Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Zehntes Kapitel


Reise von de Mündung des Yellow-Stone den Missouri abwärts zu den Mandanern. – Abreise von M'Kenzies Fort. – Lager der Assinniboins am Missouri. – Wi-jun-jon's Vorträge über die Gebräuche der weißen Männer. – Bergschafe. – Kriegsadler. – Der wütende Bär. – Tonhügel; »Ziegelöfen«, vulkanische Reste. – Roter Bimstein. – Wildes Herumstreifen. – Schlaf des Bergbewohners. – Der wütende Bär mit seinen Jungen. – Mutiger Angriff. – Das Kanoe geraubt. – Eine Mahlzeit auf einem Haufen Treibholz. – Nachtlager. – Üppiger Pflanzenwuchs. – Abenteuer bei dem Aufsuchen eines Elen. – Kriegspartei. – Schöne Landschaft in dem »grand Détour». – Wunderbare Tonhügel. – Tafelland. – Antilopenjagd. – Großer Dom. – Präriehunde. – Fruchtlose Versuche, sie zu schießen. – Malerische Hügel und die drei Dome. – Ankunft in dem Dorfe der Mandaner.


Nachdem ich meine Ausflüge und meine Skizzen in der Umgegend des Forts beendigt und Herr M'Kenzie mir ein gut gebautes kleines Boot, das uns den mächtigen Strom hinabtragen sollte, verschafft hatte, schifften wir uns eines Morgens ein und nahmen Abschied von dem Fort, von unseren dortigen Freunden, sowie für immer von den schönen grünen Feldern, Hügeln, Tälern und Präriebluffs, die die reizenden Ufer des Yellow-Stone-Flusses umgeben.

Unser aus grünem Holze gebautes Boot war schwer und plump; da wir aber mit dem Strome fuhren, so versprachen wir uns eine schöne und glückliche Reise. Wir hatten Munition im Überfluß – einen guten Vorrat von getrockneten Büffelzungen – einige Pfund frisches Büffelfleisch – mehr als ein Dutzend Biberschwänze – und einen großen Vorrat von Pemikan. Bogard und Baptiste saßen mit ihren Rudern in der Mitte und am Bug und ich nahm meinen Platz im Hinterteil des Bootes am Steuerruder ein.

Außer unseren Vorräten und uns selbst befanden sich in unserem kleinen Fahrzeuge mehrere Pakete, die Anzüge und andere Gegenstände enthielten, die ich von den Indianern gekauft hatte; ferner meine Leinwand und Staffelei und unsere wenigen und einfachen Kochgeräte, nämlich drei zinnerne Näpfe, ein Kaffeetopf, eine Schüssel, eine Bratpfanne und ein zinnerner Kessel.

So ausgerüstet fuhren wir unter dem Zuruf der Wilden und unserer Freunde, die am Ufer standen, schnell dahin; wir verloren sie allmählich aus dem Gesicht und richteten unsere Augen nach St. Louis, das 400 deutsche Meilen weiter stromabwärts liegt. Diese ganze Strecke ist nur eine ungeheure, von dem herumschweifenden Indianer bewohnte Wildnis.

Nach Beendigung unserer ersten Tagereise fanden wir ein bequemes Nachtlager bei mehreren tausend Assinneboins, die ihre Zelte am Ufer aufgeschlagen hatten und uns mit allen Zeichen der Achtung und Freundschaft empfingen.

Hier fand ich auch meinen Freund Wi-jun-jon (Taubeneikopf), der noch immer über die Sitten und Gebräuche der »bleichen Gesichter« Vorträge hielt und die wunderbaren Szenen, deren Zeuge er auf seiner Reise nach Washington gewesen, erzählte. Es hatte sich eine große Anzahl Zuhörer um ihn versammelt, und sein schöner militärischer Anzug war so zerrissen und verändert, daß sein Aussehen wirklich lächerlich war. Seine Frau, die den Nutzen der Schöße an dem Frack nicht begriffen, hatte diese abgeschnitten und sich daraus ein Paar Beinkleider und aus der silbernen Huttresse prächtige Strumpfbänder gemacht. Den Schirm hielt der arme Teufel indes noch immer aufgespannt in der Hand. Sein Thema schien unerschöpflich und er galt bei seinem Stamme für einen beispiellosen Lügner.

Am folgenden Morgen verließen wir das Dorf der Assinneboins und setzten unsere Reise schnell stromabwärts fort. Der Missouri fließt hier mit einer Geschwindigkeit von ungefähr einer deutschen Meile in der Stunde durch eine ununterbrochene Reihe malerischer, mit Gras bedeckter Bluffs und Hügel, die überall das Ansehen eines alten hochkultivierten Landes haben, dessen Häuser und Umzäunungen verschwunden sind.

Auf große Strecken sieht man auf der einen oder der anderen Seite schroff aufsteigende Abhänge von 300-400 Fuß Höhe, die einen malerischen Anblick gewähren und sich von dem Ufer des Flusses erheben, während oben, von dem Rande des Absturzes an, die Prärie sich fast ganz horizontal in unbekannte Fernen ausdehnt.

Längs der zerrissenen Seiten dieser Klippen, die gewöhnlich aus hartem Ton bestehen, lebt das Bergschaf und man sieht es dort oft in großer Anzahl. Dieses Tier gleicht in seinen Gewohnheiten und in seiner Gestalt sehr der Ziege, die Hörner sind jedoch denen des Widders ähnlich, haben oft zwei Windungen und an der Wurzel eine Dicke von fünf bis sechs Zoll.

Am zweiten Tage unserer Reise entdeckten wir mehrere dieser Tiere, die an dem Abhange herumkletterten und sich stets in ungefähr gleicher Entfernung zwischen dem Fuße und dem Gipfel hielten. Sie sprangen von einer Spitze auf die andere und schienen an dem Abhange zu kleben, wohin ihnen weder Mensch noch Tier folgen konnte.

Wir landeten und suchten eines dieser klugen Tiere zu schießen; nachdem wir es aber lange Zeit zwischen den Klippen verfolgt hatten und endlich glaubten, ihm auf Schußweite nahegekommen zu sein, verließ es plötzlich seinen schmalen Standpunkt und stürzte sich mehrere hundert Fuß hinab zwischen die Bruchstücke von Felsen und Ton, und während ich nun mit Sicherheit glaubte, seinen Körper zerschmettert zu finden und mich ohne Mühe seiner bemächtigen zu können, sah ich, wie es wieder davonsprang und bald uns aus dem Gesicht verschwunden war.

Bogard, ein alter Jäger und wohlbekannt mit diesen Tieren, nahm seine Flinte auf die Schulter und sagte: »Das Wild ist fort; Sie sehen nun den Nutzen dieser starken Hörner; wenn die Tiere durch Zufall herabstürzen oder absichtlich ihren Stand verlassen, so fallen sie stets auf den Kopf, ohne den geringsten Schaden zu nehmen und wäre es auch festes Gestein.«

Da wir einmal am Lande waren und unser Boot in Sicherheit lag, so verweilten wir fast den ganzen Tag zwischen den wilden, zerrissenen Klippen und machten vergebens Jagd auf einen Kriegsadler. Dieser edle Vogel wird von den Indianern dieser Gegenden wegen seiner Schwanzfedern sehr hoch geschätzt, deren sich die Krieger zum Kopfputz und zur Verzierung ihres Anzuges bedienen. Er ist ein schöner Vogel und besiegt, wie die Indianer sagen, alle anderen Adler dieses Landes, weshalb er und seine Federn so hoch bewertet werden. Ich kann ihn nicht näher bestimmen, glaube aber versichern zu können, daß er sich in keiner Sammlung befindet; auch findet er sich wohl in Amerika erst, wenn man sich den Rocky Mountains nähert. Er wird auch der Calumetadler genannt, weil die Indianer ihre Calumets oder Friedenspfeifen mit seinen Federn verzieren.

Wir fanden bei unserem Herumstreifen manche wilde Landschaft, sahen zuweilen die Fährte eines Bären und erblickten eine Herde Büffel, mußten uns aber, da sie die Witterung von uns erhalten hatten, mit dem Anblick begnügen. Als wir gegen Abend zu unserem Boote zurückkehrten und ganz nahe am Flusse waren, hörte ich einen Schuß fallen, und bald darauf erschien Bogard mit einer Antilope auf der Schulter. Wir schifften uns nun ein, fuhren bis zum Einbruch der Nacht und lagerten uns auf einer schönen kleinen Prärie am Fuße einer Reihe mit Gras bewachsener Bluffs. Am nächsten Tage fuhren wir bis spät nachmittags und machten Halt am Fuße eines mächtigen Tonhügels, der einen höchst sonderbaren Anblick darbot. Der Strom ist hier so breit, daß er einem schönen See gleicht und in seiner Mitte, sowie an und auf seinen Sandbänken schwammen und standen Tausende von weißen Schwänen und Pelikanen.

Wenn die Landschaft vor unserem Lager mit dem strömenden Wasser, dem wilden Geflügel und der unendlichen Mannigfaltigkeit der sanft sich abdachenden Hügel und der Prärien ein schönes und gefälliges Bild darbot, so waren dagegen hinter uns die zerrissenen und verschieden gefärbten Hügel auf höchst wilde und phantastische Weise gruppiert.

Das ganze Land hinter uns schien umgegraben und zu hohen Haufen aufgetürmt worden zu sein; es hatte das Ansehen, als ob irgend ein riesenhafter Maurer dort seinen Mörtel und seine Farben bereitet und seine rohen Modelle zum Bau einer kolossalen Stadt mit ihren Mauern, ihren Domen, ihren Wällen, ihren hohen Portalen und Galerien, ihren Kastellen und ihren Gräben gefertigt und mitten in seiner Arbeit aufgehört und sein Werk der zerstörenden Hand der Zeit überlassen habe, die bereits vieles getan, um es zu vernichten und das Ganze mit seinen edlen Umrissen in einen wüsten, unentwirrbaren Haufen von Ruinen zu verwandeln.

Dieser Gruppe von Tonhügeln, die den Strom mehrere Meilen weit in einiger Entfernung begleiten, haben die Reisenden wegen ihres roten Aussehens, das man bei klarem Wetter schon in der Entfernung von einigen Meilen wahrnehmen kann, den sehr passenden Namen »Ziegelöfen« gegeben.

Durch die Tätigkeit des Wassers oder einer anderen Kraft scheint das Land hinweggespült worden und nur hier und da ein einziger Hügel oder Bluff übriggeblieben zu sein, der sich in Kegelform 200–300 Fuß erhebt und am Gipfel spitz oder abgerundet ist; zuweilen stehen mehrere Hügel in einer Gruppe beisammen und einige sind auf dem Gipfel tafelförmig und mit schönem Rasen bedeckt. Diese horizontale Oberfläche, die mit den entfernten Prärien in gleichem Niveau liegt, beweist deutlich, daß ihre gegenwärtige isolierte und abgerundete Gestalt durch die Einwirkung des Wassers hervorgebracht worden ist, das die zwischenliegende Erde hinwegspülte und sie in ihren jetzigen malerischen Formen zurückließ.

Ähnliche Bildungen (oder Umbildungen) sieht man an unzähligen Stellen an den Ufern des Missouri; aber der hier beschriebene Punkt hat das Eigentümliche, was (so viel ich weiß) sonst nirgends vorkommt, daß der obere Teil derjenigen Hügel, die hoch genug sind, um noch etwas von der ursprünglichen Oberfläche zu tragen, aus einer fünfzehn Fuß mächtigen Schicht von rotem Bimstein besteht, die auf einer mehrere Fuß mächtigen, aus dem Wasser abgesetzten Schicht ruht, die in ein Konglomerat von Bruchstücken von Basaltsäulen eingesenkt ist.

 


Anmerkung [ohne Nummer]

Catlin sagt da, wo er von den sonderbar geformten Tonhügeln am Missouri spricht, daß ihr Gipfel aus einer fünfzehn Fuß mächtigen Schicht von rotem Bimsten bestehe. Dies ist ein Irrtum, der jedoch um so verzeihlicher sein dürfte, da Catlin durchaus keine Ansprüche macht, für einen Geognosten gelten zu wollen. Max von Neuwied bemerkt über diesen Gegenstand (Reise in Nord-Amerika, II. Bd. S. 78) folgendes:

»Alle Hügel, deren Ketten die Prärie durchziehen und von welchen längs eines jeden der Missouri-Ufer eine Reihe hinzieht, um das Flußtal zu begrenzen, bestehen aus Ton mit Sand gemischt und aus Sandstein mit vielen Abdrücken und Versteinerungen von Schaltieren und den sonderbaren Bakuliten, die sich überall am Missouri und seinen Nebenflüssen, selbst in den Betten der Bäche hier und da wiederfinden. Fossile Knochen hat man häufig gefunden, ja ganze Skelette von 12-14 und mehr Fuß langen, krokodilartigen Tieren weiter abwärts am Missouri im Kalkstein. Metalle sollen in dieser Gegend nicht vorkommen, auch unmittelbar in der Umgebung von Fort Clarke kein Kalk, dagegen durchsetzen auf mehrere hundert Meilen weit die schwarzen bituminösen Kohlenschichten die Hügel. Diese Kohle brennt leicht, mit starkem Schwefelgeruch, gibt aber nicht Hitze genug, um als Feuermaterial oder für Schmieden angewendet zu werden. An verschiedenen Stellen beobachtet man unumstößlich, daß diese Lager gebrannt haben; der Ton der Umgebung ist häufig rot gebrannt und die Scherben sind vollkommen gefärbt, hart und klingend, wie unsere Ziegel und die holländischen Klinker. Bei Fort Clarke hat man übrigens von Erdbränden nie reden gehört; dagegen ist dies am Missouri weiter abwärts öfter der Fall gewesen. Die roten Tonhügel scheinen durch Feuer gehoben zu sein. Am Ufer des Flusses findet man überall leichte, porös-zellige, rotbraune Schlacken, die man hier mit der Benennung Pumice-Stone (Bimstein) belegt, obgleich sie sich sehr von demjenigen Fossil unterscheiden, das man gewöhnlich so benennt und in großen Lagern an den Ufern des Rheins findet.


 

Diese auffallende Bildung fesselt das Auge des Reisenden plötzlich und bringt ihn zu dem Schluß, daß er sich mitten unter den Ruinen eines erloschenen Vulkans befindet.

Die Abhänge dieser kegelförmigen Hügel, die aus Schichten von verschieden gefärbtem Ton bestehen, werden durch den Regen und den schmelzenden Schnee beständig herabgespült und die oben aufgelagerten Massen von Bimstein und Basalt zerbröckeln und stürzen herunter an den Fuß der Hügel, wo sie durch die wilden Wasser, die sich oft ihr Bett durch sie hindurchwühlen, in den nahen Strom geschwemmt, und von diesem, auf dessen Oberfläche sie leicht wie Kork schwimmen und sich an jedem Haufen Treibholz festsetzen, mehrere hundert Meilen weit bis in den Ozean geführt werden.

Der obere Teil dieser Bimsteinlager ist glänzend rot, porös und von geringer spezifischer Schwere. Man muß aber diese sonderbaren Hügel in der Natur sehen oder wenigstens in Abbildungen, die ihre Farben getreu wiedergeben, weil sie sonst ihre malerische Schönheit verlieren, die eben in der Mannigfaltigkeit ihrer lebhaften Färbung besteht. Die Tonschichten sind rot, gelb, weiß, braun und dunkelblau, und so sonderbar geordnet, daß sie einen höchst angenehmen und eigentümlichen Eindruck hervorrufen.

Ich verließ meine Leute, die in der Nähe des Bootes im Grase lagen, nahm meine Flinte und mein Skizzenbuch, wanderte durch die rauhen Schluchten zwischen den Hügeln umher und kletterte über die großen Bimsteinblöcke, die von oben herabgestürzt waren, um vielleicht den Krater oder den Ort zu finden, aus dem diese sonderbaren Gegenstände herstammten. Nachdem ich jedoch eine Zeitlang umhergestiegen war, traf ich unglücklicherweise auf die Spuren eines großen Bären, der anscheinend kurz zuvor in derselben Richtung gewandert war, wenn auch höchst wahrscheinlich in ganz anderer Absicht; mein Entdeckungseifer war dadurch augenblicklich so bedeutend abgekühlt, daß ich eilig umkehrte und mich mit meinen Zeichnungen und dem Einsammeln von Lava und anderen Mineralien in der Nähe begnügte.

siehe Bildunterschrift

Tafel IV. Ein Doktor oder Krankheitsbeschwörer.

Nachdem ich den Tag über herumgestrichen war und von den Gipfeln der Hügel die Schönheit dieser Gegend betrachtet hatte, begab ich mich zu meinen Gefährten, die gewöhnlich während dieser Zeit »Bergbewohner-Schläfchen« machten; wir tranken unseren Kaffee, aßen getrocknete Büffelzungen, breiteten unsere Büffelhäute aus und genossen in der Nacht eines erquickenden Schlafes, der dem ermüdeten Reisenden in der reinen Luft und bei der tiefen Stille dieser Gegenden so eigentümlich ist.

Am Morgen vor Sonnenaufgang erhob sich Bogard (ein Yankee und ein wachsamer Bursche, der eben von den Rocky Mountains zurückkehrte, wo er zehn Jahre als Jäger und Trapper gelebt hatte) unter seiner Büffelhaut, rieb sich die Augen und rief, indem er nach seiner Flinte griff: »Seht da den alten Kaleb! Wollt Ihr!« Baptiste, der den Schlaf mehr liebte, schnarchte weiter und murmelte etwas vor sich hin, was ich nicht verstand, aber Bogard faßte ihn so hastig an, daß er augenblicklich erwachte. Ich sprang ebenfalls auf und alle Augen richteten sich sogleich auf Kaleb (oder Kale, wie der wütende Bär von den Trappers in den Rocky Mountains vertraulich genannt wird), eine Bärin, welche nebst zwei Jungen mit der ganzen Würde und Wut ihres Geschlechts wenige Ruten von uns saß und uns angaffte. Es war dies ein Gegenstand für den Maler, aber ich hatte nichts zum Malen – ich wandte meine Augen nach dem Boote, das wenige Schritte von uns am Strande befestigt war und sah, daß alles, was darin gewesen, herausgeworfen und alles Eßbare ohne Umstände verzehrt worden war. Meine Pakete mit indianischen Kleidungsstücken und Merkwürdigkeiten waren ans Ufer geworfen, geöffnet und untersucht, selbst der Strick von rohem Leder, womit wir das Boot an einen Pfahl gebunden hatten, war verschwunden und also wahrscheinlich auch aufgefressen worden. Auch war dieser Blick in unser Gepäck nicht genug gewesen für ihre unersättliche Neugier – wir sahen an den Spuren ihrer großen Tatzen im Boden, daß sie um uns herumgegangen, unsere Zehen und Nasen berochen hatte, ohne uns zu belästigen. Es bestätigt dies das alte Sprichwort in diesem Lande: »Ein am Boden liegender Mann ist ›Medizin‹ für den wütenden Bären«; während es allgemein bekannt ist, daß sowohl Menschen als Tiere unfehlbar angegriffen werden, wenn sie diesem wütenden und grimmigen Tiere begegnen, das der Schrecken des ganzen Landes ist und oft ein Gewicht von 800–1000 Pfund erreicht.

Während wir uns in dem soeben erwähnten Dilemma befanden, und jeder schnell seine Waffen zur Verteidigung instand setzte, gab ich an, auf welche Weise wir die Bärin töten, die Jungen fangen und das Fell als Siegeszeichen mit nach Hause bringen könnten. Mein Plan wurde aber, obgleich wir gut bewaffnet waren, gänzlich verworfen, denn Bogard und Baptiste widersetzten sich ihm mit großer Heftigkeit und sagten, es sei stehende Regel im Gebirge, »niemals Kaleb anzugreifen, außer zur Selbstverteidigung.« Ich war hingegen fast entschlossen, die Bärin allein anzugreifen, da ich eine Büchse in der Hand, ein Paar große Pistolen, einen Tomahawk und ein Skalpiermesser im Gürtel hatte, als Baptiste plötzlich seinen Arm über meine Schulter streckte und, nach einer anderen Richtung zeigend ausrief: »Da ist ein Reservekorps, Herr Cataline – da ist ihr Ehemann! Fort, schnell nach dem Flusse, schnell!« Und Bogard fügte hinzu: »Diese verdammten Tiere sind zu stark für uns, es ist besser, wir machen uns davon.« Dies kühlte meinen Mut etwas ab, wir packten ein und fuhren so schnell wie möglich davon, während noch jeder von uns seine Flinte abschoß, worauf die Bärin voll Wut auf die Stelle hinstürzte, wo wir wenige Augenblicke zuvor unseren heilsamen Entschluß gefaßt hatten.

Während des noch übrigen Teiles des Tages fuhren wir rasch weiter, indem wir die schönen Ufer bewunderten, die bald aus hohen, zerrissenen Klippen, bald aus lieblichen grünen Präriehügeln oder aus weit erstreckten Wiesen mit ihrem vom Winde bewegten hohen Grase und Myriaden wilder Blumen bestanden. Die Aussicht war auf dem ganzen Wege bezaubernd.

Unsere Unterhaltung drehte sich hauptsächlich um den wütenden Bären und die Gefahr, in der wir uns befanden, und meine Gefährten hatten eine Menge ähnlicher Geschichten im Vorrat. Wir verzehrten unser Frühstück sehr spät, nämlich um 5 Uhr nachmittags, und um diese Zeit wurden unsere zerstörten Vorräte glücklicherweise durch die nie fehlende Büchse Bogards wieder ergänzt, indem er eine schöne Antilope schoß, die vom Ufer uns arglos anblickte. Wir landeten und bemächtigten uns unserer Beute, fuhren jedoch weiter, da es hier an Holz fehlte. Wir erreichten indes bald eine Insel, die mit ungeheuren Massen von Treibholz bedeckt war, wo wir schnell ein großes Feuer machten und unser köstliches Mahl verzehrten, indem wir uns rittlings auf einen abgeschälten Baumstamm setzten und diesen zugleich als Stuhl und als Tisch gebrauchten. Nach Beendigung unseres Mahles ließen wir unser Feuer brennen und fuhren noch einige engl. Meilen weiter, wo wir an einem wilden und unbekannten Ort unser Kanoe auf den Strand zogen und unsere Büffelhäute zum Schlafen ausbreiteten, denn es ist nicht ratsam, dies bei dem Feuer zu tun, weil hierdurch leicht eine Kriegspartei herangelockt wird.

Die Gegend, die wir heute sahen, war, wie gesagt, außerordentlich schön und oft ruderten wir ans Ufer, um die unendliche Mannigfaltigkeit der Blumen und den Reichtum an köstlichen Früchten um uns her zu bewundern. Während wir durch das hohe Gras wanderten, stießen wir beständig an wilde Sonnenblumen und üppige Lilien, während nach allen Richtungen hin Gruppen von Pflaumenbäumen, Stachel- und Johannisbeersträuchern sich unter der Last ihrer Früchte zur Erde bogen, und zwischen diesen wilde Rosenbüsche, wie in Hecken und Beeten gepflanzt, ganz mit Blumen in den schönsten Farben bedeckt waren und jeden sie berührenden Luftzug mit Wohlgerüchen erfüllten.

Außerdem wachsen hier die amerikanische Eberesche ( Sorbus americana, Service-tree) in Überfluß und der Büffelbusch Dieser Büffelbusch ist Shepherdia Nutt. und gehört zu der kleinen Familie der Elaeagneen Juss., die diesen nördlichen Gegenden eigentümlich sind. Sie schmückten oft die Ufer des Flusses und die Schluchten der Hügel meilenweit, wo sie fast undurchdringliche Hecken bildeten und so mit Früchten beladen waren, daß ihre Zweige sich bis auf die Erde bogen.

Dieser letztere Strauch, den man die schönste Zierde der Prärien nennen kann, bildet gegen das übrige Laubwerk einen auffallenden Gegensatz durch die bläuliche Färbung seiner Blätter, wodurch man ihn schon in großer Entfernung erkennen kann. Er trägt eine unglaubliche Menge Früchte, die in Trauben von jedem Zweige herabhängen und etwa die Größe gewöhnlicher Johannisbeeren haben, denen sie an Farbe und Geschmack nicht unähnlich, jedoch ihrer Säure wegen fast ungenießbar sind; erst wenn sie im Herbst vom Frost getroffen worden, erhalten sie einen süßen, köstlichen Geschmack, den Weintrauben ähnlich, und ich bin geneigt zu glauben, daß man einen trefflichen Wein daraus bereiten kann.

 


Anmerkung 1.

Büffelbeeren. – Shepherdia argentea Nuttal ist, zufolge Hooker's Flora boreali-americana, ganz verschieden von Shepherdia Canadensis Nutt., und sogleich zu erkennen an ihren mehr ausgebreiteten Zweigen und ihren schmaleren Blättern, die auf beiden Seiten mit silberähnlichen Schuppen bedeckt sind, sowie an ihrer durchscheinenden Frucht, die so glänzend rot ist, daß die Indianer sie Metheu-miva (Blutbeere) nennen. Pursh erwähnt ihre große Ähnlichkeit mit Elaeagnus argentea, deren Blätter jedoch viel schmaler, weniger silberfarbig und ebenso wie die Zweige gegenüberstehend sind; Blüten und Früchte sind sehr verschieden.

Shepherdia Canadensis Nutt. (Hippophae Canadensis Willd.) kommt in ganz Kanada vor und bis zum Fort Franklin am Mackenziestrom, und von Neufundland und der Hudsonsbai bis zum Felsengebirge (Richardson; Drummond). Nach Menzies kommt sie auch an der Nordwestküste vor.

Elaeagnus argentea, ein in Kanada einheimischer Strauch, findet sich auch von den großen Stromschnellen des Saskatschewan bis zum Felsengebirge und bis zum 69. Breitenkreis nahe der Küste (Richardson; Drummond); auch an der Hudsonsbai (Nuttal). E. argentea ist sehr nahe verwandt mit einigen Elaeagnus-Arten der Alten Welt, namentlich mit E. parvifolia Wall.; E. orientalis L., und E. angustifolia. Die Blätter scheinen veränderlich in der Gestalt zu sein, doch sind sie, nach Hooker, bei E. argentea mehr herabhängend als bei den erwähnten und die Früchte kugelförmiger mit einem mehligen Überzug wie die Blätter. Nach Richardson ist es die von den Krihs Wah-pisk-kimena genannte Pflanze. Die Rinde fällt im Winter ab, so wie sie bereift. Drummond sagt, die Blätter seien sehr wohlriechend. Blätter und Zweige stehen abwechselnd.

siehe Bildunterschrift

Tafel XXIII. Indianer bei der Ankunft in Washington.

Wislicenus (Ausflug nach den Felsengebirgen, Seite 97) spricht von Bull-Berries, auch Rabbit-Berries (Kaninchenbeeren) genannt, und nennt sie die Frucht der Shepherdia argentea, eines großen Strauchs, dessen Blätter auf der unteren Seite weißglänzend sind. Die roten Beeren haben Ähnlichkeit im Ansehen und Geschmack mit Johannisbeeren.

In diesen Nachrichten ist nicht die Rede von den blauen Blättern, deren Catlin gedenkt Max von Neuwied nennt jedoch das Laub »bläulich-grün«. – Reise in Nordamerika Band I, Seite 308; ist die blaue Farbe etwa abhängig von der Jahreszeit? Bei Catlin's Anwesenheit waren die Früchte reif, es war also entweder Spätsommer oder Herbst.

Der Service-Berries-Strauch ist Amelanchier sanguinea DC. (Pirus sanguinea, Pursh). Max von Neuwied (Reise nach Nordamerika, Band II, S. 201) schreibt Cervisberry-Strauch.


 

Der Strauch gleicht einigen Abarten des Dornstrauchs, von denen er sich nur durch die schon erwähnte Farbe seiner Blätter unterscheidet. Gewöhnlich wird er sechs bis sieben, zuweilen zehn bis zwölf Fuß hoch, und bildet meilenweit kleine Wälder oder Hecken. Während wir die Früchte einsammelten und ich daran dachte, ob sich nicht daraus Wein bereiten ließe, richtete ich folgende Frage an meine Gefährten: »Angenommen wir wären im Frühjahr bis hierher den Fluß heraufgefahren und hätten unser kleines Lager in einem Walde aufgeschlagen. Der eine von Euch wäre ein Schiffbauer, der andere ein Böttcher, jener machte die Weinfässer, dieser baute ein Mackinahboot, das fünfzig bis hundert Fässer tragen könnte, während ich, als guter Jäger, das kleine Lager mit Fleisch versorgte; wenn wir nun um diese Zeit den Fluß hinabruderten, überall anhielten, wo der Büffelbusch wächst, die Beeren einsammelten und den Saft auspreßten und in unsere Fässer gössen, damit er während unserer Schiffahrt von 500 deutschen Meilen gäre – wieviel Bushel (à 1½ Berliner Scheffel) Beeren würdet Ihr beide wohl in einem Tage einsammeln können, wenn ich das Boot bewachte und die Mahlzeit bereitete? Wieviel Barrels (à 2 Eimer) guten Wein würden wir bei unserer Ankunft in St. Louis wohl zum Verkauf vorrätig haben können?«

Diese Idee ergriff meine beiden Gefährten ungemein. Baptiste schwatzte so viel französisch durcheinander, daß ich ihn nicht verstehen konnte, und ich glaube es nur dem Mangel der nötigen Gerätschaften zu verdanken, daß ich nicht meine beiden Gefährten verlor. Endlich kamen beide darin überein, daß sie wohl 30 Bushel (45 Berliner Scheffel) dieser Beeren täglich sammeln könnten, und nach meiner Erfahrung glaube ich, daß dies nicht übertrieben ist; wir breiteten mehrmals eine große Mackinahdecke am Boden unter den Sträuchern aus, die die meisten Früchte trugen, und wenn wir mit einem Stock gegen den Stamm schlugen, so fielen sämtliche Beeren augenblicklich auf die Decke, worauf die von ihrer Last befreiten Zweige sich schnell wieder aufrichteten; auf diese Weise erhielten wir oft durch einen einzigen Schlag einen Achtelbushel.

Ich hatte von diesem schönen Strauch, der gewiß eine große Zierde unserer Parke und Gärten bilden würde, mehrere Wurzeln mitgenommen, verlor diese aber, sowie mehrere andere Merkwürdigkeiten, die ich auf unserer Fahrt stromabwärts gesammelt hatte.

Am nächsten Morgen, nachdem wir unser Frühstück eingenommen und unser Boot längs des Ufers einer schönen Prärie langsam dahinglitt, sah ich in dem Grase am Ufer über mir etwas, das ich für den Rücken eines weidenden Elens hielt. Ich teilte dies meinen Gefährten mit, sprang mit meiner Flinte ans Ufer, nahm zwei Kugeln in den Mund und kroch vorsichtig in einer kleinen Schlucht hinauf, während ich meines Wildes ganz sicher zu sein glaubte, als ich zu meinem Schrecken bemerkte, daß das angebliche Elen nichts weiter war als ein Indianerpferd, das hier ruhig sein Frühstück einnahm. Weiterhin bemerkte ich noch mehrere, und näher bei mir zur Linken eine um das Feuer gelagerte Kriegspartei, und noch näher, etwa zwanzig Schritte von mir entfernt, saß ein Indianer, der seine Flinte zu reinigen schien. Ich eilte daher so schnell und vorsichtig als möglich nach dem Boote; allein Bogard und Baptiste, die aus meinem eiligen Rückzuge wohl alles erraten mochten, stießen zu früh ab und wurden von der starken Strömung um einen großen Haufen Treibholz herumgetrieben, so daß ich mir selbst überlassen blieb; sie kamen indes bald wieder ans Ufer und, nachdem ich eingestiegen war, ruderten wir schnell und schweigend weiter, bis wir außer dem Bereich der Gefahr waren, denn schon seit mehreren Tagen hatten wir gefürchtet, einer Kriegspartei der raubgierigen Riccarihs zu begegnen, die, wie wir erfuhren, an dem Flusse sein sollten und die Mandaner aufsuchten.

Am fünften Tage (einem Sonntag) seit unserer Abreise von der Mündung des Yellow-Stone-Flusses landete unser Boot um 11 Uhr in der »großen Krümmung« ( grand Détour – Big Bend) am Fuße eines stattlichen Tonhügels, dessen Gipfel wir erstiegen, um des malerischen und großartigen Anblicks zu genießen. Den Rest des Tages brachte ich damit zu, eine Ansicht dieser großartigen Landschaft zu malen, zu welchem Zwecke Bogard und Baptiste meine Staffelei und Leinwand auf den Gipfel des Hügels brachten; während ich malte, erlegten sie mehrere Antilopen.

Es gibt wohl kaum etwas malerischeres als die Aussicht von diesem Punkte. Man sieht hier, wie der Strom sich auf wunderbare Weise sein tiefes Bett durch 200-300 Fuß hohe Tonwände gegraben hat, während man in der Entfernung die imposante Form des hohen Tafellandes erblickt. Es ist dies eine Anomalie der Natur, die den unwiderleglichen, wenn auch überraschenden Beweis liefert, daß hier in einer früheren Zeit das Land eine höhere Oberfläche hatte, die mit der Höhe dieser tafelförmigen Hügel übereinstimmte, deren mit Gras bewachsene Oberfläche auf eine halbe englische Meile und weiter vollkommen horizontal ist, und sich 150-200 Fuß hoch über die gegenwärtige höchste Oberfläche dieses Landes erhebt, die auf mehrere hundert englische Meilen außer jenen Hügeln nicht einen Gegenstand darbietet, der sich auch nur einen Fuß über ihr Niveau erhebt.

Die Tatsache, daß dort einst die Oberfläche dieses großen Tales war, steht fest, wie schwierig es auch sein mag, sie mit vernünftigen Ursachen und Resultaten zu vereinigen; und der Geist des schwachen Menschen wird fast gelähmt, wenn er sich deutlich zu machen sucht, auf welche Weise das anliegende Land sowohl von hier bis an den Fuß der Rocky Mountains als auch nach anderen Richtungen hin hinweggeschwemmt werden konnte, und ebenso, wenn er den Ort auszufinden bemüht ist, wohin diese mächtigen Ablagerungen geführt wurden.

Ich erinnere mich, auf meiner Reise den Strom hinauf, etwa 600-800 englische Meilen weiter stromabwärts, zwei merkwürdige Gegenden, die »viereckigen Hügel« und die »Bijou-Hügel« gesehen zu haben, die die einzigen Erhebungen an dem Flusse sind, die den eben beschriebenen Überresten ähnlich zu sein scheinen; ich werde sie später besuchen. Während meine Leute mit der Jagd beschäftigt waren, verließ ich meine Staffelei und wanderte nach jenen tafelförmigen Hügeln, deren Gipfel ich erstieg, und die zu meinem großen Erstaunen mehrere englische Meilen von dem Flusse entfernt waren, so daß ich einen tüchtigen Marsch zu machen hatte, um bei Anbruch der Nacht unser Lager zu erreichen. Ich fand, daß diese Hügel offenbar aus dem Wasser abgesetzt waren; sie bestanden aus einer großen Anzahl horizontaler Tonschichten von verschiedenen Farben, aus Granitsand und Geschieben; unter den letzteren fand ich schöne Stücke Achat, Jaspis und Karneole, sowie hin und wieder große Stücke Bimsstein und Rapilli, die, gleich den oben erwähnten Beispielen, das Vorkommen vulkanischer Überreste beweisen.

Die Art, wie Bogard und Baptiste die furchtsame und kluge Antilope überlisteten, wird in diesem Lande häufig und mit Erfolg angewendet.

Die Antilope dieses Landes ist, wie ich glaube, von allen anderen Arten verschieden und eine der schönsten Zierden der westlichen Welt. Man sieht sie oft in großer Menge auf den Hügeln und in den Tälern herumhüpfen und stundenlang in Rudeln von 50-100 Stück dem vorüberfahrenden Boote oder der Karawane folgen, wobei sie sich in sicherer Entfernung halten, die Hügel hinauf und hinunter laufen, mit den Nasen schnuppern und mit den Füßen stampfen, als ob sie den Reisenden erinnern wollten, daß er sich frevelhafte Eingriffe in ihr Gebiet erlaube.

Dies kleine Tier scheint mit einem übermäßigen Teil Neugier begabt zu sein, die es oft ins Verderben führt und dem Jäger, der es zu erlegen wünscht, die Mühe erspart, ihm nachzulaufen. Wenn er entdeckt worden ist, so hat er nur nötig, seinen Ladestock in die Erde zu stecken und sein rotes oder gelbes Taschentuch darauf zu hängen und er kann versichert sein, daß die Antilopen, wenn auch vorsichtig und zögernd, näher kommen, während er dicht dabei mit der Flinte in der Hand am Boden liegt; es ist dann leicht, zwei oder drei auf einen Schuß mit einer Kugel zu erlegen.

Nachdem wir unser Lager in der »großen Krümmung« verlassen hatten und mehrere englische Meilen weit an einer Reihe von Hügeln und wunderlichen Ruinen, gleich den schon beschriebenen, vorübergeschifft waren, wurde unsere Aufmerksamkeit mehr als gewöhnlich durch den sogenannten »Großen Dom« gefesselt, der dicht vor uns lag.

Wir verweilten einen ganzen Tag unter diesen Tonruinen, deren Gipfel wir erstiegen, und konnten hier den Lauf des Missouri viele Meilen weit verfolgen, wie er sich durch zahllose mit Gras bewachsene Tonhügel hindurchwindet. Eine Büffelherde, die wir auf der Ebene entdeckten, verfolgten wir eine Strecke, konnten sie aber nicht erreichen; wurden aber einigermaßen dadurch entschädigt, daß wir ein großes Dorf der Präriehunde auffanden, über die ich hier einige Worte sagen will

Der Wiesenhund ( Arctomys Ludoviciana Ord.) der amerikanischen Prärien ist keine Canis-, sondern eine Murmeltier-Spezies, nicht ungleich derjenigen, die die weiten Steppen Asiens bewohnt, und hat mit einem Hunde weiter gar keine Ähnlichkeit, als in dem Laut, den er bei Annäherung einer Gefahr von sich gibt und der etwa dem Bellen eines sehr kleinen Hundes, oder noch mehr dem des bellenden Eichhorns gleicht.

Das merkwürdige kleine Tier hat ungefähr die Größe einer sehr großen Ratte, der es auch im Äußern nicht unähnlich ist. Sie graben sich ihre Wohnungen in einsamen Gegenden, fern von Wald und Wasser. Jedes Individuum oder jede Familie gräbt eine Höhle in der Prärie, 8-10 Fuß tief, und wirft die Erde zu einem kleinen kegelförmigen Haufen auf; es sind dies die einzigen Höhen, die sie ersteigen und auf die sie sich setzen, um zu bellen und mit den Zähnen zu klappern, wenn ein Feind sich ihrem Dorfe nähert. Diese Dörfer erstrecken sich zuweilen mehrere englische Meilen weit und enthalten, ich möchte fast sagen, Myriaden von Höhlen und kleinen Erdhaufen; das Getöse ihres Bellens ist zu eigentümlich, um es zu beschreiben.

Wir machten mehrmals Versuche, eines dieser Tiere zu schießen, allein immer vergebens. Wenn wir uns ihnen bis auf eine gewisse Entfernung genähert hatten, so setzten sie sich auf den Erdhaufen auf die Hinterfüße, und machten bei dem Bellen eine eigentümliche Bewegung mit dem Schwanze, als ob sie uns das Recht der Annäherung streitig machen wollten. Ich suchte mehrmals zu schießen, aber (als ob sie genau die Grenzen ihrer Sicherheit gekannt hätten) in dem Augenblick, wenn ich losdrücken wollte, sprangen sie in ihre Höhlen, wendeten schnell ihren Körper um und ließen bloß ihre Ohren und die Nasenspitze sehen, als ob sie sich nach mir umsähen. Diese Stellung behielten sie bei, bis ich mich noch mehr näherte, worauf sie plötzlich verschwanden, und als ich zwischen ihren Wohnungen herumwandelte, war alles still. Sowie ich mich wieder entfernte, kamen zuerst wieder die Ohren zum Vorschein, und endlich sprangen sie wieder auf die Erdhaufen, setzten sich auf die Hinterfüße und drohten uns wie zuvor.

Die Löcher, die zu ihrem Bau führen, sind 4-5 Zoll weit und fast senkrecht; sie stehen unstreitig alle mit einer Art unterirdischer Stadt in Verbindung (wie ich nach fruchtlosen Versuchen, sie auszugraben, glauben muß), so daß sie eine große Strecke, ohne Gefahr verfolgt zu werden, unter der Erde laufen können.

Ihre Nahrung ist das Gras in der Nähe ihrer Baue, das sie mit ihren Schneidezähnen dicht am Boden abbeißen. Da sie oft auf fünf deutsche Meilen vom Wasser entfernt leben, so muß man annehmen, daß, da sie hauptsächlich nur des Nachts ihrer Nahrung nachgehen, der am Grase befindliche Tau ihnen hinreichende Feuchtigkeit darbietet; wenn sie nicht, wie man gewöhnlich glaubt, von ihren unterirdischen Wohnungen so tief graben, daß sie Wasser erreichen. Im Winter sind sie mehrere Monate lang unsichtbar und liegen während dieser Zeit wahrscheinlich in einem erstarrten Zustande, da sie keine Vorräte einsammeln können. Man findet diese Tierchen in den weiten Prärien Nordamerikas fast unter jeder Breite, und ihre Dörfer, deren ich mehrere auf meinen Reisen antraf, nötigten uns, oft einen Umweg von mehreren Meilen zu machen, denn die nur wenige Fuß voneinander entfernten Löcher konnten gefährlich für unsere Pferde werden.

Die unter dem Namen der »Große Dom« erwähnten Hügel sind wohl eine der großartigsten und schönsten Szenen dieser Art. Die wunderbaren Formen von Domen und Türmen entstehen durch das beständige Abspülen der Abhänge dieser Tonhügel, und obgleich sie an einigen Stellen sehr erhärtet sind, so erleiden sie doch fortwährend Veränderungen, bis sich endlich ihre Abhänge mit Rasen überziehen, der sie vor weiterer Zerstörung schützt, so daß ihr grüner, mit Blumen geschmückter Teppich vielleicht noch nach Jahrhunderten von dem kühnen Reisenden mit Bewunderung betrachtet wird.

Am siebenten Tage nach unserer Abreise von der Mündung des Yellow-Stone-Flusses verließen wir diese Gegend, blickten aber immer wieder darauf zurück und bewunderten die sonderbaren und endlosen Veränderungen, die jede Biegung des Stromes hervorbrachte, und als wir sie endlich aus dem Gesichte verloren, nahmen wir traurig Abschied von ihnen; aber bei jeder Krümmung und Wendung des Stromes traten immer andere und wieder andere, fast ebenso sonderbare Gebilde hervor. Am Fuße eines dieser Hügel landete ich, um den Gipfel zu ersteigen, wozu ich indes mehrere Stunden gebrauchte, da ich auf einen großen Teil des Abhanges mit dem Beile Löcher einhauen mußte, um die Füße setzen zu können. Dieser ganz isoliert stehende Hügel war 250 Fuß hoch und seine Abhänge waren auf die mannigfaltigste Art ausgewaschen, während große Blöcke von erhärtetem Ton auf Fußgestellen oder Säulen ruhten und das Ganze so verschiedene Färbungen zeigte, daß es wie ein schönes Gemälde erschien und ich an zwei Stunden darauf verwendete, es auf meine Leinwand zu übertragen.

Nachmittags kamen wir bei der Hügelgruppe, »die drei Domen« genannt, vorüber, die den bereits beschriebenen ähnlich sind.

Kurz vor Einbruch der Nacht landete unser kleines Boot vor dem Dorfe der Mandaner, und unter den Hunderten und Tausenden, die an den Fluß kamen, um uns zu begrüßen, befand sich auch Herr Kipp, der die Aufsicht über die hier befindliche Niederlassung hat.


 << zurück weiter >>