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Drei junge Menschen traten ein, zwei Burschen und ein Mädchen. Dunkeläugig und dunkelhäutig alle drei. Lucia, der Preis des Kampfes, schlank, zierlich; die zwei Burschen groß, sehnig, mit wilden, verwegenen Gesichtern. Man sah ihnen an, daß sie diese Gesellschaft ringsum aus Herzensgrund verachteten.
De Reux stellte sie vor und gab die Bedingungen bekannt. »Jedes Mittel ist erlaubt – so, wie ihr in eurer Heimat kämpft. Die Matte dürft ihr nicht verlassen. Sie ist fünf Meter im Geviert – groß genug, um euren Streit darauf auszutragen.« Er holte zwei Pakete zu je fünfzig Hundertfrankscheinen hervor, gab jedem der Burschen eins der Notenbündel und befahl ihnen, es in die Tasche zu stecken. »Zehntausend Frank – der Preis, den wir vereinbart haben, als Lucias Mitgift. Jeder von euch hat fünftausend Frank. Die andere Hälfte nimmt er dem besiegten Gegner ab. Habt ihr noch etwas zu sagen?«
Die Burschen schüttelten die Köpfe und wendeten sich einander zu. Sofort änderte sich ihre Haltung. Wie sprungbereite Raubtiere standen sie sich jetzt gegenüber. Sie warfen ihre Röcke aus, wickelten sie als Schutz um den linken Arm, zückten ihre Messer.
Ernst und feierlich beinahe ging dies vor sich; doch Hasse blickte auf de Reux und wußte, daß der seine Gäste zum Narren hielt …. Komödie – das Ganze? Wirklich? Dann auf jeden Fall glänzend in Szene gesetzt: Das Publikum war gepackt und wagte nicht zu atmen. Totenstille ….
Giacomo, etwas kleiner als sein Gegner und von lebhafterem Temperament, ging zum Angriff über. Er umkreiste Pietro, der gebückt dastand, die Zähne zusammengebissen und die dunklen Augen auf den Stoßarm des anderen gerichtet. Zwei, drei Herzschläge lang dieses Abtasten und Abmessen. Dann ein Schrei der Frauen im Kreise –: Giacomo war vorgeschnellt. Aber Pietro hatte den Angriff kommen sehen, wehrte ihn ab. Brust an Brust standen die beiden, keuchend, vergeblich bemüht, zuzustoßen. Sie hielten sich gegenseitig fest, drängten, schoben …. Dann glitten sie jäh auseinander. Wieder umkreisten sie sich, Aug' in Auge.
Im Bann saßen die Zuschauer. Das war doch anders als ein Boxkampf, bei dem es Regeln gab, bei dem ein Schiedsrichter vorhanden war.
Giacomo war wieder angesprungen, diesmal zu schnell für den etwas langsameren Pietro. Er traf den Gegner an der Schulter. Das Gesicht des Verletzten verzerrte sich, das Tempo des Kampfes wurde hitziger. Beide Gegner stießen zu – aber keiner wich. Giacomo schien etwas im Vorteil zu sein; er war geschickter. Pietro war langsamer, breiter in den Schultern, vielleicht gefährlicher im Stoß, aber schwerfälliger. Doch jetzt verfingen sich ihre Messer – Pietro drängte den Gegner zurück, preßte ihn in die Knie. Verzweifelt wehrte sich dieser – versuchte, sich loszureißen. Doch dieses Mal hielt ihn der andere fest …. Und plötzlich lag Giacomo auf dem Boden …. Pietro, der Sieger, richtete sich auf. Er hatte dem anderen das Geld aus der Tasche gerissen und schwenkte das Paket triumphierend zu Lucie hin. Er schien schwach, kaum fähig, sich aufrecht zu halten. Das Mädchen sprang zu ihm hin und legte die Arme um seine Schultern. Keinen Blick hatte sie für den Unterlegenen, der sich nicht mehr rührte. Einen Augenblick lang standen der Bursche und das Mädchen nebeneinander. Dann zog er sie hinaus. »Gute Nacht, meine Damen und Herren!« grüßte er.
Die verstörte Gesellschaft in ihrem bangen Schweigen merkte kaum, daß nun zwei Diener erschienen, die den Reglosen aufhoben und hinaustrugen.
De Reux folgte ihnen. Kam dann zurück. »Ich hatte natürlich für Anwesenheit eines Arztes gesorgt. Er hat unsern unglücklichen Jungen untersucht ….« Seine Stimme füllte sich mit Mitleid. »Er ist tot!«