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Beim nächsten Morgengrauen schritten zwei dunkle Gestalten auf der Via Appia der Campania zu. Es waren dies Nazarius, der Sohn der Miriam, und der Apostel Petrus, der Rom und seine Glaubensbrüder verließ.
Die Nebelschleier zerrissen, und die weite Campania mit den darauf zerstreuten Häusern und Grabmälern und mit den vereinzelten Baumgruppen, in deren Tautropfen die aufgehende Sonne sich spiegelte, wurde sichtbar.
Auf dem Wege war kein Mensch zu sehen. Die Landleute, welche Sommergetreide und Gartenerzeugnisse nach der Stadt fuhren, sah man noch nicht. Die Steinfliesen, mit denen der Weg bis ins Gebirge ausgelegt war, hallten wider von dem Klappern der Holzschuhe, welche die beiden Wanderer an den Füßen trugen.
Es schien dem Apostel, als ob der aufgehende goldene Sonnenball, anstatt höher und höher zu steigen, vom Gebirge abwärts und den Weg entlang rolle. Er hielt den Schritt an und fragte: »Siehst du das Licht, das auf uns zukommt?«
»Ich sehe nichts!« entgegnete Nazarius.
Doch Petrus bedeckte nach einer Weile die Augen mit der Hand und sprach:
»Eine Gestalt naht uns im Sonnenglanze!«
Es war nicht das leiseste Geräusch nahender Schritte vernehmbar. Nazarius sah nur die Bäume in der Ferne beben, als würden sie geschüttelt, und gewahrte staunend einen sich immer weiter über die Ebene verbreitenden Lichtschein. Er sah den Apostel verwundert an.
»Was ist dir, Rabbi?« fragte er unruhig.
Den Händen des Apostels war der Reisestab entfallen, und er starrte mit halbgeöffneten Lippen unbeweglich vor sich hin; auf seinen Mienen wechselten Erstaunen, Freude und Begeisterung. Plötzlich warf er sich auf die Knie, streckte die Arme aus und rief:
»Christus! Christus!«
Und er warf sich zur Erde nieder, als ob er jemandes Füße küßte.
Lange verharrte er so stillschweigend, dann vernahm man die von Schluchzen unterbrochene Stimme des Greises:
»Domine, quo vadis?«
Nazarius vernahm keine Antwort, Petrus aber hörte eine traurige, sanfte Stimme:
»Weil du mein Volk verlassest, so gehe ich nach Rom, um mich zum zweiten Male kreuzigen zu lassen!«
Das Antlitz im Staube, lag der Apostel lange sprach- und regungslos. Nazarius fing schon an zu fürchten, daß der Greis ohnmächtig oder gar tot sei. Doch raffte er sich plötzlich auf, erhob sich, griff mit zitternden Händen nach dem Pilgerstabe und wandte sich, ohne ein Wort zu reden, wieder der Siebenhügelstadt zu.
Der Knabe, dies erblickend, fragte wie ein Echo: »Quo vadis, Domine?«
»Nach Rom,« versetzte der Apostel.
Und er kehrte zurück.
Paulus, Johannes und Linus wie auch die übrigen Gläubigen empfingen ihn verwundert und erschrocken, denn bald nach seinem Weggange, im ersten Morgengrauen, hatten Prätorianer das Haus der Miriam umringt und den Apostel darin gesucht. Doch er antwortete auf alle Fragen nur:
»Ich habe den Herrn gesehen!«
Noch an demselben Abend begab er sich nach dem Ostranium, um dort zu lehren und zu taufen. Täglich ging er dahin. Es schien, als ob jedes Wort, jede Träne Tausende Bekenner erzeugte. Der Kaiser badete sich förmlich in Blut, Rom und die ganze heidnische Welt raste. Alle Bedrängten und Leidenden suchten und fanden Trost in der Lehre von dem Gott, der aus Liebe zu den Menschen starb, um sie zu erlösen.
Petrus aber begriff jetzt, daß weder der Kaiser noch seine Legionen den wahren Glauben würden vernichten können. Er verstand jetzt, weshalb ihn der Herr von seinem Vorhaben, Rom zu verlassen, ablenkte. Diese Stadt des Stolzes, der Verbrechen, der Zügellosigkeit und der Macht fing an, seine Stadt zu werden – eine zweifache Residenz, aus der die Macht und das geistige Leben strömte.