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Im Herbste des Jahres 1838 brachten die Herren Mackenzie, Mitchell a. a. vom oberen Missouri die Nachricht nach New-York, daß im Sommer des genannten Jahres durch die Pelzhändler die Blattern unter die Mandaner eingeschleppt worden seien, daß in zwei Monaten der ganze Stamm bis auf 30 oder 40 ausgestorben und daß der feindliche Stamm der Rikkarier, der etwa 20 Meilen weiter stromabwärts wohnte, nach dem Aufhören der Krankheit das verödete Dorf in Besitz genommen und die wenigen übrig gebliebenen Mandaner zu Sklaven gemacht habe. Über das fernere Schicksal der letzteren und das endliche Erlöschen dieses interessanten und einst so zahlreichen Stammes erfuhr ich folgendes:
Nachdem die Rikkarier bereits einige Monate in dem Dorfe der Mandaner gewohnt hatten, wurden sie von ihren Feinden, den Sioux angegriffen und während sie sich tapfer verteidigten, hatten die gefangenen Mandaner den Entschluß gefaßt, gemeinschaftlich den Tod zu suchen. Sie verließen daher die Verpalisadierung, liefen auf die Prärie hinaus und forderten die Sioux, sowohl Männer als Frauen, auf, sie zu töten; »sie seien Hunde der Rikkarier, sagten sie, alle ihre Freunde seien gestorben und sie wollten nicht mehr leben.« Sie drangen darauf voll Verzweiflung mit ihren Waffen auf die Sioux ein, um diese zu reizen und wurden sämtlich getötet.
Die Erzählungen einiger weißen Männer, die während der Krankheit bei den Mandanern waren, sind im höchsten Grade ergreifend. Die Krankheit wurde durch das von St. Louis kommende Dampfboot der Pelz-Compagnie eingeschleppt. Einige von der Mannschaft waren von den Blattern befallen, als das Boot bei dem Dorfe der Mandaner anlegte und unvorsichtigerweise den Indianern gestattete, an Bord zu kommen, die sogleich angesteckt wurden. Zur Ehre derjenigen, die das Dampfboot befehligten, will ich glauben, daß sie die Natur der Krankheit nicht kannten, und es nicht anzunehmen ist, daß sie im entgegengesetzten Falle den Mandanern erlaubt haben würden, an Bord zu kommen.
Es scheint, daß die Mandaner damals von Streifparteien ihrer mächtigeren Feinde, der Sioux, eingeschlossen waren; sie konnten daher das Dorf nicht verlassen und sich nicht auf der Ebene zerstreuen, wodurch vielleicht manche gerettet worden wären, sondern waren genötigt, innerhalb der Verpalisadierung des Dorfes zu bleiben. Die Krankheit wurde in wenigen Tagen so bösartig, daß in einigen Stunden der Tod erfolgte und die Hoffnungslosigkeit war so groß, daß fast die Hälfte derjenigen, die erkrankten, sich mit dem Messer, der Flinte oder durch einen Sturz von dem dreißig Fuß hohen Felsenabhang selbst den Tod gaben. Die größte Verzweiflung bemächtigte sich aller und Tag und Nacht riefen sie den Großen Geist an, sie von dieser Plage zu befreien. Niemand dachte mehr daran, die Toten zu bestatten, und in den Wigwams lagen die Leichen ganzer Familien, nur mit einigen Büffelhäuten bedeckt, wo sie in Verwesung übergingen und von ihren eigenen Hunden verzehrt wurden.
Das Aussterben eines so zahlreichen Stammes in so kurzer Zeit mag unerklärlich scheinen; allein es ist Tatsache, daß diese Krankheit stets unter den Indianern weit furchtbarer auftritt, als unter den Weißen. Vielleicht hat dies in einer größeren Empfänglichkeit, oder, was wahrscheinlicher ist, in der Lebensweise seinen Grund. Man hat diese große Bösartigkeit der Krankheit auch dem Umstande zugeschrieben, daß diese Indianer ausschließlich von Fleischspeisen leben; ich muß zwar die Entscheidung dieser Frage anderen überlassen, allein ich bin überzeugt, daß eben diese ausschließlich animalische Nahrung sie vor einer anderen Krankheit geschützt hat, die unter den zivilisierten Menschen nicht minder große Verheerungen angerichtet hat. Während die Cholera in dem größten Teile des westlichen Landes und längs der Indianergrenze wütete, durchreiste ich jene Gegenden und habe mich teils selbst überzeugt, teils von anderen gehört, daß diejenigen Stämme, welche die Lebensweise der zivilisierten Völker angenommen hatten und Pflanzenkost und Salz genossen, in vielen Fällen von jener Krankheit befallen wurden, während die nur von Fleischspeisen ohne Salz lebenden Stämme gänzlich verschont blieben. Genaue Nachforschungen, die ich angestellt, haben es bestätigt, daß die Grenze von der Cholera nicht überschritten wurde, und daß die wenigen Erkrankungs- und Todesfälle, welche jenseits derselben vorgekommen, Pelzhändler betroffen haben, die natürlich nach der Weise der zivilisierten Völker lebten. Diese Bemerkung Catlin's ist von großem Interesse, wenn man sich erinnert, daß in Ostindien, dem Herde der Cholera, die Urbewohner sich aller Fleischspeisen enthalten und nur von Pflanzenkost leben.
Der Pelzhändler, welcher Augenzeuge des Unterganges der Mandaner war, hat mir viele Einzelheiten jenes Unglücks erzählt, die ich aber hier zu wiederholen Abstand nehme. Nur über den edlen Mah-to-toh-pah, von dem ich bereits im 13., 16. und 21. Kapitel gesprochen habe, muß ich noch einige Worte sagen. Nachdem er selbst von der Krankheit genesen war, saß er in seinem Wigwam und sah, wie seine Frauen und seine Kinder nach und nach erkrankten und starben; als alle die Seinigen dem Tode zur Beute geworden waren, ging er durch das Dorf und weinte über den Untergang seines Stammes; alle tapferen Krieger, von denen allein die Erhaltung des Stammes abhing, waren nicht mehr unter den Lebenden. Er kehrte in seine Hütte zurück, legte die Leichen der Seinigen auf einen Haufen, bedeckte sie mit einigen Büffelhäuten, hüllte sich ebenfalls in eine Haut und ging nach einem in der Nähe befindlichen Hügel, wo er, trotz aller Bitten der Pelzhändler, mehrere Tage liegen blieb und den Hungertod zu sterben beschloß. Am sechsten Tage hatte er noch eben so viel Kraft, nach dem Dorfe zurückzukehren; er begab sich in seinen Wigwam, legte sich neben die Leichen seiner Familie, zog die Büffelhaut über sich und starb am neunten Tage, nachdem er das Dorf verlassen hatte.
Dies sind die glaubwürdigsten Nachrichten über das Aussterben der freundlichen und gastlichen Mandaner; es ist möglich, daß noch einzelne von ihnen leben, obwohl ich es nicht für wahrscheinlich halte, aber selbst wenn dies der Fall wäre, so haben sie doch als Nation aufgehört zu existieren.
Die furchtbare Krankheit beschränkte ihre Verheerungen jedoch nicht auf die Mandaner; nach den Aussagen des Majors Pilcher, des Oberintendanten der Indianer-Angelegenheiten in St. Louis, sowie des Herrn M'Kenzie und anderer starben von den Mönnitarriern, Knisteneaux, Schaiennes, Schwarzfuß- und Krähen-Indianern in vier bis fünf Monaten etwa 25000 Personen.
Man wird hier die Frage aufwerfen, ob denn die Regierung der Vereinigten Staaten keine Maßregeln ergriffen habe, um den Verheerungen dieser furchtbaren Krankheit ein Ziel zu setzen. Hierauf diene als Antwort, daß es den Agenten der Regierung gelungen ist, bei allen Stämmen, die jemals von der Krankheit befallen worden sind, die Impfung einzuführen, daß dagegen die im Naturzustande lebenden Stämme, welche die Krankheit noch nicht heimgesucht hat, bisher aus abergläubischen Vorurteilen sich allen Versuchen zur Einführung der Impfung widersetzt haben. Sie begreifen nicht, wie ein so kleiner Stich in den Arm den ganzen Körper gegen eine so furchtbare Krankheit schützen könne, und da sie sehen, daß die Weißen so ernstlich darauf dringen, so argwöhnen sie dabei irgendeine neue List der bleichen Gesichter, wodurch diese einen neuen Vorteil über sie zu erlangen hofften. Während meines Aufenthalts am oberen Missouri bemühten sich die mit den Indianeragenten dorthin gesandten Ärzte vergebens, die Wilden zu impfen. Sie setzen unbedingtes Vertrauen in die Geschicklichkeit ihrer eigenen Ärzte, sobald aber die Blattern einmal unter ihnen gewütet haben und sie sich nun durch den Augenschein überzeugen, daß die geimpften Weißen von der Krankheit nicht ergriffen werden, sind sie bereit, sich der Operation zu unterwerfen.
Über die angeblich Wälische Kolonie sagt Alexander von Humboldt ( Relation historique, T. III, pg. 159):
Man hat nach unbestimmten und wenig philosophischen Wahrnehmungen von Zeit zu Zeit auf dem Gebiete der Vereinigten Staaten Indianer zu entdecken geglaubt, die irländisch, Niederbretagnisch oder das Keltische Schottlands sprechen. Diese Fabel von Wälischen Indianern, welche die wälische oder keltische Sprache bewahrt hätten, ist sehr alt. Schon zur Zeit Raleghs verbreitete sich in England ein unbestimmtes Gerücht, daß man an den Küsten Virginiens den wälischen Gruß: Hao, hui, iach, gehört habe. Owen Chapelain erzählt, daß er sich im Jahre 1669 durch Aussprechen einiger keltischen Worte aus den Händen einiger Tuscarora-Indianer, die ihn skalpieren wollten, gerettet habe! Dasselbe soll angeblich Benjamin Beatty passiert sein, als er sich von Virginien nach Carolina begab. Dieser versichert außerdem noch, daß er eine ganze wälische Völkergesellschaft angetroffen habe, die noch die Erinnerung an die Reise des Madoc-ap-Owen, der im Jahre 1170 dort ankam, bewahrt habe.
John Filson hat in seiner Geschichte von Kentucky diese Erzählungen der ersten Reisenden wieder aufgefrischt. Nach seinen Angaben sah der Kapitän Abraham Chapelain in dem Handelsposten Kaskasky Indianer ankommen, die sich mit einigen aus Wales gebürtigen Soldaten in wälischer Sprache unterhielten. Er glaubt sogar, daß, »sehr weit im Westen an den Ufern des Missouri, eine Völkerschaft lebt, die, außer der keltischen Sprache, auch einige Gebräuche der christlichen Religion beibehalten habe«. (History of Kentucky, pg. 122.) Ein Kapitän Isaak Stewart behauptet, am Red River (roter Fluß) von Natchitoches, über 100 Meilen oberhalb seiner Mündung in den Mississippi, an der Vereinigung mit dem Postflusse (?), Indianer mit weißer Haut und rotem Haar gefunden zu haben, die wälisch sprachen und die Beweise ihrer Abstammung besaßen. »Um das, was sie über ihre Ankunft an der Ostküste sagten, zu beweisen, zeigten sie Pergamentrollen vor, die sorgfältig in Seehundsfell gehüllt waren und auf denen sich große blaue Schriftzeichen befanden, die weder Stewart noch sein Gefährte Darvey, ein geborner Wäleser, zu entziffern vermochten (Mercure de France. 5. Nov. 1785). Dies sind unstreitig jene wälischen Bücher, von denen in französischen und amerikanischen Journalen die Rede war. (Revue encyclopédique. No. 4 pg. 162 und Artikel Homme im Dict. des Sciences nat. T. XXI. pg. 392.)
Es ist hier zunächst zu bemerken, daß alle diese Zeugnisse hinsichtlich der Angaben der Orte sehr unbestimmt sind. Der letzte Brief Owens, welcher in die europäischen Journale übergegangen ist, (11. Febr. 1819), versetzt die Posten der wälischen Indianer an den Madwaga und teilt sie in zwei Stämme, die Brydones und Chadogees. »Sie sprechen das Wälische mit größerer Reinheit, als im Fürstentum Wales selbst (!), denn es ist frei von Anglizismen. Sie bekennen sich zum Christentum, das aber sehr mit Druidentum gemischt ist.
Man kann diese Behauptungen nicht lesen, ohne sich zu erinnern, daß alle fabelhaften Erzählungen, die der Einbildungskraft schmeicheln, periodisch unter neuen Formen wieder auftauchen. Warden, der gelehrte und kritische Geograph der Vereinigten Staaten, fragt mit Recht, warum alle jene Spuren wälischer Kolonien und keltischer Sprache verschwunden sind, seitdem weniger leichtgläubige Reisende, die gewissermaßen einander kontrollieren, das Land zwischen dem Ohio und dem Felsengebirge bereist haben. Mackenzie, Barton, Lewis und Clarke, Pike, Drake, Mitchill und die Herausgeber der neuen Archaeologia Americana haben nichts, absolut nichts gefunden, was auf Überreste europäischer Kolonien aus dem 12. Jahrhundert hindeutete. Ja, die Reise des Madoc ap Owen ist bei weitem ungewisser, als die Fahrten der Skandinavier (der Isländer Rauda, Björn, Leif usw.). Wenn man Spuren irgendeiner europäischen Sprache in Nordamerika finden könnte, so würde dies vielmehr die teutonische (Skandinavisch, Deutsch oder Gotisch), als das Keltische oder Wälische sein, das von den germanischen Sprachen wesentlich abweicht. Da der Bau der amerikanischen Idiome den Völkern, welche die modernen okzidentalischen Sprachen reden, äußerst bizarr erscheint, so haben die Theologen das Hebräische (Semitisch oder Aramäisch) die spanischen Kolonisten das Baskische (oder Iberische), die englischen und französischen Kolonisten Wälisch, Irisch oder Niederbretagnisch darin zu finden geglaubt. Die Anmaßungen der Basken und der Bewohner von Wales, die ihre Sprachen nicht nur als Ursprachen, sondern auch als die Quellen aller anderen Sprachen betrachten, erstrecken sich noch über Amerika hinaus bis zu den Inseln der Südsee. Ich traf an der Küste von Peru einen spanischen und einen englischen Marineoffizier, von denen der eine auf Tahiti Baskisch, der andere auf den Sandwich-Inseln Wälisch gehört haben wollte.
Der Hirsch, den man in Nordamerika mit dem Namen Elk bezeichnet, ist nicht das Elen (Cervus Alces), wie durch ein Versehen an einigen Stellen der Übersetzung stehen geblieben ist, sondern Cervus strongyloceros Schreb., ein großer starker Hirsch, der gegenwärtig in den naturgeschichtlichen Werken »Wapiti« genannt wird, ein Name, der nach Max von Neuwied niemals hätte angenommen werden sollen, da er in Amerika beinahe gar nicht bekannt ist.
Nach den Angaben zahlreicher und glaubwürdiger Schriftsteller ging zu Anfang des 14. Jahrhunderts der Prinz Madoc oder Madawc von Nord-Wales mit Kolonisten in zehn Schiffen unter Segel und soll irgendwo an der Küste von Nord- oder Süd-Amerika gelandet sein. Es geht nun, wie ich glaube, aus den besten Autoritäten ziemlich deutlich hervor, daß sie entweder an der Küste von Florida oder an der Mündung des Mississippi landeten und, der Geschichte und Poesie ihres Vaterlandes zufolge, sich irgendwo im Innern Nord-Amerikas niederließen, wo sie, vermischt mit einigen Stämmen der Wilden, noch jetzt leben.
Ich habe Seite 146 ] die Vermutung ausgesprochen, daß die Mandaner, bei denen ich so viel Eigentümliches in ihrem Aussehen und ihren Gebräuchen fand, die mit einem Stamme der Urbewohner vermischten Überreste dieser verlorenen Kolonie sein möchten, woraus sich das ungewöhnliche Aussehen dieses Indianerstammes und die Veränderung des Charakters und der Gebräuche der wälischen Kolonisten, vorausgesetzt, daß jene deren Überreste sind, erklären würde.
Als ich von dem Dorfe der Mandaner den Missouri hinab nach St. Louis fuhr, fand ich an den Ufern dieses Stromes mehrmals Überreste ehemaliger Wohnsitze der Mandaner (siehe oben Seite 185) bis in die Nähe der Mündung des Ohio, und einige Jahre später fand ich ähnliche Überreste im Innern des Staates Ohio. Ich bin daher vollkommen überzeugt, daß sie früher in diesem Teile des Landes wohnten, aus irgendeiner Ursache die Niederlassung verließen und so allmählich weiter wanderten, bis sie den Punkt am oberen Missouri erreichten, wo sie ihren Untergang fanden.
Außer den verschiedenen Überresten der ehemaligen Wohnsitze der Mandaner, habe ich auch den sehr zahlreichen, nicht indianischen Befestigungswerken am Ohio und Muskingumflusse, in deren Nähe die Mandaner, wie ich glaube, ehemals lebten, meine Aufmerksamkeit zugewendet. Diese Befestigungswerke, die zum Teil mehrere Morgen Landes einschließen, sind am Flußufer errichtet, mit zuweilen zwanzig bis dreißig Fuß hohen Wällen und bedeckten Wegen zum Wasser versehen, und verraten eine Kenntnis der Befestigungskunst, welche die Annahme, daß sie von den Indianern herrühren könnten, unmöglich machen. Sie liefern vielmehr den unwiderleglichen Beweis von dem ehemaligen Dasein eines in den Künsten der Zivilisation sehr vorgeschrittenen Volkes, das aus irgendeiner Ursache verschwunden ist und diese unvergänglichen Beweise seines Daseins hinterlassen hat.
Ich bin nun geneigt, zu glauben, daß die zehn Schiffe Madawc's oder wenigstens einige davon, den Mississippi bei Balize hinauffuhren oder irgendwo an der Küste von Florida landeten, und daß die tapferen und beharrlichen Kolonisten in das Innere bis an den Ohio vordrangen, wo sie sich niederließen und in einem der schönsten Länder eine blühende Kolonie gründeten. Sie wurden jedoch endlich von den Wilden, die sie vielleicht dadurch gereizt hatten, daß sie in ihr Jagdgebiet eindrangen, angegriffen und sahen sich endlich genötigt, zu ihrer Verteidigung die Befestigungswerke zu errichten, worin sie durch mehrere miteinander verbündete Stämme belagert und, nachdem ihr Schießbedarf verbraucht und ihre Lebensmittel aufgezehrt waren, sämtlich getötet wurden. Nur die wenigen, die sich durch Heirat mit den Indianern verbunden hatten, wurden nebst ihren Kindern bei der Niedermetzelung verschont; da diese aber später, als Halbindianer, von den Wilden verachtet wurden, so vereinigten sie sich zu einem besonderen Stamme und wanderten an dem Missouri hinauf bis zu dem Punkte, wo sie lange Zeit unter dem Namen der Mandaner gewohnt haben. Dieser Name ist vielleicht eine Korruption oder eine Abkürzung von Madawgwys, wie die Wäleser die Begleiter Madawc's nannten.
Die folgenden Bemerkungen werden diese von mir aufgestellte Hypothese, die vielleicht manchem überraschend erscheinen mag, unterstützen, und sollte dies auch nicht der Fall sein, so mögen sie vielleicht zu weiterer Forschung anregen.
Wie oben gesagt, erkennt man die alten Dörfer der Mandaner an den zwei oder mehrere Fuß tiefen, und 30–40 Fuß im Durchmesser haltenden, kreisförmigen Ausgrabungen des Bodens für die Fundamente ihrer Wigwams, die sich Jahrhunderte lang erhalten und sogleich auf den ersten Blick zu erkennen sind. Nachdem ich das Dorf der Mandaner verlassen hatte, fand ich die Überreste ihres früheren Wohnsitzes etwa zwölf Meilen weiter stromabwärts, von wo sie, ihrer eigenen Aussage nach, vor sechzig oder achtzig Jahren nach dem erwähnten Dorfe wanderten. Aus der Zahl der Wigwams scheint sich zu ergeben, daß sie früher dreimal so zahlreich waren, als während meines Aufenthaltes unter ihnen. An der Mündung des großen Shienne-(Schaienne-)Flusses, etwa 40 Meilen unterhalb ihres letzten Wohnsitzes, fand ich abermals Reste ihrer Wohnungen, und von hier bis an die Mündung des Ohio noch an sechs bis sieben verschiedenen Punkten.
Da diese Überreste um so älter erschienen, je weiter sie von dem Dorfe, das die Mandaner zur Zeit meiner Anwesenheit unter ihnen bewohnten, entfernt waren, so bin ich zu der Überzeugung gelangt, daß dieses Volk, woher es auch gekommen sein mag, allmählich an dem Missouri hinaufgewandert ist, bis zu dem Punkte, wo ich es fand.
Auf dem größten Teile dieses Weges zogen sie durch das Land der Sioux, von denen sie natürlich als Eindringlinge betrachtet und daher von diesem zahlreichen Stamme fortwährend bekämpft wurden. Da die Mandaner sich aber stets durch eine starke Verpalisadierung schützten, so gelang es ihnen, den Angriffen ihrer Feinde Widerstand zu leisten.
Man wird hier vielleicht den Einwurf machen, daß die Rikkarier und Mönnitarrier ihre Wigwams auf dieselbe Weise erbauten; allein dies beweist nichts, denn die Mönnitarrier sind Krähen-Indianer aus dem Nordwesten, die nach ihrer eigenen Erzählung sich unter den Schutz der Mandaner begaben, ihr Dorf in ihrer Nähe errichteten und die Bauart ihrer neuen Freunde nachahmten.
Die Rikkarier, ein sehr kleiner Stamm und weit geringer an Zahl als die Mandaner, haben, nach den Aussagen der letzteren und den Berichten von Lewis und Clarke u. a., bis vor kurzem in freundschaftlichen Verhältnissen mit den Mandanern gelebt, deren Dörfer sie in Besitz nahmen, sobald jene sie verließen, wie sie es auch taten, als die Mandaner ausstarben.
Ob die von mir oben mitgeteilte Ableitung des Wortes Mandan von Madawgwys die richtige ist, will ich nicht entscheiden; ich gebe sie bloß als eine Vermutung in Ermangelung einer besseren, bemerke aber zugleich, daß das Wälische Wort Mandon eine Pflanze bezeichnet, die zum Rotfärben gebraucht wird, und vielleicht haben die Wäleser jenen Indianern wegen der schönen roten Farbe, die sie den Stachelschweinstacheln, womit sie ihren Anzug schmückten, zu geben wußten, diesen Namen beigelegt.
In ihrer eigenen Sprache nennen sie sich Sipuske-Nümanghkä (das Volk der Fasanen); es ist dies wahrscheinlich der Name des ursprünglichen Stammes, bevor sich dieser mit anderen vermischte. Aus dieser Benennung folgt zugleich, daß sie aus einem Lande gekommen sein müssen, wo es Fasanen (Prärie-Henne = Tetrao phasianellus) gab; diese Vögel finden sich indes erst in dem bewaldeten Lande am Fuße der Rocky Mountains, 100-200 Meilen westwärts, oder in den Wäldern der Staaten Ohio und Indiana, einige hundert Meilen südwärts oder ostwärts von dem Punkte, wo die Mandaner zuletzt wohnten.
Aus den hier mitgeteilten Tatsachen, sowie aus dem Umstande, daß sie, wie sie mir wiederholt erzählten, den Berg des roten Pfeifentons oft besucht und einst in seiner Nähe gewohnt hätten, ergibt sich wohl zur Genüge, daß sie früher weiter gegen Süden wohnten und ihren Wohnsitz mehrmals veränderten, bis sie endlich den Punkt erreichten, wo sie ihren Untergang fanden. Die Annahme, daß sie von den Ufern des Ohio gekommen sind und einige Gebräuche des zivilisierten Volkes, von dem die alten, oben erwähnten Befestigungswerke herstammen, sich angeeignet hätten, wird unter anderen auch dadurch unterstützt, daß das in den Gräbern und Grabhügeln bei jenen Befestigungen gefundene Töpfergeschirr vollkommen demjenigen gleicht, das die Mandaner in großer Menge im Gebrauch hatten und, wie man sich im Sommer täglich überzeugen konnte, von den Frauen aus schwarzem Ton angefertigt und in den kleinen am Ufer des Flusses befindlichen Ofen gebrannt wurde. Siehe Anmerkung 8
Außerdem verfertigten sie auch noch sehr schöne und dauerhafte blaue Glasperlen, die sie in großer Menge um den Hals trugen und weit höher schätzten als die, welche ihnen die Pelzhändler verkauften. Die Anfertigung dieser Perlen war allen anderen Indianerstämmen ein Geheimnis. Sie müssen es notwendigerweise von einem zivilisierten Volke erlernt haben, und Lewis und Clarke erwähnen diesen merkwürdigen Umstand bereits in ihrem Reisebericht, also zu einer Zeit, als weder Pelzhändler noch andere Weiße zu den Mandanern gekommen waren, von denen sie diese Kunst hätten erlernen können.
Die Kanoes der Mandaner, die sich von denen aller anderen Stämme unterscheiden, gleichen vollkommen den Coracles der Wäleser. Sie werden aus rohen Büffelhäuten gemacht, die man über ein Gestell von Weiden oder anderen Zweigen spannt und haben die Gestalt einer runden Wanne. Die Frauen tragen diese Kanoes auf dem Kopfe an den Fluß, stellen sich an den vorderen Rand und rudern nun mit großer Schnelligkeit, indem sie das Ruder vorwärts ins Wasser tauchen und es dann zu sich heranziehen.
Inwieweit die hier erwähnten Umstände, sowie das, was ich oben über die Farbe des Gesichts, der Haare und Augen gesagt habe, den Leser von der Richtigkeit meiner Hypothese über die Abstammung der Mandaner überzeugen werden, muß ich natürlich dahingestellt sein lassen; was mich betrifft, so muß ich bekennen, daß ich von dem ersten Augenblicke an, als ich mit diesen Indianern zusammentraf, die Überzeugung gewann, daß sie aus einer Vermischung der Urbewohner mit einem zivilisierten Volke hervorgegangen sind; daß sie, wie die Untersuchung der Überreste am Missouri und Ohio beweisen, von dem letzteren Flusse ihre Wanderungen angetreten haben und daß sie aus der Vermischung mit den fast gänzlich vertilgten Kolonisten Madawcs hervorgegangen sind. Zur Unterstützung dieser Annahme teile ich hier einige Wörter der Mandanersprache und ihre Vergleichung mit dem Wälischen mit und überlasse es dem Leser zu entscheiden, ob die auffallende Ähnlichkeit ein Werk des Zufalls sein kann.