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Der Ruf: Die Christen für die Löwen! hallte in ganz Rom wider, und bald zweifelte niemand, daß sie wirklich die Brandstifter waren. Der Rachegedanke vereinigte sich mit dem Verlangen nach großartigen Schauspielen, und man betrachtete die Christenverfolgung als Sühneopfer für die beleidigten Götter. Man legte auch schon neue Straßen an, legte Fundamente für neue Wohnhäuser, Paläste und Tempel. Mit großer Eile wurde jedoch ein großes hölzernes Amphitheater aufgeführt, in dem die Christen gemartert werden sollten. Aus allen Länderteilen und größeren italienischen Städten wurden wilde Tiere nach Rom gebracht. In Afrika veranstaltete man große Treibjagden, an denen sich die Stadtbewohner beteiligen mußten. Aus Asien brachte man Elefanten, Tiger, vom Nil Krokodile und Nilpferde, vom Atlas Löwen, aus den Pyrenäen Wölfe und Bären, aus Hibernien grimmige Hunde, und riesige Auerochsen aus Germanien. Die Vorstellungen sollten alles bisher Dagewesene in Schatten stellen, Cäsar selbst wollte die Erinnerung an den Brand in dem Blute der Christen ertränken.
Das aufgebrachte Volk war den Nachtwachen, den Prätorianern bei der Suche nach Christen behilflich, und es war nicht schwer, sie zu finden, da sie sich selbst zu erkennen gaben und keinen Widerstand leisteten. Die Widerstandslosigkeit vermehrte nur die Wut des Volkes, das dies für Trotz hielt. Die Menge wurde rasend; es kam vor, daß Christen den Prätorianern genommen und in Stücke gerissen wurden. Die Frauen schleppte man an den Haaren in die Gefängnisse, die kleinen Kinder schlug man an die Mauer oder gegen Steine. Tausende Menschen durchzogen am Tage und abends heulend die Straßen und suchten die Opfer zusammen, vor den Gefängnissen wurden Lichter angezündet, Wein in großen Mengen verabreicht, ausgelassene Spiele und Tänze aufgeführt, und diesem schamlosen Treiben mußten die Gefangenen zusehen.
Tausende Christen saßen in den Gefängnissen, und anstatt zu weinen oder den göttlichen Imperator um Gnade anzuflehen, warteten sie geduldig auf ihren Tod und stimmten Lobgesänge zu ihrem einzig wahren Gott an. Auf dem Palatinus wußte man genau, daß auch Flavius, Domitilla, Pomponia Graecina, Cornelius Pudens und Vinicius Christen waren, doch wagte man es der Menge nicht zu sagen, daß auch diese zu den Brandlegern gehörten.
Während der nächsten Tage versuchte Vinicius alles mögliche zur Rettung Lygias. Er suchte alle einflußreichen Augustianer auf, und er, der Stolze, bettelte um Hilfe. Aber die meisten lehnten jede Hilfe aus Furcht vor der Augusta ab. Andere nahmen sein Geld, ohne etwas zu tun. Da wollte Vinicius zum Kaiser und ihn um Gnade anflehen. Doch Petronius hielt ihn zurück. »Und was tust du, wenn er nein sagt, oder mit einem Scherze antwortet oder mit einer schändlichen Drohung?« Auch Petronius hatte nichts unversucht gelassen; das einzige, was zu erreichen war, bestand in Erleichterungen. Durch Akte, die Lygia im Gefängnis aufsuchte, bekam sie bessere Kleidung und Nahrung und wurde vor den Roheiten des ohnedies bestochenen Aufsehers geschützt.