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Der Bauer, die Schlange und der Fuchs

Ein Bauer, der auf dem Felde gearbeitet hatte, legte sich dort zu kurzer Rast nieder. Neben seiner Lagerstätte erblickte er da eine Schlange, die sich in einem engen Loche zusammengeringelt hatte. Schnell ergriff er einen breiten Stein und legte den über das Loch, um während des Schlafes vor einem Bisse geschützt zu sein.

Gar jämmerlich fing die Schlange da an zu wimmern und flehentlich bat sie den Bauer, sie von dem Stein zu befreien, denn sie müsse sonst verhungern.

»Du möchtest mir es übel lohnen«, sagte der Bauer.

»Fürchte das nicht«, sprach die Schlange. »Königlich werde ich dich belohnen!«

Da befreite der Bauer die Schlange und begehrte dann seinen Lohn

»Den sollst du haben; ein tödlicher Biß von mir wird es sein«, sagte die Schlange.

»Wie?« fragte der Bauer da. »Wohltaten belohnst du so?«

»Ganz Nach Art der Menschen«, sprach die Schlange.

»Nimmermehr«, entgegnete der Bauer.

»Komm denn mit mir«, sagte die Schlange, »so will ich dir zeigen, daß der Mensch Wohltaten ebenso zu lohnen pflegt.«

»Das ist nicht der Menschen Art«, erwiderte der Bauer; »ich möchte sonst keinen Lohn von dir begehren.«

»Laß dir's beweisen!« sprach die Schlange. Und der Bauer war es zufrieden.

Die Schlange führte ihn dem nahen Dorfe zu. Am Rande des Weges lag da ein Pferd; das war mager bis auf die Haut. »Was liegst du hier so müßig, du fauler Gaul?« fragte die Schlange das arme Tier.

»Zur Arbeit«, sagte das Pferd, »bin ich zu alt und zu schwach; der Bauer, dem ich viele, viele Jahre lang schwere Dienste getan habe, gibt mir daher kein Futter mehr. Am Rande des Weges wollt' ich mir's nun hier suchen, doch meine Füße tragen mich nicht mehr. Da wart' ich denn des Abdeckers, der meinem traurigen Leben ein Ende machen wird. Das ist nun mein Lohn für ein Leben voller Plag' und Müh«.

»Hab' ich dir's nicht gesagt?« wandte die Schlange sich an das Bäuerlein. »Was ich dir sagte, hier siehst du es nun bewiesen!«

»An dem armen Pferde wohl«, sprach der Bauer, »allein so undankbar, wie dessen Herr, sind die anderen Menschen nicht.«

»Folge mir denn«, sagte die Schlange, »und laß es dir noch weiter beweisen!«

Sie gingen fürbaß und nun begegnete ihnen ein Mann, der einen Hund an einem Strick hinter sich her zerrte. Des Mannes Gesichtszüge waren so lieblos und hart, als hätte er im Leibe kein Herz.

Sprach die Schlange zum Hunde: »Was will der Mann mit dir machen?«

»Ach«, seufzte der Hund, »aufhängen an einem Baum im Walde will er mich! Um ihm sein Vieh auf der Weide zu bewachen, bin ich ihm zu alt. So bekomm' ich nun für all meine Treue meinen Lohn. Und treu habe ich meinem Herrn doch so lange, als ich nur konnte, gedient!«

»Hast du nun genug gesehen?« fragte die Schlange den Bauer.

Der aber sagte: »Zeig mir, wenn du kannst, noch ein Exempel solch groben Undankes! Aller guten Dinge sind drei.«

»Der schlechten leider noch mehr!« sprach die Schlange. »Dir geschehe daher dein Wille!«

Fürbaß gehend, trafen sie bald einen Fuchs. Dem erzählte die Schlange von ihrem Streite.

»Ich bin dem Rechte so hold«, sprach der Fuchs, »daß es mich schmerzt, wenn ich sehe, daß einem unrecht geschieht. Gern will ich euren Streit daher schlichten, wenn – ihr es wünscht.«

Der Bauer und die Schlange waren es zufrieden.

»Erzähle denn auch du mir«, sagte der Fuchs zum Bauer, »wie sich die Sache verhält!« – Und heimlich zog er den Bauer dabei auf die Seite.

»Was gibst du mir«, fragte er ihn leise, »wenn ich dich von der Schlange befreie?«

»Alle Hühner«, sagte der Bauer, »die ich besitze.«

»Wohlan denn«, sprach der Fuchs, »du bist mein Mann! Tu, was ich dir sage, und ich werde dir helfen.«

So laut, daß die Schlange es hören konnte, fügte er hinzu: »Führt mich dorthin, wo euer Streit sich entspannen hat! Mit meinen eigenen Augen muß ich sehen, wie die Sache sich zugetragen hat.«

Der Bauer und die Schlange taten, wie der Fuchs es wünschte.

Beide hieß sie der Schiedsrichter sich dann so niederlegen, wie sie vor dem Streite gelegen waren: die Schlange in dem Erdloche und den Bauer daneben. Auf das Loch mußte dieser wieder den Stein legen, genauso, wie er es zum erstenmal getan hatte.

»Nun«, sagte der Fuchs dann zum Bauer, »führe mich nach deinem Hause, damit ich meinen Lohn empfange! Die Schlange aber bleibe ruhig unter dem Steine liegen!«

Da ward das Bäuerlein seines Lebens froh. Die Schlange dagegen flehte, daß man sie aus dem Loche wieder befreie.

»Da sei Gott vor!« sprach der Bauer. »Zum zweitenmal begehr' ich deines Dankes nimmer. – Du aber«, sprach er zum Fuchse, »hast mir das Leben errettet. Komm daher heute abend nach meinem Hofe!« Und er beschrieb dem Fuchse den Weg. »Meine Hühner«, sagte der Bauer, »will ich dir alsdann geben.« Der Fuchs war es zufrieden und lief zurück in seine Höhle. Der Bauer aber kehrte heim in sein Dorf.

Seinem Weibe erzählte er dort von seinem Handel mit der Schlange und dem Fuchse.

»Dem Fuchse willst du unsere Hühner geben?« fuhr die Bäuerin da auf. »Daß dich der Böse hole, du heilloser Tropf!«

»Ja, aber«, sprach der Bauer, »was soll ich tun?«

»Erschlagen«, sagte die Frau, »sollst du ihn, den Hühnerdieb, wenn er kommt! Seinen Balg verkaufen wir dann und du kaufst dir dafür ein Paar neue Schuh'.«

»Der Handel wär' freilich nicht schlecht«, meinte der Bauer. Und als der Fuchs kam, tat er nach seines Weibes Rat.

»Recht hat sie doch gehabt, die Schlange«, sagte er dann: »Undank ist allweil der Welt Lohn.«

 


 


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