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Hans Wilhelm Kirchhof

1.

Von einem Doktor und einem Bauern.

In einer Stadt kölnischen Gebiets wohnte einmal ein sehr gelehrter Doktor medicinae, der alle Gebresten an Jedermann vertreiben und kurieren konnte. Darum er des gemeinen Mannes Lob (wie es gewöhnlich geschieht, wo etwas Neues entsteht) binnen kurzem vor allen andern bekommen und berühmt geworden. Durch solches ward dazumal auch ein reicher Schlemmer und einfältiger Bauer Rats zu erholen bewogen, der sich selbst einredete, wie witzig und wohlsprechend er wäre und ein junges, doch faules und böses Weib hatte, Er sorgte dafür, daß er sich von ihrem Harn verschaffte, welchen er in der Hoffnung, ihre Gesundheit zu bessern, zu genanntem Doktor trug, vermeinend, derselbe wüßte auch die Trägen rasch zu machen, wo er doch selbst wohl in seinem Garten oder Zaun hätte Rat finden können. Wie dem sei, er wagt's, bat den Doktor mit Verlaub, Fleiß aufzuwenden, er wollte in dieser Sach kein Geld sparen, sollt' es ihn auch mit Verlaub einen halben Radtaler Weißpfennige kosten.

Der Doktor fragt, woher er sei oder wie sein Name. Antwortet der Bauer: »O Herrgott, dies ist schon das erste, das ich erfahr, wie mich das allgemeine Gerücht getäuscht hat! Ich meinte, Ihr wüßtet alle Ding und wisset solches nicht aus dem Harn zu ersehen! Ist doch kein Kind in unserem Dorf, das nicht weiß, daß ich mit Verlaub Knorren Cüntzgen hieß.« Lachend forscht der Doktor weiter, ob die Person, um derentwillen er da wäre, auch schlafen und ruhen könnte. »Mehr denn zuviel«, antwortete der Bauer, »mit Verlaub zeitig des Abends und Morgens gern lang; dies aber bekümmert mich, daß Ihr nicht merkt, daß es mit Verlaub meine Frau ist, und ich bin darum einen so weiten Weg, mit Verlaub wohl dritthalb Meilen, hierher gegangen, von Euch alles Nötige zu erfahren.« Der Doktor verstand, mit was für einem Kaufmann er Markt hielte und sagte weiter: »Hat denn auch Eure Frau ziemliche Verdauung oder jüngst einen Stuhl gehabt?« Der Bauer sprach: »Es war mit Verlaub noch finster, da ich heut morgen von ihr ging und sie lag noch im Bett, ob sie aber, nachdem sie aufgestanden, einen Stuhl oder Bank, mit Verlaub zum ersten gebracht, mögt Ihr aus dem Wasser zu sagen wissen; denn meine Stube ist sehr weit, doch meines Erachtens würde sie Einer ihrer Gewohnheit nach beim Ofen, da im Winter ihr steter Sitz ist, gefunden haben.« »So mußt du es nicht verstehen«, sprach der Medicus: »Ich meine, ob sie nicht wie du, wenn dir der Bauch wehe tut, ihrer Notdurft nachgegangen sei.« »Ach so«, sagt der Bauer, sein ›mit Verlaub‹ vergessend, »ich versteh's nun wohl: gestern morgen fand ich sie im Hof, da hatte sie nicht viel gemacht, kaum so groß als das ist«, womit er ihm etwas zeigte, einen Stein oder ein Holz, nicht viel unter vierthalb Pfunden. Durch diese Erzählung des villani ward er heftiger zum Lachen getrieben und sprach deshalb zu ihm: »Nun erst will ich dir sagen, wie es hiermit bestellt ist; vorher habe ich deines Erschreckens halber mich gescheut. Deine Hausfrau ist mit einer nicht geringen und neuen Krankheit beladen, nämlich mit dem Trägen; wo das, wie schon manchem geschehen, überhand nimmt, da verteilt sich's gerne in alle Glieder des ganzen Leibes. Es entstehen danach große Beulen, die fallen aus und es pflegt darin, wenn man's versieht, gern faul und schelmig Fleisch zu wachsen. Dieses nun zu vertreiben, folg meinem Rat, dann brauchst du nicht viel in die Apotheke geben! Nimm ungebrannte Asche, welche, da sie von zweijährigem Kuckucksgeschrei am allerbequemlichsten ist! Dazu misch ziemlich den Saft von Bengel und Fünffingerkraut, streiche ihr denselbigen des Morgens, oder wenn sie die Seuche ankommt, um die Arme und Lenden, oder wo sie's am meisten empfindet! Diesmal kann ich dir, anderer notwendiger Geschäfte halber, nicht mehr sagen; versuch dies zum ersten!« Schenkte ihm einen Weißpfennig und ließ ihn von sich gehen.

Der Bauer zog heim und fand seine Frau nach alter Gewohnheit müßig beim Ofen und die Hände im Schoß haltend sitzen, die ihn mit nicht wenig Scheltworten, daß er so lange aus war, empfing. »Sei guten Muts!« sprach er, »dein Sach soll bald besser werden; der Doktor hat mir nicht allein geraten, dir zu helfen, sondern mir auch einen Weißpfennig verehrt.« Erzählt ihr dabei die Form der Arznei und Kräuter. »Ich wollt', der Schinder schlüg' den Doktor mit seiner Arznei und dich Schelmen dazu!« antwortet die junge und faule Linze, er solle den Teufel also arzneien. Der Mann sprach: »Nun, liebe Frau, es ist von mir im besten geschehen, hab Geduld, ich kenne die Kräuter nicht, sind sie aber sauer, so mußt du ein übriges tun, ein Böses muß das andre vertreiben.« Allsogleich ward das Weib noch heftiger, behandelt den Mann aufs Schändlichste mit Schmäh- und Scheltworten, daß er dadurch zu Zorn bewegt, ihr, so sie mit solchem nicht nachlassen würde, das Maul zu zerschlagen drohte. Sie bot ihm Trotz, er gab ihr eine Maulschelle oder zwei, daß sie zurückprallte. Sie aber setzte sich zur Wehr und erwischte einen Besenstil. Den nahm ihr der Mann und setzte ihr dermaßen zu, daß sie ihm mit Gewalt entlief. Der Mann dachte, dies soll wohl die ungebrannte Asche sein, wovon der Doktor geredet und wovon die erste Probe ziemlich gut ausgefallen. Darum, wenn die Frau wieder in die frühere Faulheit verfiel, drohte er ihr mit besagter Arznei zu helfen, so daß sie sich doch einigermaßen derselben entwöhnte und häuslicher zu werden begann.

 

2.

Einer versteht ein Rezept unrecht.

Zu Straßburg wohnte ein Gärtner, oder wie man's an etlichen Orten nennt, ein Taglöhner, der auch gern im Nassen lag. Darum, wie er einstmals in der Faßnacht die Weinkanne zu oft gelehrt hatte, verspürte er etwas Kopfschmerz und Schwindel, auch seinen Magen erkalten und Blähung. Dieses klagt er einem Doktor, dem er bisweilen um Taglohn zu arbeiten pflegte und bat ihn dabei, ihm seinen Rat mitzuteilen. Der Doktor war willig, denn er woll't ihn auch bald in seinem Garten brauchen, schrieb ihm ein Rezept, befahl ihm das in die Apotheke zu tragen, und was ihm der Apotheker zurichten würde, sollte er auf einmal einnehmen. Indem nun der Gärtner hinging, machte er das Brieflein unterwegs auf, um zu sehen, was darin geschrieben stünde; denn er war auch in seiner Jugend in die Schule gegangen und hatte einen alten Donat samt der Grammatica gegessen. Als er aber unten – denn das andre könnt' er nicht wissen, was es war, geschrieben fand: fiant pillulae septem, das ist: aus dieser aufgeschriebenen Komposition sollen sieben Pillen gemacht werden, ließ er sich auch dünken Latein zu verstehen und meint pillulae war soviel als pulli, das ist Junge, wie junge Vögelein oder Hühnlein. Lies darum die Apotheke fahren, verfügt sie nach Hause, berichtet seiner Hausfrau, die wohl wußte, wo er gewesen war, was in dem Zettel vermeldet und sprach: »Was war vonnöten, dem Apotheker viel Geld für das zu geben, was wir selber haben und du, wie du im Schwanen dientest, ja, so gut als er zu kochen gelernt hast? Nimm unsrer jungen Hühnlein sieben, fülle sie alle aufs Beste, vier in einem gelben Brühlein abbereitet und die andern drei gebraten.« Die Frau war ihm gehorsam, vollbrachte dieses, wie ihr Mann das befohlen hatte, auf daß er eine seiner Krankheit ziemliche Mahlzeit hielte.

Des andern Tags begab sich's, daß der Doktor dieselbige Straßen hin spazieren ging, da der Gärtner wohnte. Da fiel ihm ein, zu erforschen, wie bei seinem Patienten die Purgation gewirkt und er sich befand. Den fand er ziemlich guter Dinge und gesund; fragt ihn darum, ob die Arznei ihm so gut geholfen hätte. »O ja«, sagte der Gärtner, »ich hab sie erst ein wenig über die Hälfte gegessen; Ihr meint, glaub ich, daß ich ein Bauer sei und habt mir gar zu viel verordnet.« »Wie das?« sprach der Doktor. Antwortet der Gärtner: »Von den gesottnen hab ich nur drei und von den gebratnen zwei, doch von dem dritten mit Mühe und Not ein Flügelein gegessen und nicht mehr, wiewohl sie all besser, als Ihr habt verordnen können, zugerichtet gewesen sind«, und er berichtet dem Doktor alles, wie es gegangen war. Der verwundert sich dessen, lachte und sprach, er hätt ihm recht gefolgt, er sollte das übrige nun jetzt essen; er hätte gute Hoffnung, die Krankheit würde sich wenden, wollt' auch wünschen, daß allen seinen Kranken solchergestalt zu helfen wäre und ging also von ihm.

Dies wird auch also erzählt, wie mir berichtet worden, daß es wahrhaftig zu Wittenberg geschehen sein solle, daß ein Bauer einem Doktor geklagt, wie ihn der Schwindel und Kopfweh übel peinige. Da riet ihm der Doktor, er solle für einen Groschen oder drei überzogenen Koriandersamen kaufen und den genießen. Versehe er sich, daß es besser mit ihm werde, gut, wo nicht, so sollt er ihn wieder ansprechen. Der Bauer sprach diesen Namen Koriander in Gedanken stets vor sich hin und wollt ihn ja nicht vergessen, indeß begegnet ihm ein andrer aus seinem Dorf, der hielt ihn mit etlichem Geschwätz ein wenig auf. Als dieser von ihm gegangen, war ihm der Koriander aus dem Sinn, dacht, es habe Kalender geheißen und fragt, wo dieselbigen zu kaufen wären. Ward er darauf zum Buchbinder gewiesen, da begehrt er für drei Groschen überzogne Kalender. Konnte der Buchbinder nicht anders denken, dieweil dieser überzogene Kalender forderte, es müßten nicht von den langen, sondern von den eingebundenen sein, gab dem Bauern für drei Groschen sechs derselben, die er alle nacheinander auffraß und genoß. Derhalben kam er folgenden Tags zum Doktor, verehrte ihm einen großen Butterwecken und sagte, daß es gegen den Schwindel keine bessere Arznei gab denn Kalender, doch hätte er das Hinterste – er meint dort, wo sie gepappt und geleimt sind – schwer hinabzubringen vermocht.

Item, einem war geraten worden, daß er allemal nach der Mahlzeit ein Stück Käse von eines Guldens Schwere essen sollt; da vermeint er für einen Gulden Käs, aß ungefähr vier oder fünf Pfund, beklagt sich auch darum, es wäre zuviel.

 

3.

Ein Rezept einer Apothekerin

Nichts geilers und unkeuschers (spricht man) sei, denn eines alten Mannes Herz. Dergleichen war einer, fast siebenzigjährig, derselbige, nachdem ihm seine Hausfrau gestorben, konnt kaum erwarten, daß sie erkaltet oder begraben wäre und trachtet, wie er eine junge bekommen möchte. Lief alle Winkel aus und buhlte, von Liebe entzündet, wie ein junger Esel. Zum letzten macht er ein wenig Bekanntschaft mit einem schönen Mägdlein, die ihn über einen Zahn anlachte, von ihm an einen andern zu kommen gedachte und mehr sein Geld, denn ihn selber lieb gewann. Wiewohl ihm von Jedermann vielmehr zu einem ziemlichen betagten Weib, denn zu dieser geraten wurde, wollte er von seinem Vorhaben doch nicht ablassen. Als er sie nun genommen und kurze Zeit mit ihr hausgehalten, mußt er hinnehmen, daß sie ihm sein schwaches und unvermögendes Alter, auch wie er des Nachts nichts denn schlafen oder husten und kotzen könnte, ganz schmählich aufrückte und vorwarf. Darum gedachte der betrübte Alte weiter Rat zu finden, ging in die Apotheke, da der Besitzer sein Gevatter war und fragte seine Hausfrau, wo er wäre, er hätte ihm eine wichtige Sache anzuzeigen. Die Apothekerin merkt wohl an seiner Farb und Red, daß ihm etwas hieran gelegen und aus angebornem Fürwitz fragte sie ihn, ob er es ihr nicht eröffnen könne. Da es sich um eine ziemliche Arznei handle, wollte sie in Abwesenheit ihres Hauswirts allen Fleiß aufwenden, den sie könnte, denn sie hätte infolge der Erfahrung auch etwas gelernt. Der gute Mann schlug es ihr immer ab, es zu sagen, doch auf ihr fleißiges Anhalten und Erforschen erzählt er ihr den ganzen Handel.

»Dies ist eine schwere Sach und mir nicht lieb zu hören«, sagte das Weib, »doch kommt mit mir in den Laden, da will ich sehen, ob Rat für Euch ist.« Nun war sie gerades Leibs, schönes Angesichts und von weißen Beinen, schürzte sich, auf daß ihr Gevatter diese ziemlich hoch sehen möchte, stand ihm gegenüber und fragte, ob er keine Besserung spüre. Antwortet er, nein. Sie lehnet ein Leiterlein an, steigt hinauf, langt und besah eine Büchse nach der andern und fragt, wie es jetzt um ihn stünde? Sprach er immerdar wie vorhin. Sie zog den Rock ein wenig höher bis an die Knie, sucht hin und wider, und fragt ihn zum dritten, ob es noch in dem alten Wesen mit ihm wäre. »Nicht anders«, sprach er, »und da Ihr sonst nichts wisset, muß ich verziehen, bis Euer Herr, mein Gevatter, heimkommt.«

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»Das ist unnötig«, sagt sie; »wenn Euch das, so Ihr jetzund gesehen, keine Kraft bringt, ist es vergeblich, wenn Ihr auch schon die ganze Apotheke mit allen Büchsen fresset.« Mit welchem Schrecken er diesen Trost vernommen, kann sich einer leicht denken.

 

4.

Von einem Wurzelkrämer, der ein Doktor sein wollte.

Ein Landstreicher oder Zahnbrecher (wie man sie nennt) kam mit seinen Theriakbüchsen in einen Flecken, legte daselbst seine Krämerei aus, tat mit großer Arznei und Kunst, wie er allerlei Gebresten heilen könnte und ein Doktor war, groß. Eine reiche alte Bäuerin daselbst hatte böse Augen, forderte diesen Arzt und ward mit ihm über den Lohn einig, dergestalt, daß sie ihm den nicht geben sollte, sie hätte denn ihr Gesicht wieder vollkommen zurückgewonnen. Er durfte solches, damit man an seiner angeblichen Kunst nicht zweifle, nichts abschlagen, hatt aber zu sich selbst wenig Vertrauen, gedachte sich darum bei Zeiten vorzusehen und bezahlt zu machen. Er ließ das Weib sich in eine ganz finstre Kammer legen, salbte ihr täglich mit einem Schmeer die Augen, deckt sie ihr auch mit übergelegten Pflastern ganz zu, und jedesmal, so er wieder weg ging, nahm er jetzt einen Kessel, dann eine Pfanne, Tiegel, Kleider, Leinwand oder sonst etwas dergleichen mit. Was geschieht? Die Frau wird gegen sein Verhoffen bei solcher Trügerei gesund und solches gewahr. Der Arzt fordert sein verheißenes Geld und spricht, daß er solches zu Erkenntnis aller, denen ihr Mangel vorher bekannt gewesen, wolle gestellt haben. »Es ist nicht also«, antwortet sie, »denn ehe ich mich der Gefährlichkeit deiner Arznei, die mich doch nicht ohne Gott gesund gemacht hat, anvertraute, sah ich noch mit roten dunklen Augen hin und wider viel Hausrat und Kleider, jetzund aber mit guten Augen sehe ich die leeren Stellen. Bringe dasjenige, so du mir entwendet, zuvor ein jegliches an seinen Ort wieder, und du sollst nach der ersten Abred bezahlt werden. Als dieses der Schalk hörte, trollt er sich da hinweg und soll noch wiederkommen.

 

5.

Von der Ärzte Freiheit.

Keinerlei Volk auf Erden hat so große Freiheit, als die doctores medicinae oder Ärzte, Barbierer, und Bader. Denn ob sie schon oftmals durch ihre ungereime Arznei etwa manchen Menschen töten, bekommen und schrapen sie dadurch zusammen, während andere Totschläger am Leib härtiglich gestraft werden, großes Gut und reichliche Belohnung. Daher ein Sprichwort, daß ein neuer Arzt einen neuen Kirchhof haben muß, bei uns Teutschen entstanden ist. Oder, wie etliche sagen, ein neuer Arzt muß zween Kirchhöf haben, den einen für die, denen er nicht hat helfen können und die darum sterben, den andern aber für die, so er durch starke und der Natur der Kranken widerwärtige Purganzen und anderes tötet.

Auf solche Weise fragt einstmals ein Fürst einen medicum, der sich bei ihm als den geschicktesten und in allen Stücken der Arznei trefflichsten Doktorem angab und versprach, in der Hoffnung, bei ihm in Dienst genommen zu werden, und sagt: »Ich bin von meinen Eltern unterwiesen, ich soll keinen Arzt annehmen oder zu mir lassen, der nicht zuvor zum wenigsten dreißig Menschen getötet hätte.« Antwortet hierauf der Doktor: »Ist dem also, gnädiger Herr, so werde ich eben einer derselben sein, zu welchen Eure Vorderen Euch geraten; denn von angeregter Zahl fehlt es nicht, dieweil ich in gar kurzer Zeit ihrer neunundzwanzig zum Kirchhof gute Förderung gegeben hab.«

Als dies der Fürst vernommen, sprach er: »O ho, kannst du solche Kunst, so taugst du keineswegs zu meinem Diener und pack dich nur von mir ein! ich müßte sonsten große Gefahr bestehen, daß ich nicht bald der dreißigste sein möchte.«

 

6.

Von einem Juden, der ein Arzt war.

Ich hab scherzweis, das wohl sollt wahr sein, sagen hören, daß ein Jud, doch auch nicht alle, wenn er auch getauft, ein guter Christ und fromm wird, wenn einem alten Wolf das Maul zuwächst. Denn ob sie schon eine Zeitlang ihre Büberei etlichen Vorteils halber verbergen, können sie zuletzt, wie eine zeitige Geburt, nicht verhalten. Dennoch (unangesehen, daß sie unser und unsers Glaubens heftige Feinde und Verächter sind, die und den sie täglich lästern und verfluchen) will man sie haben, gibt und vertraut ihnen manchmal mehr, denn einem geschickten und frommen Christen. Ein solcher war zur Zeit Bebelii im Württemberger Land, der sich audi für einen medicum gebrauchen ließ und ausgab. Ward derhalben von dem Abt oder Prior, zum heiligen Kreuz genannt, der am Podagra krank lag, gefordert und gebeten, sein Bestes zu tun, es sollt nicht unvergolten bleiben, auch über den gebührenden Lohn. Demselben dachte nun der Jüd nach, wie er möchte sein (und nicht des Mönchs) Bestes ausrichten; denn er fürchtete, mit seiner Kunst würde er allda nicht viel erwuchern, hätt darum Fleiß, als Jedermann in der Kirchen war, dem Abt seinen Gaul hinwegzureiten, was er auch vollbrachte. Machte also den guten Herrn nicht durch seine Arznei wieder zu gehen, sondern die Not bracht solches zuwegen, weil er seines Pferdes ermangelte. Zu welchem Schaden er auch den Spott Jedermanns, daß ihm der Jüd recht auf die Fuß geholfen hätte, tragen mußte.

 

7.

Eine Frau heilt einen Mann mit einer Zwiebel

Sirach lehrt, man solle den Arzt in Ehren halten, auf das man ihn in der Zeit der Not haben möge. Und dies ist von geschickten und in der Arznei erfahrenen Männern, nicht vom Doktor Schmelzkessel und den alten Vetteln geredet. Aber man tut das Gegenteil, vermeinet großen Rat zu stiften, so man etwa einem gelehrten Arzte einen halben Gulden geben müßte und Nutzen schaffte, dafür lieber einer alten Hexe ihr abgöttisch Beschwören und Segen mit halbem Geld bezahlt, hinwider aber doppelten Schaden leidet, wie Folgendes zeigt.

In einem Dorf am Rhein wohnte eine sehr betagte Frau, der hohe Geschicklichkeiten in der Arznei beigemessen wurden, deren sie sich auch, und mit einem Kräutlein oder einigem Stück (wie der Pfaff Verderbsleben vor Jahren auch tat) allerlei Gebresten zu heilen unterstand. Ein ziemlich wohlhabender Bauer hatte Wehtag an einem Aug bekommen, ging in die Stadt, fragte einen Barbier, was er nehmen sollte, damit es ihm an den Augen helfe. Der Barbier forderte ein bestimmtes Geld, das bedünkt den Bauern zu viel und er ging hinweg den nächsten Weg zu dem alten Weib, sie um Rat fragend. »Dem ist leicht«, antwortete sie, »und um ein ganz geringes abzuhelfen; es ist nichts, denn daß Euch etlicher Staub darein gefallen, den muß man herausziehen.« Sie hatte aber oftmals die harten Schwären mit gebratnen Zwiebeln aufgeweicht und den Eiter herausgezogen; da sah sie's fürs Beste an, dem Auge auch also zu helfen. Briet eine große Zwiebel, murmelte dem Bauer etliche Worte heimlich übers Aug, band ihm danach die Zwiebel darauf und ließ ihn mit dem Befehl, es vor Ablauf von drei Tagen nicht aufzumachen, wieder gehen. Nach Vollendung derselben löste sie ihm das Band auf, da hatte die Zwiebel nicht allein den Staub, sondern auch das ganze Aug ausgezogen und verderbt. Das war ein Heller gespart und hundert Gulden verloren.

 

8.

Warum die Trinker sterben.

Zu Mainz im Stift ist vor Jahren ein reicher Verschwender gewesen, welcher, wie der Orden es mit sich bringt, Tag und Nacht in Saus lebte und ohn Unterlaß toll und voll zu finden war. Dies könnt auf die Läng nicht so weitergehn und es ward ihm der Trinker Lohn redlich auf einen Haufen bezahlt; denn es waren nicht allein alle seine Glieder schwach und kraftlos, sondern auch Lunge und Leber faul geworden. Derhalben er viel zu spät den Arzt gebrauchen und ihm folgen wollte, ist er bald danach gestorben. Wie nun die Leich zur Erden bestattet, war der Doktor, so den Herrn behandelt hatte, auch zugegen und von vielen gefragt, was diesem gemangelt hätte, daran er so plötzlich verschieden. »Wißt Ihr das nicht?« sprach dieser, »der große Hunger und Durst hat ihn ums Leben gebracht.« Als aber dies von ihnen schier mit Verwundern verneint ward; denn ihnen war ja bekannt, sagten sie, daß er sein Lebtag nimmer nüchtern gewesen, antwortet der Doktor: »Dies ist meine Meinung auch; denn hätt er genug getrunken, lebt er noch, ich aber hab nie gesehen, daß er soviel gefressen und gesoffen hab, daß er nicht noch mehr haben wollen, daß er also aus Mangel ist hingefahren.«

 

9.

Ein Doktor redet von der Trunkenheit.

Da ein Doktor noch auf der Universität Professor war, disputierten einmal die Gelehrten von der Trunkenheit und Völlerei, und als es an ihn kam, beschloß er sein Argument und sprach: »Secundum illud: Ut sis noctu leyis, sit tibi coena brevis«, das ist: Willst du des Nachts wohl ruhen, sollst du des Abends dich nicht überessen. Solches kam, dieweil der gute Doktor ohnedies vielen nicht recht reden konnte, unter die Studenten, die sagten, sie merkten nun, weshalb seine (des Doktors) Tischgänger oftmals sich hören ließen, daß sie kurz und schmal abgespeist würden, auf daß sie auch wohl schlafen möchten.

 

10.

Von demselben Doktor.

Dieser Doktor, der ein frommer Mann war, aus einem Land, das sich der sächsischen Sprache bedient, gebürtig, dem mengte sich, wiewohl er sich sehr der oberländischen Art zu reden befleißigte, sein Landsmann immer mit unter. Einstmals kuriert er einen gewaltigen und tapferen Mann vom Adel, und nachdem er ihm etliche pillulas des Abends eingegeben, kam er morgens früh, zu erforschen, wie die Purgation gewirkt und wie oft er sich jedesmal moviert hätte vornehmlich mit diesen Worten: »Lieber Junker, wie ist's Euch heut gangen, habt Ihr auch etliche Stuhl gehabt?« Antwortet der Edelmann: »Was Stuhl, Stuhl? (denn ihm war die Nacht über sehr weh im Leib gewesen, worüber er erzürnt) wenn Ihr Euch so voll des Drecks zu Abend gefressen hättet als ich, Ihr solltet auch wohl einen so großen Haufen als ich gemacht haben«, und sagt's noch gröber heraus.

Der Doktor erschrak, doch sagt er in seiner Sprach, den Zorn zu stillen: »Ei Junker, seid zufrieden, das ist Euch gut, darum friß auf, friß auf, wollt sagen frisch auf, es wird bald besser werden.« »Dem sei, wie ihm wolle«, antwortet der Junker, »ich mach das nicht noch einmal, wenn das so gut ist, so mögt Ihr es wohl selbst fressen, ich habe diesmal genug.«

 

11.

Disputation etlicher Doctorum medicinae.

Es ward unter den Herren und Doktoren medicinae viel disputiert von einem schönen emplastro zu legen, von glatt abgeriebenen Ziegelsteinen zubereitet, das mattonato genannt wird in der Apotheke. Darauf einer der Herren sprach: »Wenn wir den Bischof von Potentia haben könnten und wohl überhobeln und abreiben ließen, der würde gar tauglich dazu sein, denn er könnte der allerschönste mattonato werden, den man möchte finden.« Die Sach wird in Zweifel gestellt und ein Jeder interpretiert besonders, wie man wohl einen Bischof überreiben und als Ziegelsteinpflaster auflegen könnte. Ist also zu verstehen: So dieses Wort mattonato, als vocabulum oder Wort wird angezeigt, ist es das oben gemeldete Pflaster, wird es aber voneinander geteilt, also matto nato, heißt es ein geborener Narr in italienischer Sprache, wozu dieser Bischof vielleicht ihrer Disputation nach nicht übel qualifiziert gewesen.

 

12.

Von einem Pfarrherrn, der ein Arzt war.

Das alte Sprichwort ist: Ein neuer Arzt will einen neuen Kirchhof haben. Solches wird aber darum nicht gesagt von den medicis oder chirurgis, die solche Kunst und Praxis lang geübt oder sonst wohl gelernt haben; welche, wie Sirach sagt, eine sonderliche Gabe Gottes sind, denen er aus sonderer Lieb zum menschlichen Geschlecht offenbaret hat die Kraft und Tugenden der Gewächse der Erden, womit sie den Menschen nutz und gut sind, zu erkennen. Und einen solchen erfahrnen und verständigen medicum oder Arzt haben Kaiser, Könige, Fürsten und Herrn usw. in sondern Ehren und Würden. Sind auch nicht darum neu zu nennen, weil sie etwa in kurzem ihre Vocation oder häusliche Wohnung anderswohin verlegt, als könnte solche Veränderung, Zeit und Ort ihrem Reiß irgend Abbruch bringen. Vielmehr werden mit obgenanntem Sprichwort taxiert und gemeint diejenigen, welche keine fundamenta grammaticae, geschweige in physicis gelegt, der Kranken Natur oder Komplexion nicht zu judizieren wissen und mit einerlei medicamentis allerlei Gebresten zu kurieren sich unterfangen. Wie sich denn auch einer in diesem Lande anno 1544 hervortat, unsäglicher Erfahrung sich rühmend und ebenso großen Ruf gewann, so daß, wo er sich hinwandte, ein Zulauf sich erhob und mit mancherlei Gebrechen beschwerte Leute sich zu ihm auf Wagen, Pferden und sonstwie zu ihm führen und tragen ließen und auch etliche vornehmen Standes, Herrn und Fürsten, ihn zu konsultieren veranlaßt wurden. Stets hat er neben sich zwei oder mehr Schreiber sitzen, die nichts andres, denn einerlei Rezept für und für schrieben und für Geld hingaben. Wie für den Kopf, so auch für Wehetag der Füße, den Alten wie den Jungen, den Frauen wie den Männern, lahme Glieder, Krätze usw., summa, Bauchflüsse oder Verstopfung nicht ausgenommen, verhieß er durch gegebene Arznei Rat zu schaffen. Es ist gleichwohl auch wahr, daß viele, so Rat bei ihm gesucht, Besserung empfunden und von ihrer Schwachheit liberiert sind. Ob aber infolge seines Rezeptes, oder weil Gott das so haben wollte, der ohnedies der beste Doktor ist, weiß ich nicht. Gar viele hatten Gott zu danken, daß sie, wo es sich mit ihnen nicht zur Besserung schickte, im vorigen Stand und Wesen bleiben konnten, ja daß sie nicht ad Patres zogen. Scherzweise nannten etliche diesen medicum den Pfarrherrn von Verderbsleben. Darum sein ein Jeder gewarnt, wem er sich, nicht allein seine oder der Seinen Gesundheit, sondern Leib und Leben vertraue. Das Rezept, so dieser für Geld ausspendet, war dieses:

Recipe: Dürr Wermuth, grüne Rauten, jedes eine Handvoll; Pfefferkörner ein Lot, in einem Mörser klein gestoßen, in ein Tüchlein gebunden und in einer Maß guten Weins gesotten; davon abends und morgens einen guten Trunk getan, darauf niedergelegt und geschwitzt. Dies etliche Tage kontinuiert, reinigt das Geblüt.

 

13.

Ein Esel heißt den andern Sackträger.

Vor Jahren kam gen Cassel ein fremder Chirurgus (will nicht sagen Brillenreißer) oder Arzt, wofür er sich ausgab und großer Erfahrung rühmte. Darum er auch und sein Weib in eitel samtenen und seidenen Kleidern und mit güldnen Ketten prangten. Unter andern seinen Künsten, von denen er viel Wesens machte, war auch ein Unguent, Salbe oder Schmalz, wollt ich sagen, wie sein eigen Verzeichnis, so er angeschlagen, vermeldet, von mehr denn hunderterlei Tiere etc. Schmalz komponiert und zusammengebracht, das auch gegen ebensoviel und mehr Gebresten gut sein sollte. War wohl kaum glaublich, wo ihm solch Schmalz überallher sollt gebracht werden. Ein besonder Geschirr, so ohne Unterlaß auf der Straßen war, um diese Materien zu holen, hätte ihn doch daran Mangel haben lassen, wie wohl er stets neben einer Kutschen noch einen Wagen mit sich führte, vor beiden sechs Pferde. Tagsüber saß sein Weib in einer Kutschen, so lang er zu Cassel war, wie eine Gräfin gezieret; füllete mit ihren schneeweißen Händen, deren Fingerlein voll köstlicher güldner Ringe gesteckt, mit einem Spatel des köstlichen Schmeers in kleinere Büchslein, dieselbigen immer eines übers andre um Geld hinzugeben.

 

14.

Von Georg vom Harz.

Ein andrer Theriaks- oder Wurzelkrämer, der sehr wenig Materialien außer Grind-, Filzläussalb, Wurmkraut, Nießwurz usw. verkaufte, Georg vom Harz genannt, der alle Jahrmarkt zu Cassel mit seiner War ankam und eben dasselbe mal dort auch seinen Kram ausgestellt hatte, der Kutsche des andern gleich gegenüber, ging dahin, als eben der Meister, mit köstlichem Gewand angetan, auf einem wohlgezierten Hengst hielt und sprach zu ihm: »Einen guten Morgen um des Handwerks willen! Ich mag dich wohl du heißen; denn ich bin älter als du und hab dies Handwerk auch länger denn du getrieben. Hast du nicht schier deinen Schmeer da du doch sonst deine Schuh, Stiefel, Wagen und Karren damit salbst, jetzund aber als für alle Gebrechen gut ausrufst, ausgeschmiert? Warum hast du denselben nicht auch als zu Schuhen, Stiefeln und Karren nützlich auf deinen langen gedruckten Zettel setzen lassen? So wäre er mit größeren Gefäßen geholt worden. Aber ich kann dir's zwar nicht verdenken; so, wie du's vornimmst, kannst du es deinerseits am besten anwenden und desto weiter damit reichen. Jedoch folgt mir, lüge nur weidlich, doch nicht zu grob, die Bauern möchten sonst merken; wenn man dich Großsprecher und Schreier erst kennt, ist's aus mit dir und deinem Roßschmeer-Verkaufen, darum bleib nicht über drei Tag hier. Ist viel zu lang an einem Ort. Ich setz mich selber dir zum Exempel, sintemal meine Lügen, die auch ziemlich stark waren, an den Tag gekommen und die Blinden nun mit mir sehend geworden sind, so daß mir niemand mehr glauben will und ich mich in meinem Alter mit der leidigen und verhaßten Wahrheit kümmerlich behelfen muß.« Was sollte jener darauf machen? Er befürchtete vielleicht, daß sich hieraus, so er dem Alten zu mehr Geschwätz würd Ursach geben, Weiterung würd entspinnen. Verstand recht und zog mit seinem Schmeer davon, andere Leute damit zu salben.

 

15.

Abermals von Georg vom Harz.

An einem folgenden Jahrmarkt kam noch ein anderer Fremder, Störger und Theriaksmann, wie man sie nennt, der rühmte groß von seinem Theriak, wo er bereitet und wie kräftig derselbe wäre.

Und um diese seine Rede und seinen Theriak zu bewähren, trieb er viel Geferts und seltsame Gebärde mit Schlangen, Kröten und anderem Ungeziefer, biß und fraß aus denen, etliche große Stück, und darauf dann von seinem Theriak, daß es ihm nichts schadete. Der obengenannte Georg vom Harz sah und hörte dies alles und da es ihn verdroß, daß das Geläuf dorthin zu groß wollt werden, fing er auch an und rief aus vollem Hals nach Gewohnheit dieses Volks: »Schau, Bauer, schau! hier ist eine wilde Frau; lauf, Bauer, lauf, hier findest du den besten Kauf! Theriak, Theriaken, für Spinn und für Schnaken; Dill, Petersill, Wurmsamen in Gottes Namen! Heran, heran, wer da hat einen bösen Zahn. Hier ist der Mann, der ihn ohn Schmerz langen kann!« Mit diesem Geschrei bekam er auch viell Gaff – wollt Kaufleut sagen, Insonderheit um die wilde Frau zu sehn. Dann kehrt er sich gegen den fremden Störger und sagte: »Friß Schlangen, friß Rangen, friß Entschen, friß Lentschen, friß Ratzen, friß Katzen, friß Läus und Mäus, ich will deiner Gesellschaft gern entraten, ich halt mich an die schweinen Braten, die dünken mich auch besser sein, frische Semmeln und dazu ein Krüglein mit Wein! Solches ist, lieben Freunde, eine gewisse Arznei und der starke Nestel, so Leib und Seel zusammenhält. Ich will meinen Theriak durch andere bewähren, welche sagen werden, was wahr ist, und nicht durch solche Unflatigkeiten meinen eignen Leib plagen. Es wird dieser Schwätzer, Ihr werdets erfahren, bald ein Ende nehmen.« Das geschah auch wie das Gerücht ging, nach unlanger Zeit.

 

16.

Von einer Wirkung der Natur.

Es begab sich, daß ein vornehmer Prinz in Frankreich samt den Seinen spazieren ritt, und als ihm unterwegs ein Bauersmann, der ein graues Haupt und einen schwarzen Bart hatte, begegnete, fragte er denselben nach seiner Gewohnheit, welches die Ursach davon wäre. Der gute Bauer, wie er im Scherz gefragt, also gab er auch dem Herrn scherzhaft Antwort und sagte: »Ei, Herr, ist das auch Fragens wert? ist leicht zu denken: die Ursach, warum die Haar auf meinem Haupt weiß oder grau sind, ist, daß sie älter sind, denn die im Bart, welche erst viele Jahre hernach haben angefangen hervorzusprießen.« Der Fürst ließ sich solche Antwort gefallen und sprach, er sollte den andern Tag kommen auf Schloß Castinoys, ungefähr drei Meilen von dort, und nach Junker Franz, einem seiner Diener fragen, der wird ihm Bescheid sagen – was ihm der Bauer verhieß zu tun.

Genannten Tags kam der Bauer vor die Pforte, ward, wie der Herr es zuvor befohlen, eingelassen und nach dem Saal, da der Herr bei der Mahlzeit war, gewiesen. Da nun der gute Mann den Prinzen also herrlich angetan, mit güldnen Ketten und anderm gezieret, auch soviel Diener stehen sah, erschrak er sehr, fiel auf seine Knie und bat um Verzeihung. Der Herr ließ ihn aufstehen und seine medicos und Wundärzte rufen, stellte ihnen diesen Menschen mit dem grauen Haupt und schwarzen Bart dar und fragte sie, die Ursach solcher Deformität zu resolvieren. Die ersten sagten, es käme von Feuchtigkeit des Hirns; die andern, er hätte das Haupt immer warm und verdeckt gehalten; die dritten, er kämme seinen Bart mit einem bleiernen Kamm, auf daß er seiner Frau desto länger gefallen möge; die vierten, die Influenz und Wirkung der himmlischen Zeichen, darunter er geboren, brachten das zuwege; die fünften gaben es irgendeiner Krankheit schuld.

Nachdem sie alle ihre Meinung gesagt, schüttelt der Herr das Haupt und sagte ernstlich zu dem Bauern, er sollte auch seine Meinung und Resolution erklären. Antwortet der Bauer: »Herr, ich habe es ja gestern gesagt, daß meine Haupthaar viel älter sind, denn die im Barte, die mir allererst zwanzig Jahr hernach hervorgekommen sind (man legt dies auch also aus, daß oft die Haare im Bart eher grau werden, denn die auf dem Haupte, komme daher, daß sie für das Maulfutter sorgen). Die medici und anderen nahmen diese Resolution (mehr dem Herrn zu gefallen) als genügend an, weshalb der Herr guter Dinge war und lustig, daß sie nichts darwider hatten einwenden können und die Laien auch etwas wüßten. Letztlich setzte man diesen Bauern neben die Doktoren und Gelehrten und bezahlte ihn der Herr mit etlichen Stücken Geldes und ließ ihn wieder ziehen.

 

17.

Unglaubliche Dinge, aus eines Menschen Leib geschnitten.

Im Bistum Eichstätt, zu Fliegenstall, war ein Landsaß, der lange Zeit große Pein innerhalb seines Leibes erlitten. Eines Tages ergriff er zwischen Fell und Fleisch einen ziemlich großen eisernen Nagel, ließ denselbigen von einem Wundarzt herausnehmen, aber die Pein im Leib wird täglich gemehret und so groß, daß er sich endlich selbst umbrachte. Da wurd er mit der Obrigkeit und seiner Verwandten Willen von zweien Wundärzten sein toter Leib aufgeschnitten: die fanden im Magen ein großes Stück Holz, drei Messer, deren eines ganz berostet, mit einem schwarzen Heft, des andern Heft war vom Eisen abgefallen, das dritte war allenthalben Eisen; dabei war ein langes Eisen, auf beiden Seiten zugespitzt, und zwei Blechlein ganz berostet, und eine Haarlocke, als ob sie jetzt erst von eines Menschen Haupt abgeschnitten wäre.


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