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XVIII.

Schneeschatten funkeln über den Dünen.

Die Nacht schritt vor.

Matt flackert das Strandfeuer. Schwarzarmig ragen die qualmenden Holzscheite, und blauweiß züngelnde Flämmchen steigen gleich irrenden Seelen empor aus der Asche.

Silke kauert abseits im Schnee. Ihr stumpfes Auge sieht nicht die Männer, die, flüsternd, scheu um die Glut geschart, herüberstieren seltsamen Blicks, noch hört ihr Ohr den peitschenden Knall des Eishagels über den Westerbänken.

Sie hält den Körper Jens Lie's im Schoß. Sein Haupt gebettet an ihrer Brust, birgt seine fühllos kalten Glieder sie in ihres eigenen Leibes Wärme.

»Mein Vogel«, klagt sie, »du, meine Möwe,« und küßt die eingesunkenen Wangen, den Tang fortwischend zwischen den Lippen mit ihrer Haare weicher Seide.

Ein roter Schimmer fliegt Sekunden über die festgeschlossenen Lider.

Ist es das Leben, das wiederkehrt?

Silke beugt sich. Wild hämmert ihr Herz.

Man schürte drüben das Feuer an. Nichts weiter sonst. Eine Täuschung wars!

Und trostlos fährt sie fort zu streicheln den, der ihr keine Antwort gibt auf ihre zärtliche Liebesmühe.

»Wer traf dich«, schluchzt sie, »dich, den Riesen, der alle warf im ehrlichen Kampf?«

Ihre Stirne durchschneiden senkrecht Falten. Hart wird ihr Antlitz, sprühend vor Haß, und Tropfen rinnen von den Wimpern, Tropfen heißer denn flüssiges Eisen, die zischend ihr das Herz verbrennen.

Schneeschatten funkeln über den Dünen.

Die Nacht schreitet vor

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