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Auf der Heide vor dem Dorfe lagen Zigeuner; ihre Weiber waren fett, ihre Pferde mager. Und mager waren auch die Hunde, die unter den einen Wagen gebunden waren.
Es waren drei schottische Schäferhunde, ein gelber Weimaraner Vorstehhund, ein weißer Setter, ein eisengrauer Wolfspitz und ein schwarzer, rotgebrannter Teckel. Sie balgten sich um Knochen und trockne Brotrinden und sahen dem feinsten Zigeuner, der an dem Wagen vorüberging, mit haßerfüllten Augen nach; denn sie waren überall zusammengestohlen.
Einzig und allein ein junger Terrier war nicht unter dem Wagen, sondern drei Bengels und zwei Mädchen spielten mit ihm nach Zigeunerart. Sie zerrten ihn an einem Stricke hin und her, fingen Bienen, die sie ihm ansetzten, um sich an seiner Angst zu weiden, steckten ihm eine nackte schwarze Schnecke in das Maul und wollten sich totlachen, als er das Tier herauswürgte und die Nase im Grase rieb, um den üblen Geruch loszuwerden, und schließlich warfen sie ihn so lange in den Teich, bis er zuletzt halb ertrunken herauskam und vor Todesangst hübsch machte.
Gerade wollten sie ihn noch einmal in das schlammige Wasser werfen, da schrie der älteste Lümmel hell auf und flog kopfüber in den Teich, ein anderer folgte ihm und der dritte rieb sich das Bein; ein lang aufgeschossener Junge von sechzehn Jahren stand mit einem Eichenstock in der Faust vor ihnen und schlug mit zornrotem Gesicht rechts und links auf die beiden Bengels, die katzennaß aus dem Schlamm krochen, ein, ohne sich um das Gekreisch der beiden halbnackten Mädchen und das Gekeife von zwei schmierigen Hexen, die hinter dem Wagen hervorgeschossen kamen, zu kümmern. Er nahm den zitternden Hund auf den Arm und ging dem Forsthause zu, dessen schwarzweißes Fachwerk freundlich von dem Walde hersah.
Eine Stunde später kamen drei Gendarmen angeritten und brachten die Zigeuner, die des Pferdediebstahls verdächtig waren, nach der Kreisstadt. So blieb der Terrier auf der Försterei. Dort hatte er es gut, denn der Hegemeister und seine Frau waren sehr tierlieb, und als der Forstlehrling das Tier anbrachte und erzählte, wie er dazu gekommen war, sagte sein Lehrprinz: »Von Rechts wegen durftest du das nicht tun; aber wahrscheinlich hätte ich es genau so gemacht. Aber wie heißt er denn?« Ja, das wußte der Lehrling auch nicht und da sagte der Hegemeister: »Dann soll er Widu heißen!« Der Lehrling machte ein dummes Gesicht: »Wie ich?« Der Hegemeister lachte: »Wie ich nicht, Widu,« antwortete er.
Auf der Försterei gefiel es Widu ausgezeichnet, bald noch besser als in dem Hause in der großen Stadt, vor dessen Tor der Zigeunerbengel ihn am Viehmarkttage gestohlen hatte. Er wurde bald ebenso glatt und stämmig, wie er früher rauh und schlottrig gewesen war, hatte immer gute Laune und lernte alle möglichen Kunststücke, Totstellen, Apportieren, Verlorensuchen, Reifenspringen und Ballfangen. Ganz von selbst lernte Widu dann das Rattenjagen, und in sechs Wochen gab es keine Ratte mehr auf der Försterei. Im Februar nahm ihn der Hegemeister zum Fuchssprengen mit, und als der Hund sich dabei so vorzüglich machte, arbeitete er ihn spaßeshalber auch auf Schweiß, wenn ein Stück Rotwild oder eine Sau krank geschossen war. »Der Hund ist großartig, wenn er nur nicht solchen dummen langen Fang hätte,« pflegte er zu sagen; denn von Terriern verstand er nichts.
Es dauerte nicht lange, da sagte er das nicht mehr. Widu war ein leidenschaftlicher Jäger geworden, der nicht nur allein hinter den Hasen und Rehen umherhetzte, sondern auch Hirschmann, den Schweißhund des Hegemeisters, zum Wildern verführte.
Deshalb verschenkte der Hegemeister ihn an einen Kollegen, der ganz einsam in der Heide wohnte und einen wachsamen Kläffer haben wollte.
Es war im Januar, da warf der Hegemeister einen Brief, den er von dem Oberförster bekommen hatte, gegen die Wand, daß es knallte, denn der Oberförster schrieb ihm, es wäre ein Ministerialerlaß da, daß die Sauen abgeschossen werden sollten und am anderen Tage sollte in dem Belaufe des Hegemeisters getrieben werden. Das paßte dem Alten gar nicht, denn alles konnte er vertragen, nur keine Treibjagden, und so machte er am anderen Tage beim Stelldichein ein Gesicht, wie der Hund, wenn er am Bienenzaun vorbei muß. Mit einem Male bekam er helle Augen, denn er sah, daß Widu auch da war und sich mit Hirschmann sehr ungestüm begrüßte. Die Förster, die von den englischen Hunden nichts wissen wollten, machten sich über Widu lustig und fragten seinen Herrn: »Was ist das eigentlich für ein Gemüse? Sieht ja fast wie eine Kreuzung zwischen Handtuch und Kolkrabe aus,« denn ein weißer Hund mit schwarzen Abzeichen als Jagdhund, der kam ihnen lächerlich vor, und einer meinte: »Ist wohl so'n englischer Rattenfänger oder Aapenpintscher oder sonst so'n besserer Gutestubenhund?« Der Revierförster, der einen trockenen Humor hatte, meinte aber: »Kann wohl sein, denn Ratten fängt er ausnehmend gut; ob er aber auch Aapen pintscht, das weiß ich nicht.« Da platzten alle los.
Nach dem ersten Triebe wurden die angeschweißten Sauen nachgesucht, und kaum vernahm der Hegemeister, daß Widu in der Dickung Standlaut gab, da schnallte er Hirschmann und dieser machte, daß er zu seinem Freunde kam. Der Oberförster pirschte sich selbst an die kranke Sau heran und gab ihr den Fang und dann sagte er dem Revierförster, der mit ihm gegangen war: »Nehmen Sie die Hunde an!«
Das war leicht gesagt, aber schwer getan. Als der Förster lockte, sah Widu den Hirschmann und Hirschmann den Widu an, und dann, was hast du, was kannst du, weg waren sie, und sie hörten nicht, daß der Förster pfiff und brüllte und daß der Oberförster schimpfte und fluchte. »Da haben wir den Salat,« schrie er; »nun macht uns das Luderzeug das Jagen ratzekahl und wir können eine Meile weiter gehen!« So wurde es auch, man pfiff, man schrie, man blies, aber es war alles für die Katz. Jiffjiff, jaffjaff, hukhuk ging es; hier spritzten die Rehe aus der Dickung, da polterte das Rotwild über die Bahn, dort stoben die Sauen hin. In einer Viertelstunde war das unberührt gebliebene Jagen, das nach dem Frühstücke vorgenommen werden sollte, leer, und die Nachbarjagen auch. »Guten Morgen, meine Herren,« sagte der Forstmeister; »nun können wir nach dem Schwierbruche gehen. Verfluchtige Zucht.«
Als er sah, daß der Hegemeister gar nicht mehr so brummig aussah wie vorhin, drohte er ihm mit dem Finger und sagte: »So, darum haben Sie Ihren Transpirierköter wohl bloß geschnallt, damit er mit dem Schachbrett sich einen lustigen Tag machen sollte!« Der Hegemeister schüttelte den Kopf: »I wo wer' ich denn, Herr Oberförster!« Aber als der Oberförster sich umdrehte, grinste der Alte ganz schmutzig hinter ihm her und gab Widus Herren eine feine Zigarre und einen noch feineren Kognak.
Widu bekam gehörige Wichse, als er sich bei der Försterei einstellte, und von da ab hatte er es nicht mehr so gut, denn er mußte an der Kette liegen. Nun diente eine Magd auf der Försterei, die auf ihre Herrschaft ärgerlich war, weil diese sie nicht so oft zum Tanzen gehen ließ, wie sie mochte; und darum brachte sie dem Hunde die Kunst bei, sich das Halsband abzustreifen und wieder hineinzuschlüpfen, und nun wilderte er so lange, bis der Förster hinter seine Streiche kam, ihn in eine Kiste steckte und zu einem Kollegen schickte, der in einem Hofjagdrevier angestellt war. Er legte einen Brief dabei und darin stand: »Widu heißt er, ist ein ausgemachter Schweinehund und jagt ganz vorzüglich an Sauen, aber auch an allem andern, was Haar hat. Totschießen mag ich ihn nicht; steckt ihn in die Findermeute.«
So wurde Widu Mitglied der Findermeute und wurde bei dem Arbeiter Grammann eingestellt. Dort hatte er es nicht so besonders, denn die Kost war mäßig und er mußte, weil er ein Wilderer war, einen Knüppel tragen, weswegen er sich das Jagen bald abgewöhnte. Ab und zu hatte er doch sein Vergnügen, denn wenn Grammann keine andere Arbeit hatte, grub er Hamster aus und Widu biß sie tot, oder sein Herr jagte in den Scheunen auf Marder und Iltisse und dabei machte sich der Hund so gut, daß er mit der Zeit ohne Knüppel laufen durfte, wenn Grammann im Felde zu tun hatte. Dann schnüffelte er in den Gräben und Wasserfurchen umher, grub Mäuse aus, beschlich Wühlratten und packte auch ab und zu einen Hamster. Im Dorfe war er sehr beliebt, denn wer Ratten auf seinem Hofe hatte, der ließ Widu holen, und der machte kurzen Prozeß mit ihnen. Mit der Zeit jagte er von selber auf Ratten, besonders in nebeligen Nächten, und dabei stellte er einmal einen fremden Kerl, der die Räucherkammer des Vorstehers geleert hatte und mit einem Sacke voll Schinken und Würsten sich aus dem Dorfe stehlen wollte; er ließ den Mann nicht von der Stelle und machte einen solchen Lärm, daß die Bauern aus den Betten sprangen und den Dieb festnahmen. Das brachte Widu eine dicke Leberwurst, die allgemeine Achtung, den Ehrentitel Obernachtwächter und die nähere Bekanntschaft des Forstmeisters ein, der ihn holen ließ, wenn Jungfüchse gegraben werden sollten.
Eines Tages sagte Grammann zu ihm: »Ja, Junge, morgen gibt es Arbeit für dich.« Widu dachte, es ginge auf Füchse, aber es kam anders. In aller Frühe holte ihn sein Herr aus dem Stall, in den er ihn der Sicherheit halber mit »Wasser«, einem rasselosen Fixköter, den er ebenfalls in Hut hatte, eingeriegelt hatte, heraus und koppelte ihn mit »Wasser« zusammen. Widu brachte seine Nase nicht von dem alten, schmierigen, viel geflickten Kittel seines Herrn, denn daraus kam ihm eine Witterung entgegen, die er nicht vergessen, obzwar es schon lange her war, daß er auf der Rotfährte der Sauen jagen durfte. Er beschnüffelte den Kittel von oben bis unten und fing an zu winseln und zu bellen und an der Koppel zu reißen, daß Grammann zu seiner Frau sagte: »Der wird gut, Mutter; der hat Schweineverstand!«
Widu machte große Augen, als er auf dem Sammelplatze ankam. Da waren viele, viele Hunde, alle zu zweien und zweien an der Koppel, und viele Grünröcke, die alle in einer Reihe standen und auf einmal an zu blasen fingen. Und da begannen alle Hunde Hals zu geben und Wagen auf Wagen donnerte heran, und aus ihnen stiegen grüne Röcke. Dann trabten Widu und Wasser hinter dem Treiber durch den Schnee und beide zogen nach der Seite und winselten, denn auch Widu wußte, worum es sich handelte, denn alle die Männer in den verschossenen Kitteln rochen nach Sauenwitterung. Widu zog, was er ziehen konnte, bis er mit Grammann hinter dem Rüdemanne war, und er sah sich den Hund an, liebelte mit ihm und meinte: »Ich glaube, der schlägt ein.« Als dann die ersten Schüsse fielen und Widu am ganzen Leibe zitterte und dabei durch die Nase piepte, sagte er: »Der schlägt bestimmt ein.«
Hinten am Walde blies ein Horn ein krauses Signal; alle Hunde heulten los, legten sich in die Riemen und rissen die Koppelführer hinter sich her, daß Winterlaub und Astwerk stob. Ein anderes Signal erscholl und da riß Grammann die Koppel zurück. Widu wußte zuerst nicht, wie ihm zumute war, als er fühlte, daß er nicht mehr am Riemen war, aber als er das gellende »Hu Su, wahr too, min Hund, wahr too!« vernahm, mit dem der Rüdemann ihn anjuchte, da stürmte er dahin, daß der Schnee stob, und im Umsehen verschluckte ihn die verhangene Fichtendickung.
Jagen, jagen, endlich wieder einmal an Sauen jagen! Wo sind sie, die Schwarzkittel? Hier waren sie! Und da ist eine grobe Sau! Drauf und dran! Hinaus mit dir aus dem Busch! Ob du willst oder nicht! Blase nur, wetze nur, das hilft dir nichts! Annehmen? Da kennst du Widu schlecht, der sieht sich vor! Da ist ja auch Freund Wasser! So, nun ist die Sache erst richtig! Du verbellst von vorn und ich zwicke ihn am Pürzel, dann wird er schon laufen! Siehst du wohl, zureden hilft! Und nun hinterher! Hei, das ist doch ein Leben, doch etwas anderes, als Hamster greifen und Ratten fassen. Jiff, Jaff, hukhuk! Und jetzt knallt es schon! Er schiebt sich an dem Wurfboden ein! Wie er bläst, wie er wetzt, wie er um sich schlägt! Immer vorsichtig! Siehst du, Wasser, beinahe wärst du geschlagen! Das war falsch! Wer kommt denn auch einem hauenden Schwein von vorne! So wird die Sache gemacht!
»Hu Su,« gellt es hinter den Hunden, »hu Su, wahr too, wahr too, wahr too,« und der Rüdemann kommt angepoltert. Und da machte, während Wasser den Keiler verbellte, Widu einen langen Sprung, faßte das rechte Gehör der Sau, hielt es fest, und ehe der Basse zuschlagen konnte, warf er sich ihm über den Rücken, so daß die Sau den Kopf nicht mehr bewegen konnte, Wasser faßte das andere Gehör, und im nächsten Augenblicke brach die Sau zusammen, denn das Weidmesser des Rüdemanns war ihr hinter das Blatt gefahren. Er wollte Widu abliebeln, aber der war schon wieder weiter gestürmt, und oben am Hang, gerade dem Kaiserstand gegenüber, tönte sein heller Hals hinter den Sauen her, und mehr als eine hetzte er vor den Stand des Kaisers, und jedesmal, wenn er eine angeschweißte Sau stellte, machte er den Sprung, den bisher nur Mulatt, der berühmte Mulatt, heraushatte, der jetzt das Gnadenbrot bei dem Forstmeister bekam.
»Ein Haupthund ist er, ein Kapitalhund!« rief der Rüdemann den Kollegen zu; »er hat den großen Griff heraus! Und alle Signale kennt er.« Und er klopfte sich auf den Schenkel, rief: »Daher, daher!« und liebelte Widu ab. Aber er lachte, als der Hund bei ihm blieb und Grammann die Zähne wies, und er machte es mit dem Forstmeister ab, daß er den Hund bei sich behalten durfte. Nun hatte es Widu wieder besser, denn die Försterfrau kochte ein Essen, wie es sich für einen Hund gehört, Reis mit Fleischabfällen; dann waren da drei Kinder, die sich mit ihm abgaben. Er begleitete sie, wenn sie in die Schule gingen, blieb vor der Tür der Schule liegen und ging mit ihnen wieder nach Hause. Auch mit Müschen, der Katze, wurde er gut Freund, und er, der sonst jede Katze schlank gewürgt hatte, fraß mit ihr aus einem Napfe und erlaubte es ihr, daß sie ihn als Ruhekissen benutzte. Er war ein so artiger, folgsamer Hund geworden, daß der Förster und die Kinder ihn ruhig in das Gatter mitnehmen durften, denn wenn er nicht angejucht wurde, hetzte er nicht. Als die Kinder an einem schönen Frühherbstmorgen durch den Forst gingen, wollte der starke ungarische Hirsch, der dort ausgesetzt war, sie annehmen. Ratlos standen sie da und schrien, denn sie waren in einem Altholzbestande, und es war kein Baum in der Nähe, der zu erklettern war. Aber sie hatten an Widu nicht gedacht. Ehe der Hirsch sich dessen vermutete, fuhr er ihm in die Keule und verbiß sich so, daß der Hirsch sich in einem fort um die Runde drehte und die Kinder Zeit gewannen, das Gatter zu überklettern. Widu aber hetzte hinterher den Hirsch bis oben in den Berg hinein und kam nach einer Weile bei den Kindern an.
Als sich das begab, hatte Widu schon vier Hofjagden hinter sich, und manche Schmarre an Kopf und Schulter bewies, welch ein Draufgänger er war. Aber schwer war er nie geschlagen worden, denn er war schlau und gewandt, paßte immer den richtigen Augenblick ab und dann machte er seinen großen Griff. Aber als er nun die Kinder vor dem Hirsche bewahrt hatte, sagte die Försterin: »An die Sauen sollst du mir nun aber nicht wieder, Widuchen, denn sonst wirst du mir am Ende zuschanden geschlagen.« Als der Tag der Hofjagd da war, mußte Widu also zu Hause bleiben. Er wurde in das Wohnzimmer eingesperrt, aber als die Magd den Kaffeetisch abdeckte, fuhr er an ihr vorbei, sauste hinter der Wagenreihe her und sprang auf einmal an dem Rüdemann empor. Ankoppeln aber ließ er sich nicht; er hatte gemerkt, daß sein Herr ihn absichtlich nicht mitgenommen hatte, und so blieb er jedem Menschen zehn Schritte vom Leibe. Aber es fiel ihm nicht ein, die Jagd zu stören; er wartete, bis die Meute angerüdet wurde, und ehe die anderen Hunde losgekoppelt waren, fuhr er als erster in die Dickung. Als nach den zweiten Triebe vor dem Kaiserstande Strecke gemacht wurde, sagte der Kaiser: »Da fehlt noch ein hauendes Schwein, das meine Kugel hat. Es muß sich da in das Tannenhorst gesteckt haben.« Der Rüdemann, Widus Herr, nahm einem Koppelführer die Saufeder ab, ging auf die Dickung los und suchte die Sau an. Es blieb alles ganz still, und schon dachten alle, daß der Keiler dort nicht steckte, da fuhr er so plötzlich heraus, daß der Rüdemann gar nicht dazu kam, die Feder auf ihn zu richten und schleunigst beiseite springen mußte. Aber dabei stürzte er, und der Keiler holte schon zum Todeshiebe aus, da sprang Widu hinzu, faßte das rechte Gehör des Bassen und wollte sich über seinen Rücken werfen, verlor aber den Boden unter den Füßen, kam vor das Gebräch der Sau und wurde quer durch die Rippen geschlagen, gerade in dem Augenblick, als ein alter Rüdemann mit eisgrauem Barte dem Keiler auf den Rücken sprang und ihm das Weidmesser in das Herz jagte.
Widu lag unter dem Keiler; aus dem zwei Finger breiten, handlangen Schmisse sprudelte das hellrote Lungenblut in den Schnee. Sein Herr kniete bei ihm nieder und streichelte ihn, während ihm die Tränen in die Augen kamen, und der Hund leckte ihm die Finger und wedelte. Dann ließ er den Kopf sinken, streckte sich und war tot. Alle die hohen Herren sahen ihn sich an, als er neben der Sau in dem Schnee lag, und ein Prinz brach einen Bruch von einer Fichte, strich ihn über den Anschuß des Keilers, steckte ihn dem toten Hunde unter das Halsband und sagte: »Schade, ein so edler Hund! Aber auch ein edler Tod! Dafür gebührt ihm ein Denkstein.«
An dem Fuße der Eiche, wo er den tödlichen Schlag empfing, gruben sie dem Hunde ein Grab, betteten ihn auf frischer Tannhecke und deckten ihn mit grünen Brüchen zu, und jetzt steht ein Stein da, der eine Wolfsangel aufweist, darunter Jahr und Tag der Jagd und darüber das Wort: Widu.