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Fünfundvierzigstes Kapitel


Fort Snelling an den St. Anthony-Wasserfällen. – Schilderung des oberen Mississippi. – Aussicht am oberen Mississippi und Dubuque's Grab. – Die St. Anthony-Wasserfälle. – Fort Snelling. – Eine Wiege der Sioux und die Art, die Kinder fortzuschaffen. – Trauerwiege. – Siouxbildnisse. – Feier des 4. Juli bei den St. Anthony-Wasserfällen. – Hundetanz der Sioux. – Dorf der Tschippewäer. – Die Tschippewäer passieren den Trageplatz bei dem St. Anthonyfall. – Rinden-Kanoes der Tschippewäer. – Leder-Kano es der Mandaner. – Kanoes der Sioux. – Schneeschuhe der Sioux und Tschippewäer. – Bildnisse von Tschippewäern. - Schneeschuhtanz.


Da ich während des Winters an der Küste von Florida meine Gesundheit wiederhergestellt hatte, so eilte ich, einem Zugvogel gleich, mit den Schwänen und wilden Gänsen der Kühle und Frische des Nordens zu, blieb aber weit hinter jenen schnellen Seglern der Lüfte zurück, denn als ich dort ankam, hatten sie nicht nur bereits gebrütet, sondern ihre Jungen waren auch schon flügge.

Ich habe den majestätischen Mississippi von dem Balize bis zu den St. Anthony-Wasserfällen befahren und bin gleich jedem Reisenden der den verbrauchten Weg der Touristen verläßt, mit Bewunderung erfüllt. Denn alles was man unterhalb St. Louis und einige hundert englische Meilen oberhalb dieser Stadt am Mississippi sieht, gibt keine Idee von der Großartigkeit der Szenen, die von der Mündung des Wisconsin bis zu den St. Anthony-Wasserfällen beständig vor dem Auge des Reisenden wechseln und ihn, trotz Sonnenschein, Gewitter und Regen, auf dem Verdeck gefesselt halten.

Wenn man den Mississippi hinauffährt, so wird man bis Rock Island (Felseninsel) nur wenige malerische Landschaften sehen; von da an wird die Gegend allmählich interessanter und von Prärie du Chien bis zum Pepinsee enthüllt jede Biegung des Flusses dem Auge des erstaunten Reisenden immer neue und großartigere Szenen und er wird nicht müde, diese in stummer Bewunderung zu betrachten.

Das Land ist überall, es mag bewaldet sein oder nicht, mit üppigem Grase bedeckt, und die schönen Hügel, die sich zu beiden Seiten des Flusses als Kegel, Dome und Wälle erheben, sind vom Fuße bis zur Spitze mit einem Grasteppich überzogen, auf dem Baumgruppen, zuweilen wie von Menschenhand geordnet, mit dem dunkleren Grün ihres Laubes malerisch verteilt sind.

Die Landschaften, die man zwischen Prärie du Chien und der Mündung der St. Petersflüsse mit Einschluß des Pepinsees passiert, entschädigen den Reisenden vollkommen für die Zeit und Kosten, die ein Besuch dieser Gegenden erfordert. Ich schlage daher den fashionablen Touristen vor, ihren nächsten Ausflug nach St. Louis zu machen, von da mit dem Dampfboote nach Rock Island, Galena, Dubuque, Prärie du Chien, dem Pepinsee, St. Petersflusse und den St. Anthonyfällen zu fahren, dann nach Prärie du Chien zurückkehren und Fort Winnebago, Green Bay, Mackinaw, Sault de St. Marie, Detroit, Buffalo und den Niagarafall zu besuchen und dann heimzukehren. Aus diese Weise werden sie zwar nur einen kleinen Teil, aber doch eine schöne Probe des großen »Fernen Westen« sehen; es ist dies zugleich derjenige Teil, der leicht und für Damen zugänglich ist.

Ein interessanter Punkt am oberen Mississippi ist Dubuques Grab, das etwa gleich weit von St. Louis und Fort Snelling entfernt ist. Dieser Punkt hat seinen Namen von dem ersten Bergmann, der sich hier anbaute und auf der Spitze des Hügels neben seiner Wohnung sein Grabmal mit einem Kreuze und einer Inschrift errichtete. Nach seinem Tode wurde sein Körper, wie er es verordnet, in dem Grabmal, nur mit einem Sterbehemd bekleidet, auf einen platten Stein gelegt, wo jetzt noch jeder Reisende, der sich die Mühe gibt, diesen mit Gras und Blumen bedeckten Hügel zu ersteigen, seine Gebeine sehen kann. Am Fuße des Hügels befindet sich jetzt ein ausgedehntes Hüttenwerk, wo die in den umliegenden Hügeln gegrabenen Bleierze geschmolzen werden.

Auf der Landspitze zwischen dem Mississippi und dem St. Petersflusse hat die Regierung der Vereinigten Staaten ein starkes Fort erbaut, das nach einem ausgezeichneten Offizier, der dessen Bau leitete, den Namen Fort Snelling erhielt. Die Lage dieses Forts ist sowohl in bezug auf Gesundheit als hinsichtlich der Verteidigung vortrefflich gewählt; es liegt mehr als hundert Fuß über dem Flusse und gewährt einen höchst malerischen Anblick. Es befindet sich dort gewöhnlich ein Regiment Soldaten, um den Frieden unter den die Umgegend bewohnenden Sioux und Tschippewäs zu erhalten und die Bürger der Vereinigten Staaten an der Grenze zu beschützen.

Die St. Anthony-Wasserfälle, etwa 190 Meilen oberhalb St. Louis und zwei Meilen oberhalb des Forts und der Vereinigung beider Flüsse, bieten zwar einen schönen Anblick dar, sind aber doch nur unbedeutend im Vergleich mit dem Niagara und anderen Wasserfällen in Nordamerika, denn ihre senkrechte Höhe beträgt nur achtzehn Fuß, aber sie sind eine halbe englische Meile breit und sowohl oberhalb als unterhalb befinden sich Stromschnellen.

Die Sioux, die in der Nähe der Wasserfälle leben und das ganze umliegende Land westlich vom Mississippi bewohnen, sind ein Teil des großen Stammes am oberen Missouri, mit dem sie die meisten Gebräuche gemein haben, im äußeren Ansehen aber sich sehr von ihm unterscheiden. Das Land der Sioux erstreckt sich, wie bereits früher erwähnt, von dem Fuße des Felsengebirges bis an die Ufer des Mississippi. Diejenigen, welche in der Umgegend des Forts wohnen, also in einer Gegend, wo es weder Biber noch Büffel gibt, sind arm und, im Vergleich mit denen am Missouri, denen die erwähnten sowie andere Tiere die Häute zu ihrem hübschen Anzuge liefern, schlecht gekleidet; aber auch in Hinsicht auf Moralität und Körperkraft stehen sie, wie überall an der Grenze in der Nähe der Ansiedlungen, wo Branntwein, Blattern und andere Krankheiten ihre Gesundheit untergraben, weit hinter den letzteren zurück.

siehe Bildunterschrift

Tafel XVII: Camantschen.

Die Horden der Sioux, welche das Fort Snelling besuchen und in dessen Nähe wohnen, sind die Horde des schwarzen Hundes, die Horde des roten Flügels und Wa-bi-schas Horde. Die erste Horde wohnt nur wenige englische Meilen oberhalb Fort Snelling an den Ufern des St. Petersflusses und zählt 500 bis 600 Köpfe; die zweite Horde wohnt zwölf Meilen stromabwärts auf der Westseite des Flusses am Anfange des Pepinsees und die dritte Horde hat ihr Dorf zwölf Meilen unterhalb des Pepinsees, ebenfalls westlich vom Mississippi auf einer schönen Prärie, die den Namen Wa-bi-schas Prärie führt. Die hier genannten Horden, sowie mehrere andere in diesem Teile des Landes treiben Ackerbau und sammeln Vorräte für den langen Winter dieser Gegenden.

Während meines Aufenthalts in dem Fort war der größte Teil dieser Horden dort versammelt und unterhielt die in Menge dort anwesenden Weißen, Männer und Frauen, mit ihren Tänzen und Spielen. Das Fort wird im Sommer viel besucht, da in jeder Woche ein Dampfboot von St. Louis dorthin abgeht.

Die Gebräuche dieses Volkes erregen bei den Reisenden aus dem Osten, welche sie zum ersten Male sehen, großes Erstaunen und namentlich war die Art, wie die Frauen der Wilden ihre kleinen Kinder in den schön verzierten Wiegen tragen, für die Damen von großem Interesse. Das Kind wird nämlich von der Geburt an mittelst breiter Bänder auf ein gerades Brett gebunden; die Füße sind gegen einen breiten Reifen gestemmt, so daß das Kind, wenn die Mutter es an einem breiten, über ihre Stirn gehenden Bande auf dem Rücken trägt, sich in einer aufrechten Stellung befindet. Die Bänder, womit das Kind an das Brett befestigt wird, sind mit schöner Stickerei von Stachelschweinstacheln, mit Figuren von Pferden, Menschen usw. verziert. Ein breiter Reifen von elastischem Holz geht über die Stirn des Kindes hinweg, ohne sie zu berühren, damit bei einem Falle der Kopf nicht beschädigt werde. Aus demselben Grunde werden auch, wenn die Mutter das Kind beim Reiten auf dem Rücken trägt, dessen Arme festgebunden. Von dem erwähnten Reifen hängt ein kleines, hübsch verziertes Spielwerk nebst mehreren glänzenden und tönenden Gegenständen zur Unterhaltung des Kindes herab; denn sobald die Mutter nicht zu Pferde ist, werden die Arme des Kindes losgemacht, damit es nach Gefallen mit den erwähnten Gegenständen spielen kann.

Dieser Gebrauch mag auf den ersten Blick grausam erscheinen, allein ich bin der Meinung, daß er sehr zweckmäßig, und der Lebensweise dieses Volkes ganz angemessen ist, wofür schon der Umstand spricht, daß er seit Jahrhunderten bei allen Stämmen Nordamerikas eingeführt ist. Längs der Grenze, wo die Indianer wegen dieses Gebrauches ausgelacht worden sind, haben sie ihn in einigen Fällen aufgegeben; aber selbst dort sieht man sie, wenn sie auch schon längst jeden anderen ihrer einheimischen Gebräuche verlassen, doch noch ihre Kinder auf diese Weise mit sich herumschleppen.

Das Kind bleibt in dieser Wiege fünf, sechs oder sieben Monate; dann wird es, in eine Decke gehüllt, auf dem Rücken getragen. Stirbt das Kind während dieser Zeit, so wird es beerdigt und die betrübte Mutter füllt nun die Wiege mit schwarzen Stachelschweinstacheln und Federn und trägt sie ein Jahr oder auch länger mit eben der Sorgfalt herum, als ob das Kind sich noch lebend darin befände. Oft sieht man diese Mütter, wie sie bei ihrer Arbeit die Trauerwiege neben sich an die Wand des Wigwams stellen und sich mit dieser unterhalten, als ob sie das Kind noch lebend vor sich hätten. Die Anhänglichkeit dieser Frauen an ihr verlorenes Kind ist so groß, daß sie die Trauerwiege stets sorgfältig mit sich führen, die Last, welche sie tragen, mag noch so schwer und der Weg, den sie zu machen haben, noch so beschwerlich sein.

In der Mitte des kleinen Spielzeugs, das, wie oben erwähnt, vor dem Gesichte des Kindes herabhängt, wird die bei der Geburt aufgerollte und getrocknete Nabelschnur sorgfältig aufbewahrt, weil sie glauben, es bringe dies dem Kinde Glück. Ich kaufte mehrere dieser kleinen Spielwerke von den Frauen, aber jedesmal öffneten sie diese und nahmen ein kleines Bündelchen Baumwolle oder Moos heraus, worin sich die kleine »Medizin« befand, die sie um keinen Preis mit verkauft haben würden, »weil dadurch die Gesundheit des Kindes gefährdet werde.«

Während meines Aufenthalts in dem Fort malte ich To-toh-wah-kon-da-pih (blaue Medizin), einen alten Arzt der Ting-tah-to-a-Bande, der aber nicht sehr berühmt war, bis ihm der Arzt des Forts, Doktor Jarvis, aus der dortigen Apotheke allerlei Arzneien mitteilte und ihn im Gebrauche dieser unterrichtete. Seit dieser Zeit ist sein Ruf schnell gestiegen und er hütete sich wohl, zu verraten, welcher Hilfe er den Erfolg seiner mysteriösen Operationen verdankt.

Sodann malte ich, außer einigen Häuptlingen und anderen angesehenen Sioux, die beiden geschicktesten Ballspieler des Stammes. Dies Spiel unterscheidet sich von der Art, wie ich es bei den Tschoktahs beschrieben habe, dadurch, daß jeder Spieler nur einen Ballstock hat, den man gewöhnlich mit beiden Händen hält und an dessen Ende sich ebenfalls ein Reifen befindet, worin der Ball aufgefangen und weitergeworfen wird – eine Spielweise, die, wie mich dünkt, ungleich schwieriger ist, als die bei den Tschoktahs übliche mit zwei Stöcken. Der Schweif, den die Spieler an den Gürtel befestigen, besteht nicht aus weißen Pferdehaaren, sondern aus Federn. Im übrigen ist das Spiel bei allen Stämmen dasselbe.

Der vierte Juli (Jahrestag der Unabhängigkeitserklärung) wurde im Fort Snelling auf eine ungewöhnliche, aber nicht uninteressante Weise gefeiert. Die Anwesenheit von mehreren Hunderten der wildesten Tschippewäer und ebenso vieler Sioux bot uns Stoff genug zu wilden und grotesken, ernsten und lächerlichen Schauspielen, und der Indianeragent, Major Talliafferro, benutzte diese Gelegenheit, um dem Zwecke meiner Reise, Skizzen von den Sitten und Gebräuchen der Urbewohner zu sammeln, förderlich zu sein; er sagte nämlich den Indianern, daß ich ein großer Medizinmann sei, der bereits sehr viele Stämme besucht und ihren Spielen beigewohnt habe, und der jetzt gekommen sei, um zu sehen, ob die Sioux und Tschippewäer im Ballspiel usw. ihren Nachbarn gleichkämen. Wenn sie uns daher am nächsten Tage (4. Juli) ein Ballspiel und einige ihrer Tänze zum besten geben wollten, so werde er die »dicke Flinte« 21 Mal (die übliche Zahl der Salutschüsse an jenem Tage) abfeuern lassen. Dies Versprechen, das sie als eine ihnen dargebrachte Ehrenbezeichnung betrachteten sowie ein Faß Mehl, eine Quantität Schweinefleisch und Tabak, die ich ihnen gab, verschaffte uns an dem Tage der Unabhängigkeit folgendes Schauspiel:

Um elf Uhr morgens (die gewöhnliche Zeit für den Beginn der Festlichkeiten bei den Indianern) erschienen die jungen Leute, welche an dem Ballspiele teilnehmen wollten, mit dem Ballstock in der Hand, ganz nackt bis auf den Schurz und den Gürtel; an letzterem war ein fast bis auf die Erde reichender Schweif von Stachelschweinstacheln und Federn oder weißen Pferdehaaren befestigt. Nachdem das Spiel zwei Stunden gewährt, unterhielten uns die Spieler auf dem Platze vor dem Hause des Agenten wohl drei Stunden lang mit mehreren ihrer höchst phantastischen und malerischen Tänze, als dem Bettler-, Büffel-, Bären-, Adler- und Kriegertanz.

Bei dem zu letztgenannten, der besonders hübsch und ergreifend ist, hören sie in gewissen Zwischenräumen auf zu tanzen, worauf einer der Tanzenden in den Kreis tritt und mit lauter Stimme und höchst bezeichnenden Gebärden die von ihm während seines Lebens vollbrachten Heldentaten herzählt – die Zahl der Skalpe, welche er geraubt, der Feinde, welche er besiegt hat, wobei er zugleich dieselben Bewegungen und Stellungen annimmt, wie bei der Vollbringung dieser Heldentaten. Ist er mit der Aufzählung seiner Taten zu Ende, so wird die Wahrheit seiner Erzählung von den übrigen durch den Ausruf: »Wauh!« bestätigt, worauf der Tanz von neuem beginnt, bis ein anderer in den Kreis tritt und so fort.

Während dieses Tanzes wurde folgender Scherz ausgeführt, der große Heiterkeit und Gelächter erregte. Eine hübsche Frau trat plötzlich in den Kreis (was einiges Erstaunen zu erregen schien, da es den Frauen nicht gestattet ist, an dem Tanze teilzunehmen) und fing an, ihre erstaunlichen Taten aufzuzählen – die unglaubliche Menge Pferde, welche sie gestohlen, – die Skalpe, welche sie geraubt usw., bis endlich ihrer Heldentaten so viele waren, daß alle Krieger dadurch in den Schatten gestellt wurden. Dennoch bekräftigten alle das, was sie gesagt hatte, und um so große Taten einer Frau zu belohnen, schenkten sie ihr einen Kessel, eine Wiege, Glasperlen, Bänder usw. Nachdem sie diese Geschenke einer anderen Frau zur Aufbewahrung übergeben hatte, fing sie an, sich zu entkleiden, stand plötzlich als Soldat, mit Rock und langen Beinkleidern da und lachte alle wegen ihres Irrtums aus. Sie fing nun ihren Tanz und die Aufzählung ihrer Heldentaten von neuem an, indem sie versicherte, daß sie wirklich ein Mann und ein großer Krieger sei. Alle stimmten ihr bei, bekannten ihren Irrtum und machten ihr andere Geschenke, wie eine Flinte, ein Pferd, Tabak und eine Kriegskeule. Als sie auch diese Geschenke in Sicherheit gebracht hatte, warf sie plötzlich den Soldatenanzug ab und zeigte sich zum großen Erstaunen aller in einem reichen Frauenanzuge. Die Gewandtheit, womit sie alles dies ausführte, gefiel so allgemein, daß sowohl von den Indianern als von den Zuschauern ein donnernder Beifall erscholl und der Häuptling ihren Kopf mit einem schönen Busch von Adlerfedern, die in einem Kamm von Schwandaunen befestigt waren, schmückte. Meine Frau, welche mich hierher begleitet hatte, sowie die Damen und Offiziere der Garnison wohnten diesem Schauspiel bei.

Noch mehrere Tage nach diesem Fest hörte man auf den Ebenen am St. Petersflusse und bei dem Wasserfall den Schall der Trommeln und Rasseln und das gellende Geschrei der Tänzer, bis endlich alles verstummte. Als jedoch um diese Zeit der General Patterson mit seiner Familie aus Philadelphia ankam, wurden große Vorbereitungen zu einem neuen Tanze getroffen und die Indianer sagten mir, wenn sie zwei Hunde erhalten könnten, die der Garnison von keinem Nutzen mehr seien, so wollten sie ihre Lieblingsunterhaltung, den Hundetanz, aufführen. Die beiden Hunde wurden von den Offizieren herbeigeschafft, in Gegenwart der Zuschauer geschlachtet und ihre Herzen und Lebern ganz und ungekocht etwa in der Höhe des Gesichts eines Mannes an zwei Stangen befestigt und dann in zollbreite Streifen zerschnitten. Es begann nun ein lebhafter Tanz, wobei jeder seine eigenen Taten besang, daß man hätte taub werden können; auf diese Weise tanzten immer je zwei zu den Stangen hin, nahmen einen Streifen des Herzens oder der Leber in den Mund, nachdem sie zuvor mehrmals darauf gespuckt hatten, bissen ein Stück ab und aßen es auf. Dies alles geschah, ohne daß sie dabei aus dem Takte kamen, oder zu singen aufhörten. So ging es fort, bis nur noch zwei Bissen übrig waren, die zwei der Tänzer in den Mund nahmen und den beiden Musikern brachten, welche sie aufaßen. Es ist dies einer der geschätztesten Tänze bei den Indianern, obgleich keineswegs der hübscheste; der Bettlertanz, der Entdeckungstanz und der Adlertanz sind bei weitem anmutiger und graziöser. Der Hundetanz ist jedoch sehr ehrenvoll, denn nur diejenigen dürfen daran teilnehmen, die dem Feinde einen Skalp geraubt, und sie rühmen sich dabei, ihren Feind im Kampfe erlegt und ein Stück seines Herzens auf dieselbe Weise verschlungen zu haben.

Wie die Sioux das Land am Westufer des Flusses in der Nähe des Forts in Besitz haben, so machen die Tschippewäer Anspruch aus das ganze Gebiet im Osten des Stromes von der Mündung des Tschippewäflusses in den Pepinsee bis zu den Quellen des Mississippi. Während eines Monats waren mehr als tausend der letzteren bei dem Fort, um einige Streitigkeiten mit den Sioux zu schlichten, und so waren diese Todfeinde, welche seit Menschengedenken beständig sich bekriegen, auf verschiedenen Seiten des Forts gelagert, schlichteten durch Vermittlung ihres Agenten die Streitigkeiten, hielten ihre Reden, nahmen gegenseitig an ihren Spielen teil, bewirteten einander, rauchten zusammen und waren anscheinend die besten Freunde, die jedoch, wieder auf ihrem Jagdgebiete angekommen, sogleich wieder den Kriegsruf erschallen lassen und den Tomahak schwingen.

Der Major Talliafferro, Agent der Regierung für die Sioux, ist wahrscheinlich das einzige Beispiel eines Beamten an dieser Grenze, welcher die Pflichten seines Amtes fünfzehn Jahre lang treu und redlich erfüllt hat. Die Indianer schätzen ihn sehr hoch, nennen ihn ihren Großen Vater und hören aufmerksam auf seinen Rat.

Die Wigwams der Tschippewäer bestehen aus dünnen in die Erde gesteckten Stangen, die oben gegeneinandergebogen und mit Birkenrinde bedeckt werden. Als ich eines Tages mit meiner Frau durch die Lager ging, kamen alle Frauen der Tschippewäer herbei, um ihr die Hand zu reichen und ihre Kinder vorzustellen; auch brachte jede etwas Ahornzucker (Muk-kuks), den sie selbst bereiten und in großer Menge zum Verkauf mitgebracht hatten.

Nachdem die Tschippewäer ihre Geschäfte mit den Sioux abgemacht hatten, brachen sie ihre Zelte ab, brachten die Rindenkanoes ins Wasser, packten alles hinein und ruderten bis in die Nähe des St. Anthony-Wasserfalles, wohin wir uns begeben hatten, um zu sehen, auf welche Weise sie, wie der übliche Ausdruck ist, »den Tragplatz machen«, d. h. den Wasserfall umgehen. Zu diesem Zwecke ruderten sie mit ihren Kanoes in eine kleine Bucht unterhalb des Wasserfalles, wo diese entladen, ans Ufer gezogen und dann mit allem, was sie enthalten hatten, von den Frauen zu Lande bis etwa eine halbe englische Meile oberhalb des Wasserfalles getragen, dort wieder in den Fluß gebracht und von neuem beladen wurden, woraus die Fahrt stromaufwärts weiterging.

Die Rindenkanoes der Tschippewäer sind wohl die hübschesten und leichtesten von allen Fahrzeugen. Die Rinde einer einzigen Birke reicht gewöhnlich hin zu einem Kanoe und sie haben eine so zweckmäßige Gestalt und sind mit der Wurzel des Tamarack, welche sie Wat-tap nennen, auf so künstliche Weise zusammengenäht, daß sie vollkommen wasserdicht sind und so leicht wie Kork auf dem Wasser schwimmen. Ihre Lenkung erfordert indes große Übung und Gewandtheit, und ein Weißer muß sehr geschickt im Balancieren sein, wenn er nicht augenblicklich mit dem Kanoe umschlagen will.

Die Kanoes der Sioux sind dagegen ausgehöhlte Baumstämme, deren Anfertigung äußerst mühsam ist. Mit diesen beiden Arten von Kanoes kontrastieren auffallend die runden Lederfahrzeuge der Mandaner (siehe das vierundzwanzigste Kapitel), die aus einem runden, mit einer Büffelhaut überzogenen Flechtwerk von Weidenzweigen bestehen und die Gestalt einer Wanne haben. Die Frau, welche ein solches Kanoe rudert, steht am vorderen Rande desselben, streckt das Ruder so weit vor sich ins Wasser, als sie reichen kann, und zieht es dann nach sich, wodurch das Kanoe ziemlich schnell fortbewegt wird. Es ist gewiß ein sehr merkwürdiger Umstand, daß diese so roh konstruierten Kanoes ganz die Form der in Wales gebräuchlichen »Coracle« haben, die auf gleiche Weise fortbewegt werden, während die der umwohnenden Stämme aus ganz verschiedenen Stoffen und auf ganz andere Weise verfertigt werden.

Die Tschippewäer bedienen sich im Winter auf der Jagd auch der Schneeschuhe, mit denen sie leicht über den Schnee hinlaufen, während namentlich die Büffel tief in ihn einsinken und daher leicht von den Indianern eingeholt und getötet werden, wie dies bereits früher erwähnt wurde. Wenn zu Anfang des Winters der erste Schnee fällt, so wird der Schneeschuhtanz mit Schneeschuhen aufgeführt.


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