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Mah-to-toh-pa (die vier Bären). – Sein Anzug. – Seine Büffelhaut mit den Abbildungen seiner Kämpfe.
Es ist bereits früher (im 13. und 16. Kapitel) von Mah-to-toh-pa (die vier Bären), dem zweiten Häuptlinge der Mandaner, die Rede gewesen. Ich sagte (im 13. Kapitel), daß er, obgleich nur der zweite dem Range nach, doch jedenfalls der beliebteste unter seinem Volke und der ausgezeichnetste unter allen lebenden Indianer-Häuptlingen sei.
Im 16. Kapitel erzählte ich, daß er mich in seinem gastfreien Wigwam bewirtet und mir eine schön verzierte Büffelhaut zum Geschenk gemacht habe; ich sagte dort, daß ich später mehr über ihn mitteilen würde und will nun mein Versprechen lösen, indem ich zuerst seinen Anzug, in dem ich ihn gemalt habe, beschreibe, und dann die wichtigsten Vorfälle aus seinem Leben kurz erzähle, wie mir diese teils von Pelzhändlern und Indianeragenten, teils von ihm selbst mitgeteilt wurden.
Den Anzug, in welchem Mah-to-toh-pa sich malen ließ, habe ich gekauft, und er befindet sich in meiner indianischen Galerie neben dem Bildnis dieses Häuptlings.
Nachdem Mah-to-toh-pa den Tag bestimmt hatte, an dem er sich von mir malen lassen wollte, bereitete ich alles dazu vor, mußte aber den ganzen Vormittag vergebens warten, denn erst um Mittag hatte er seine Toilette vollendet. Endlich wurde mir angezeigt, Mah-to-toh-pa komme in vollem Staat. Ich trat an die Tür und sah, wie er mit festem Schritt und begleitet von einer großen Anzahl Frauen und Kinder, die ihn mit Bewunderung anstaunten, sich meiner Hütte näherte. Mit Anstand und männlicher Würde trat er in meinen Wigwam, wo er unbeweglich wie eine Bildsäule stand, bis die Dunkelheit hereinbrach. Sein Anzug war in allen Teilen vollkommen, und bestand aus einem Rocke oder einer Tunika, Beinkleidern, Mokassies (Schuhen), dem Kopfputz, Halsbande, Schild, Bogen und Köcher, Lanze, Tabaksbeutel und Pfeife, Büffelhaut, Gürtel und Messer, Medizinbeutel, Tomahak und Kriegskeule oder Po-ko-mo-kon.
Der Rock war aus zwei Fellen des Bergschafes gemacht, schön gegerbt und so zusammengenäht, daß die eine Haut vorn, die andere hinten hing und die Säume auf den Armen ruhten. Auf jeder Schulter befand sich ein schönes Band wie eine Art Epaulette, und auf jedem Arme, vom Halse bis zur Hand, lief ein ähnliches, zwei Zoll breites Band, das die Schulterbänder rechtwinklig kreuzte, reich mit Stachelschweinstacheln verziert war und die Nähte bedeckte. An dem unteren Rande dieser Bänder waren, der ganzen Länge nach, in Zwischenräumen von einem halben Zoll, Büschel von schwarzem Haar befestigt, das er selbst den Köpfen der von ihm im Kampfe erlegten Feinde entrissen hatte und jetzt als Siegeszeichen und als Verzierung seines Anzugs trug. Die Vorder- und Rückseite des Rockes waren an mehreren Stellen zierlich mit Stachelschweinstacheln und Darstellungen der Kämpfe, welche er ausgefochten, sowie mit der Zahl der von ihm getöteten Feinde geschmückt. Der untere Rand des Rockes war mit Hermelinfell und Quasten von Hermelinschwänzen besetzt.
Die Beinkleider ( Wapánpi-Hunschi an und n französisch auszusprechen), aus Hirschhaut gemacht, schlossen eng an und reichten von den Füßen bis an die Hüften, wo sie an einem um den Leib gehenden Gürtel ( Ichparakähn) befestigt waren. An der äußeren Seite der Beinkleider befand sich ein ähnliches Band wie an den Ärmeln des Rockes, das ebenfalls mit schön gefärbten Stachelschweinstacheln und Skalplocken besetzt war Siehe Anmerkung 14..
Das Band an der äußeren Naht der Beinkleider wurde auch häufig mit blauen und weißen Glasperlen gestickt und mit langen ledernen Franzen besetzt, die unten am Knöchel einen dichten, auf dem Boden etwas nachschleppenden Bündel bilden. Das Leder der Beinkleider selbst ist meist rotbraun oder fahl rötlich angestrichen, gewöhnlich mit Ton, auch öfters auf diese Art weiß, oft unterhalb des Knies mit schwarzen Querstreifen bezeichnet.
Das von den Engländern sogenannte Breechcloth, Nokkä, kommt bei den Mandanern wie bei allen Stämmen der Nordamerikaner vor. Es ist ein meist schmales Stück schwarz und weiß gestreiften, wollenen Zeuges, das sie zwischen den Schenkeln durchziehen und vorn und hinten unter dem Gürtel durchschieben, wo es alsdann mit einer breiten Fläche herunterhängt. Daß dieses (von Catlin nicht erwähnte) Stück der Bekleidung auch selbst bei den alten Mexikanern im Gebrauche war, beweisen die Figuren, die man noch gegenwärtig an den alten Ruinen jenes Landes mit so vielem Interesse betrachtet.
Die Mokassins waren von Bockleder gemacht und fast ganz mit schöner Stickerei von Stachelschweinstacheln bedeckt. Siehe Anmerkung 15.
Der Prinz von Neuwied nennt die Schuhe der Mandaner Humpä.
Der Kopfputz ( Máhchsi-Akub-Háschka) war wirklich prachtvoll; er bestand aus einem Kamme der Federn des Kriegsadlers, der vom Kopfe an über den Rücken bis auf die Füße hinabreichte und der ganzen Länge nach in Hermelin befestigt war; oben auf dem Kopfe befanden sich zwei dünn geschabte und schön polierte Büffelhörner.
Das Halsband ( Mató-Unknáppinindä) bestand aus fünfzig großen Krallen des greulichen Bären, die sinnreich aus Otterfell befestigt waren und gleich den Skalplocken als ein Siegeszeichen, als unwiderleglicher Beweis, daß er dies furchtbare Tier im offenen Kampfe besiegt habe, getragen wurden.
Der Schild war aus der Nackenhaut des Büffels verfertigt und mit dem aus den Hufen gewonnenen Leim gehärtet; der Buckel bestand aus einer Iltishaut und die Ränder waren mit Reihen von Adlerfedern und Antilopenhufen besetzt.
Der Bogen ( Woraëruhpa) war von Knochen und so weiß und schön wie Elfenbein; auf der Rückseite des Bogens war eine Schicht von Hirschsehnen befestigt, die dem Bogen Elastizität gaben. Die Bogensehne war dreisträhnig aus Sehnen geflochten, und hatte schon so manchem Menschen und Tiere den Tod gebracht.
Der Köcher ( Schuntháschk-Ichtikä) aus Pantherfell hing auf seinem Rücken und war mit vergifteten und unvergifteten Pfeilen gefüllt, die mit Habicht- und Adlerfedern besetzt und zum Teil mit Menschen- und Tierblut befleckt waren. Die Spitzen waren meist von Feuerstein, einige von Stahl Siehe Anmerkung 16..
Obgleich alle Pfeile der Missouri-Nationen einander vollkommen gleichen, so liegt doch in ihrer Verfertigung ein großer Unterschied. Die Mandaner sollen unter allen Missouri-Stämmen die besten Pfeile zu verfertigen wissen. Ihre Eisenspitzen sind dick und solid, länglich dreieckig und sehr scharf schneidend; sie verfertigen sie selbst aus altem Eisen. Die Federn sind gänzlich angeleimt und die Bewickelung unter der Spitze und am Federende ist aus sehr gleichen, höchst feinen Tiersehnen gemacht. Alle tragen auf ihrer ganzen Länge hinab eine Schlangen- oder Spirallinie eingegraben oder mit roter Farbe darauf gemalt, die den Blitz vorstellen soll. Die Mönnitarrier machen die Eisenspitzen dünner und nicht so gut, leimen auch die Federn nicht fest, sondern binden sie bloß an beiden Enden an, wie die Brasilier. Die Assinneboiner haben häufig sehr dünne, schlechte Blechspitzen an ihren Pfeilen. Say (siehe Major Long's Exped.) erzählt, daß das Arrowwood (Viburnum) von den Indianern des unteren Missouri und der benachbarten Prärien zu ihren Pfeilen benutzt werde. Der Prinz von Neuwied vermutet, daß dieser Strauch der Alisien (Viburnum) des oberen Missouri sei, der zuweilen zu den Bogen, aber selten zu den Pfeilen benutzt wird. – Vom Vergiften der Pfeile weiß man nichts. (Man vergleiche, was Catlin Seite 23 über die Pfeile sagt.)
Die Mandaner und Mönnitarrier haben jetzt fast sämtlich Flinten (Erúhpa in der Sprache der ersteren), die sie an den messingnen Pfeifen der Ladestöcke mit roten Tuchläppchen verzieren und an den Kolben mit gelben Nägeln beschlagen. Außer dem an dem Gewehre befindlichen Ladestock tragen sie, wie alle Indianer, noch immer einen besonderen langen Ladestock in der Hand, dessen sie sich gewöhnlich bedienen. (Prinz von Neuwied, a. a. O. S. 201.)
Die Lanze, die er in der linken Hand trug, hatte eine zweischneidige Spitze von blankem Stahl, woran Menschenblut klebte. Der Schaft war von zähem Eschenholz gemacht und in Zwischenräumen mit Büscheln von den Federn des Kriegsadlers geschmückt.
Der Tabaksbeutel war von Otterfell, und geschmackvoll mit Stachelschweinstacheln besetzt. In ihm befand sich der K'nick-k'neck (die Rinde der roten Weide, Cornus sericea – Manna-Sachtä, die sie als Tabak rauchen), Stahl, Stein und Zunder.
Die Pfeife bestand aus einem zierlich aus rotem Speckstein oder Pfeifenton geschnittenen Kopfe und einem drei Fuß langen und zwei Zoll dicken Rohr aus dem Stamme einer jungen Esche. Die obere Hälfte des letzteren war mit feinen Schnüren von Stachelschweinstacheln umwickelt, die so sinnreich geordnet waren, daß sie Figuren von Menschen und Tieren darstellten; auch war es mit dem Federbalge und dem Kopfe des Baumspechts und dem Haar aus dem Schwanze des weißen Büffels geschmückt. Die untere Hälfte des Rohres war rot angestrichen und an den Kanten mit so viel Einschnitten versehen, als er Schnee (d. h. Jahre) gesehen hatte.
Der Büffelmantel war die Haut eines jungen Stiers, die auf der einen Seite noch das Haar hatte, auf der anderen schön gegerbt und mit der Darstellung seiner Taten von seiner eigenen Hand bemalt war.
Der Gürtel, aus einem dicken Stücke Bockleder, war fest um den Leib gegürtet und trug den Tomahak und das Skalpiermesser.
Den Medizinbeutel von Biberfell, zierlich mit Habichtschnäbeln und Hermelin besetzt, hielt er in der linken Hand und seine Kriegskeule ( Poko-mokon), die aus einem runden Stein bestand, der mit rohem Fell überzogen und an einem Stiel befestigt war, lag mit anderen Waffen zu seinen Füßen.
So war der Anzug Mah-to-toh-pa's, als er in meinen Wigwam trat, um sich malen zu lassen. Er war schön und reich gekleidet, aber nicht dies, was er mit hundert anderen gemein hat, sondern seine Taten sind es, worin er unter dem ganzen Stamm nicht seines Gleichen hat. Auch ist niemand so allgemein beliebt und keiner unter dem ganzen Mandanervolke hat eine mit Recht so berühmte und für ihn ehrenvolle Büffelhaut wie er.
Ich sagte bereits früher, daß er mir eine solche Büffelhaut zum Geschenk machte, auf der seine Kriegstaten verzeichnet waren. Einige Tage später ließ er mich und Herrn Kipp, den Dolmetsch für die Mandaner, auffordern, zu ihm zu kommen, und gab mir die Erklärung der auf der Büffelhaut dargestellten Taten, die ich niederschrieb, so wie Herr Kipp sie mir übersetzte. Der letztere, ein achtbarer und wahrheitsliebender Mann, der zehn Jahre unter den Mandanern lebte, gab mir die Versicherung, daß die meisten von Mah-to-toh-pa erzählten Vorfälle sich während seines Aufenthalts unter den Mandanern ereignet hätten und daß jedes Wort wahr sei. Auch würde in einem Lande, wo man so höchst eifersüchtig auf Rang und Stand ist, und wo die Taten eines jeden allen bekannt sind, derjenige Krieger seinen Ruf und selbst sein Leben aufs Spiel setzen, der seine Büffelhaut mit Darstellungen von Taten schmücken wollte, die er niemals verrichtete. Ich nehme daher die Berichte über seine Kämpfe als historische Tatsachen an und gebe sie hier so, wie ich sie aus seinem Munde erfuhr. Es sind zwölf Kampfszenen dargestellt, worin er vierzehn Skalpe gewann. Die Gruppen sind nach seinen eigenen rohen Kunstbegriffen zusammengestellt, und ich gebe sie in der Reihenfolge, wie er sie erklärte.
1. Mah-to-toh-pa tötet einen Sioux-Häuptling – die drei vor dem letzteren befindlichen Köpfe stellen die drei Riccarihs vor, die der Sioux-Häuptling vorher getötet hatte. In dem Gesicht des letzteren bemerkt man die schwarze Kriegsmalerei. Mah-to-toh-pa hat den Skalp in der einen und das Messer in der anderen Hand; Bogen und Köcher liegen hinter ihm.
2. Ein Schaienne-Häuptling forderte Mah-to-toh-pa zum Kampfe auf und wurde von diesem in Gegenwart einer großen Anzahl Mandaner und Schaiennes mit der Lanze getötet. Mah-to-toh-pa ist an der mit Adlerfedern verzierten Lanze zu erkennen.
3. Mah-to-toh-pa, schwer verwundet, blutend und von seiner Partei verlassen, tötet einen Schaienne-Indianer. Die 25–30 Fußtapfen stellen die Schaiennes vor, welche bei dem Kampfe zugegen waren; die anderen Zeichen stellen die von ihnen auf Mah-to-toh-pa abgeschossenen Kugeln vor.
4. Ein Schaienne-Häuptling, mit dem Kopfputze von den Federn des Kriegsadlers und einem schönen, mit denselben geschmückten Schilde, wird von Mah-to-toh-pa getötet. Die Frau des Schaienne-Häuptlings, die ihrem Manne zu Hilfe eilte, wurde ebenfalls getötet und Mah-to-toh-pa erbeutete in diesem Kampfe zwei Skalpe.
5. Mah-to-toh-pa mit einer Partei Riccarihs wird von den Sioux angegriffen; die Riccarihs flohen – Mah-to-toh-pa stieg vom Pferde, trieb es zurück, trat den Feinden allein entgegen und tötete einen von ihnen. Mah-to-toh-pa ist hier mit einem schönen Kopfputze von Federn des Kriegsadlers abgebildet und sein Pferd trug einen ähnlichen auf dem Kopfe; den Schild trägt er am Arm und die Sioux sind durch eine Anzahl Fußtapfen von Pferden dargestellt.
6. Der Bruder Mah-to-toh-pa's wurde von einem Riccarih getötet, der ihn zuerst mit einem Pfeil verwundete und dann mit der Lanze durchstach, die er in dem Körper zurückließ. Mah-to-toh-pa fand zuerst den Körper seines Bruders mit der Lanze, die er aus der Wunde herauszog, vier Jahre mit dem daran klebenden Blute aufbewahrte und dann, seinem Eide gemäß, denselben Riccarih mit derselben Lanze tötete. Man sieht auf der Büffelhaut den Leichnam seines Bruders mit dem Pfeil und der Lanze und die Hufspuren von den Pferden der Riccarihs.
Dies ist eine der außerordentlichsten Taten in dem Leben dieses merkwürdigen Mannes, und Herr Kipp, sowie mehrere andere weiße Männer, die zu der Zeit, als er diese Tat vollbrachte, unter den Mandanern lebten, haben es bestätigt. Nach einem Gefechte mit den Riccarih in der Nähe des Mandanerdorfes vermißte Mah-to-toh-pa mehrere Tage lang seinen Bruder, bis er ihn endlich schrecklich verstümmelt und das Herz mit einer schönen Lanze durchbohrt fand. Er nahm die Lanze mit in das Dorf, wo sie bald von mehreren als das Eigentum eines tapferen Riccarih namens Won-ga-tap erkannt wurde. Mah-to-toh-pa nahm dann diese Lanze, an welcher noch das Blut seines Bruders klebte, und schwor, daß er eines Tages den Tod seines Bruders mit derselben Waffe rächen werde.
Er bewahrte diese Lanze vier Jahre auf, indem er vergebens auf eine Gelegenheit wartete, um sie seinem Feinde in die Brust zu stoßen. Endlich aber war er des langen Wartens müde, es ergriff ihn eine unwiderstehliche Wut und er lief mit der Lanze durch das Dorf, indem er ausrief: »Das Herzblut meines Bruders, das an dieser Lanze klebt, ist noch frisch und schreit laut um Rache. Jeder Mandaner möge schweigen, keiner den Namen Mah-to-toh-pa aussprechen, noch fragen, wohin er gegangen, bis Ihr sein Kriegsgeschrei vor dem Dorfe hört, und er kommt und Euch das Blut von Won-ga-tap zeigt. Die Spitze dieser Lanze soll das Herzblut von Won-ga-tap trinken, oder Mah-to-toh-pa wird seinen Schatten mit dem seines Bruders vereinigen.«
Bei diesen Worten verließ er das Dorf mit der Lanze in der Hand; er nahm die Richtung nach dem Dorfe der Riccarih und niemand wagte zu sprechen, bis er hinter den fernen grasbewachsenen Hügeln verschwunden war. Er legte ganz allein und mit etwas gedörrtem Mais in der Tasche eine Strecke von 40 Meilen zurück, indem er nur bei Nacht wanderte, am Tage aber sich verborgen hielt. Als er endlich das Dorf erreichte, gelang es ihm, unbemerkt den Wigwam seines Todfeindes zu erreichen, wo er durch die Spalten die letzten Bewegungen seines Feindes beobachtete; er sah, wie dieser nebst seiner Frau zu Bett ging, wie er seine letzte Pfeife anzündete und ausrauchte, und wie das Feuer in der Mitte des Wigwams allmählich erlosch. Nun ging er leise in den Wigwam hinein, setzte sich an das Feuer, über welchem ein großer Topf mit gekochtem Fleisch hing; neben dem Feuer lag die eben gebrauchte Pfeife mit dem Tabaksbeutel, und da es in der Hütte nicht so hell war, daß sein Feind seine Gesichtszüge hätte erkennen können, so stillte er zuvörderst seinen Hunger, der sehr bedeutend war, da er auf seiner Reise in sechs bis sieben Tagen fast garnichts gegessen hatte. Nachdem dies geschehen, zündete er die Pfeife an und richtete Gebete an den Großen Geist. Während er aß und rauchte, fragte die Frau seines Opfers mehrmals ihren Mann, wer derjenige sei, der in ihrer Hütte esse? woraus er stets erwiderte: »Laß ihn nur essen, er wird wohl hungrig sein.«
Mah-to-toh-pa wußte sehr wohl, daß sein Erscheinen keine andere Antwort von seiten des Würdenträgers der Nation zur Folge haben werde, denn es ist bei allen nördlichen Indianern Brauch, daß ein jeder, der hungrig ist, in die erste beste Hütte tritt, um sich satt zu essen. Als er den letzten Zug aus der Pfeife tat, lehnte er sich zurück, wandte sich auf die Seite und stieß mit den Zehen die Kohlen auseinander, um besser sehen zu können, ergriff dann die Lanze, sprang auf, stieß sie seinem Feinde durchs Herz, schnitt ihm die Kopfhaut ab, stürzte aus der Hütte und eilte, die Lanze in der einen, den Skalp in der anderen Hand, schnell wie der Blitz über die Prärie hin! Das ganze Dorf geriet in Aufruhr, aber er war fort und niemand kannte den Feind, der diese Tat verübte. Mah-to-toh-pa wanderte wieder bei Nacht und ruhte am Tage; er dankte dem Großen Geiste, daß er seinem Herzen und seiner Hand Kraft verliehen habe, diese edle Rache zu vollenden und bat, ihm auch ferner beizustehen, damit er glücklich sein Dorf erreiche. Seine Gebete wurden erhört; am sechsten Morgen bei Sonnenaufgang stieg er die Hügel herab und betrat das Dorf unter betäubendem Beifallsgeschrei, während er dem Volke die Spitze der Lanze zeigte, an welcher das Blut seines Opfers auf dem seines Bruders angetrocknet und der Skalp Won-ga-tap's befestigt war.
Als er in meinen Wigwam kam, um sich malen zu lassen, hielt er eine Feder in der linken Hand, die er sorgfältig auf dem Heft der Lanze balanzierte und mich bat, ja recht genau zu sein, damit man sehe, daß sie nicht zu der Lanze gehöre. Auf meine Frage, welche Bewandtnis es mit dieser Feder habe, erwiderte er: »Diese Feder ist große Medizin! Sie gehört dem Großen Geiste und nicht mir – als ich die Hütte Won-ga-tap's verließ, blickte ich zurück und sah diese Feder auf der Wunde in seiner Seite liegen; ich lief zurück, hob sie auf und brachte sie in meiner linken Hand nach Hause, und habe sie bis heute für den Großen Geist aufbewahrt!« – »Warum befestigst du sie denn nicht wieder an der Lanze, von der sie losgegangen ist?« – »Still! Hätte der Große Geist gewollt, daß sie an ihrer Stelle bleibe, so würde sie niemals abgefallen sein; er ist gütig gegen mich gewesen und ich will ihn nicht beleidigen.«
7. Ein von Mah-to-toh-pa getöteter Riccarih, als Rache für einen weißen Mann, der kurz zuvor in dem Pelzhändler-Fort von einem Riccarih getötet worden war.
8. Ma-to-toh-pa tötet einen Schaienne-Häuptling, der ihn in Gegenwart der beiden Kriegsparteien zum Zweikampfe aufforderte. Sie kämpften zu Pferde mit Flinten, bis Mah-to-toh-pa's Pulverhorn zerschossen wurde, worauf sie zum Bogen und Pfeil griffen, bis ihre Köcher leer waren. Nun stiegen sie vom Pferde; der Schaienne zog sein Messer, Mah-to-toh-pa entriß es ihm und stieß ihn nieder, verwundete sich aber dabei die Hand und man sieht auf dem Bilde das herabfließende Blut.
Auch diese Tat ist so außerordentlich, daß sie wohl noch eine ausführlichere Erläuterung verdient, die ich hier so gebe, wie sie mir nach seinen eigenen Worten übersetzt wurde, während er auf der Büffelhaut saß und das Messer, mit dem er den Todesstoß gegeben, aus dem Gürtel zog und zugleich die Wunden zeigte, die ihm das Messer verursachte, indem sein Gegner es ihm mehrmals aus der Hand riß, bevor er sich dessen bemächtigen konnte.
Ein Trupp von etwa 150 Schaienne-Indianern hatte am frühen Morgen das Dorf der Mandaner angegriffen, eine beträchtliche Anzahl Pferde hinweggetrieben und einen Skalp erbeutet. Mah-to-toh-pa, damals ein junger Mann, aber berühmt als einer der tapfersten Mandaner, stellte sich an die Spitze von 50 Kriegern, um den Feind zu verfolgen. Am zweiten Tage um Mittag entdeckten sie ihre Feinde und da sie diese weit stärker fanden, als sie geglaubt hatten, so waren sie geneigt, zurückzukehren, ohne einen Angriff zu wagen. Als Mah-to-toh-pa dies sah, galoppierte er voraus in die Prärie und stieß seine Lanze bis an den Schaft in die Erde, band seine rote Feldbinde ab und hing sie als eine Fahne an den Schaft der Lanze, worauf er den Mandanern zurief: »Wie! sind wir deshalb hierher gekommen? Wir sind unseren Feinden zwei Tage nachgezogen und nun wir sie gefunden, wollen wir gleich feigen Memmen umkehren? Mah-to-toh-pa's Lanze, die rot ist vom Blute tapferer Männer, hat Euch ins Angesicht Eurer Feinde geführt, und Ihr seid ihr gefolgt; sie steht fest in dem Boden, wo die Erde Mah-to-toh-pa's Blut trinken wird! Ihr könnt alle nach Hause gehen und Mah-to-toh-pa wird sie allein bekämpfen!«
Während dieses Vorganges hatten die Schaiennen die hinter ihnen befindlichen Mandaner bemerkt, worauf sie umkehrten und ihnen entgegen gingen, um mit ihnen zu kämpfen. Der Schaienne-Häuptling, der sehr wohl begriff, was bei den Mandanern vorging, und das tapfere Benehmen Mah-to-toh-pa's bewunderte, sprengte so nahe an die Mandaner heran, daß man seine Worte verstehen konnte und rief: »Wer ist es, der seine Lanze in die Erde gestoßen hat und die Feinde ganz allein herausfordert?« – »Ich bin es, Mah-to-toh-pa, der zweite Anführer der tapferen und kriegerischen Mandaner.« – »Ich habe oft von Mah-to-toh-pa gehört, er ist ein großer Krieger – wagt es Mah-to-toh-pa den Kampf mit mir allein zu kämpfen, während unsere Krieger zusehen?« – »Ist es ein Häuptling, der mit Mah-to-toh-pa spricht?« – »Du siehst meine Skalpe an dem Gebisse meines Pferdes hängen und hier ist meine Lanze mit den Hermelinfellen und dem Schwanze des Kriegsadlers!« – »Du hast genug gesprochen.«
Der Schaienne-Häuptling ritt nun auf einem schönen weißen Pferde einigemal im Kreise herum, und stieß dann seine Lanze neben der von Mah-to-toh-pa in die Erde.
Beide Parteien näherten sich nun einander mehr auf einer schönen Prärie und beide Häuptlinge in ihrem schönsten Schmuck jagten in vollem Galopp aufeinander los, während beide in demselben Augenblick ihre Flinten abfeuerten. Nachdem sie ihre Pferde gewendet hatten, zeigte Mah-to-toh-pa, daß sein Pulverhorn zerschossen und sein Schießbedarf zerstört sei, woraus er es wegwarf, Bogen und Pfeil ergriff und den Schild am Arm befestigte; sein Gegner tat dasselbe und während sie sich gleich zwei Adlern umkreisten, hörte man das Schwirren der Bogensehnen und das Kriegsgeschrei, wenn sie die Pfeile mit den Schilden auffingen. Beide erhielten indes Pfeile in Schenkel und Arme, doch gelang es ihnen, den Körper mit dem Schilde von Büffelhaut zu schützen. Endlich stürzte Mah-to-toh-pa's Pferd, von einem Pfeile ins Herz getroffen, zu Boden; er stand jedoch sogleich wieder auf den Füßen, bereit, den Kampf fortzusetzen. Als der Schaienne-Häuptling dies sah, sprang er vom Pferde, jagte es zurück, stellte sich seinem Feinde entgegen und forderte ihn auf, den Kampf zu beginnen. Es wurden noch einige Pfeile abgeschossen, als der Schaienne-Indianer, nachdem er alle Pfeile verschossen, seinen leeren Köcher nebst Schild und Bogen wütend zur Erde warf und sein Messer aus dem Gürtel zog.
»Ja!« rief Mah-to-toh-pa, warf ebenfalls Schild und Köcher auf den Boden und griff nach seinem Messer – er hatte es zu Hause vergessen! Er parierte nun mit dem Bogen, den er in der Hand hielt, das Messer seines Gegners, den er zu Boden warf, und es begann nun ein verzweifelter Kampf um das Messer – Mah-to-toh-pa erhielt mehrere Wunden am Körper und in der rechten Hand, indem ihm das Messer mehrmals durch die Hand gezogen wurde. Endlich aber gelang es ihm, seinem Feinde das Messer zu entreißen und es ihm ins Herz zu stoßen.
Unterdessen hatten sich beide Parteien immer mehr genähert und als der Kampf beendigt war, hob Mah-to-toh-pa das Messer und den Skalp des edlen Schaienne-Häuptlings schweigend in die Höhe Dies berühmte Messer befindet sich jetzt mit den Zeugnissen über seine Identität in der Indianischen Galerie..
9. Einige hundert Minatarri und Mandaner werden von einem Trupp Assinneboiner angegriffen – alle flohen, bis aus Mah-to-toh-pa, der auf die Feinde schoß, einen dieser tötete, die übrigen in die Flucht jagte und fünfzig Pferde erbeutete! Er ist auf der Büffelhaut mit Lanze und Schild abgebildet – vor ihm die Fußstapfen seiner Feinde, hinter ihm die seiner eigenen Leute und ein Regen von Kugeln um seinen Kopf. Hier erhielt er den Namen »die vier Bären«, weil die Assinneboiner sagten, er stürze vorwärts wie vier Bären.
10. Mah-to-toh-pa springt vom Pferde, tötet zwei Odschibbewähfrauen und erbeutet ihre Skalpe; dies geschah neben dem Dorfe der Odschibbewäh, als die Frauen Wasser holen wollten. Man sieht ihn mit der Lanze in der einen und dem Messer in der anderen Hand; sein Pferd, an dessen Seite der Schild hängt, ist mit dem Federkopfputze geschmückt. Ich erregte einen Augenblick seinen Unwillen, als ich ihn fragte, ob es nicht unmännlich sei, sich der Skalpe von Frauen zu rühmen. Sein Stolz erlaubte es ihm nicht, mir irgendeine Erläuterung zu geben oder sich zu entschuldigen. Der Dolmetsch sagte mir jedoch, daß Mah-to-toh-pa, um einen Mord zu rächen, sich sechs Tage lang bei dem Odschibbewähdorfe verborgen gehalten und endlich im Angesichte des ganzen Stammes die beiden Frauen getötet habe, worauf er entflohen sei; daher werde diese Tat als ein Sieg betrachtet, obgleich die Getöteten Frauen waren.
11. Ein starker Trupp Assinneboiner, der sich in der Nähe des Mandanerdorfes verschanzt hatte und von den Minatarri und Mandanern angegriffen wurde, schlug diese zurück; Mah-to-toh-pa sprang allein in die Verschanzung, ein Indianer schoß nach ihm und verbrannte ihm das Gesicht mit der Mündung seiner Flinte, die zersprang – der Indianer floh und Mah-to-toh-pa verwundete ihn in der Schulter und tötete ihn mit dem Tomahak. Auf der Büffelhaut sieht man die Flinte des Indianers zu Boden fallen und vor ihm die Köpfe der Assinneboiner in der Verschanzung; hinter Mah-to-toh-pa steht sein Pferd.
12. Mah-to-toh-pa zwischen seinem Feinde, einem Sioux, und seinem Volke; er wurde durch einen Pfeil verwundet, nachdem er lange dem Feuer der Feinde ausgesetzt gewesen war. Obgleich er in diesem Kampfe keinen Skalp erbeutete, so wurde ihm wegen seiner außerordentlichen Tapferkeit dennoch von den Häuptlingen und den Kriegern die Ehre eines Sieges zuerkannt.
Diese Tat ist in der Mitte der Büffelhaut abgebildet; er trägt den Kopfputz von Adlerfedern und ebenso sein Pferd; vor ihm sieht man die Hufspuren der Pferde seiner Feinde und eine Menge Kugeln fliegen um ihn herum. In der Hand hält er die Peitsche, womit er sein Pferd vorwärts treibt, und ein blutiger Pfeil, der ihn verwundet, befindet sich hinter ihm. Von dieser und den anderen oben erwähnten Wunden hat er die ehrenvollen Narben an seinem Körper, die er gewöhnlich mit roter Farbe bemalt.
Dies sind die auf der Büffelhaut dargestellten Kämpfe Mah-to-toh-pa's, wie sie Herr Kipp mir nach den Worten des Helden erklärte.