Jakob Wassermann
Laudin und die Seinen
Jakob Wassermann

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9

Am Samstag, mit dem Schlag neun Uhr, war Konrad Lanz in der Laudinschen Kanzlei. Es war ein uraltes Gebäude am Fleischmarkt, mit vielen Gängen, Treppen, Toren, Höfen und Nebenhöfen; die meisten Räume waren so finster, daß auch bei Tag das elektrische Licht brennen mußte.

Der junge Mensch saß im Wartezimmer, in dem sich außer ihm noch ein Herr und eine Dame befanden, die während der ganzen Zeit kein Wort miteinander wechselten, auch keinen Blick, obwohl sie offenbar Eheleute waren, und ein weißhaariger, schäbig aussehender Mann, der eine Zeitung las und unaufhörlich hustete.

Er hatte nicht lange zu warten. Der alte Diener rief seinen Namen. Doktor Laudin stand bereits, im Pelz und mit dicken Handschuhen, im Korridor, in den das dürre Klappern der Schreibmaschinen drang.

»Ich bitte tausendmal um Verzeihung,« sagte Laudin, als sie im Auto Platz genommen hatten, »wenn ich die Fahrt benutze, um einige Akten durchzulesen. Da ich um zwölf Uhr bei einer Verhandlung zu sein habe, würde mir sonst die Zeit fehlen.«

Konrad Lanz verbeugte sich befangen. Sichtlich bedrückt von der Gunst, die ihm durch den Beistand des berühmten Advokaten gewährt war, wußte er nichts zu entgegnen.

Laudin öffnete die Aktentasche. »Jawohl, das ist sie, die mysteriöse Tasche,« sagte er mit schalkhafter Miene, »da können Sie sich wieder mal an ihrem Anblick letzen.« Er lachte gurrend, nahm ein blaues Faszikel heraus und versenkte sich alsbald in dessen Lektüre.

Nach fünfundvierzig Minuten war der schnellaufende Wagen in Kottingbrunn. Der Chauffeur erkundigte sich bei mehreren Leuten nach dem Hartmannshof, und nach weiteren fünf Minuten waren sie dort.

Es war ein villenartiges Haus an der Landstraße. Über die Vorderfront des ersten Stockes lief ein Holzbalkon, ein zweiter, kleinerer war im zweiten Stock unter dem spitzen Giebel angebracht. Der gelbe Mauerbewurf zeigte Risse und Sprünge, besonders an der Westseite. Sie schritten durch einen Gemüsegarten, dessen Beete mit Stroh bedeckt waren. Zur Linken, gegen eine hügelige Erhebung, lagerten Bretter und entschälte Baumstämme. Vor dem Eingang des Hauses spaltete ein junger Bursche Holz. Er blickte feindselig auf die beiden Ankömmlinge. Zwei Knaben waren aufgeregt aus dem Haus gestürzt, an Laudin und Lanz vorbei, und richteten auf der Straße ihre ganze Aufmerksamkeit auf das Auto.

»Ist Frau Hartmann zu Hause?« wandte sich Laudin an den Knecht.

Der zuckte gleichmütig die eine Achsel.

Eine weibliche Gestalt trat aus dem Flur. »Was wünschen Sie?« fragte sie barsch und musterte die Besucher, die einander so ungleich waren, der eine Achtung einflößend, städtisch vornehm, hochgewachsen, der andere in einem dünnen fadenscheinigen Havelock, hager, unsicher blickend und in der Haltung mehr als bescheiden. Gewohnt, die Menschen mit einem Blick nach ihrer Erscheinung abzuschätzen, konnte sie hier zu keinem Schluß kommen.

Als Laudin seinen Namen nannte, hoben sich ihre schmalen, fast farblosen Brauen; als er, auf seinen Begleiter deutend, den Namen Lanz aussprach, verfärbte sie sich. Sie wies mit dem Arm ins Innere des Hauses, murmelte etwas von Nichtvorbereitetsein und samstägigem Räumen, und während sie in dem engen Flur zögernd umherblickte (als überlege sie, in welche Stube sie die Gäste führen sollte), schien sie darüber nachzudenken, welchen Zweck der Besuch haben konnte und worauf sie sich gefaßt zu machen hatte. Sie öffnete die Tür zu einem großen Zimmer, mit alten, massiven, wohlerhaltenen Möbeln, blütenweißen Vorhängen und einem umfänglichen grünen Kachelofen. Sie bedauerte, daß nicht geheizt sei, aber sie könne in die andern Zimmer niemand führen; hätten die Buben heute Schule gehabt, so wäre es was anderes, dann hätte sie oben ein Zimmer frei; aber die Schule sei gestern für eine Woche gesperrt worden; es hätte Blatternfälle gegeben und es fände Impfinspektion statt. Das alles sagte sie in einem kalten, hastigen, zerstreuten Ton, der abermals ihre Gespanntheit bemänteln sollte. Sie rückte zwei Stühle vom Tisch, strich mit der flachen Hand über die Sitzpolster und machte eine trocken auffordernde Geste.

Sie trug eine graue, gestrickte, bis zum Hals geschlossene Wolljacke, einen wollenen Rock und eine blaue Stoffschürze darüber. Sie mochte vierzig Jahre alt sein, da sie aber ein volles Gesicht mit nur wenig Falten hatte und die mittelgroße, ziemlich üppige Gestalt beständig durch eine Menge fahriger und überflüssiger Bewegungen in Unruhe gehalten wurde, wirkte sie bedeutend jünger. Alles an ihr war sauber, und die Hände waren für eine Frau, die ihre Wirtschaft selbst besorgt, auffallend gepflegt. Nur die Haare, von einem unangenehmen Braunrot, standen etwas wirr um den Kopf und über der niedrigen Stirn.

Laudin setzte sich, nachdem er höflicherweise gewartet hatte, bis sich Frau Hartmann gesetzt hatte; Konrad Lanz blieb in einiger Entfernung stehen und betrachtete die Porzellantassen und -teller in einem Glasschrank mit vorgenommenem Interesse. »Sie werden, gnädige Frau, den Überfall entschuldigen,« begann Laudin mit gesuchter, fast ein wenig übertrieben klingender Artigkeit, »wenn ich zur Rechtfertigung anführe, daß ich im Auftrag meiner Klientin, des Fräuleins Karoline Lanz, bei Ihnen vorstellig werde. Fräulein Lanz ist leider verhindert gewesen, mich zu begleiten, daher war ihr Bruder, Herr Lanz, so liebenswürdig, mitzukommen. Es handelt sich um eine Geringfügigkeit, mit der ich Ihnen lästig fallen muß, eine einfache Feststellung. Zwei Worte, und wir sind fertig. Es liegt mir daran zu erfahren, wo das Testament Ihres verstorbenen Gatten deponiert ist, und ich möchte Sie daher ersuchen, mir darüber Auskunft zu geben. Das ist alles.«

Frau Hartmann saß kerzengerade auf ihrem Stuhl. Ihr Blick wich nicht eine Sekunde lang von Laudins Gesicht, während sie zuhörte, und ihre Miene veränderte sich nicht. Da ihr Wesen die äußerste Wachsamkeit verriet, ließ sie sich von der einnehmenden Rede des Advokaten offenbar nicht täuschen. Mit etwas rauher Stimme erwiderte sie: »Ich weiß von keinem Testament. Was kommt man mir schon wieder damit? Die Lanz war ja selber oben in seinem Zimmer. Sie hat sich ja überzeugen können. Ich habe ihr gesagt: Bitte, suchen Sie. Sie hat gesucht und nichts gefunden. Was will man also von mir?«

Laudin nickte scheinbar zustimmend. »Gewiß, es ist unbequem für Sie,« gab er zur Antwort; »aber das Testament war vorhanden. Darüber besteht kein Zweifel. Ihr verstorbener Gatte hat sich in unmißverständlicher Form darüber geäußert. Wir würden ja wenig Wert darauf legen, gerade in Ihrem Hause zu recherchieren, wenn nicht durch einen unglücklichen Zufall der Inhaber des Duplikats gegenwärtig nicht zu ermitteln wäre. Wir haben nämlich allen Grund, anzunehmen, daß ein Duplikat oder eine spätere Fassung des Testaments vorhanden ist und von einer bestimmten Person aufbewahrt wird.«

Kein Zug in Laudins Gesicht ließ darauf schließen, daß er sich von dieser scheinbar nebensächlich hingeworfenen Bemerkung irgendwelche Wirkung versprach. Er schien es auch nicht zu gewahren, daß sich Brigitte Hartmanns rechte Hand um ihr Knie krampfte. Im übrigen sah sie so gleichmütig aus wie vorher. Um den Mund spielte sogar ein dünnes Lächeln.

»Das kann mir vollkommen egal sein,« sagte sie mit einer wegwerfenden Kopfbewegung. »Was gehts mich an? Er hat ja mit seinem Geld tun können, was ihm beliebte. Ich sehe nicht, was mir geschehen soll. Das Geld liegt ja noch auf der Bank; bitte. Die Verlassenschaftshandlung ist noch gar nicht abgeschlossen; also bitte. Meine Kinder haben ihren gerichtlich bestellten Vormund, ich selber hab meinen Advokaten: was soll mir also geschehen, bitte?«

Laudin zeigte sich verwundert. »Wie meinen Sie das, gnädige Frau?« fragte er, an der gesellschaftlichen Anrede mit einer Beharrlichkeit festhaltend, die ihm wahrscheinlich zur Erreichung ähnlicher Zwecke schon gute Dienste geleistet hatte, »wie meinen Sie das: geschehen, was Ihnen geschehen soll –? Sie verkennen durchaus die Absicht meines Besuches –«

»Ah, nein,« unterbrach ihn Brigitte Hartmann schroff, »ich kenn mich aus. Man will mir auf den Zahn fühlen. Ich bin doch kein heuriger Hase mehr. Wen hat denn Hartmann gehabt außer der Lanz? Keine Menschenseele. Er war ja viel zu verdreht im Kopf, Gott verzeih mir die Sünde, wenn es eine ist, als daß er irgend jemand Vertrauen geschenkt hätte. Mir machen Sie nichts vor, Herr Doktor, Sie entschuldigen schon, aber bei uns auf dem Land redet man wie einem der Schnabel gewachsen ist. Ich rate Ihnen nur, schaffen Sie sich den herbei, der das Duplikat haben soll. Bitte. Bis dahin haben wir ja Zeit, die Sache zu beschlafen. Bitte.« Ihre Stimme war laut und schrill geworden, und sie blickte Laudin an wie eine Frau, die gesonnen ist, im Bewußtsein ihres guten Rechts nicht um Haaresbreite von der Stelle zu weichen.

»Das verhält sich nicht ganz so, gnädige Frau,« sagte Laudin fast schmeichelnd in seiner Höflichkeit; »da betrachten Sie die Dinge etwas zu laienhaft. Angenommen selbst, das Duplikat wäre nicht vorhanden, lassen wir das einstweilen auf sich beruhen, so wissen Sie doch nicht, ob wir nicht einen Zeugen haben, der die Angaben Ihres verstorbenen Gatten in bezug auf das erste Testament zu beschwören bereit ist. Und angenommen, auch der Zeuge wäre nicht aufzutreiben, so kann der Richter, sobald die Sache anhängig wird, und das wird sie, dessen seien Sie versichert, Ihnen den Eid zuschieben. Sie würden also Ihrerseits zu beschwören haben, daß Sie das Testament weder gesehen, noch es berührt, noch von ihm gewußt haben. Dann ist der Fall allerdings erledigt, das heißt so lange erledigt, bis wir den Beweis in Händen haben, daß das Testament, dem geschworenen Eid entgegen, in Ihrem Hause sich befunden hat und daß Sie davon Kenntnis gehabt haben. Eine dritte Person kann nicht in Frage kommen. In diesem Augenblick wären Sie natürlich des Meineids überführt. Auf die Folgen brauche ich Sie nicht aufmerksam zu machen. Ich bitte vielmals um Verzeihung, aber Sie haben mich selbst zu dieser juristischen Belehrung herausgefordert; ich erteile sie und tue damit nur meine Pflicht.« Er stand auf und verneigte sich.

Noch immer saß Brigitte Hartmann kerzengerade. Aber jetzt hatte auch die andere Hand das andere Knie umklammert. Eine Weile schwieg sie wie erstarrt, dann begann sie, indem sie sich langsam erhob und ebenso langsam die Arme verschränkte: »Das sind ja schöne Sachen, die Sie mir da sagen. Danke ergebenst. Danke für die Belehrung, Herr Doktor« (sie knickste zweimal spöttisch). »Aber wie komm ich dazu, frag ich Sie. Bin ich vom Haus weggelaufen oder er? Hab ich meine Kinder im Stich gelassen oder er? Auf und davon und sich nicht mehr geschert, bitte. Wie ich es Ihnen hier erzähle, eines Tages auf und davon, ohne eine Silbe zu reden, und Frau und Kinder und Haus und Wirtschaft hat der Teufel holen können. Handelt so ein Mann, bitte? handelt so ein Vater? Wo steht denn das im Gesetz geschrieben, wenn Sie mich belehren wollen, bitte? Ist das erlaubt? Gibts denn so etwas, außer bei den Hottentotten, und ich weiß nicht, ob bei denen, daß ein Familienvater nach elfjähriger Ehe Knall und Fall davonläuft, als ob er aus dem Wirtshaus hinausginge? Das erste beste Frauenzimmer zusammenpackt, entschuldigen schon, junger Herr, und mit ihr auf Nimmerwiedersehn verschwindet? Und in der Fremde verkommt wie ein Handwerksbursch? Und sein Fleisch und Blut behandelt, als wärs ein Dreck? Wo ist da die Belehrung, wo ist da das Gesetz, bitte?«

Sie hatte sich in Wut und Wildheit geredet. Die Lippen waren plötzlich weiß und dünn. Je lauter und schneller sie sprach, je deutlicher bemerkte man im rechten Oberkiefer eine Zahnlücke. Mit flammenden Blicken maß sie die beiden Männer. Konrad Lanz hatte ihr das Gesicht zugekehrt und schaute sie finster an. Laudin zeigte die Miene aufmerksamen Lauschens und stellte sich überrascht. »Da sind Sie freilich zu beklagen, gnädige Frau, wenn es sich so verhält,« antwortete er in teilnahmsvollem Ton; »nach allem, was ich von Ihrem verstorbenen Gatten gehört habe, scheint er doch ein gewissenhafter und leichtfertigen Entschlüssen nicht geneigter Mann gewesen zu sein. Danach hätte man erwarten sollen, daß er seine Familie ausreichend versorgt hat, bevor er seine Zuflucht bei einer andern Frau suchte. Ich bin sehr erstaunt. Und vor allem hätte man meinen sollen, daß er sich mit Ihnen wegen einer möglichen Scheidung oder Trennung verständigt hätte, daß er die Freiheit von Ihnen verlangt hätte. Das war doch das mindeste, was er Ihnen schuldig war. Hat er denn das nicht getan? Ich bin wirklich erstaunt –«

Brigitte Hartmann errötete matt. Es war ein Hauch, der gleich wieder verging. Einen Augenblick verlor sie die Fassung. Sie schaute Laudin argwöhnisch an, dann glitt ein eigentümlich düsteres Lächeln über ihre Züge. Mehrmals machte sie einen Ansatz zum Sprechen, dann verpreßte sie die Lippen wieder. Sie begann im Zimmer hin und her zu gehen, als ob sie allein wäre. Ohne ersichtlichen Grund zog sie an einer der Vorhangschnüre, und der Vorhang bauschte zurück. »Scheidung,« sagte sie plötzlich mit rauher, viel dunklerer Stimme. »Darüber könnte man allerdings was erzählen. Freiheit. Das Wort kenn ich. Hast du nicht Freiheit genug? hab ich ihn gefragt; rennst Tag und Nacht herum, wo dirs beliebt; leg ich dir vielleicht was in den Weg? Hätte er sich eine Geliebte gehalten. Bitte. Von mir aus. Tu, was du nicht lassen kannst. Aber Scheidung? Dazu hab ich das Recht nicht gehabt. Ist denn eine Ehe ein Fetzen Papier, daß man sie zerreißen kann, wenn einen die Laune ankommt? Doch da wird geredet und geredet. Gut, schön, wenns dich glücklich macht: Scheidung, sag ich. Aber so und so, ich will meine Sicherheit. Ich brauch mein Schuldlosigkeitszeugnis vor der Welt. Schön, wird erledigt. Nachher schlägt einem das Gewissen. Man ist eine Frau. Ich bin eine Mutter. Man darfs nicht tun. Wie soll ich meinen Kindern in die Augen schauen? frag ich ihn, frag ich vor allem mich selber. Bis an mein Lebensende hätten sie mirs vorwerfen können; ihnen den Vater rauben, ich, die Mutter? Da war eine Stimme in meinem Herzen, die hat gerufen: Nein, Brigitte. (Sie klopfte sich in seltsamer Leidenschaftlichkeit mit der Faust gegen die Brust.) Im Schlaf sind mir die Buben erschienen und haben mich auf den Knien gebeten: Tus nicht, Mutter. Wie ich am Grab meiner Eltern war, hab ich ihre Stimme gehört: Versündige dich nicht, Kind. Hab ich da nicht die Pflicht gehabt, den Mann festzuhalten, den bösen Geist in ihm zu bekämpfen? Da hätte man ja keine Religion in sich, wenn man da schwach geblieben wäre. O nein, o nein.«

Sie ging auf und ab, auf und ab, immer erregter, ganz in sich hineingewendet, oder als spräche sie zu ihm noch, der längst Schatten war. Es war verbissene Erinnerung an Worthader, Wiederaufquellen vom Gift des Redetausches und der rachsüchtigen Wollust des Einanderaufreißens. »Nie kann ich ihm verzeihen, nie; wie im Leben nicht, so im Tode nicht,« stieß sie durch die Zähne hervor, und darin war solche Aufrichtigkeit des Hasses und der ungestillten Erbitterung, daß sich Laudin dem Eindruck sichtlich nicht entziehen konnte, trotz allem, was er wußte und sah, als habe er einen Menschen vor sich, dessen Sache strittig war und der noch nicht verurteilt werden durfte.

»Die Erörterung darüber steht mir nicht zu,« sagte er abschließend; »Sie erwähnten vorhin, daß Sie einen Anwalt haben, gnädige Frau; beraten Sie sich mit ihm; andernfalls, wenn Sie vorziehen sollten, die Angelegenheit mit mir zu erledigen, bin auch ich dazu bereit. Es bedarf nur einer Nachricht. Ich werde warten, bis Sie kommen.«

»Bitte,« sagte Frau Hartmann, steif vor ihm stehend und ihn mit gefurchter Stirn und bohrendem Blick betrachtend. Es war, als wolle sie noch etwas sagen und als weigere sich die Zunge. Es hatte den Anschein, als spüre sie mit Unwillen und Widerstreben die zwingende persönliche Macht in Laudin und fürchte sein Fortgehen wie eine Gefahr, vor der sie sich noch schützen mußte. Aber sie blieb stumm.

Während der Rückfahrt in die Stadt lehnte sich Laudin mit geschlossenen Augen in die Ecke des Wagens. Konrad Lanz, obwohl er darauf brannte, seine Meinung zu hören, hütete sich, das Schweigen zu brechen.

»Da haben Sie sie,« sagte Laudin endlich leise und ohne die Lider zu erheben, »da haben Sie sie mit Haut und Haar, die Tigerin der Legitimität.«

»Und was kann man von all dem hoffen?« fragte der junge Mensch traurig.

»Wir werden sehen. Sie wird kommen, dann werden wir sehen.«

»Sie glauben wirklich, Herr Doktor, daß sie kommen wird–?« Konrad Lanz schüttelte zweifelnd den Kopf.

»Ich glaube es nicht nur, ich weiß es. Und wenn mich nicht alles trügt, wird es dabei noch sonderbare Eröffnungen geben.«


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