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An Johann Christian Dieterich

Mein lieber Dieterich,

Tausendfachen Dank sage ich Dir für Deinen vortrefflichen Brief. Ich habe ihn wohl zehnmal gelesen, um die wahre Herzlichkeit recht zu schmecken, wovon er überfließt. Er hat mich sehr gerührt, so wie Dein Abschied, der mir noch immer in Gedanken liegt. Ich erkenne Deine väterliche Freundschaft gewiß und werde das Andenken an sie nur mit meinem Leben verlieren. Komme nur ja bald und gesund wieder zurück, guter Mann.

Mit meiner Gesundheit will es noch nicht recht fort, zumal macht mir das Abzehren etwas bange, auch hat sich mein Appetit gar merklich verloren. Indessen habe ich 3 Tage auf dem Garten zugebracht und gestern mein Collegium angefangen. Es ging so leidlich, allein nach der Stunde bekam ich mein Herzklopfen in einem solchen Grade, als ich es noch nicht gehabt habe. Gott weiß was daraus werden wird. Man rät mir von allen Seiten her, ich solle fortfahren. Ich habe 97 Zuhörer und darunter 4 Grafen; ich denke, die 100 sollen noch voll werden, auch haben mich schon gegen 70 bezahlt. Die Stube ist fertig und schön, nur haben die Schlingels die Borte zu breit gemacht, ob ich gleich 10mal das Gegenteil befohlen habe. Aber jeder hat seinen eignen Geschmack, einen andern haben die Professoren und einen andern die Weißbinder. In unserm ganzen Hause, St. James's mitgerechnet, ist alles gesund und wohl, bis auf den armen Hofrat. Mit meiner lieben Frau bin ich am Sonntag früh im Felde herum und nach dem Garten gefahren, aber noch mit Erdmanns Pferden, weil die Deinigen erst am Montag beschlagen werden konnten und ich den guten Tieren etwas Ruhe gönnte. Am Dienstagabend holte mich Dein Kutscher wieder ab, sonst bin ich noch nicht gefahren. gefahren. Morgen früh aber (Sonnabend) gedenke ich mich ihrer zu bedienen.

Neues gibt es nur wenig; etwa folgendes: Gestern mittag ist Professor Brandis am Faulfieber gestorben. Er hat also seine Drohung gegen Dich nicht in Erfüllung bringen können. Prinz August geht nach Venedig, um am Himmelfahrtstage die Vermählung des Doge mit dem Adriatischen Meer anzusehen, alsdann reist er recta hieher, wird aber kaum vor des Königs Geburtstage hier sein können. Man hat zwar hier sagen wollen, daß die Prinzen diesen Sommer weggehen würden. Ich kann Dich aber versichern, daß selbst der General kein Wort noch davon weiß, wann sie weggehen werden, vielmehr haben sie schon wieder eine Stunde bei mir bestellt; die ich aber nicht eher anfange, bis meine Gesundheit fester ist!!

Meine liebe Frau und der kleine Junge, der alle Tage nach Dir fragt, grüßen Dich tausendmal. Heute pflanzen wir türkischen Weizen und Schnittkohl.

Lebe recht wohl, mein bester Freund, und empfehle mich Deinem Sohne. Die bestellten Bücher vergiß nicht zu schicken oder mitzubringen.

Lebe recht wohl.
G.C.Lichtenberg

Göttingen, den 7. Mai 1790

Meinen Bruder grüße bestens und lege ein gutes Wort für mich ein. Meine Frau ist das beste Geschöpf von der Welt. Professor Seyffer und Herr Legationssekretär, die soeben bei mir waren, empfehlen sich Dir herzlich.

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