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Der wahre Träumer

Wien, 1810.
Zu haben bey Ignaz Eder, Kupferstichhändler am Thury in der Flecksiedergasse im eigenen Heim beym guten Hirten.

Ein Traum ist alles auf der Erden,
Ja selbst daß Daseyn ist nicht mehr;
Kaum fängt man an ein Mensch zu werden,
Und schätzt sich glücklich als ein Herr,
Muß man gar bald die Welt verlassen,
Die man genossen hat noch kaum,
Ein jeder Mensch muß diese Strassen,
Weil alles ist ein leerer Traum.

Ja alles ist ein Traum zu nennen,
Auf dieser weiten Erde hier;
Der weise Mann wird dieses kennen,
Und streit gewißlich nie mit mir.
Durch falsche Freund wird man betrogen,
Durch falsche Untreu die man glaubet kaum.
Kein Glück ist denn uns mehr gewogen,
Weil alles ist ein leerer Traum.

Oft mancher freuet sich des Lebens,
Im Schooße der Zufriedenheit;
Auf einmal folgt auf seinen Wegen,
Viel Jammer, Angst und Herzeleid.
Dann irrt er hin und her im Leben,
Sein Geld zerfließet wie ein Schaum;
Vergeblich ist all sein Bestreben,
Weil alles ist ein leerer Traum.

Oft mancher wünschet sich zu sterben,
Doch spricht es nur der kalte Mund;
Weil ihm nichts folget als Verderben,
Und Bitterkeit zu jeder Stund.
Fangt dann die Glocke an auszuheben,
zu laufen bis an den letzten Saum;
Dann wünscht er, er könnte länger leben,
Weil alles ist ein leerer Traum.

Und hat man nächtlich ausgeträumet,
Kommt man ins goldne Paradies,
Da wo kein Traum uns mehr erscheinet,
Wo alles lauter Wahrheit ist.
Fällt dann der Schleyer uns darnieder,
In jener frohen Ewigkeit;
Wir alle sehen dort einst wieder,
Die Schöpfung in der Herrlichkeit.


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