Autoren

∞

Werke

∞

Neu

∞

Information

∞

Shop

∞

Lesetips

∞

Textquelle

∞

Das ungetreue Mädchen

Mädchen du warst mir einst sehr gewogen
Liebtest mich auch stets getreu und rein;
Nun hast du dein Herz mir ganz entzogen
Was mag wohl davon die Ursach sein?
Sag' du mir, in uns'rer Trennungsstunde,
Warum ich in Ungnad' bin gefall'n?
Gib du mir, aus deinem schönen Munde,
Worte, die mein Herz zu Staub zermahl'n.

Sprich mit mir in einem hartem Tone,
Siehe mich mit finst'ren Blicken an,
Räche dich an mir, mit süßer Wonne,
Wenn ich dir einst Böses hab' gethan
Alles will ich mit Geduld ertragen,
Will, aus Scham, mich immer vor dir beug'n,
Wenn du mich, durch unverfälschte Klagen,
Einer bösen That kannst überzeug'n.

Habe ich einst Unwahrheit gesprochen?
Habe ich dich einmal schon betrübt?
Habe ich je meinen Schwur gebrochen?
Habe ich dich nicht getreu geliebt?
Kannst du mir nur Eine That beweisen,
Die mein Herz im Mindesten entehrt?
Nun, so will ich dich noch höher preisen,
Und ich bin dann deiner nicht mehr werth.

Denke du an jene frohen Stunden,
Die wir in der Liebe zugebracht;
Da hast du, für mich, noch viel empfunden,
Wenn man so das Menschenleb'n betracht.
Nun willst du auf einmal mich verlassen,
Nichts ist, was dein hartes Herz bewegt;
Mädchen, du thust mich nur darum hassen,
Weil dein Herz für einen Andern schlägt.

Von Gefühl und Liebe hingerissen,
Gabst du mir einst deinen ersten Kuß,
Späterhin, du wirst es wohl noch wissen,
Gabst du mir nebst einem Abendgruß,
Einen Stein von deiner Unschuldskrone,
Den ich dir nicht wieder geben kann;
Und, zu deinem eig'nen Spott und Hohne,
Schließt du dich an einen Andern an.

Nun wohlan, so wollen wir jetzt scheiden,
Sei du nun in Zukunft ganz beglückt,
Lebe du, mit jenem Mann, in Freuden,
Der dein Herz vielmehr, wie ich, entzückt.
Aber sollt' für dich die Stunde kommen,
Daß dein Herz zur Reue übergeht,
Dann wird dir dein Seufzen zu nichts frommen,
Deine Reue ist dann viel zu spät.