Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

4

»Ich weiß nicht, warum Marl heute morgen nicht wiedergekommen ist«, sagte Jim Beardmore unwillig. Er stand mit Jack und Mr. Yale auf der Terrasse, von wo aus sie die Umgebung überschauen konnten.

Der Morgenzug war bereits eingelaufen und weitergefahren. Nur die Rauchfahne war in der Ferne noch zu sehen.

Jim Beardmore rieb sein Kinn.

»Ich will lieber Froyant anrufen und ihm sagen, daß er nicht zu kommen braucht. Marl ist mir ein Rätsel. Ich glaube allerdings, daß er jetzt ein ganz tüchtiger Kerl ist. Früher hat er mit den Gerichten zu tun gehabt – Diebstahl. Hat sich aber gebessert, wenigstens hoffe ich es. Was hat ihn eigentlich gestern so aus der Fassung gebracht, Jack? Er sah wie der leibhaftige Tod aus, als er ins Arbeitszimmer kam.«

»Ich habe nicht die geringste Ahnung. Vielleicht hat er ein schwaches Herz. Er erzählte nur, daß er ab und zu solche Anfälle hätte.«

Beardmore lachte leise, ging ins Haus und kam mit einem Spazierstock zurück.

»Ich mache einen kleinen Spaziergang. Nein, du brauchst nicht mitzukommen. Ich muß über Verschiedenes nachdenken. Ich verspreche Ihnen, Yale, daß ich das Grundstück nicht verlasse. Aber ich glaube bestimmt, Sie nehmen die Drohungen dieser Raufbolde zu wichtig.«

»Und das Zeichen am Baum?« fragte der Detektiv.

Jim Beardmore brummte verächtlich.

»Es gehört schon mehr dazu, um hunderttausend Pfund aus mir herauszupressen!«

Er winkte mit der Hand zum Abschied, als er die breite Treppe hinunterging und durch den Park schritt.

»Befindet sich mein Vater wirklich in Gefahr?« fragte Jack.

Yale, der dem alten Herrn nachsah, drehte sich plötzlich um.

»In Gefahr?« wiederholte er. »Ja, ich glaube, er ist in den nächsten Tagen sogar in größter Gefahr.«

»Ich hoffe, Sie haben unrecht. Vater scheint die Sache nicht so ernst zu nehmen wie Sie.«

»Weil er noch nicht die nötigen Erfahrungen hat. Wie ich hörte, hat er Inspektor Parr aufgesucht, und Parr ist derselben Meinung wie ich.«

Jack mußte trotz seiner Sorge lachen.

»Wie können Wolf und Schaf zusammenkommen?« fragte er. »Ich dachte nicht, daß das Polizeipräsidium für Leute Ihrer Art viel übrig hat.«

»Ich bewundere Parr«, sagte Derrick langsam. »Er geht nicht schnell, aber gründlich vor. Man hat mir gesagt, er wäre einer der gewissenhaftesten Beamten im Polizeipräsidium. Aber nach dem letzten Verbrechen des Roten Kreises haben ihm die hohen Herren wahrscheinlich ziemlich unverblümt gesagt, er könne sein Entlassungsgesuch einreichen, wenn er die Bande nicht endlich hinter Schloß und Riegel bringe.«

Die Gestalt Mr. Beardmores war inzwischen im Schatten eines kleinen Waldes am Rande des Anwesens verschwunden.

»Ich habe bei der letzten Affäre mit ihm gearbeitet«, fuhr der Detektiv fort. »Es fiel mir auf –«

Plötzlich hielt er inne, und die beiden schauten sich an.

Der Schall war nicht zu verkennen. In dem kleinen Wäldchen war ein Schuß gefallen. Im nächsten Augenblick sprang Jack die Terrasse hinunter und eilte auf das Gehölz zu. Derrick Yale folgte ihm.

Sie fanden Jim Beardmore auf dem Waldweg. Er lag auf dem Gesicht und war tot. Während Jack noch entsetzt auf seinen Vater niederschaute, eilte ein junges Mädchen aus der entgegengesetzten Seite des Waldes. Rasch wischte sie etwas Rotes von ihrer Hand und floh dann im Schutz der Hecke, die Froyants Besitztum begrenzte.

Thalia Drummond sah sich nicht um, bis sie das kleine Landhaus erreicht hatte. Ihr Gesicht war weiß und verzerrt, und ihr Atem kam stoßweise, als sie einen Augenblick in der Tür stehenblieb und nach dem Wald zurücksah. Dann trat sie rasch ins Haus, kniete auf den Fußboden nieder und nahm mit zitternden Händen eins der Bretter heraus. Schnell warf sie den Revolver, den sie in der Hand gehalten hatte, in die Höhlung und schloß das Loch wieder.


 << zurück weiter >>