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VI.

Dr. Gravenhag saß in der gemütlichsten, aber auch dunkelsten Ecke, an einem alten holländischen Schiffertisch. Das schwindende Tageslicht fiel schräg durch die kleine Fensterscheibe und blitzte geheimnisvoll in einer Schnapsflasche, die Gravenhag vor sich stehen hatte. Er verzehrte einige belegte Brote. Als ich hereinkam, zankte er gerade mit dem Kellner, weil der Schnaps nicht kalt und das Bier noch nicht da war. Ich erkannte seine harte und unangenehme Stimme. Als er mich sah, schwieg er und warf mir einen prüfenden Blick zu. Elias brachte das Bier. Dr. Gravenhags wütender Miene konnte ich ansehen, daß das Bier auch nicht nach Wunsch war, er sagte aber nichts.

Die Rolle, die ich jetzt spielte, war sehr beschwerlich, ich gab einen frohen und törichten Künstler. Ich hatte mich mit einem Malerkasten und anderem Malgerät versehen. Eine lustige Melodie pfeifend, rieb ich mir die Hände, wie nach einem gutangewandten Arbeitstag, schleuderte den Kasten in eine Ecke, und sah mich mit jener dummen, einladenden Miene um, die für geschwätzige Individuen charakteristisch ist. Dr. Gravenhag warf mir von neuem einen Blick zu, der dem eines grimmigen Hofhundes nicht unähnlich war.

»Ihre Freunde sind ja eingetroffen,« begann ich, »ich hörte heute nacht, wie das Auto kam.«

Er antwortete nicht, er blickte nicht auf. Er war ausschließlich mit seiner Mahlzeit beschäftigt. Ich wunderte mich über seinen bescheidenen Geschmack, die Wahl der Speisen glich nicht dem eleganten Dr. Gravenhag, der in der Stadt wegen seiner raffinierten kleinen Diners berühmt war. Elias, der sich in der Nähe zu schaffen machte, warf mir einen verständnisinnigen Blick zu. Und darin lag seine ganze Kritik: dieser wohlhabende, aber geizige Amerikaner würde sicher auch kein Trinkgeld geben. Für mich aber war die Sache ganz klar: Dr. Gravenhag wollte bis ins kleinste seine Rolle durchführen, er wollte als Ingenieur Barfod ein ganz anderer als sonst sein. Wieviel ihm daran lag, unerkannt zu bleiben!

Obgleich sein Auftreten meine Beobachtungen bestätigte, war es dennoch eine Enttäuschung für mich. Denn ich hatte darauf gerechnet, ihm an diesem Abend durch ein kleines Arrangement näherzukommen, von dem ich wußte, daß es den richtigen Dr. Gravenhag interessieren würde. Von Elias hatte ich in Erfahrung gebracht, daß er kommen würde, und hatte meine Vorbereitungen getroffen. Ich hatte einen Tisch für mich decken lassen mit dem Besten, was das Haus an Service und Speisen und Weinen vermochte, und hatte die Maske des frohen Kunstjüngers angelegt, der gar nicht merkt, ob die anderen Gäste seinem Geschwätz zuhören oder ihm mit eisiger Kälte begegnen. Dr. Gravenhag aber saß die ganze Zeit stumm und verbittert dabei, nur hin und wieder warf er zwischen zusammengekniffenen Augen einen Blick auf die Herrlichkeiten, die ich mir auftischen ließ. Ich glaube, daß es nicht nur die Erbitterung über meine Geschwätzigkeit war, die ihn sich vergessen ließ. Vielleicht war er hungrig und bereute seine peinlich durchgeführte Komödie. Als alle meine Hinwendungen an ihn erfolglos blieben, bemerkte ich schließlich, daß ich gern in dem Garten der Villa malen wollte.

Da aber lehnte Dr. Gravenhag sich in seinem Stuhl zurück und sah mich an. Er suchte nach einer Zigarre in seinem Etui, mit nervösen, zitternden Fingern. So sucht ein Mann nach einer Zigarre, der seine Aufregung zu dämpfen versucht. Er zündete sie an, erhob sich plötzlich und sagte:


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