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Am zweiten Tage nach der Abreise der beiden Herren, also noch vor der Auffindung Königs, war ein Besuch in die Villa Mühlheims gekommen, ein daselbst von allen gern gesehener Besuch, Herr v. Eichen.
Er ließ sich vorerst bei dem Kommerzienrat melden und berichtete diesem, daß Durand telegraphisch verlangt habe, daß alle irgendwie zur Verbergung einer Leiche geeigneten Örtlichkeiten in der Villa und in deren Umgebung genauestens durchforscht werden sollten.
»Das begehrt Herr Durand? Ja, lieber Freund, glauben Sie denn, daß das einen Sinn hat?« Mühlheim sah recht verdrossen aus bei dieser Frage.
Der Oberpolizeirat legte ihm die Hand auf den Arm und nickte: »Was dieser Durand je gewollt, hat noch immer einen Sinn gehabt. Er hat mir nicht mitgeteilt, warum es ihm derzeit so nötig erscheint, diese Untersuchung vorzunehmen, aber ich befürworte sie ohne weiteres. Und Sie, nun, Sie haben sich einfach seiner Anordnung zu fügen.«
»Nun, nun, ich füge mich ja, aber für meine Töchter wird die Sache schrecklich peinvoll sein.«
»Sie werden Ihre Töchter entfernen.«
»Das will ich selbstverständlich tun. Wann soll es denn sein?«
»Es braucht nicht vor morgen früh zu geschehen.«
»Gut. Und ich werde mich auch entfernen, denn solch eine Suche ist auch mir widerwärtig.«
»Also morgen! Und jetzt bitte ich Sie, mich zu Ihren Töchtern zu führen.«
»Sie schenken uns also noch für ein Weilchen Ihre liebe Gegenwart?«
»Ich will doch auch wieder einmal meine jungen Freundinnen sehen.«
Die beiden Herren gingen nach dem Wintergarten.
Da gab es ein zugleich freudiges und trauriges Wiedersehen. Da zeigte es sich, wie lieb und herzlich der alte Herr zu trösten verstand, und wie klug er die leidvollen Gedanken Lenas auf Harmloses zu lenken wußte.
Edwine aber und er tauschten einen ganz merkwürdig innigen Blick und Händedruck, und ganz unverständlich war es ihrem Vater, warum sie, als der alte Herr sie begrüßte, so glückselig lächelte und solch tiefe Röte dabei ihre Wangen färbte.
»Wissen Sie, meine Damen, was ich auf dem Herzen habe?« sagte Herr v. Eichen, als er sich bei den Mädchen niedergelassen hatte.
»Nun?« rief Lena, und Edwine forderte ihn lebhaft auf, sich dieser sichtlich schweren Last rasch zu entledigen.
Da erzählte er ihnen von Horst v. Derenberg, und wie gern dieser so ganz herabgekommene Edelmann wieder ein achtenswerter Mensch werden wolle, und wie wenig schwierig es sei, ihm zu helfen.
Da gab es denn ein eifriges Beraten, und daran beteiligte sich auch der gutmütige Kommerzienrat. Und das Resultat dieser Beratung war für Horst ein sehr günstiges. Mühlheim sagte es auf die herzlichen Bitten seiner Töchter hin dem Oberpolizeirat zu, daß er seinem Schützling einen sicheren Posten verschaffen werde.
»Meinem Schützling?« lächelte der alte Herr. »Da irren Sie sich. Er ist weit mehr dieses Herrn Durand Schützling, und nur weil der sich so sehr für Horst interessiert, interessiere auch ich mich für ihn.«
»Durand interessiert sich für diesen armen Menschen?« Edwine hatte so gefragt, hatte sehr lebhaft so gefragt.
»Mir scheint, daß dieser Umstand deine Teilnahme an jenem armen Teufel noch erhöht,« bemerkte ihr Vater schmunzelnd.
Da wurde Edwinens Gesicht wieder rot, aber sie schlug die Augen nicht nieder, sondern schaute ihrem Vater ernst und offen ins Gesicht, als sie sagte: »Ist dir's nicht recht, Papa, daß es so ist?«
Mühlheim war wohl ein wenig überrascht, aber nicht unangenehm überrascht. Es mischte sich auch eine jäh in ihm aufsteigende Bewegtheit in diese Überraschung.
Seinem Kinde tief in die Augen schauend, antwortete er warm: »Es ist mir recht, auch recht, daß du so offen gegen mich bist. Und deine Augen wieder froh zu sehen, das tut mir wohl. Aber wie ist denn das, was du mich da erraten läßt, so rasch gekommen?«
»O Papa!«
Edwine schaute hilfeflehend auf ihren alten Freund, und der redete denn auch rasch statt ihrer weiter.
»Na,« fing er an, »gar so rasch hat sich ja die Sache nicht gemacht. Es ist ja wohl schon zwei Jahre her, seit Sie sich Grödens Besuch verbaten.«
Jetzt wollte Mühlheim auffahren, aber Edwinens Arme schlangen sich noch enger um seinen Hals.
»Papa – o lieber, lieber Papa!« sagte sie voll bitterer Angst.
Da gab er rasch jeden Widerstand auf, gab ihn gern auf, denn er sehnte sich danach, wieder Freude in seinem Hause zu sehen und – was hätte er denn auch gegen Gröden vorbringen können, da er »Durands« Lob ja doch schon in allen Tonarten gesungen und »Durand« schon vor Tagen ein für allemal als lieben Gast für sein Haus requiriert hatte?
»Papa!« mahnte ganz leise Lena den Überraschten, und ihre schönen, traurigen Augen baten auch für die Schwester.
Da rief Mühlheim schier ungeduldig aus: »Aber Kinder, was wollt ihr denn noch, ich habe ja gar nichts gegen Edwinens Glück einzuwenden – sobald dieser Gröden wirklich Durand ist!«
Er selber mußte über diesen Schluß seiner Rede lächeln, und so strich er denn lächelnd über Edwinens Haar und schob die von der raschen Entscheidung noch halb Betäubte in die Arme ihrer Schwester.
»Haben Sie das eingeleitet?« wandte er sich an Herrn v. Eichen.
Und dieser, froh über den guten Erfolg seiner Intrige, gab in humoristischer Weise zu, daß es sein ureigenster Einfall gewesen sei, Gröden auf diese Weise zu einem Eindringen in das Haus und Herz seines künftigen Schwiegervaters zu verhelfen.
Danach blieb der alte Herr den ganzen Abend in dem Hause, in welchem man, wenn der Tag wieder kam, nach einem Toten suchen wollte.
Kurz nach Tisch fuhr der Kommerzienrat mit seinen beiden Töchtern und Erich aus dem großen Parktor, welches sich am Ende jener Allee uralter Kastanien befand, in welcher Edwine und Gröden vor einigen Tagen nach langer Zeit wieder zum ersten Male zusammengetroffen waren. Es war etwas ganz Ungewöhnliches, daß dieses Tor offen stand. Dies pflegte nur wenige Male im Jahre so zu sein, nur wenn das viele Reisig und die vielen Zweige, welche beim Beschneiden der Bäume und Sträucher abgefallen waren, auf großen Wagen fortgebracht wurden, oder wenn Holz- und Kohlenfuhren kamen, welche durch die Kastanienallee am kürzesten zu den Kellern gelangten, die in einem Hintergebäude lagen.
Gestern nun, da ganz plötzlich wieder Tauwetter eingetreten, und der lockere Schnee in wenigen Stunden geschmolzen war, hatten der Gärtner und sein Gehilfe jene Bäume und Sträucher, mit denen sie vor dem letzten Schneefall nicht fertig geworden waren, gestutzt, und die Abfälle wurden heute fortgeschafft.
Deshalb hatte man das selten benützte Tor geöffnet, und auch des Kommerzienrats Wagen erreichte diesmal durch die Kastanienallee die Straße.
Mühlheim hatte seinen Kindern vorgeschlagen, eine Partie nach der Brühl zu machen und so den schönen sonnigen Tag auszunützen.
So befanden sich jetzt also nur noch Herr Braun und die Dienstleute in der Villa.
Braun und Lisi standen im Garten, woselbst letztere damit beschäftigt war, Wäsche aufzuhängen.
Es war so hell, so warm, als wäre es ein schöner Maitag. Die Witterung hatte wieder einen starken Wechsel gehabt, nur daß es diesmal ein Wechsel zum Guten war.
Die Sonne war eben dabei, die letzten Schneereste wegzutauen und die glänzenden braunen Blattknospen, die an Bäumen und Sträuchern schwollen, ein wenig zu öffnen.
Es war eine freudige Stimmung in der Natur.
Die beiden jungen Leute aber, welche diese Stimmung eigentlich hätten teilen sollen, schauten recht ernst, Lisi sogar recht bestürzt darein. Ihr Bräutigam hatte ihr mitgeteilt, was heute noch hier geschehen sollte.
»Wenn ich denke, daß es möglich ist, daß wir all die Tage her vielleicht in der Nähe eines Ermordeten gelebt haben,« sagte sie schaudernd.
»Närrchen,« entgegnete Braun, seiner erschreckten Braut zärtlich über die Haare streichend, »Närrchen, diese Vorstellung ist mir viel weniger peinlich als die Vorstellung, daß wir, wenn Königs Leiche hier gefunden wird, all die Tage her mit seinem Mörder verkehrt haben.«
»Mit seinem Mörder!« schrie Lisi entsetzt auf, und ihre Finger furchtsam in Brauns Hand zwängend, forschte sie ängstlich danach, ob er etwa eine Ahnung habe, wer denn Königs Mörder sei.
»Ist dir nichts, gar nichts aufgefallen?« fragte er.
Sie schüttelte den Kopf.
»Daß einer, der hier verkehrte, so ziemlich anders war als sonst?«
»Nein! Oder doch? Aber du – das ist ja nicht möglich!« Sie war ganz blaß geworden.
»Alles ist möglich,« sagte Braun und schaute sehr ernst dabei aus.
»Denkst du auch an – an Colmar?« flüsterte sie ihm zu.
Er nickte.
»Aber wenn du einen Verdacht gefaßt hast, hättest du da nicht Anzeige machen müssen?«
»Das hätte ich tun müssen, wenn nur ich allein meine Beobachtungen gemacht hätte.«
»Hat ihn ein anderer auch verdächtigt?«
»Herr Durand.«
»Der hat ihn doch früher nicht gekannt – früher, meine ich, wie Colmar noch nicht so – so verändert war. Warum hätte denn der auf ihn aufmerksam werden sollen?«
»Er ist's doch geworden. Er hat ihn genau beobachtet, und er ist ein Mann vom Fach, er ist eigens hierher gekommen, um zu beobachten, das war und ist meine Überzeugung, und deshalb habe ich meine Wahrnehmungen für mich behalten.«
»Durand ist ein Mann vom Fach? Ja wie meinst du denn das? Daß er ein Detektiv ist?«
»Das wohl kaum, denn mit einem Detektiv wird der Herr Oberpolizeirat v. Eichen gewiß nicht Arm in Arm über die Ringstraße gehen.«
»Das ist geschehen?«
»Das ist gegen Mittag am 24. Dezember vorigen Jahres geschehen. Ich bin gerade aus dem Geschäft von Sirk gegangen, wo ich das Weihnachtsgeschenk für dich gekauft habe, da sind mir die beiden Herren entgegengekommen, Arm in Arm und sehr vertraulich plaudernd. Wie ich Herrn Durand aus Nancy hier zu Gesicht bekommen habe, bin ich mir sogleich darüber klar gewesen, daß er kein Herr Durand aus Nancy, sondern daß er ein hiesiger guter Bekannter vom Herrn v. Eichen ist, und daß er ihm die Voruntersuchung in dem Fall König übertragen hat.«
»Und von all dem hast du mir nichts gesagt?« schmollte Lisi.
Ihr Liebster küßte sie auf den roten Mund und sagte lächelnd: »Nein, denn auch du bist eine Plaudertasche, und in solch einem Falle kann selbst das harmloseste Wort unberechenbare Folgen haben.«
Lisi nickte in schöner Selbsterkenntnis verständnisvoll zu diesen weisen Worten.
In diesem Augenblick entstand in der Kastanienallee wüster Lärm. Dort war der Kutscher des Fuhrwerkes, welches, mit Reisig hochbeladen, soeben in die Allee eingelenkt hatte, plötzlich nicht mehr fähig, seine beiden Pferde zu bändigen. Braun und Lisi sahen, wie das eine der Tiere kerzengerade in die Höhe stieg und dann wie rasend ausschlug und davonrannte. Natürlich mußte das zweite Pferd nun auch ein ähnliches Tempo einhalten, kam aber mit seinem Gefährten nicht sogleich in den gleichen Schritt, was zur Folge hatte, daß der Wagen hin und her geschleudert wurde, und daß der Kutscher sich kaum auf feinem Sitze zu erhalten vermochte.
Braun und Lisi waren zur Allee hingeeilt. Freilich helfen konnten sie nicht, aber die Unruhe ließ sie nicht auf ihrem Platze verharren.
Als sie gewahrten, daß das scheu gewordene Pferd sich endlich doch wieder lenken ließ, blieben die beiden jungen Leute tief aufatmend stehen. Sie wußten jetzt auch schon, worüber das Pferd so außer sich geraten war. Eine Hornisse hatte es verfolgt. Das plumpe Tier schwirrte jetzt davon und setzte sich auf eine der Latschenkiefern, welche auf dem Hügel wuchsen, in dem gegen die Allee hin sich die Tropfsteingrotte befand.
Auch mit deren Grenzsteinen hatte der so wütend umhergeschleuderte Wagen karamboliert. Einen der vordersten Steine hatte er weggerissen. Es war ein rundlicher Block, das hatte seine Bewegungsfähigkeit gesteigert. Er lag jetzt reichlich einen Meter weit von seinem früheren Platz auf dem Wege.
»Na, den muß man fortschaffen,« sagte Braun, »dort kommt schon die zweite Fuhre heran, da könnte es wieder Unannehmlichkeiten geben.«
Gedacht, getan. Der kräftige junge Mann bückte sich schon, um den schweren Stein wieder an den ihm zukommenden Ort zu wälzen.
Aber der Stein blieb unberührt.
Eine kalte Hand hatte sich bebend auf Brauns Arm gelegt.
»Lisi – mein Gott! Was ist dir?« schrie Braun erschrocken, denn aufblickend sah er, daß Lisis Gesicht ganz weiß geworden war.
Einen Augenblick lang dachte er an die zornige Hornisse, aber die saß hoch über dem Eingang der Grotte auf einem der sonnbeschienenen Kieferzweige.
Lisis zweite Hand jedoch deutete auf den Boden.
Der wurde auch von der Sonne beschienen. Bis gut auf einen halben Meter Tiefe fanden die lichten Strahlen einen Weg in die Grotte, deren etwa mannshohe und etwa meterbreite Öffnung von den niederhängenden Zweigen einer Latschenkiefer fast ganz verhüllt war.
Bis ganz hinab aber reichten die schweren Zweige nicht, da konnte man den graubraunen, stellenweise mit Moos bewachsenen Grund der Grotte sehen.
Aber an einer Stelle konnte man ihn nicht sehen, denn darauf lag ein mit einem eleganten Stiefel bekleideter Männerfuß. Die noch helle Schuhsohle war deutlich sichtbar, und das Lackleder des Oberteiles glänzte in der Sonne.
»Kannst du allein ins Haus gehen?« fragte Braun, als Lisi sich schaudernd abwendete.
Sie nickte und ging dann der Villa zu. Sie ging ganz langsam, das Entsetzen hatte sie fast gelähmt.
Endlich aber hatte sie die Villa doch erreicht und schickte Wilhelm und den Hausmeister zu ihrem Verlobten hinaus. Dann setzte sie sich, plötzlich müde geworden, auf den nächsten Stuhl.
Da klingelte es. Sie mußte zur Pforte gehen. Dort standen drei Männer. Der eine sah recht elegant aus, die zwei anderen hielten sich, wie Untergeordnete, hinter ihm.
»Sie wissen wohl schon, warum wir kommen?« fragte der Herr, als sie öffnete.
Lisi nickte. »Er ist schon gefunden,« sagte sie, und dabei schlugen ihre Zähne aufeinander.
»So! So!« machte der Herr. Dann gingen er und seine Begleiter in der Richtung weiter, welche Lisis Hand ihnen wies.
So war Königs Leiche endlich aufgefunden worden, und mit ihr jene Summe Geldes, welche man ihm damals überbracht, und das Manuskript jenes kritischen, aufklärenden Artikels, um dessentwillen Colmar an ihm zum Mörder geworden war.
Lena erholte sich nur langsam, und erst nach Jahren gewann sie wieder so viel Lust am Leben, daß sie eine Heirat einging.
Längst war Edwine und Gröden ein glückliches Paar geworden. Alfred Horst v. Derenberg ist Buchhalter in der Fabrik eines Freundes des Mühlheimschen Hauses, und Wasili Alexin oder vielmehr Wasili Kissilew ist – tot.
Er hat nicht einmal die Haft überstanden, die ihm des begangenen Diebstahls halber auferlegt worden war. Das Faktum, daß er auch ein Erpresser war, ließ Gröden ein Geheimnis bleiben. Der, an welchem dieses Verbrechen verübt worden, der konnte ja niemand mehr anklagen. Und wo kein Kläger ist, da bedarf es auch keines Richters. Wasili Kissilew wäre diesem so wie so entkommen. Man fand ihn eines Morgens – genau zwei Tage fehlten noch zu seiner Entlassung – tot in seiner Zelle.
Der Arzt konstatierte einen Gehirnschlag.
Und Nadja Kissilew?
Die lebt nach wie vor auf dem Gute der Ostrofska, nur daß sie derzeit dessen Herrin ist. Denn ihre Tante ist gestorben und hat sie zur Erbin eingesetzt. Nadja lebt nicht allein. Ihres verstorbenen Bräutigams Mutter und Schwester leben bei ihr, die nun sehr reich geworden ist und ihren Reichtum genießt, indem sie ihn warmherzig mit den Armen teilt. Das ist ihre größte Freude.
Nadja hat aber auch eine Freude, die sie nur mit ihrer Mutter und ihrer Freundin teilt. Zuweilen stehen die drei vor einem Bilde, dessen Hauptfigur ein niederbrechender Bauer ist, und betrachten mit kundigen Augen jede Einzelheit des herrlichen Gemäldes, und dann haben sie das frohe Empfinden, daß sie vor dem Werke eines großen Künstlers stehen. – –
Und wieder einmal erfreuen sich Nadjas Augen und ihre Seele an dem letzten Werke dessen, den sie so innig liebgehabt. Sie schaut auf die gekrümmten Finger der Hauptfigur und gedenkt der Stunde, in der König im Atelier zu Concarneau weilte, und denkt daran, daß er jene Händeskizzen dort vor die Augen bekam, und daß es ihm etliche Tage später klar wurde, daß nicht Colmar, sondern daß Iwan Malachow der große Künstler war.
Sie seufzt tief und schmerzlich auf. »Du Armer!« sagt sie leise vor sich hin. »Du Armer – um dieser Entdeckung willen hast du sterben müssen an deinem Verlobungstage!«
Ende.