Hermann Löns
Jagdgeschichten
Hermann Löns

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Der Geizhals

An dem dritten der sieben Sommertage, die der März mitgebracht hatte, war es, daß tief unter der grünen Weizensaat der Hamster in seinem Bau spürte, daß es nun anders werden wolle auf der Oberwelt, und die bessere Zeit beginne.

Zweimal hatte ihn im Hornung die Sonne angeführt. Sie hatte den Acker so lange beschienen, bis ihre Wärme in die Höhle drang, in der der brummige Einsiedler zusammengerollt zwischen seinen Vorratskammern auf dem Spreubett lag, wo er seit dem Spätherbst die Zeit verbracht hatte.

Da war er aufgewacht, hatte sich aus dem Schlaf gegähnt, sich unter viel Gemurre gereckt und mit viel Geknurre da gekratzt, wo ihn die Flöhe bissen und die Milben kitzelten, hatte dann seine Speicher nachgesehen, deren Inhalt bedenklich kleiner geworden war, hatte von den Bohnen und dem Getreide ein wenig gefressen und von den geschroteten Rüben und Kartoffeln, doch ohne rechte Lust; denn alles schmeckte reichlich muffig. Zuletzt war er, als es immer wärmer um ihn wurde, die Ausfahrt hinaufgekrochen und hatte ihren Verschluß offengescharrt.

Vorsichtig hatte er die rosenrote Nase hinausgesteckt und lange geschnuppert, ehe er sich weiter vor wagte; schließlich aber hatte ihn die warme Luft doch hinausgelockt. Eine ganze Weile blieb er regungslos vor seinem Loch sitzen und lauschte und witterte, ehe er sich noch einmal ausgiebig kratzte und seinen bunten Pelz mit den langen gelben Zähnen und den scharfen Krallen in Ordnung brachte, und noch viel länger dauerte es, daß er sich getraute, sich an der jungen Saat zu laben und sich die Backentaschen damit voll zu stopfen, um für die häßlichen Tage ein wenig frisches Futter zu haben. Als er aber die zehnte Fuhre in seine Kammer geschafft hatte und die folgende holen wollte, schien die Sonne nicht mehr; ein barscher Wind pfiff über den Acker, und ehe der Hamster noch flüchten konnte, klatschte ihm eine dicke nasse Schneeflocke auf die Nase, daß er erschreckt zurückprallte, schleunigst die Ausfahrt zuscharrte und ärgerlich brummend in seinen Kessel rutschte, wo er sich über seine neuen Vorräte hermachte und dann schwer schnaufend schlief, bis die Sonne ihn wiederum weckte und nochmals anführte.

Nun aber, da die Sonne zwei Tage lang und einen halben ihre Strahlen auf den Acker prallen ließ, hielt er es in seinem dumpfen Bau nicht mehr aus, und als er die Nase aus der Ausfahrt streckte und den Wind prüfte, fand er, daß der stetig vom Mittag kam und keine Lust zeigte, sich zu wenden und Regen oder Schlackschnee zu bringen, und so fuhr der Langschläfer endlich völlig aus, setzte sich auf den gelben Erdhaufen, der vor dem Rohr lag, und besah sich das Stückchen Welt, das seine kurzsichtigen Augen überblicken konnten.

Die Weizensaat war bedeutend höher, als er das letztemal ausfuhr. Hier glühten Huflattichblumen, da reckten sich bräunliche Schachtelhalmrispen, dort leuchteten winzige blaue Ehrenpreisblüten. Doch über all das sah der Hamster gleichgültig hinweg, denn er wußte, daß das nichts für seine feine Zunge sei. Aber das bescheidene Hungerblümchen, dessen weiße Blütchen hier leise im Luftzuge zitterten, schien ihm neben den frischen Weizenblättern eine angenehme Abwechslung nach der langweiligen Winterkost zu sein; noch besser dünkte ihm der Feldsalat, dessen Duft von der Seite kam, und der Löwenzahn, dessen würziger Geruch sich recht bemerklich machte, und auch die kräftig sprossende Luzerne und der üppig wachsende Rotklee waren nicht zu verachten.

Das waren so die Gedanken, die der Wind durch die Nase des Hamsters in sein beschränktes Gehirn hineinwehte, und bedächtig ging er daran, sie in Taten auszuführen. Erst rupfte er die Hungerblümchen aus, weidete die Blattrosen des Rapünzchen ab, zerknabberte darauf einige Löwenzahnherzblätter und zerschrotete dann Weizenpflanzen, Luzerneschössen und Kleesprossen und stopfte sich die Backentaschen so voll damit, daß sie wie zwei Wurstzipfel auf seinem Rücken lagen, während ihm eine Menge Weizenblätter zwischen den langen gelben Raffzähnen herausstanden, so daß er gar nicht mehr so würdevoll aussah wie vorher. Eilig trippelte er dann der Röhre zu, fuhr hinein und war bald mit geleerten Backentaschen wieder vor seinem Bau, zog sich aber schleunigst zurück, weil der Schatten einer vorüberfliegenden Krähe vor ihn fiel.

Nicht lange jedoch blieb er unter der Erde, denn die Sonne lockte ihn und auch der Hunger nach Fleisch. Den ganzen Winter hatte er darauf verzichten müssen. So schlüpfte er in die Luzerne hinein, in der die Mäuse Steige über Steige getreten hatten. Er schnupperte hier und schnüffelte da, wandte sich dann plötzlich zur Seite, weil ein Geräusch von dort kam, packte zu, schüttelte aber ärgerlich den Kopf und wischte die Nase an einem Moospolster ab, weil er versehentlich einen goldgrün gepanzerten Laufkäfer gefaßt hatte, der ihm seinen beizenden Mundsaft entgegensprühte. Heftig nieste der Hamster und mischte sich mit den weißen Pfötchen die Nase, laut dabei schnaufend. Den Kopf schüttelnd und immer noch mißmutig, setzte er seine Suche fort.

Er schnüffelte hier, scharrte da, nahm ein besonders zartes Blättchen oder gar ein ganz saftiges Hälmchen zu sich, fraß gierig eine nackte Eulenraupe, die ihm über den Weg kroch, und eine dicke Brummfliege, die wegen ihrer verkrüppelten Flügel nicht von der Stelle konnte, und nachdem er lange vergeblich herumgewittert hatte, fuhr er mit einem Male mit der Nase in ein Loch und fing so emsig zu scharren an, daß die Erdbrocken nur so spritzten, wobei seine Augen mordlustig funkelten und die Öhrchen hin und her zuckten. Und dann packte er zu, und es piepste dünn und jämmerlich, denn er hatte ein winziges, rosenrotes Mäuschen, noch nackt und blind, erwischt, das er gierig hinunterfraß, und dem er noch sechs andere folgen ließ, die er in dem Neste gefunden hatte. Kaum hatte er sie sich zu Gemüte geführt, so drehte er den Kopf zur Seite, lauschte aufmerksam, packte zu, und es quietschte laut, denn eine alte, dicke, fette Feldmaus hing zwischen seinen Zähnen. Auch sie mußte ihr Leben lassen und verschwand in dem Leibe des Hamsters, der sich schon ganz erheblich gerundet hatte, und auf dem das Fell jetzt fest und prall saß und nicht mehr so schlaff herum hing wie im Hornung, als er zum ersten Male seine Fahrt über Tage antrat.

Ein Volk Saatkrähen, das über das Feld strich, ließ es ihm geraten erscheinen, sich fest in eine Furche zu drücken, so daß er wie ein bunter Stein aussah; erst lange, nachdem das Gequarre der Krähen und das Gequieke der Dohlen verhallt war, richtete er sich wieder auf, und als er nichts weiter vernahm als das Getriller der Lerchen, das Gesumme der Erdbienen und das Gebrumme der Hummeln, rutschte er in der Furche weiter und nahm mit, was er an keimenden Unkräutern, Eulenraupen, Drahtwürmern und allerlei schmackhaften Käfern unterwegs antraf. Schließlich hielt er es aber doch für richtiger, wegen der geringen Deckung sich nicht zu weit von seinem Bau zu entfernen, und so drehte er um, nachdem er noch eine Anzahl Luzernesprossen und Weizenhalme zerraspelt und in die Backentaschen gestopft hatte, und schob seiner Wohnung zu. Als er dort angelangt war und nach alter Hamsterart den Eingang beroch, ehe er einfuhr, schoß er ein Ende zurück, fuhr schleunigst mit den Pfoten über die Backentaschen und räumte sie in aller Hast aus, daß die zerschroteten Weizenblätter und Luzernestengel nur so herausspritzten, und das war sein Glück; denn kaum war er damit zu Ende, so tauchte der Kopf eines Hermelins in der Röhre auf. Das Wiesel war überhungert, und so stürzte es sich, ohne sich lange zu besinnen, ihm entgegen und versuchte, ihn bei der Kehle zu packen. Doch der alte Hamsterback hatte schon mehr als einen Strauß mit den aalglatten Räuberchen ausgefochten; schnell ließ er sich auf alle vier Füße nieder und, anstatt dem Gegner auszuweichen, schoß er fauchend auf ihn zu, überrollte ihn und versetzte ihm dabei einen Biß in die Nase, daß das Wiesel schrill keckernd zurückpreschte. Eine Weile saßen sie sich gegenüber, der Hamster geduckt, um seine Kehle zu schützen, das Hermelin hoch aufgerichtet, giftig zeternd und das Blut ableckend, das ihm über das Mäulchen lief. Dann machte es einen Satz und mitten darin eine Wendung, um dem Hamster von der Seite beizukommen. Aber so dick gefressen der auch war, er drehte sich doch so blitzschnell und schoß so ungestüm voran, daß er seinen behenden Todfeind abermals überrennen konnte. Doch der ließ nicht ab und fuhr schnell wie eine Schlange auf ihn los, konnte die Kehle des Hamsters aber nicht fassen und packte ihn über der Schulter, während es diesem glückte, ihm die gefährlichen Zähne in den linken Vorderlauf zu graben, und da hielt er fest. Nun wälzten sich die beiden in wildem Wirbel umeinander, daß Sand und Blätter flogen. Giftig schrillte das Wiesel, wütend quietschte der Hamster, bis schließlich das Hermelin sich freimachte und immer noch quiekend auf drei Beinen dem Dornbusche zuhinkte. Der Hamster aber atmete heftig, daß ihm die Flanken flogen, fauchte dumpf, leckte sich die zerbissene Schulter, fuhr dann in seinen Bau, kam jedoch nach einer Viertelstunde wieder hervor, schaffte das Futter, das er aus den Backentaschen hatte ausräumen müssen, hinab und erschien dann im Eingang der Röhre, um sich von der Sonne bescheinen zu lassen, die er so lange entbehrt hatte.

Lange saß er da, reckte und streckte sich, leckte ab und zu die Wunde, die ihm das Wiesel beigebracht hatte, oder putzte mit Zähnen und Nägeln an seinem Balge herum, bis er es nicht mehr aushalten konnte und dem Kleeschlage zutrippelte. Durch das unangenehme Erlebnis war er noch vorsichtiger geworden und suchte seinen Weg durch die Stellen, wo die Saat am üppigsten stand, und wenn er auch dann und wann einen Halm abbiß und sich das untere deftige Ende schmecken ließ oder eine Eulenraupe fraß, immer setzte er sich währenddem auf die Keulen und witterte und äugte aufmerksam nach allen Richtungen, hielt sich auch, wenn er weiterlief, unter dem Winde und wartete, als er eine halbwüchsige Brandmaus erwischt hatte, erst eine geraume Zeit, ehe er sie verzehrte, und als der Steinschmätzer laut warnte, sicherte er abermals lange, bis er merkte, daß der Lärm ihm selber und nicht irgendeinem feindlichen Wesen gelten sollte. Aber dann bekamen seine Augen einen anderen Ausdruck. Aufgeregt roch er auf der Erde herum und rannte, so schnell ihn seine kurzen Beine trugen, vorwärts, immerfort vor sich hinschnüffelnd und bald hier, bald dahin seinen Lauf richtend, ohne sich um den schönen Klee zu kümmern, durch den ihn sein Weg hin und her führte, bis er fast am Rande des Stückes angekommen war.

Dort aber machte er halt, richtete sich auf, drehte den Kopf bald hierhin, bald dahin und lief dann nach der Stelle, wo allerlei dürre Stengel schwankten, und es laut schnaufte und prußte. Das waren noch zwei Hamster, ein Männchen und ein Weibchen, die dort in der Nähe eines Baues spielten. Mit gehässig blitzenden Augen schoß der alte Hamster heran, fuhr auf das junge Männchen los, rannte es über den Haufen, packte es im Genick, zerrte es fauchend hin und her, rüttelte und schüttelte es kräftig, daß es laut quietschte. Als er es endlich losließ, strebte das junge Tier schleunigst dem Falloch des Baues zu, in dem das Weibchen schon vorher verschwunden war. Aber sein Verfolger fuhr hinter ihm her, und es dauerte nicht lange, so erschien das junge Männchen über Tage und machte, daß es fortkam. Sein Gegner aber und das Weibchen blieben im Bau, bis die Sonne gesunken war. Dann tauchte eins nach dem andern hervor und mästete sich an junger Saat und neuem Klee.

Kalte und nasse Tage kamen, und heitere und warme, und je nachdem es über der Erde aussah blieben die Hamster im Bau und lebten von ihren Vorräten oder gingen draußen ihrer Nahrung nach. Viele Hamster gab es an der sonnigen Südflanke des flachen Hügels, und bei Tag und noch mehr des Nachts setzte es böse Balgereien zwischen den Männchen ab, denn ein jedes von ihnen wollte seinen Bezirk für sich haben und kein anderes darin dulden. Der alte Hamster aber, der seinen Bau in der Mitte des Weizenschlages hatte, behauptete sich tapfer gegen seine Gegner, denn er war ein erfahrener Kämpe, der mehr als einen Schmiß an Hals und Schultern hatte, und beim Streit so viel Kniffe und Finten anbrachte, daß kein anderes Männchen ihm Widerstand leisten konnte. Auch war er in seinem langen Leben so gewitzt geworden, daß ihn weder der Fuchs faßte, der ab und zu das Feld abstreifte, noch die Eule griff, die allnächtlich hier jagte, und so brachte er sein Leben über die schlimme Zeit hin, bis der Weizen so hoch und die Luzerne so dicht waren, daß es Fuchs und Kauz nicht mehr so leicht wurde, einen Hamster zu fangen.

An Abenteuern mangelte es ihm freilich nie, und es verging wohl kein Tag und keine Nacht, daß er nicht ein gefahrvolles Erlebnis hatte. Eines Mittags, als er recht satt und behaglich vor seinem Bau saß und sich von der Sonne bescheinen ließ, vernahm er ein Rauschen über sich, und hätte er sich nicht mit einer blitzschnellen Wendungen in das Falloch gestürzt, so wäre er des Bussards Beute geworden. Ein anderes Mal hatte er es dem dichten Dornbusch zu danken, daß er mit seinem Leben davonkam. Als er in der Dämmerung vergnügt dasaß und schon den dritten Maikäfer herunterknabberte, sauste laut bellend ein Hund auf ihn los, und es fehlte nicht viel, so hätte er ihn am Wickel gehabt. Zum Glück war aber der Dornbusch in der Nähe, unter den er noch im letzten Augenblick schlüpfen konnte, und an dem sich der Hund in seinem Jagdeifer die Nase so schlimm schrammte, daß er laut heulend von dannen lief. Wieder einmal hörte der alte Hamster es nachts in der Wasserfurche verdächtig rauschen und bekam dabei früher Witterung von dem Fuchs, als der von ihm, so daß er sich noch zeitig genug in einen fremden Bau retten konnte. Zwar versuchte der Fuchs den Bau zu graben, aber das Wetter war lange trocken geblieben, so daß die Mergelschicht unter der Ackerkrume so hart wie Stein war, und deshalb gab er die unlohnende Arbeit sehr bald wieder auf. Zweimal hatte der Hamster einen Kampf mit einem Wiesel zu bestehen, dann einen mit einem alten Igel der aber nicht flink genug war; darauf hatte ihn beinahe eine Katze erwischt; auch geriet er eines Nachts fast in die Klauen der Eule; aber immer kam er glücklich davon und erlebte es noch, daß der Weizen reif wurde und die schönste Zeit für ihn kam:

die Zeit der Ernte.

Als Feldmohn, Raden, Tremsen und Rittersporn den Weizenschlag bunt besäumten, als es überall von Käfern und Raupen wimmelte und krimmelte, und die Luft von Tag zu Tag nahrhafter roch, lebte der Hamster herrliche Tage, die so schön waren und in denen er so viel zu tun hatte, daß er es nicht mehr so übelnahm, kam ihm einmal einer seinesgleichen in die Quere. Eine Lust war es für ihn, einen reifen Halm nach dem anderen mit einem einzigen Biß abzuschneiden, die Körner aus den Spelzen zu schälen und sich daran zu mästen, bis er völlig satt war. Aber auch dann noch biß er Halm und Halm ab und knipste die Ähren davon ab, bis er einen ganzen Haufen vor sich liegen hatte und nun in aller Gemächlichkeit daranging, sie auszudreschen. War das geschehen, stopfte er sich die Backentaschen so voll, wie es eben ging, nahm noch ein Dutzend Ähren zwischen die Zähne, begab sich zu seinem Bau, dessen Kammern er bei schlechtem Wetter bedeutend erweitert und vertieft hatte, und speicherte dort ein Pfund Weizenkörner nach dem andern auf. Er ließ mit der Arbeit noch nicht einmal ab, als er schon genug Winterfutter für zwei Hamster hatte; so viel Freude machte ihm die Arbeit.

Sauber hatte er alles aufgeschichtet. Da lag der Weizen und da der Roggen, dort der Hafer und daneben Bohnen und Erbsen, und der Abwechslung halber trug er auch noch Pflaumensteine, geschrotete Rüben, Möhren und Kartoffeln ein, die er an regnerischen Tagen unter Schnaufen und Prusten häufig umwandte, damit sie nicht stockig, und muffig würden. Als dann das Getreide herunter war und die Herbstseide schon die Stoppeln zusammenband, trieb es ihn immer noch hinaus auf das Feld; denn hier fand sich ein ausgefallenes Korn, dort eine halbvolle Ähre, anderswo eine Erbse und Bohne oder ein Samenkorn, das er als gut kannte. Und als es damit immer spärlicher wurde, scharrte er die Wurzeln der wilden Möhren aus, biß sie in Stücke und trug auch die noch heim, so daß schließlich drei Hamster reichlich von seinen Vorräten hätten leben können.

Doch immer noch schien es ihm nicht genug zu sein. In seinem Gehirn spukte die Erinnerung an einen Winter, in dem das Regenwasser bis in seinen Keller gedrungen war, so daß die Hälfte seiner Lebensmittel pilzig und mulmig wurde. Weil er sich nun eine dicke Fettschicht angemästet hatte, so machte er sich wenig daraus, daß der Wind rauher und rauher blies. Er sammelte und sammelte, was er an übriggebliebenen Kartoffeln, abgefallenen Schlehen und verdorrten Mehlfäßchen fand, und selbst Wegerichähren und Knöterichkörner, und was er sonst als eßbar kannte, nahm er mit, scharrte neue Gelasse für sie und schob die Erde zum Bau hinaus, um Platz in seinen Hause zu schaffen.

Das war die Zeit, als die Rauhfußbussarde vom Norden einrückten. Einer von diesen, heißhungrig von der langen Reise, schwebte turmhoch über die Hügelflanke dahin, als seine scharfen Augen einen breiten gelben Fleck auf dem Stoppelfeld erspähten, in dem ein großes schwarzes Loch war. Schon wollte er weiterfliegen, da sah er, daß das Loch plötzlich geschlossen war. Sofort machte er halt, ließ sich tiefer und immer tiefer fallen, doch so, daß sein Schatten hinter ihm blieb, sah das Loch sich in dem gelben Erdhaufen öffnen, stieg noch tiefer, wartete eine Weile, und als das Loch sich wieder schloß, weil der alte Hamster eine neue Ladung Erde hinausschob, da stieß der Bussard hinunter, und ehe der Hamster wieder verschwunden war, hatte er ihm vier nadelscharfe Krallen in die Weiche geschlagen, riß ihn heraus, schlug ihm den anderen Griff in den Nacken, quetschte das Leben aus ihm heraus, flog mit ihm auf einen Grenzstein und ließ in seinem Hunger nichts von ihm übrig. In dem verlassenen Hamsterbau aber lebten ein halbes Hundert Mäuse den ganzen Winter über herrlich und in Freuden von den Vorräten, die der alte Geizhals dort aufgespeichert hatte.


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