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Siebente Ordnung.
Die Girrvögel ( Gyratores).


[Allgemeines]

Eine nach außen hin ebenso streng wie die der Papageien, Schwirrvögel und Spechte abgegrenzte Ordnung ist die der Girrvögel oder Tauben. Sie bilden gewissermaßen Bindeglieder zwischen den bisher behandelten und noch zu schildernden Vögeln, zahlen aber noch zu den »Nesthockern« oder denen, welche bis zum Flüggewerden im Neste verweilen, und stehen aus diesem Grunde den Sperlingsvögeln näher als den Scharrvögeln, so enge Beziehungen sie zu einzelnen Hühnern auch zu haben scheinen.

Die Tauben sind mittelgroße, kleinköpfige, kurzhalsige, mit großen und harten Federn bekleidete Vögel. Der Schnabel ist stets kurz, bei der Mehrzahl auch schwach, höher als breit, am Rande eingezogen, zuweilen selbst klaffend, an seiner Wurzel weich, nur an der Spitze hornig, hier etwas aufgeworfen, gewölbt und sanfthakig gebogen, bei einzelnen kräftiger, dicker, härter, ausnahmsweise auch sehr gewölbt und sein Untertheil nahe der Spitze sogar gezahnt; die Nasenlöcher liegen ziemlich weit nach vorn, sind gewöhnlich ritzförmig und werden oft von einer bauchigen, knorpeligen, mit der Wachshaut überkleideten Schuppe bedeckt. Der kurze Fuß ist vierzehig, sein Lauf selten höher als die Mittelzehe lang, ausnahmsweise nur bis unter die Ferse befiedert; die Zehen, von denen drei nach vorn sich richten, sind getheilt oder höchstens durch eine sehr kurze Spannhaut theilweise verbunden, die Krallen stark, aber kurz, meist auch wenig gebogen; die Bekleidung des Laufes wird vorn durch kurze Querschilder, hinten durch netzartige Schuppen gebildet. Der Flügel besteht aus harten Schwungfedern, von denen zehn am Handtheile, elf bis funfzehn am Unterarme sitzen, und unter denen die zweite die anderen überragt. Der Schwanz wird regelmäßig aus zwölf, ausnahmsweise aus vierzehn bis sechzehn Federn zusammengesetzt, ist meist kurz und schwach gerundet, zuweilen aber auch lang und dann gewöhnlich seitlich verkürzt. Das derbe und feste Gefieder liegt ziemlich glatt an; die einzelnen Federn sind verhältnismäßig groß, breit abgerundet und unten dunig. Sanfte Farben sind vorherrschend, lebhafte, prachtvoll schimmernde aber keineswegs ausgeschlossen; namentlich der Hals und die Flügeldecken schillern oft in den prachtvollsten Metallfarben. Die Geschlechter unterscheiden sich bei den meisten Arten wenig von einander; die Zungen hingegen weichen regelmäßig von den Alten ab. Bezüglich der Größe läßt sich sagen, daß der Riese unter den bisher bekannten Girrvögeln einer kleinen Truthenne, der Zwerg einer Lerche etwa gleichkommt.

Hinsichtlich des inneren Baues bemerkt Nitzsch, daß die Tauben in mehreren Bildungsverhältnissen, zumal in der Form des Brustbeines, der Gabel, des Vorderarmes, des Beckens, des Magens, der Luftröhre etc., eine nicht geringe Aehnlichkeit mit den Hühnern zeigen, andererseits aber auch gar merklich von diesen abweichen. Im Knochengerüste zeichnet sich zunächst die luftführende Hirnschale durch Breite und Wölbung des Stirntheiles vor der aller sogenannten echten Hühner aus. Das Thränenbein bildet keinen oberen, plattenartigen Vorsprung, und die kurzen und schwachen Schläfdornen laufen nicht in eine Spitze zusammen, die Gaumenknochen sind breiter, als bei den Hühnern der Fall. Die Wirbelsäule besteht aus zwölf bis dreizehn Hals-, sieben zum Theil unter einander verwachsenen Rücken- und sieben Schwanzwirbeln. Das Brustbein ähnelt dem der Hühner wegen seines gegen das Becken hin vorspringenden Hinterrandes, unterscheidet sich aber durch die Anordnung der sogenannten Buchten und durch die auffallende Höhe des Kammes, welcher nur von den Seglern, Kolibris und Flughühnern an Ausdehnung übertroffen wird. Dem schwachen, schmächtigen Gabelbeine fehlt der bei den Hühnern ausgeprägte untere unpaare Fortsatz; der Handtheil der Flügel ist im Gegensatze zu dem der Hühner länger als der Vorderarm, und dieser länger als der Oberarm. Das Becken ist ebenso breit und flach wie bei den Hühnern, die Hinterglieder denen dieser Vögel ähnlich gebildet. Die Anlage der Muskeln erinnert in mancher Hinsicht an die der Hühner; es zeichnen sich namentlich die, welche die Vorderglieder bewegen, durch die außerordentliche Stärke ihrer Bäuche und die Kürze ihrer Sehnen aus. Die weiche Zunge ist schmal, spitzig, pfeilförmig, ihr fein gezähnelter Hinterrand eingezogen, der hintere unpaare Stiel des Zungenbeines ein eigenes bewegliches Stück. Der Schlund erweitert sich zu einem wahren Kropfe, dessen Wände in der Brutzeit sich verdicken und dann auf der inneren Oberfläche netzartige Falten und Zellen zeigen, welche unter erhöhter Thätigkeit der Blutgefäße einen milchartigen Stoff absondern und damit die erste Speise der kleinen Jungen bereiten. Soviel bis jetzt bekannt, unterscheiden sich die Tauben hierdurch von allen übrigen Vögeln. Der Vormagen ist gestreckt und drüsenreich, der eigentliche Magen sehr muskelkräftig; der Darmschlauch etwa sechs- bis achtmal so lang als der Leib; die Blinddärme sind immer klein. Die Leber ist ungleichlappig; die Gallenblase fehlt; die Bauchspeicheldrüse ist doppelt, die Milz drehrund, der Eierstock einfach und nur auf der linken Seite entwickelt.

Man darf die Girrvögel wohlbegabte Geschöpfe nennen. Sie gehen gut, wenn auch nicht gerade schnell, so doch ausdauernd, nicken aber bei jedem Schritte mit dem Kopfe, weil ihre Beine niedrig sind. Einzelne Arten laufen hühnerartig und sehr rasch über den Boden dahin, andere zeigen sich auf ihm ungeschickt, um so gewandter dagegen im Gezweige der Bäume. Diejenigen, welche am besten zu Fuße sind, fliegen am schlechtesten; die große Mehrzahl aber besitzt einen sehr schnellen und kraftvollen, rascher Wendungen fähigen, gewandten Flug, welcher mit laut pfeifendem Geräusche verbunden zu sein pflegt. Daß die Tauben aus freien Stücken zuweilen schwimmen, habe ich in Egypten beobachtet; daß sie im Falle der höchsten Noth sogar tauchen, haben Naumann und Eugen von Homeyer erfahren. Die Stimme hat im allgemeinen viel übereinstimmendes, ändert bei den einzelnen Arten aber doch mannigfach ab. Die meisten Tauben »rucksen«, das heißt stoßen abgebrochene, hohlklingende, tiefe Laute aus, in denen die Silbe »ruck« oder »rucks« vorherrschend ist; andere »girren« oder lassen sanft zitternde Töne vernehmen, welche dem Klange des letztgebrauchten Zeitwortes entsprechen; einzelne Arten heulen, andere lachen; einige geben höchst klangvolle, wohlgerundete, volltönige Laute zum besten, andere knurren abscheulich. Unter den Sinnen steht unzweifelhaft das Gesicht obenan, wie dies schon das verhältnismäßig große, wohlgebaute und oft sehr schön gefärbte, ausdrucksvolle Auge vermuthen läßt; kaum minder ausgezeichnet ist das Gehör, über dessen Schärfe man leicht ein bestimmtes Urtheil gewinnen kann; verhältnismäßig sehr entwickelt dürften auch Geschmack, Geruch und Gefühl sein. Den Verstand hat man, bestochen von der mehr scheinbaren als wirklichen Anmuth des Wesens, oft erheblich überschätzt. Die Girrvögel sind regelmäßig scheu und vorsichtig, unterscheiden aber keineswegs mit derselben Schärfe, wie andere Vögel, zwischen wirklicher und vermeintlicher Gefahr, sondern nehmen stets das Gewisse für das Ungewisse und weichen deshalb dem Bauer oder Schäfer ebenso ängstlich aus wie dem Jäger. Sie wirklich zu zähmen, ist schwierig und wird, wie es scheint, erst möglich bei den Nachkommen mehrerer Geschlechter, welche bereits in Gefangenschaft gelebt haben. Ihre Beurtheilungsgabe ist gering, ihr Gedächtnis wenigstens nicht hervorragend; doch übertreffen die Girrvögel auch in geistiger Hinsicht entschieden alle eigentlichen Laufvögel.

Das Betragen hat so viel bestechendes, daß sie schon seit altersgrauer Zeit als Sinnbilder betrachtet und sogar der Ehre gewürdigt worden sind, übersinnlichen Begriffen Gestalt zu verleihen. Dem unbefangenen Auge stellt sich ihr Wesen in minder günstigem Lichte dar. Ihre Anmuth wird gewiß niemand in Abrede stellen wollen, und auch an ihrer Zärtlichkeit gegen den Gatten kann sich ein gleichgestimmtes Gemüth erfreuen, da das Schnäbeln nun einmal an unser Küssen erinnert: die gerühmte eheliche Treue der Tauben ist jedoch keineswegs über jede Mißdeutung erhaben und von einer hingebenden Anhänglichkeit gegen die Kinder wenigstens bei vielen nichts zu bemerken. Manche, jedoch keineswegs alle Girrvögel lieben die Geselligkeit und halten sich paarweise zusammen; ob aber ein Paar wirklich zeitlebens verbunden bleibt, wie man gewöhnlich annimmt, ist sehr fraglich: es liegen auch Beobachtungen vor, welche kein günstiges Zeugnis abgeben für ihre eheliche Treue. Ihr Fortpflanzungstrieb ist zwar nicht so ausgeprägt wie bei den Hühnern, immerhin aber noch sehr heftig, und wenn wir das Gebaren der verliebten Tauben im günstigsten Sinne auffassen, so vergessen wir andere, in ihrer Zärtlichkeit noch viel anmuthiger erscheinende Vögel. Wahrhaft abscheulich erscheint uns die Treulosigkeit vieler Tauben gegen ihre Brut: sie verlassen nicht bloß ihre Eier, sondern sogar die bereits ausgeschlüpften Jungen, wenn sie gestört und infolge davon mißtrauisch wurden. Auch Neid und Mißgunst kann man ihnen nicht absprechen; ihre Habgier überwiegt jede Rücksicht auf ihre Genossen: sie decken gefundenes Futter mit den Flügeln zu, während die verschrieenen Hühner, wenn sie reichliche Nahrung entdecken, andere herbeirufen. Hingebung, Selbstverleugnung zu Gunsten anderer Wesen kennen sie überhaupt nicht, schließen sich auch anderen Geschöpfen nur scheinbar an, da sie in Wirklichkeit bloß mit ihresgleichen gern verkehren. Sie betrachten die meisten Thiere mit Gleichgültigkeit oder beachten sie gar nicht; die stärkeren Geschöpfe fürchten, vielen mißtrauen sie.

Die Girrvögel, von denen man etwa vierthalbhundert Arten beschrieben hat, sind Weltbürger im weitesten Sinne des Wortes. Sie leben in allen Erdtheilen und allen Gürteln, in der Höhe wie in der Tiefe, immer aber vorzugsweise im Walde; denn die wenigen, welche sich auf pflanzenlosen Felswänden ansiedeln, gehören zu den Ausnahmen. Die Nähe des Wassers lieben, wasserlose Strecken meiden sie, wenn auch damit nicht gesagt sein soll, daß sie hier gänzlich fehlen, da sie ihre Flugfertigkeit in den Stand setzt, täglich fern gelegene Tränkplätze zu besuchen. Ihre größte Entwickelung zeigt die Ordnung in Oceanien oder auf den großen und kleinen Eilanden des Stillen Weltmeeres, wie überhaupt die Inseln verhältnismäßig mehr Tauben beherbergen als die großen Festlande. Die Sundainseln, Philippinen, Molukken sind reich an verschiedenartigen und prachtvollen Arten; in Neuholland und auf Neuguinea lebt eine namhafte Anzahl; in Südasien oder in Indien und Südchina werden sie kaum minder reichhaltig vertreten. In Afrika hausen zwar nicht so viele Tauben wie in Asien, die einzelnen Arten treten aber in überraschend großer Anzahl auf, und deshalb begegnet man den Mitgliedern der Ordnung allüberall, selbst noch im Inneren der Wüste. In den Waldungen der Steppe sieht man hier und da sozusagen jeden Baum von ihnen besetzt; in den Urwäldern ist ihr Rucksen, Girren, Heulen und sonstiges Lautgeben eine so gewöhnliche Musik, daß sie alle übrigen Vogelstimmen beinahe übertönt; ein einziger Brunnen, eine Wasserlache in der Steppe wird zum Sammelplatze oder wenigstens zum Stelldichein für hunderttausende dieser flüchtigen und verhältnismäßig wenig begehrlichen Vögel. Amerika, und zumal der Süden dieses Erdtheiles, beherbergt über ein Drittheil aller bis jetzt bekannten Girrvögel. »In den endlosen Urwäldern von Brasilien«, sagt Prinz von Wied, »leben viele Taubenarten. Ihr sanfter Ruf erfreut den von der Hitze des Tages ermatteten Jäger, der am Fuße eines alten Waldstammes auf weichem Moose am klar herabrauschenden Waldbache sich ausruht, während Vanille und andere Wohlgerüche ihn erquicken.« In Mittelamerika sind sie, ihrer Vorliebe für Inseln entsprechend, noch häufiger als in Brasilien. Hinsichtlich des Aufenthaltes wird bald bemerklich, daß sich die verschiedenen Arten in ihre Welt getheilt haben. Während die einen ausschließlich Baumvögel sind und höchstens, um zu trinken, zum Boden herabkommen, verbringen hier andere ihr ganzes Leben oder erheben sich doch höchstens auf kurze Zeit zu niederen Baumzweigen, und während diese den dunkeln Wald bevölkern, siedeln sich andere im lichten Gebüsche der Steppe an. Wieder andere hausen nur auf Felsen, nur in niederem, dichtem Gebüsche, ausschließlich auf kleinen Inseln etc.

Alle im Norden lebenden Arten sind Wander-, die im Süden wohnenden Strich- oder Standvögel. Diese leben höchstens in kleinen Gesellschaften, gewöhnlich aber paarweise; die übrigen vereinigen sich nur während der Wanderzeit zu starken Flügen; andere bilden jahraus, jahrein zahlreiche Verbände, und gewisse Arten scharen sich zu Massen, welche, glaublicher Schätzung nach, alle unter Vögeln sonst üblichen Vereinigungen weit überbieten. Die Reisen werden selten weit ausgedehnt; unsere europäischen Arten z. B. ziehen höchstens bis Nordafrika hinüber, bleiben aber meistens schon in Südeuropa.

Ihre Nahrung entnehmen unsere Vögel fast ausschließlich dem Pflanzenreiche. Im Kropfe einzelner Arten hat man kleine Gehäusschnecken, Würmer und Raupen gefunden; auch weiß man, daß sie ihre eigenen Läuse fressen; der Futtertheil, welchen das Thierreich ihnen liefert, ist aber stets sehr gering. Sämereien und Wurzelknollen der verschiedensten Art bilden das Futter der Mehrheit; die Angehörigen gewisser Familien oder Unterfamilien nähren sich von Beeren und Waldfrüchten. Das Futter wird einfach aufgelesen oder abgepflückt, seltener durch Zerkleinerung der Schoten oder anderweitige Anstrengung gewonnen und noch seltener mit den Füßen ausgescharrt, eher noch mit dem Schnabel ausgegraben; ebensowenig werden die gefundenen Nährstoffe vor dem Verschlingen zerstückelt. Viele Arten lieben salzhaltige Erde und erscheinen daher regelmäßig an Stellen, welche solche enthalten, nach Snells Beobachtungen hauptsächlich während der Zeit, in welcher sie Junge haben. Diejenigen Arten, welche harte Körner genießen, nehmen zur Beförderung der Verdauung kleine Quarzstückchen und andere harte Körper, die Weibchen, wenn sie legen wollen, auch Kalk zu sich. Sie bedürfen viel Wasser, weil dieses nicht bloß zum Löschen des Durstes, sondern auch zum Aufquellen der harten Körner dienen muß.

So viel bis jetzt bekannt, brüten alle Girrvögel mehr als einmal im Jahre. Das Nest wird verschieden angelegt: im Gezweige der Bäume und Gebüsche, hoch und niedrig über dem Boden, in Felshöhlen und Baumlöchern, auf dicken Aesten oder Stammstrünken, selten auf dem flachen Boden. Es ist ein erbärmlicher Bau aus wenigen dürren Reisern, welche locker und liederlich über einander geschichtet werden und oft so lose aufliegen, daß man nicht begreift, wie er Wind und Wetter widerstehen kann. Zwei weiße Eier bilden das Gelege. Während der Paarungszeit bewirbt sich der Tauber sehr eifrig um die Gunst der Taube, ruckst, girrt, turtelt, lacht, heult, ergeht sich bückend, verneigend, drehend, vor- und zurücklaufend in sonderbaren Bewegungen, fliegt mit klatschendem Geräusche nach oben und läßt sich sanft wieder nach unten hernieder, schnäbelt sich mit der Gattin, liest ihr gelegentlich auch die Läuse ab, beweist überhaupt durch allerlei Zeichen und Geberden lebhafte Erregtheit. Am Brutgeschäfte betheiligen sich beide Eltern, der Tauber aber keineswegs ohne Murren, weil ihm das Stillsitzen höchst unangenehm und verhaßt zu sein scheint. Die Taube brütet während des ganzen Tages, mit Ausnahme der Mittagsstunden, der Tauber während dieser. Nach vierzehn- bis zwanzigtägiger Bebrütung entschlüpfen die Jungen: kleine, hülflose, blinde, mit gelbem Flaume sparsam bekleidete Geschöpfe, welche im Neste bleiben, bis sie völlig flügge geworden sind. Sie werden anfangs mit dem käseartigen Stoffe, welchen die Wandungen des Kropfes absondern, später mit aufgequellten, schließlich mit harten Sämereien gefüttert oder richtiger gestopft. Ihre Weiterentwickelung nach dem Ausfliegen beansprucht wenig Zeit; denn die meisten Arten sind bereits nach vollendetem ersten Lebensjahre fortpflanzungsfähig.

Alle Tauben, zum mindesten diejenigen, welche bei uns zu Lande leben, sind als nützliche Vögel zu bezeichnen. Snell hat sich durch sorgfältige und mühevolle Beobachtungen überzeugt, daß sie zwar einzelne Getreidekörner, welche ohne sie verderben würden, auflesen, im allgemeinen aber sich fast ausschließlich von dem Samen verschiedener, der Landwirtschaft verderblichen Unkräuter ernähren und dadurch einen geradezu unberechenbaren Nutzen bringen. Der genannte Beobachter zählte im Kropfe einer von ihm getödteten Haustaube dreitausendfünfhundertzweiundachtzig Körner der Vogelwicke und berechnet, daß eine Taube mit einem Jungen jährlich gegen achthunderttausend dieser Körner vertilgt. Seine gewissenhaft angestellten Beobachtungen widerlegen jeden Vorwurf, welcher den Tauben bisher gemacht, jede Verdächtigung, welche auf sie geschleudert wurde, und stellen als unumstößliche Wahrheit fest, daß unser Getreidebau ohne sie arg gefährdet sein würde.


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