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Es war bereits ganz dunkel, als sie zu Brose ins Atelier kamen. Die Leute vom Nachtlicht waren vollzählig versammelt. Der Maler lag auf einer Chaiselongue und sah wie das Leiden Christi aus. Er streckte Bettina die Hände entgegen, und ein flüchtiges Rot färbte seine eingefallenen Wangen beim Anblick der Geige.
In einer verborgenen Ecke des Ateliers stand ein klappriges, altes Pianino. Bettina fragte mit unterdrückter Stimme Frau Brose, ob sie gleich spielen dürfte, da in einer Stunde bereits ihr Zug abginge.
Die Malerfrau blickte betroffen empor. Bettinas Augen sahen so verschleiert, so trübe, so fiebrig aus, und ihre Worte hatten, so einfach sie waren, ihren inneren Gram bloßgelegt. Die Brose empfand, daß das zarte Ding mit dem Aufgebot ihrer letzten Kräfte sich heraufgeschleppt hatte. Sie empfand das ganz deutlich, ohne doch eine Begründung dafür zu haben. Sie wollte eine Frage stellen, aber sie besann sich schnell.
»Gewiß, liebes Fräulein«, entgegnete sie statt dessen.
Der Musiker Abraham Gebhardt saß bereits am Klavier und blätterte in den Noten.
Bettina spielte einen Satz aus dem Beethovenschen Violinkonzert. Sie schloß während des Spiels die Augen. Der Musiker begleitete sie mit einer Feinfühligkeit, als wenn sie Jahr und Tag zusammen musiziert hätten.
Der Ton ihrer Geige klang zitternd, die Hörer spürten, daß die Seele Bettinas mitzitterte.
Sie ließ plötzlich erschöpft den Bogen fallen. »Ich kann nicht weiter, ich kann nicht«, flüsterte sie.
Kein Mensch klatschte. Sie waren alle ganz still. Das Spiel Bettinas war ihnen ein Erlebnis.
Sie huschte wie ein Irrlicht hinaus, zog ihren Reisemantel an und machte eine demütige Verbeugung vor den Leuten vom Nachtlicht.
»Gute Nacht, Fräulein«, sagte Abraham Gebhardt. »Sie haben uns in das Reich der Freude geführt«, raunte er ihr, für die anderen unvernehmlich, zu. »In Ihrem Spiele liegt das dritte Reich.«
Diese letzten Worte hatte Thomas gehört.
»Das dritte Reich«, murmelte er gedankenlos. – – –