht mehr lebend gesehen zu werden. Andere Merkmale von äußerer Gewalt als die Schußwunde an der Schläfe waren nicht zu entdecken.
In Gegenwart oben erwähnter Personen wurden die Taschen des Ermordeten untersucht. In der Rocktasche fand man eine ungeöffnete Schachtel mit Batschari-Zigaretten, ferner eine B. Z. vom 29. Juli, eine Brieftasche aus Krokodilsleder, enthaltend 720 Mark und einige Papiere, die bewiesen, daß der richtige Name des Ermordeten Dr. Louis Gravenhag aus Kopenhagen sei. Zwischen den Papieren befand sich auch ein Diplomatenpaß, am 24. Mai vom Auswärtigen Amt in Kopenhagen ausgestellt und mit einer Photographie versehen, die den Ermordeten ohne Zweifel identifizierte. In den Taschen des Ermordeten fand sich außerdem eine goldene Uhr mit dem Monogramm L. G. und eine unbenutzte Eisenbahnfahrkarte für die Strecke Gentofte–Kopenhagen. Ferner ein leinenes Taschentuch, ein goldener Bleistift und eine Schachtel Zündhölzer.«
Natürlich war dies nur ein ganz provisorischer Bericht, von einem untergeordneten Beamten abgegeben, der damit seine Aufgabe erledigt hatte, die nunmehr von Berufeneren aufgenommen werden sollte. Noch bevor er seinen Bericht abgeschlossen hatte, war die Mordkommission der Berliner Polizei bereits in voller Aktivität, und durch das große Hotel eilte das Gerücht von dem unheimlichen Ereignis wie ein Sturmfeuer, das die Gesichter erblassen machte und die Gemüter aufschreckte.
Das erste, was die Polizei tat, war natürlich, das Zimmer Nr. 304, wo der Ermordete gewohnt hatte, räumen zu lassen. Darauf wurde es sorgfältig untersucht, und als erstes Resultat dieser Untersuchung wurde festgestellt, daß der Mord wirklich hier begangen worden war. Auf dem Teppich und dem Rücken des Lehnstuhles fand man nämlich Blutflecke. Seit der Koffer in den Gepäckraum gebracht worden war, hatte man das Zimmer jede Nacht an andere Reisende vermietet, so daß zwischen den Fingerabdrücken und dem Mord schwer ein Zusammenhang festgestellt werden konnte.
So stand die Affäre, als Fenneslew von dem Verbrechen Mitteilung erhielt.