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Mohammed, der große Gründer des islamitischen Glaubens, wurde im April des Jahres 569, oder nach der gewöhnlichen Annahme am 21. April i. J. 571 der christlichen Zeitrechnung zu Mekka geboren. Er gehörte dem tapfern und erlauchten Stamme Koreisch an; derselbe schied sich in zwei Linien, welche von zwei Brüdern, Haschem und Abd Schems abstammten. Haschem, der Urahn Mohammeds, war ein großer Wohlthäter Mekkas. Diese Stadt ist in einer unfruchtbaren und steinigen Gegend gelegen und war in früheren Zeiten dem Mangel an Nahrungsmitteln oft ausgesetzt. Zu Anfang des sechsten Jahrhunderts richtete Haschem alljährlich zwei Karavanen ein, die eine im Winter für das südliche Arabien oder Jemen, die andere im Sommer für Syrien. Dadurch wurden ebenso wohl reichliche Vorräthe, als eine große Mannichfaltigkeit des Geschäftsverkehrs nach Mekka gebracht. Diese Stadt wurde ein Handelsplatz, und der Stamm Koreisch, welcher sich an jenen Expeditionen umfänglich betheiligte, wurde wohlhabend und mächtig. Haschem war zu dieser Zeit der Hüter der Kaaba, dieses großen Heiligthums arabischer Wallfahrt und Anbetung. Die Aufsicht über dieselbe wurde nur den angesehensten Stämmen und Familien in derselben Weise übergeben, wie in alten Zeiten der Tempel Jerusalems nur der Sorge der Leviten anvertraut wurde. In der That war dieses Hüteramt mit bürgerlichen Würden und Vorrechten verbunden und verlieh dem Inhaber desselben die Aufsicht über die heilige Stadt.
Bei Haschems Tode folgte sein Sohn Abd Motalleb in den Ehrenämtern und erbte seine Vaterlandsliebe. Er befreite die heilige Stadt von einer feindlich einfallenden Armee von Kriegern und Elephanten, die von christlichen Fürsten Abyssiniens, welche in jener Zeit Jemen in Unterwürfigkeit hielten, entsendet worden war. Diese ausgezeichneten, von Vater und Sohn geleisteten Dienste befestigten das Hüteramt an der Kaaba in Haschems Familie, zur großen Unzufriedenheit und zum Verdrusse der Familie Abd Schems.
Abd al Motalleb hatte einige Söhne und Töchter. Diejenigen von seinen Söhnen, welche in dieser Geschichte auftreten, waren Abu Taleb, Abu Lahab, Abbas, Hamza und Abdallah. Der zuletzt genannte war der jüngste und am meisten geliebte. Er ehelichte Amina, eine Jungfrau von einem entfernten Zweige desselben berühmten Stammes Koreisch. So merkwürdig war Abdallah wegen persönlicher Schönheit und anderer Eigenschaften, welche die Zuneigung den Frauen gewinnen, daß, wenn man moslemischen Sagen glauben darf, in der Nacht seiner Verehelichung mit Amina zweihundert Jungfrauen des Stammes Koreisch an gebrochenen Herzen starben.
Mohammed war die erste und einzige Frucht dieser so traurig gefeierten ehelichen Verbindung. Seine Geburt wurde, nach ähnlichen Sagen, wie die oben genannte, von Zeichen und Wundern begleitet, welche ein Wunderkind ankündigten. Seine Mutter erduldete keine Geburtsschmerzen. Im Augenblicke seiner Ankunft in die Welt erhellte ein himmlisches Licht die umliegende Gegend, und das neugeborne Kind rief seine Augen zum Himmel erhebend aus: »Gott ist groß! Es ist kein Gott außer Gott, und ich bin sein Prophet.«
Himmel und Erde, wird uns versichert, geriethen bei seiner Ankunft in Bewegung. Der See Sawa sank in seine geheimen Quellen zurück und ließ sein Bette trocken, während der Tigris die Ufer durchbrach und die benachbarten Länder überfluthete. Der Palast Khosru's, des Königs von Persien, erbebte in seinen Grundfesten und einige seiner Thürme wurden zu Boden gestürzt. In dieser unruhvollen Nacht sahe der Kadi oder Richter Persiens im Traum ein wildes Kameel, welches von einem arabischen Renner gebändigt wurde. Am Morgen erzählte er den Traum dem persischen Monarchen und erklärte, daß er eine Gefahr von Arabien her bedeute.
In derselben ereignißreichen Nacht war das heilige Feuer Zoroasters, welches, von den Magiern bewacht, länger als tausend Jahre ohne Unterbrechung gebrannt hatte, plötzlich erloschen, und alle Götzenbilder in der Welt waren umgefallen. Die Dämonen oder bösen Geister, welche in den Sternen und in den Zeichen des Thierkreises horchen und einen verderblichen Einfluß auf die Kinder der Menschen ausüben, wurden von den reinen Engeln verjagt und nebst ihrem Oberanführer Eblis oder Lucifer in die Abgründe des Meeres geschleudert.
Die Verwandten des neugebornen Kindes, berichten die nämlichen Sagen, wurden mit Ehrfurcht und Bewunderung erfüllt. Seiner Mutter Bruder, ein Sterndeuter, verkündigte nach dem Stande der Gestirne, daß sich derselbe zu einer ungeheuern Macht erheben, ein Reich gründen und einen neuen Glauben unter den Menschen aufrichten werde. Sein Großvater Abd al Motalleb gab am siebenten Tage nach dessen Geburt den vornehmsten Koreischiten ein Festmahl, bei welchem er dieses Kind als die aufgehende Glorie ihres Stammes darstellte und ihm den Namen Mohammed oder Muhammed, d. i. der Hochgepriesene, als Zeichen seines künftigen Ruhmes gab.
Das sind die wunderbaren durch moslemische Schriftsteller überlieferten Erzählungen von Mohammeds zartester Kindheit, und wir haben wenig andere als ähnliche Fabeln von seinen ersten Jahren. Er war kaum zwei Monate alt, als sein Vater starb, ihm keine andere Erbschaft als fünf Kameele, einige Schafe und eine äthiopische Sclavin, Namens Barakat, hinterlassend. Seine Mutter Amina zog ihn bis dahin selbst auf, aber Sorge und Kummer vertrocknete die Quellen ihrer Brust, und da die Luft Mekkas für Kinder ungesund war, so suchte sie für ihn unter den Frauen der benachbarten Beduinenstämme eine Amme. Diese hatten die Gewohnheit, des Jahres zweimal, nämlich im Frühling und Herbste, nach Mekka zu kommen, um die Kinder der dortigen Bewohner zur Auferziehung zu übernehmen; aber sie richteten ihr Augenmerk auf die Sprößlinge der Reichen, wo sie einer reichen Belohnung sicher waren, und wendeten sich mit Geringschätzung von diesem Erben der Armuth. Endlich wurde Halema, das Eheweib eines saaditischen Schafhirten, zum Mitleid bewogen und nahm das hülflose Kind in ihr Haus, welches in einem der Hirtenthäler im Gebirge lag.
Zahlreich waren die Wunder, welche Halema von ihrem Pflegekinde erzählte. Auf der Reise von Mekka wurde das Maulthier, welches es trug, wunderbarer Weise mit Sprache begabt und rief laut, daß es den größten unter den Propheten, den vorzüglichsten unter den Gesandten, den Liebling des Allmächtigen auf seinem Rücken trüge. Die Schafe neigten sich vor ihm, als er vorbei zog; wenn er in seiner Wiege lag und den Mond anstarrte, beugte sich derselbe vor ihm in Ehrfurcht.
Der Segen des Himmels, sagen die arabischen Schriftsteller, belohnte Halema's Liebe. Während das Kind unter ihrem Dache war, gedieh Alles um sie her. Die Wasserbehälter und Quellen trockneten niemals aus; die Weideplätze waren immer grün; ihre Schafe und Rinder vermehrten sich zehnfach, ein wundersamer Ueberfluß verbreitete sich über ihre Felder und Friede herrschte in ihrer Wohnung.
Die arabischen Legenden fahren fort und rühmen die fast übernatürlichen leiblichen wie geistigen Kräfte, welche bei diesem wundervollen Kinde in sehr frühem Alter sich kund gaben. Es konnte allein stehen, als es drei Monate alt war; sprang draußen herum, als es sieben war; und mit zehn Monaten konnte es sich an andere Kinder bei den Spielen mit Bogen und Pfeilen anschließen. Mit acht Monaten konnte es so sprechen, daß es verstanden wurde, und im Laufe eines andern Monats vermochte es sich mit Geläufigkeit zu unterhalten, wobei es eine Weisheit entfaltete, die Alle, welche es hörten, in Erstaunen setzte.
Während er eines Tages im Alter von drei Jahren mit seinem Milchbruder Masroud auf den Feldern spielte, erschienen vor denselben zwei Engel in leuchtendem Gewande. Sie legten Mohammed sanft auf den Boden, und Gabriel, einer der Engel, öffnete ihm die Brust, aber ohne ihm Schmerz zuzufügen. Hierauf nahm er das Herz heraus, säuberte es von jeglicher Unreinigkeit, wand aus ihm jene schwarzen und bittern Tropfen der Erbsünde heraus, welche sich von unserm Altvater Adam fortgeerbt hat und in den Herzen seiner besten Nachkommen versteckt liegt, um sie zu Verbrechen zu reizen. Nachdem er es durchgängig gereinigt hatte, füllte er es mit Glauben und Erkenntniß und prophetischem Lichte und setzte es wieder in den Busen des Kindes. Nun begann, wie uns durch dieselben Berichterstatter versichert wird, aus seinem Gesichte jenes geheimnisvolle Licht zu strömen, welches sich von Adam durch die geheiligte Reihe der Propheten bis zu der Zeit Isaaks und Ismaels fortgepflanzt hatte, aber in den Nachkommen des Letzteren verborgen gelegen war, bis es auf diese Art aus dem Antlitze Mohammeds mit erneutem Glanze hervorstrahlte.
Bei diesem überirdischen Besuche, fügt man hinzu, wurde zwischen die Schultern des Kindes das Siegel der Weissagung eingedrückt, welches durch das ganze Leben das Zeichen und die Beglaubigungsurkunde seiner göttlichen Sendung blieb, obschon die Ungläubigen darin Nichts als ein großes Muttermaal in Form eines Taubeneies sahen.
Als der wundervolle Besuch des Engels Halema und deren Ehemanne erzählt wurde, so befürchteten sie, daß irgendein Unglück dem Kinde bevorstünde, oder daß seine überirdischen Besucher zu der Gattung der bösen Geister oder Genien gehören könnten, welche nach dem dortigen Aberglauben oft in die einsamen Orte der Wüste kommen, um den Kindern der Menschen Schaden zuzufügen. Die saaditische Amme trug ihn daher nach Mekka zurück und übergab ihn seiner Mutter Amina.
Er blieb bei derselben bis zu seinem sechsten Jahre, wo sie ihn mit sich nach Medina zu einem Besuch bei ihren Verwandten von dem Stamme Adij (Adidsch) nahm; aber auf der Heimreise starb sie und wurde zu Abwa, einem Dorfe zwischen Medina und Mekka, begraben. Ihr Grab war, wie gefunden werden wird, für ihren Sohn in der letzten Zeit seines Lebens ein Ort frommer Sammlung und zärtlicher Erinnerung.
Die treue abyssinische Sclavin Barakat handelte jetzt wie eine Mutter an dem verwaisten Knaben und führte ihn zu seinem Großvater Abd al Motalleb, in dessen Haushaltung er zwei Jahre blieb und mit Sorgfalt und Zärtlichkeit behandelt wurde. Abd al Motalleb war bereits in Jahren weit vorgeschritten, indem er die gewöhnliche Frist menschlichen Daseins überlebt hatte. Da er die Annäherung seines Endes fühlte, rief er den ältesten Sohn Abu Taleb zu sich und übergab Mohammed dem besondern Schutze desselben. Der wackere Abu Taleb zog den Neffen an sein Herz und fortan war er stets gegen ihn wie ein Vater. Als Ersterer beim Tode des Vaters in dem Hüteramte an der Kaaba folgte, stand Mohammed mehrere Jahre in einer Art priesterlichen Haushaltes, wo die gottesdienstlichen Formen und Gebräuche des heiligen Hauses streng beobachtet wurden. Und hier glauben wir, über den behaupteten Ursprung der Kaaba, über die Gebräuche und Sagen, sowie über die damit verbundenen abergläubischen Meinungen eine genauere Nachricht geben zu müssen, weil sie mit dem islamitischen Glauben und der Geschichte seines Gründers eng verwoben sind.