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Es war einmal ein Mann, der fuhr mit einem Schlitten in den Wald und wollte sich Holz holen; da begegnete ihm der Bär.
»Gib mir dein Pferd! Sonst zerreiße ich alle deine Schafe in diesem Sommer«. sagte der Bär.
»Ach, Gott steh mir bei!« sagte der Mann: »Ich habe kein Stück Brennholz mehr im Hause; laß mich bloß erst diesen Schlitten heimfahren, denn sonst müssen wir alle totfrieren. Morgen will ich mit dem Pferde wiederkommen.«
Na, der Bär ließ ihn denn auch fahren; wenn er, der Bauer, aber nicht wiederkäme, sagte er, dann solle es ihm schlimm gehen mit all seinen Schafen im Sommer.
Der Mann fuhr nun mit seinem Holz nach Hause; aber er war nicht sehr vergnügt über die Drohung des Bären, wie man sich wohl denken kann.
Unterwegs begegnete ihm der Fuchs.
»Warum bist du so betrübt?« fragte der ihn.
»Ach, mir ist der Bär im Walde begegnet«, sagte der Mann, »und ich hab ihm versprechen müssen, ihm morgen um diese Zeit mein Pferd zu bringen; sonst wolle er alle meine Schafe im Sommer zerreißen, drohte er.«
»Nichts weiter als das?« sagte der Fuchs. »Willst du mir den fettesten Bock aus deinem Stall geben, so will ich dich von dem Bären befreien.«
Ja, das wollte der Mann gern, und er gab dem Fuchse sein Wort.
»Wenn du nun morgen mit deinem Pferde zu dem Bären kommst«, sagte der nun, »so werde ich dort oben auf dem Berge juchzen, und wenn dann der Bär dich fragt: 'Was ist das?', dann sollst du sagen: 'Das ist Peter, der Schütz, der beste Jäger im ganzen Land.' Und nachher wirst du dir schon selber helfen.«
Als nun am anderen Tage der Mann mit seinem Pferde zu dem Bären in den Wald kam, hörte man es bald oben auf dem Berge juchzen.
»Horch! Was ist das?« sagte der Bär.
»Oh, das ist Peter, der Schütz, der beste Jäger im ganzen Land«, sagte der Mann. »Ich kenne ihn an der Stimme.«
»Hast du keinen Bären hier gesehen, Erich?« rief es durch den Wald.
»Sag nein!« befahl der Bär.
»Nein, ich habe keinen gesehen«, sagte Erich.
»Was ist denn das, was neben dir steht?« rief es im Walde.
»Sag: Es ist ein alter Kienstamm«, flüsterte der Bär.
»Oh, es ist nur ein alter Kienstamm«, sagte Erich.
»Solche Kienstämme pflegen wir bei uns auf den Schlitten zu werfen«, rief es im Walde; »kannst du's nicht allein, so will ich kommen und dir helfen.«
»Sag, du kannst dir schon selbst helfen! Und wirf mich auf den Schlitten!« sagte der Bär.
»Nein, danke! Ich kann mir schon selbst helfen«, sagte der Bauer und warf den Bären auf den Schlitten.
»Solche Kienstämme pflegen wir nachher mit dem Strick festzubinden«, rief es im Walde. »Soll ich dir helfen?«
»Sag, du kannst dir schon selbst helfen, und binde mich feste«, sagte der Bär.
»Nein, danke! Ich kann mir schon selbst helfen«, sagte der Mann und band den Bären fest mit all den Stricken, die er bei sich hatte, so daß der Bär kein Glied mehr rühren konnte.
»Und nachher, wenn wir sie festgebunden haben, pflegen wir solche alte Kienstämme mit der Axt zu zerkleinern«, riefs im Walde; »dann fahren wir besser über die großen Berge.«
»Tu' als ob du deine Axt mir in den Leib hautest!« flüsterte der Bär.
Da nahm der Bauer seine Axt und zerspaltete damit dem Bären seine Hirnschale, so daß er nicht mehr muckste. Darauf kam Reineke hervor, und Bauer und Fuchs wurden gute Freunde miteinander.
Als sie nicht mehr weit von dem Gehöft waren, sagte der Fuchs: »Ich habe keine Lust, dir weiter zu folgen, denn ich kann deine Hunde nicht gut leiden; ich will aber hier auf dich warten; dann kannst du mir den Bock herbringen; nimm aber einen, der brav fett ist!«
Der Bauer versprach es ihm und dankte ihm für seine Hilfe.
Als er sein Pferd in den Stall gezogen hatte, ging er nach dem Schafstalle.
»Wo willst du hin?« fragte seine Frau.
»Oh, ich will nur in den Schafstall gehen und einen fetten Bock für den Fuchs holen, der mein Pferd gerettet hat«, sagte der Mann; »denn ich hab es ihm versprochen.«
»Der Henker soll dem Schelm einen Bock gehen!«, sagte die Frau. »Unser Pferd haben wir ja und den Bären dazu, und der Fuchs hat uns gewiß schon mehr Gänse gestohlen, als der Bock wert ist, und hat er's noch nicht getan, so kann er's wohl noch tun. Nein«, sagte sie, »steck' lieber ein paar von deinen bösesten Hunden in den Sack und schick ihm die auf den Pelz! Dann werden wir den alten Schelm vielleicht gar los.«
Das schien dem Manne ein guter Rat zu sein, und er steckte zwei seiner bösesten Hunde in den Sack, und damit ging er fort.
»Hast du den Bock?« fragte der Fuchs.
»Ja; komm und nimm ihn!« sagte der Mann, machte seinen Sack auf und ließ die Hunde heraus.
»Houf!« sagte der Fuchs und nahm einen Satz. Es ist wohl wahr, was ein altes Sprichwort sagt: »Wohlgetan wird schlecht gelohnt«, und schwang die Fersen.
Die Hunde aber setzten ihm nach.