Marcus Tullius Cicero
Von der Weissagung
Marcus Tullius Cicero

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Zweites Buch.

1. Bei meinem wiederholten und lange fortgesetzten Nachdenken über die Art und Weise, wie ich recht gemeinnützig wirksam seyn könnte, um zu keiner Zeit aufzuhören, dem Vaterlande nützlich zu seyn, fand ich keinen Gegenstand von größerer Wichtigkeit, als die Bemühung für die wissenschaftliche Ausbildung meiner Mitbürger, der ich schon durch mehrere Werke Vorschub gethan zu haben glaube. Ich habe nämlich nicht nur unter dem Titel »Hortensius« eine Schrift geschrieben, in der ich so nachdrücklich als möglich zum Studium der Philosophie aufmunterte, sondern habe in den vier Büchern Academischer Untersuchungen auch dargethan, welches philosophische System ich für das am wenigsten anmaßende, für das folgerechteste und eine geschmackvolle Darstellung am meisten begünstigende halte. Und da meiner Ansicht nach die Grundlage der Philosophie darauf beruht, Was man als das höchste Gut und als das höchste Uebel betrachtet, so habe ich dieses wichtige Capitel in fünf Büchern in's Reine gebracht, so daß man darüber in's Klare kommt, Was von jedem 884 Philosophen und Was gegen jeden Philosophen (hierüber) vorgebracht worden ist. Eben so viele Bücher Tusculanischer Unterhaltungen, die sich daran anschlossen, haben diejenigen Hauptpunkte in's Licht gesetzt, die zum wahren Lebensglücke besonders nothwendig sind. Das erste nämlich handelt von der Todesverachtung; das zweite von der Erduldung des Schmerzes; von den Mitteln zur Linderung des Kummers das dritte; das vierte von den übrigen Störungen der Gemüthsruhe; das fünfte umfaßt ein Capitel der Philosophie, das auf die ganze Wissenschaft ein vorzüglich herrliches Licht wirft; es lehrt nämlich, daß die Tugend zum seligen Leben weiter Nichts als sich selbst bedürfe. Nach der Herausgabe dieser Bücher verfaßte ich drei über das Wesen der Götter, welche diesen Punkt ausführlich erörtern. Um aber die Untersuchung ganz vollständig und umfassend zu geben, habe ich in vorliegendem Werke die Erörterung über die Weissagung begonnen; habe ich dann einmal (und Dieß ist mein Vorsatz) noch eine Abhandlung über das Schicksal daran angeschlossen, so möchte wohl diese ganze Untersuchung als vollkommen abgethan betrachtet werden dürfen. Zu diesen (philosophischen) Schriften gehören auch meine sechs Bücher vom Staate, die ich zu der Zeit verfaßte, als ich das Ruder des Staates in den Händen hatte. Ein wichtiges Capitel, das ganz in das Gebiet der Philosophie gehört, und worüber sich Plato, Aristoteles, Theophrastus und die ganze Peripatetische Schule auf's umfassendste verbreitet haben. Ich darf auch vielleicht mein Trostbuch hierher rechnen, das mir wenigstens nicht wenig Trost in meinem Schmerze gewährt, und wohl auch Andern von bedeutendem Nutzen seyn möchte. Zwischenein 885 habe ich auch neulich die Schrift geschrieben, die ich meinem Atticus unter dem Titel »Ueber das Greisenalter« zugeeignet habe. Weil aber die Philosophie es ist, die den Mann veredelt und muthig macht, so gehört besonders auch mein Cato in die Reihe dieser Schriften. Und da Aristoteles und auch Theophrastus, Männer die sich durch Feinheit wie durch Reichthum der Gedanken auszeichneten, neben ihren philosophischen Werken auch Lehrbücher der Redekunst abgefaßt haben, so dürfen sich, scheint mir, auch meine rhetorischen Schriften an meine obigen anschließen. Das sind dann drei vom Redner; ein viertes Brutus und ein fünftes der Redner betitelt.


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