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An Johann Andreas Schernhagen

Göttingen. An einem sehr erfreulichen Hochzeit-Tage
den 30ten September 1784

P.P.

Nochmals bezeuge ich mit der lebhaftesten Freude meinen Anteil an der heutigen Verbindung. Wenn Güte des Herzens, Abneigung gegen allen unnützen Lärm und Aufwand, und Sorgfalt in allen Geschäften und überhaupt Gleichheit der Gesinnungen das Glück der Ehen ausmachen, wenn sie sich bei wechselseitiger Zuneigung finden, so ist, wie ich überzeugt bin, heute eine der glückseligsten Ehen geschlossen worden. Ich bin davon so sehr überzeugt, daß ich in der Tat gestern meinen Pegasus schon aus dem Stalle hatte um mich über Isernhagen in der Luft sehen zu lassen und dann ein Gedicht vor dem Brautpaar nieder zu legen, allein ich merkte, daß ich den Einfall zu spät gehabt hatte, lenkte also wieder um und sagte zu meinem Flügel-Gaul, der nicht wieder zurückwollte, komm, bei der Kindtaufe wollen wirs besser machen, und so ließ er sich wieder anbinden. Ich bitte, mich sowohl den Neuverlobten als der ganzen Familie gehorsamst zu empfehlen.

Nun komme ich auf eine Sache, die Ew. Wohlgeboren sehr unerwartet sein wird, es ist aber kein hastig gefaßter Entschluß, sondern ich habe mit Herrn Ljungberg schon mehrere Jahre darüber gebrütet, und nun, da ich meine ganze übrige Lebenszeit der Physik allein zu widmen gedenke, ist er reif geworden. Ich wäre nämlich willens nächsten Winter in Florenz, Rom, Neapel und Kalabrien zuzubringen. Unsere Haupt-Absicht ist die Physik. Herr Ljungberg, der jetzt Dänischer Finanz-Rat ist, hat seine Reisen durch England und Deutschland vollendet und befindet sich jetzt in Aachen. Er hat etwa 700 Taler Überschuß und trägt mir nun an, auszuführen, was wir so lange zu tun willens gewesen sind. Er glaubt: wenn jeder von uns 700 Taler hätte und wir ohne alle Bedienten und mit der geringsten Bagage reisten, so könnten wir (er hat sich eine erstaunliche Erfahrung erworben) diese Reise zusammen machen. Dazu aber ist nötig: 1) Königliche Erlaubnis. Müßte diese erst von London geholt werden, so verstriche ein Teil der besten Zeit. Die Frage wäre also: könnte ich diese von Königlicher Regierung zu Hannover erhalten? 2) Wird dazu Geld erfordert. Ich habe etwas über 500 Taler bar Geld liegen, könnte auch, wenn ich einige Schulden eintreiben könnte, wohl 600 zusammen machen, dieses ist aber nicht hinreichend. Es wäre also ferner die Frage: ob ich nicht 1 Jahr Besoldung etwa voraus erhalten könnte, denn sobald ich wieder hieher komme, kann ich ohne Besoldung leben. 3) Könnte ich auf etwas Reisegeld rechnen, so würden diese Umstände zusammen genommen mich in den Stand setzen etwas für meine ganze Lebenszeit zu tun. Im Vertrauen könnte ich auch Ew. Wohlgeboren hinzufügen, daß, wenn ich ein beträchtliches Avancement von Besoldung erhalten könnte, so wollte ich es wohl durch Lord Walsingham, der jetzt auch mit im Directorio von Ostindien sitzt und der mir erlaubt so frei mit ihm zu reden als Ew. Wohlgeboren, dahin beim Könige zu bringen suchen, daß es mir am Ende als Reisegeld vergütet würde. 4) Tue ich diese Reise bloß um meine Kenntnisse zu erweitern und zum Vorteil der Universität, denn Italien ist jetzt, vielleicht mehr als England, der Sitz der wahren Naturlehre. Ich glaube, wir beide, Ljungberg und ich, da wir beide einerlei Zweck haben und Mut und Vergnügen zu untersuchen, würden etwas ausrichten können. 5) Scheint meine Gesundheit so etwas zu erfordern, und ich würde lange vor Angang der Kollegien, künftige Ostern bei guter Zeit, wieder da sein und alsdann sicherlich nicht mehr weggehen. Ew. Wohlgeboren haben die Güte für mich deswegen mit Herrn Hofrat Brandes zu konferieren. Für meine künftige Beschäftigung bei der Universität, denke ich, kann ich nichts Nützlicheres unternehmen. Wenn ich das zerstörte Messina sehe, so will ich wohl zu schildern wissen, wie es aussieht. Den klassischen Boden von Rom muß ich betreten, jetzt ist es noch Zeit es mit Vorteil zu tun, in 6-8 Jahren mögte mir der Mut fehlen, der mir jetzt sicherlich nicht fehlt. Sobald ich Hoffnung habe, werde ich mich um Empfehlungs-Schreiben bewerben. Sir William Hamilton kenne ich persönlich. Der Marchese Lucchesini, der jetzige Vertraute des Königs von Preußen, hat bei mir hier einen Morgen zugebracht, von dem würde ich gewiß Briefe erhalten können. Ich hoffe von Ew. Wohlgeboren und Herrn Hofrat Brandes Güte für mich, daß Sie das Beste geneigt besorgen werden. Es haben sich zwar jetzt schon 37 Zuhörer bei mir gemeldet, wovon der letzte sagte, er käme mit Fleiß etwas früher, um einen guten Platz zu bekommen, aber das bringt sich alle bei. Ich hoffe, Ew. Wohlgeboren werden mich in diesem für mein ganzes Leben wichtigen Punkt mit Ihrer gewöhnlichen Güte nicht verlassen, Herr Ljungberg und ich werden, nach erhaltner Erlaubnis und der Möglichkeit zu reisen, hier 14 Tage verweilen und alles abreden, wovon ich Ew. Wohlgeboren auch das Resultat übersenden will.

G. C. Lichtenberg

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