Marcus Tullius Cicero
Von der Weissagung
Marcus Tullius Cicero

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48. Jene Augurenkunst des Romulus aber war eine hirtenmäßige, keine politischschlaue; nicht um die Unkundigen am Gängelbande des Aberglauben zu führen, sondern von Redlichen empfangen und weiter auf die Nachkommen verpflanzt. Romulus also, der Augur, wie es bei Ennius heißt, nebst seinem Bruder Remus, gleichfalls einem AugurDie Stelle steht beim Ennius im ersten Buche der Annalen.,

Sorgend dieser und jener mit großer Sorge, begehrend
Herrscher zu seyn, schau'n Beide mit Augurkunst nach den Vögeln,
Hier hält Remus Auspicien sich, und erwartet den günst'gen
Vogel allein, doch Romulus späht, der Schöne, vom hohen
Aventinus hinaus, hochfliegende Vögel erwartend.
Beide stritten, ob Roma, ob Rema die Stadt sie benennen:
Jeglicher strebte zu wissen, Wer Herr seyn sollte mit Obmacht.
Also schau'n sie, wie wenn zu dem Kampf das Zeichen der Consul
Geben will, voll Gier zu der Oeffnung der hemmenden Schranken,
Wann aus den farbigten Schlünden zur Bahn er die Wagen entlasse:
Also harrte das Volk, und gespannt mit Mund und mit Blicken
Wartet es, Welchem der Sieg und die Würde des Herrschers verlieh'n sey.
864 Indeß bleichet die Sonne der Nacht und versinkt in das Dunkel,
Plötzlich erhebt weißglühenden Strahls sich die Helle des Tages.
Und es erscheint aus der Höhe zugleich mit beglückendem Fluge
Links herfliegend ein Vogel: und gleich steigt golden die Sonn' auf.
Dreimal vier dann steigen vom Himmel heiliger Vögel
Körper herein, und eilen im Flug nach günstigen Stellen.
Da sieht Romulus, ihm sey jetzt beschieden der Vorrang,
Und durch Auspicien sey ihm begründet der Thron und die Herrschaft.


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