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Am Hofe des Königs war ein Gast eingetroffen, welcher die bereits herrschende Verderbtheit und Lüderlichkeit zur vollen Blüthe und Entwickelung brachte. Es war dies die schöne, geistreiche, aber durch ihr galantes Leben bekannte Henriette von Orleans, die Schwester Karl des Zweiten und Schwägerin Ludwig des Vierzehnten, Beider Liebling. Sie gehörte zu den liebenswürdigen Frauen jener Epoche, welche mit dem höchsten Leichtsinne eine feine Bildung und einen intriguanten Geist verbanden. Dies waren die Diplomaten im Unterrock die Vorläufer jener Maitressenherrschaft, welche am Ende des siebzehnten und Anfang des achtzehnten Jahrhunderts an allen Höfen mehr oder minder Mode wurden, und oft den größten Einfluß auf das Schicksal der Staaten ausübten. Diese Damen verbanden die Liebe mit der Politik, die Koketterie mit der Staatskunst, sie gingen von einem zärtlichen Rendezvous zu einer Cabinetssitzung und knüpften und lösten mit ihren feinen und weißen Händen die Fäden der damaligen Politik; sie schlossen Bündnisse und führten Kriege auf dem schwellenden Divan nachlässig ausgestreckt und entschieden mit einem Blick, einem Lächeln die wichtigsten Fragen. Ihr ganzes Leben war ein Gewebe von Intriguen, wobei bald ihr Herz, bald der Staat die erste Rolle behauptete.
Henriette war Meisterin in diesem doppelten Spiel und nicht umsonst von Ludwig dem Vierzehnten nach England abgeschickt worden. Unter der Maske eines Besuches sollte sie die wichtigsten Verhandlungen anknüpfen. Es war auf nichts Geringeres abgesehen, als auf eine gänzliche Vernichtung und Umänderung des bestehenden Systems. England, welches bisher an der Spitze der protestantischen Staaten gestanden und noch vor Kurzem ein inniges Bündniß mit Schweden und Holland zum Schutze der Reformation und zur Abwehr gegen die Eroberungsgelüste Frankreichs geschlossen hatte, sollte diese unter dem Namen der Tripelalliance bekannte und von der Nation mit Jubel begrüßte Verbindung wieder auflösen, Holland den Krieg erklären und Ludwig dem Vierzehnten in seinen das Gleichgewicht Europa's verspottenden Plänen beistehen. Es handelte sich sowohl um den Sieg des Katholicismus, wie um den Triumph des absoluten Herrscherthums, welches in Ludwig seinen höchsten Ausdruck und eigentlichen Repräsentanten fand. Das Schicksal der Welt stand auf dem Spiel und Alles hing von der Entscheidung ab, die Karl des Zweite treffen würde. Die Umstände erleichterten Henriettens Aufgabe. Der König hatte seinen pedantischen, aber ehrenwerthen Minister Clarendon, der mit seltener Treue ihm ergeben war, zum Lohn für all die treuen Dienste schimpflich entlassen und in die Verbannung gesagt. Er machte gezwungen einer Rotte leichtsinniger und lasterhaften Gesellen Platz; Clifford, Ashley, Buckingham, Arlington und Lauderdale hießen die gewissenlosen Männer, welche jetzt das Cabinet leiteten und die höchsten Posten bekleideten. Der Volkswitz hat aus den Anfangsbuchstaben ihrer Namen das Wort »Kabale« gebildet, welches noch heut zu Tage dazu dient, um ein System der Lüge, Schurkerei und Gemeinheit zu brandmarken. Von solchen Ministern umgeben und beeinflußt verlor Karl den letzten Rest von Scham und Bedenklichkeit. Ausschließlich mit seinem Vergnügen beschäftigt, überließ er die Regierung diesen Ministern.
Henriette kannte die Schwächen ihres Bruders und hatte zur Vorsorge sich eine weibliche Bundesgenossin mitgebracht. Es war dies Fräulein von Querouaille, eines der schönsten Weiber Frankreichs. Als der König sie sah, stand sein Herz in Flammen. Das hatte seine Schwester erwartet und im Voraus ihrem Hof-Fräulein die nöthigen Anweisungen ertheilt.
In St. James-Palast wurde den Gästen zu Ehren eines der glänzendsten Feste gegeben. Die Säle strahlten in fabelhafter Pracht. Kostbare Tapeten, die herrlichsten Gobelins, bekleideten die Wände mit ihren kunstreichen Stickereien; von den getäfelten Decken hingen schwere Kronleuchter nieder, welche ein Meer von Glanz und Licht verbreiteten. Die Tische brachen fast unter der Last von Speisen und Getränken, welche in silbernen und goldenen Gefäßen aufgetragen wurden. – Gleich nach aufgehobener Tafel begann der Tanz, welche der König mit dem schönen Fräulein von Querouaille eröffnete. Ihnen folgte am Arme des verschwenderischen und leichtsinnigen Buckingham die reizende Henriette von Orleans, denen sich die übrigen Tänzer anschlossen. Es herrschte eine ausgelassene Lustigkeit, die einen wunderbaren Contrast zu der früher herrschenden puritanischen Strenge bildete. An die Stelle der finstern Schwärmer und rauhen Krieger war ein Schwarm von sittenlosen, übermüthigen Höflinge getreten, welche dem Beispiele ihres Gebieters folgten. Im rasenden Wirbel drehten sich die Paare, bis sie ermattet niedersanken. Die Männer erschöpften sich in Galanterien, welche sie wie ihre ganze Kleidung von Frankreich borgten. Hier und da trug wohl noch ein alter Cavalier, der unter Prinz Ruprecht oder unter dem Herzog von Newcastle gefochten, sein eigenes graues Haar und die ihm lieb gewordene Tracht; die jüngere Generation aber bedeckte ihr Haupt mit den stattlichen Lockenperücken, welche von Paris gekommen waren, das schon damals grade wie noch heut in der Mode den Ton angab. Die Röcke waren mit kostbaren Stickereien verziert und an der Seite steckte der feine Galanteriedegen, der das gewichtige Schwert gänzlich zu verdrängen drohte. Bunte Bänder flatterten von den Schultern nieder und eine Unzahl von künstlichen Schleifen gab dem Anzug der Männer einen weibischen Anstrich.
Die Damen am Hofe Karl des zweiten erschienen in leichten und durchsichtigen Gewändern; sie trugen ohne Scheu ihre Reize zur Schau, die von ihren Müttern sorgfältig verhüllt wurden, und bemühten sich hinter ihren französischen Vorbildern in keiner Beziehung zurückzubleiben. Englische Heiterkeit verband sich mit französischer Koketterie zu einem wunderlichen Gemisch, das wie Champagner und Porter vereint, einen doppelt schweren Rausch erzeugte und in eine fast gänzlich nackte Frivolität ausartete. – Dem Tanze folgte eine eigens zu diesem Feste geschriebene Maske von Dryden, welcher nach und nach den bereits veralteten Davenant in den Hintergrund drängte und mit dem Dichter Waller sich in den Ruhm eines vollendeten Hof-Poeten theilte. Auf dem Theater erschienen fast alle Götter des Olymp, von den Damen und Herren des Hofes dargestellt, um mit den übertriebensten Schmeicheleien die Ankunft der Herzogin von Orleans zu feiern. Schon mehrere Tage vor der Vorstellung waren alle weiblichen Darstellerinnen in keiner geringen Aufregung, wem von ihnen die Rolle des Venus zufallen würde. Es war dies ein Gegenstand von größter Wichtigkeit für die betreffenden Hofdamen, da es sich darum handelte, durch eine solche Wahl öffentlich zur Göttin der Schönheit ausgerufen zu werden. Sämmtliche Geliebten des Königs glaubten gerechte Ansprüche auf die Rolle zu haben und setzten alle ihnen zu Gebote stehenden Mittel in Bewegung, um ihren Zweck zu erreichen. Bitten und Drohungen, Schmeicheleien und Thränen wurden nicht gespart und keine war geneigt, ihre Ansprüche aufzugeben, sondern lieber entschlossen, das Aeußerste zu thun. Karl war in keiner geringen Verlegenheit und der Gegenstand beschäftigte ihn und sein Cabinet weit mehr, als die wichtigste Staatsangelegenheit. Endlich wurde nach mancher Berathung und geheimer Sitzung der Beschluß gefaßt, Fräulein von Querouaille die Rolle der Liebesgöttin zu ertheilen, wodurch sie gleichsam zur erklärten Geliebten des Königs erhoben wurde. Der ganze Hof hatte mit größter Spannung diese wichtigen Verhandlungen verfolgt und saß jetzt voller Erwartung vor dem Schauspiel.
Der Vorhang flog in die Höhe. Eine Schaar von untergeordneten Genien verkündigten die Nähe der Olympischen; endlich erschien der Götterzug unter den rauschenden Klängen eines feierlichen Marsches. An der Spitze schritt Ashley, ein Mitglied der Kabale, als Jupiter mit der goldenen Krone auf dem Haupte und dem Herrscherstabe in der Hand, ihm zur Seite wurde Lady Arlington in einem Wagen von zwei künstlichen Pfauen gezogen. Dem obersten Götterpaar schlossen sich die Uebrigen an, welche bald mit größerem, bald mit geringerem Beifall von den Zuschauern begrüßt wurden und zu allerlei witzigen und lebhaften Bemerkungen Veranlassung gaben.
– Beim Himmel! rief ein Höfling ziemlich laut. Dort kommt Grammont als Apoll mit seinen dürren Beinen, welche wie Spazierstöcke aussehen. Es gehört viel Muth dazu, darauf zu gehen.
– Und doch, flüsterte ein Anderer, hat er mehr als zwanzig Pfund Wolle auf seinen Körper verwendet. Was sagt Ihr zu Lady Cliffton als Diana?
– Daß sie in Ermangelung eines Aktäon ihrem Gatten ein Hirschgeweih an den Kopf gezaubert hat. Doch still! Wenn ich mich nicht täusche, kommt dort Venus mit den Grazien.
– Fräulein von Querouaille. Beim Zeus! Das Weib ist schön.
– Laßt Euch nur den Appetit vergehen. Die reizende Französin ist Regal und kein getreuer Unterthan darf das Wild im königlichen Park verfolgen, oder gar erlegen.
Ein allgemeiner Ausruf der Ueberraschung und Bewunderung empfing die Erscheinung der Liebesgöttin auf dem Theater. Von Amoretten umringt, bewegte sich ein silberner Muschelwagen über die Bühne, vor dem zwei flatternde Tauben gespannt waren. In demselben aber saß oder lag vielmehr das reizendste Weib der Welt nachlässig ausgestreckt. Wie kleine Schlangen ringelten sich unzählige schwarze Locken um die weiße Stirn, in der die dunkelschwarzen Augen loderten. Die schönsten Perlen und kostbarsten Diamanten, welche um den zierlichen Kopf funkelten, sollten die Wassertropfen der eben aus dem Meere entstiegenen Göttin darstellen. Ein blaues Florgewand schmiegte sich wie eine durchsichtige Welle um die schlanke Gestalt und war weit mehr darauf berechnet, die Reize derselben zu enthüllen, als zu verbergen. Neben ihr ging in prächtiger Rüstung der Graf Rochester als Mars, während Lord Wilmot als Vulkan hintendrein hinkte. Ein herrlicher Knabe begleitete sie als Amor und reichte ihr von Zeit zu Zeit einen vergoldeten Pfeil, den sie von ihrem zierlichen Bogen auf die Zuschauer abschoß.
Groß war die Bewunderung, welche diese Liebesgöttin erregte; besonders war der König und mit ihm sämmtliche Männer von so viel Anmuth und hinreißender Schönheit entzückt, wogegen die anwesenden Frauen ihren Neid durch allerlei spitzigen Bemerkungen zu erkennen gaben. So eben wollte das Fräulein von Querouaille die ihr von dem Dichter in den Mund gelegten Verse als Liebesgöttin beginnen, als aus der zweiten Coulisse ein ganz ähnlicher Wagen, ebenfalls mit Tauben bespannt, zum Vorschein kam. Aus demselben stieg in gleicher Kleidung eine zweite Liebesgöttin, die Niemand anders als die frühere Geliebte des Königs, Barbara Palmer, war. Die zurückgesetzte Favoritin konnte den Gedanken nicht ertragen, einer Fremden nachzustehen; sie hatte deshalb selbst auf die Gefahr hin, den Zorn des Königs zu erregen, dieselbe Maske gewählt und war so unvermuthet erschienen, um den Kampf der Schönheit mit ihrer Nebenbuhlerin zu bestehen. Alle Anwesenden, sowohl die Zuschauer, wie die mitwirkenden Darsteller wurden durch dieses unerwartete Schauspiel im Schauspiel nicht wenig überrascht. Ihre Augen waren auf Karl gerichtet, der anfänglich voll Erstaunen nicht zu wissen schien, ob er über diese Improvisation lachen, oder zürnen sollte.
Während dieser spannenden Scene maßen sich die beiden schönen Feindinnen mit stolzen und verächtlichen Blicken. Fräulein von Querouaille verlor indeß die Fassung nicht und begann im gebrochenen Englisch das Gedicht vorzutragen. Kaum daß sie zu Ende gekommen war, so repitirte ihrer Seits die frühere Geliebte des Königs einige Verse, welche der Situation vollkommen angepaßt waren. Es fand so ein anmuthiger Wettstreit statt, ein wahrhafter Kampf der Liebenswürdigkeit und Grazie vor dem ganzen versammelte Hof, der voll Theilnahme diesem seltsamen Ereigniß folgte. – Endlich erhob sich der König und unterbrach die ohnehin gestörte Vorstellung durch sein Einschreiten. Er reichte beiden Damen die Hand und flüsterte jeder von ihnen ein Wort ins Ohr, das halb wie eine Bitte, halb wie ein Befehl erklang. Jetzt näherten sich die Nebenbuhlerinnen einander und umarmten sich im Angesicht des Publikums, das in einen lauten Beifallsjubel ausbrach. Der Friede schien wenigstens für den Augenblick geschlossen, doch im Innern schürte die Eifersucht nach wie vor die lodernden Flammen.
Erst im Laufe des Abends und im Gewimmel des Festes gelang es dem König, sich von seiner früheren Geliebte zu befreien und mit Fräulein von Querouaille ungestört zu sprechen. Diese war im Voraus durch Henriette von Orleans über ihre Rolle belehrt. Jede Gunst, die sie Karl gewährte, wurde um einen theueren Preis verkauft. In einem entlegenen Cabinet lag der König zu den Füßen der Liebesgöttin. Die Glut einer verschwiegenen Ampel goß ihren rosigen Schimmer über die reizende Gestalt; aus der Ferne tönten die Klänge einer wollüstig verführerischen Musik.
Ich gebe meine Krone, sagte Karl, für Euch und Eure Liebe.
– Die beanspruche ich nicht, entgegnete die Französin, auch gehört sie Euch nicht mehr, sondern Eurer Gattin.
– Erinnert mich nicht an das Opfer, welches ich den Verhältnissen bringen mußte. Wir armen Fürsten sind zu beklagen.
– Armer König! scherzte das Fräulein.
– Ich kann Euch nicht mehr bieten als mein Herz.
– Das ich mit hundert andern Frauen theilen müßte, unter andern mit Barbara Palmer, Nelly Gwin und so weiter.
– Ihr seid grausam, aber ich schwöre Euch.
– Nur keinen Meineid. Man hat mich vor Euren Schwüren gewarnt. Der König ist, wie man sagt, nur beständig in der Unbeständigkeit.
– Stellt mich auf die Probe und verlangt, was Ihr wollt von mir, rief Karl durch ihren Widerstand nur noch mehr entflammte.
– Ich bin eine gute Katholikin und für mein Seelenheil besorgt. Ein Ketzer kann nie mein Geliebter werden, das würde mir die Kirche nicht vergeben.
– So will ich Euch zu Liebe katholisch werden.
– Das läßt sich hören, entgegnete sie kokett. Wenigstens hätte ich dann ein Verdienst um meinen Glauben und ich wäre minder schuldig. Sagt, ist es Euch mit Eurem Versprechen Ernst?
– So wahr ich Karl heiße und König von England bin. Ich sage wie Euer Heinrich der Vierte: ein solches Weib ist schon eine Messe werth.
– Es heißt, Paris ist eine Messe werth.
– Ich gebe Paris und London dazu für einen Kuß von Euren Rosenlippen.
– Halt! So schnell kommt Ihr nicht zum Ziel. Ich bin nicht nur eine fromme Katholikin, sondern auch eine gute Französin. So lange Ihr es mit den ketzerischen Schweden und Holländern haltet und gegen Frankreich steht, sollt Ihr auch nicht eine Fingerspitze von mir bekommen.
Dabei zog sie ihre weiße, feine Hand aus der des Königs zurück und schmollte so lieblich, daß Karl durch ihre Koketterie vollends den Rest seiner Besinnung verlor und in Alles eingewilligt hätte, was sie von ihm verlangte.
– Ich beneide Euren König nicht um seinen Ruhm, sondern um die reizendste Unterthanin, die so warm für ihn zu sprechen versteht; doch Ihr wißt nicht, was Ihr von mir fordert. Ich soll die Tripelalliance auflösen, das heißt, die öffentliche Meinung von ganz England herausfordern, das um diese Verbindung mit den protestantischen Mächten mir alle übrigen Schwächen und Fehler nachsteht. Schaut mich nicht so verwundert mit Euren großen, blauen Augen an, denen ich nichts abzuschlagen vermag; aber es ist kein Spaß, wenn alle Parteien sich gegen mich auflehnen und ein Geschrei erheben, daß mir die Ohren klingen. Es ist gefährlich, höchst gefährlich; denn unter uns gesagt, das Volk läßt sich viel gefallen, so lange ich nicht geradezu seine protestantische Ueberzeugung antaste. In diesem einen Punkte ist es wie ein störrisches Pferd, das sich bäumt und möglicher Weise seinen Reiter abwirft, wenn er nicht fest im Bügel sitzt.
– Ich habe Euch stets für einen guten Reiter gehalten, der sein Roß zu zügeln weiß.
– Was wird das Parlament sagen? fragte Karl nachdenklich, denn trotz seines Leichtsinns besaß er hinlänglich Verstand, um seine Lage zu durchschauen. Nur seine Leidenschaften machten ihn blind und ihnen opferte er meist seine bessere Ueberzeugung auf.
– Das Parlament, lächelte die Französin mit ihrem Fächer spielend und einen leichten Schlag durch die Luft führend, das jagt man fort, wenn es einem lästig fällt, grade wie ich es mit der Fliege thue, die mich jetzt umschwärmt.
– Teufel! das geht nicht so rasch und leicht wie Ihr Euch einbildet; das Parlament ist keine Fliege, sondern eine Wespe, welche stechen kann.
– Dann schlägt man die Wespe todt. Macht es so, wie es der König von Frankreich mit seinem Parlamente gemacht hat. Mit der Reitpeitsche in der Hand, hat er die Herren zum Schweigen gebracht.
– Aber zwischen unserem England und Eurem Frankreich ist noch ein großer Unterschied. Unsere Herrschaft ist nur eine beschränkte und kein König hat es bisher gewagt, ohne Parlament zu regieren.
– So wagt Ihr es zum ersten Mal. Ich habe den Auftrag, Euch die Unterstützung Seiner Majestät, des Königs Ludwig, zuzusichern, der Euch mit den nöthigen Hülfsmitteln versehen will, um seinem erhabenen Beispiele zu folgen.
Mit diesen Worten zog die schöne Französin aus ihrem verlockenden Busen einen bereits ausgefertigten Vertrag hervor, der alle die von ihr erwähnten Punkte enthielt. Mit verführerischem Lächeln reichte der weibliche Botschafter dem lüsternen König das Papier zur Unterzeichnung hin. Karl durchlas es und schien zu schwanken. Trotz seines Leichtsinns schreckte er vor einem Plane zurück, der nichts Geringeres bezweckte, als die Zurückführung Englands in den Schoos der katholischen Kirche und die Abschaffung des Parlaments. Er war zwar in religiösen Dingen vollkommen indifferent und sah in der Vernichtung der Verfassung nur die Beseitigung eines ihm lästigen Zwanges, aber er erkannte auch die ihm daraus erwachsenden Gefahren mit richtigem Blicke. Zu träge, um einen so gewichtigen Entschluß zu fassen, besaß er eben so wenig den Muth und den Willen den Vorschlag anzunehmen, oder abzulehnen. Voll Erwartung beobachtete Fräulein von Querouaille die Züge ihres Geliebten. Als sie ihn zögern sah, ergriff sie seine Hand und drückte mit schmeichlerischen Liebkosungen die Feder zur Unterschrift in dieselbe.
– Ihr wißt nicht, was Ihr von mir verlangt.
– Einen Beweis Eurer Liebe für mich. Nur unter dieser Bedingung kann ich Euch angehören.
Das reizende Weib lehnte sich über seine Schultern, als wollte sie den Inhalt des verhängnißvollen Papiere's kennen lernen. Ihr duftiger Athem berauschte ihn, ihre seidenweichen Locken streiften seine Wangen und ihre elektrische Berührung fachte die lodernde Glut in seinem Herzen zu verzehrenden Flammen an. Ihr Auge schaute so sehnsuchtsvoll verlangend, so flehend in das Seinige, daß er kaum zu widerstehen vermochte. Er wußte selbst nicht, wie es kam, aber ihre Hand führte die Feder, die er noch immer in seiner Hand hielt, und mechanisch schrieb er mit ihrer Hülfe seinen königlichen Namen unter den Vertrag. Mit einem Federzug war das Schicksal Englands entschieden, er selbst zu einem Vasallen Ludwigs des Vierzehnten herabgesunken, von dem er von nun an einen förmlichen Jahrgehalt bezog, den er zur Befriedigung seiner verschwenderischen Leidenschaften verwendete. – Die zärtlichste Umarmung und die heißen Küsse des weiblichen Diplomaten erstickten die aufsteigenden Bedenklichkeiten des Königs.
Um einen solchen Preis erkaufte Karl die Liebe des Fräulein von Querouaille.