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Der Leib der Fliegenfänger ( Muscicapidae) ist gestreckt, der Hals kurz und der Kopf einigermaßen breit, der Schnabel stark und kurz, an der Wurzel breiter, von oben nach unten zusammengedrückt, auf der Firste kantig, an der Spitze des Oberkiefers herabgebogen und vor ihr eingekerbt, der Fuß kurz und schwach, seine äußere Zehe mit der mittleren verwachsen, der Flügel ziemlich lang, in ihm die dritte Schwinge die längste, der Schwanz mittellang, entweder gerade abgestutzt oder seicht ausgeschnitten, das Gefieder locker und weich, um den Schnabelgrund borstig, seine Färbung in der Regel nach Geschlecht und Alter verschieden.
Die Fliegenfänger, von denen man ungefähr zweihundertundachtzig Arten kennt, bevölkern, Ausnahme mit Amerikas, alle Erdtheile, besonders zahlreich die Gleicherländer, bewohnen die Waldungen und Baumpflanzungen, leben mehr auf Bäumen als im Gebüsche und kommen selten auf den Boden herab. Auf einem möglichst freien Aste sitzend, welcher weite Umschau gewährt, spähen sie nach Kerbthieren, fliegen denselben gewandt nach, nehmen sie mit dem Schnabel auf und kehren hierauf gewöhnlich auf ihren Stand zurück. Bei schlechtem Wetter, namentlich wenn sie Junge zu versorgen haben, pflücken sie auch Beeren. Sie sind fast den ganzen Tag über in Thätigkeit, munter, unruhig und behend, angesichts des Menschen wenig scheu, Raubvögeln gegenüber kühn und dreist. Abweichend von verwandten Vögeln lassen sie ihre Stimme selten vernehmen, am häufigsten selbstverständlich während der Paarungszeit, welche die Männchen sogar zu einem, wenn auch sehr einfachen und leisen Gesange begeistert. Das Nest, ein lockerer, roh zusammengefügter, aber warm ausgefütterter Bau, wird entweder in Baumhöhlen oder zwischen Astgabeln, gewöhnlich nahe am Stamme, angelegt. Das Gelege enthält vier bis fünf Eier, welche von beiden Eltern ausgebrütet werden. Nachdem die Jungen groß geworden, schweifen die Eltern noch eine Zeitlang mit ihnen umher; hierauf treten sie, sehr frühzeitig im Jahre, ihre Winterreise an, welche sie bis in die Urwaldungen Mittelafrikas führt und erst im Spätfrühjahre endet.
Der Fliegenfänger, Graufliegenfänger, Mückenfänger, Fliegenschnäpper, Hütick, Spieß-, Koth- und Nesselfink, Todten- und Pestilenzvogel, Schurek, Regenpieper ( Muscicapa grisola, Sylvia pestilencialis, Butalis grisola, africana, montana, alpestris, domestica und pinetorum), Vertreter der Untersippe der Graufliegenfänger ( Butalis), unterscheidet sich von den Familienverwandten einzig und allein durch den etwas gestreckten Schnabel und das beiden Geschlechtern gemeinsame, gefleckte Kleid. Die Oberseite ist tiefgrau, der Schaft jeder Feder schwarz, der Scheitel schwarzgrau, etwas lichter gefleckt, jede Feder weiß oder tiefgrau gekantet, wodurch eine leichte Fleckenzeichnung entsteht; die ganze Unterseite ist schmutzigweiß, auf den Seiten der Brust rostgelblich überflogen, an den Kehlseiten und längs der Brust mit tiefgrauen, verwaschenen Längsflecken gezeichnet; die lichtgrauen Spitzenkanten an den Schwingendeckfedern bilden zwei wenig hervortretende Flügelbinden. Das Auge ist braun, Schnabel und Füße sind schwarz. Beim Weibchen sind alle Farben blasser; beim Jungen ist die Oberseite weißlich und grau gepunktet und braun und rostgelb getüpfelt, die Unterseite weißlich, in der Gurgelgegend und auf der Brust grau quer gefleckt. Die Länge des Männchens beträgt vierzehn, die Breite fünfundzwanzig, die Fittiglänge acht, die Schwanzlänge sechs Centimeter.
Mit Ausnahme der nördlichsten Länder Europas bewohnt der Fliegenfänger alle Breiten- und Höhengürtel unseres heimatlichen Erdtheiles. In Südeuropa ist er gemein; nach Osten hin verbreitet er sich bis zum Kaukasus und Altai; gelegentlich seiner Winterreise wandert er bis in die Waldungen Innerafrikas: ich habe ihn noch recht häufig in den Wäldern am Blauen Nile gesehen. Er ist durchaus nicht wählerisch, sondern nimmt mit jedem Busche vorlieb, welcher nur einigermaßen seinen Ansprüchen genügt. Hohe Bäume, namentlich solche, welche am Wasser stehen, bieten ihm alles zu seinem Leben erforderliche. Das Treiben des Menschen scheut er nicht, siedelt sich deshalb häufig inmitten der Dorfschaften, ja selbst eines Gehöftes an, haust aber auch ebenso gut an Orten, welche der Mensch nur selten besucht. Das Wohngebiet eines Paares beschränkt sich oft auf einen Hektar, unter Umständen sogar auf einen noch geringeren Raum. Je nachdem die Witterung günstig oder ungünstig ist, erscheint er zu Ende des April oder im Anfange des Mai, gewöhnlich paarweise, schreitet bald nach seiner Ankunft zur Fortpflanzung und verläßt uns wieder zu Ende des August oder im Anfange des September. Genau dasselbe gilt für Südeuropa: in Spanien beobachteten wir ihn auch nicht früher und nicht länger als in Deutschland.
Der Fliegenfänger ist ein sehr munterer und ruheloser Vogel, welcher den ganzen Tag über auf Beute auslugt. In der Höhe eines Baumes oder Strauches auf einem dürren Aste oder anderweitig hervorragender Zweigspitze sitzend, schaut er sich nach allen Seiten um, wippt ab und zu mit dem Schwanze und wartet, bis ein fliegendes Kerbthier in seine Nähe kommt. Sobald er dasselbe erspäht hat, fliegt er ihm nach, fängt es mit vieler Geschicklichkeit, wobei man deutlich das Zusammenklappen des Schnabels hört, und kehrt auf dieselbe Stelle, von welcher er ausflog, zurück. Sein Flug ist schön, ziemlich schnell, oft flatternd mit wechselweise stark ausgebreiteten und dann wieder sehr zusammengezogenen Schwingen und Schwanz. Im Gezweige der Bäume hüpft er nicht umher, und ebensowenig kommt er zum Boden herab. Seine Stimmmittel sind sehr gering. Der Lockton ist ein langweiliges »Tschi tschi«, der Ausdruck der Zärtlichkeit ein verschieden hervorgestoßenes »Wistet«, der Angstruf ein klägliches »Tschireckteckteck«, welches mit beständigem Flügelschlagen begleitet wird, der Gesang ein leises, zirpendes Geschwätz, welches der Hauptsache nach aus dem Locktone besteht und nur durch die verschiedenartige Betonung desselben etwas abändert.
Fliegende Kerbthiere mancherlei Art, vor allem Fliegen, Mücken, Schmetterlinge, Libellen und dergleichen, bilden seine Nahrung. Ist die erlangte Beute klein, so verschluckt er sie ohne weiteres; ist sie größer, so stößt er sie vor dem Verschlingen gegen den Ast, bis er Flügel und Beine abgebrochen hat. Bei schöner Witterung erlangt er seine Nahrung mit spielender Leichtigkeit, bei Regenwetter muß er, wie die Schwalben, oft Noth leiden. Dann sieht man ihn ängstlich Bäume umflattern und nach Fliegen spähen, kann auch beobachten, wie er, immer fliegend, die glücklich entdeckte Fliege oder Mücke von ihrem Sitzplatze wegnimmt oder sich, namentlich zu Gunsten seiner Jungen, sogar entschließt, Beeren zu pflücken. Die Jungen, welche an Regentagen dürftig hingehalten werden, sitzen hungernd und klagend auf den Zweigen, die Eltern umflattern Häuser, Bäume, auch wohl größere, Fliegen herbeiziehende Säugethiere, kommen mit leerem Schnabel in die Nähe beerentragender Gebüsche, beispielsweise Johannisbeersträucher, stürzen sich in einem Bogen von oben nach unten nieder, reißen eine Beere von der Traube ab und tragen diese sofort den Jungen zu. Dies wiederholt sich mehrmals während weniger Minuten; vorher aber sehen sie sich immer erst nach Kerfen um, und man bemerkt, leicht, daß ihnen Beeren nur ein schlechter Nothbehelf sind.
Einzelne Fliegenfänger sieht man höchst selten, Familien nur dann, wenn die Jungen eben ausgeflogen sind und noch von den Alten gefüttert werden; denn das Pärchen, und insbesondere das Männchen, vertheidigt das einmal erkorene Gebiet eifersüchtig und hartnäckig gegen jeden Eindringling derselben Art. Kleinen und harmlosen Vögeln gegenüber zeigt es sich höchst friedfertig, größere, welche ihm und namentlich dem Neste gefährlich werden könnten, verfolgt es mit Muth und Kühnheit.
Wenn das Paar nicht gestört wird, brütet es nur einmal im Jahre. Das Nest steht an sehr verschiedenen Stellen, wie sie dem Aufenthalte des Vogels entsprechen, am liebsten auf abgestutzten, niederen Bäumen, namentlich alten Weidenköpfen, sonst auf kleinen Zweigen dicht am Schafte eines Baumes, zwischen Obstgeländern, auf einem Balkenkopfe unter Dächern, in weiten Baumhöhlen, Mauerlöchern, nach Liebe's Erfahrungen auch in Schwalbennestern, wird aus trockenen, feinen Wurzeln, grünem Moose und ähnlichen Stoffen zusammengetragen, innen mit Wolle, einzelnen Pferdehaaren und Federn ausgefüttert und sieht immer unordentlich aus. Im Anfange des Juni sind die vier bis fünf, achtzehn Millimeter langen, dreizehn Millimeter dicken, auf blaugrünlichem oder lichtblauem Grunde mit hell rostfarbigen Flecken gezeichneten, aber vielfach abändernden Eier vollzählig und werden nun, abwechselnd vom Männchen und Weibchen, binnen vierzehn Tagen ausgebrütet. Die Jungen wachsen rasch heran, brauchen aber lange Zeit, bevor sie selbst ordentlich im Fluge fangen können.
Von der Kindesliebe des Fliegenfängers theilt Naumann eine rührende Geschichte mit. »Einst fing ein loser Bube ein altes Weibchen beim Neste, in welchem vier kaum halbflügge Junge saßen, und trug alle zusammen in die Stube. Kaum hatte der alte Vogel die Fenster untersucht, aber keinen Ausweg zur Flucht gefunden, als er sich schon in sein Schicksal fügte, Fliegen fing, die Jungen damit fütterte und dies so eifrig trieb, daß er in äußerst kurzer Zeit die Stube gänzlich davon reinigte. Um ihn nun mit seiner Familie nicht verhungern zu lassen, trug der Knabe beide zum Nachbar; hier war die Stube ebenfalls bald gereinigt. Jetzt trug er ihn wieder zu einem anderen Nachbar, mit dessen Fliegen er ebenfalls bald fertig ward. Er trug ihn abermals weiter, und so ging die Fliegenfängerfamilie im Dörfchen von Stube zu Stube und befreite die Bewohner von ihrer lästigen Gesellschaft, den verhaßten Stubenfliegen. Auch mich traf die Reihe, und aus Dankbarkeit bewirkte ich nachher der ganzen Familie die Freiheit. Die Jungen wuchsen bei dem niemals fehlenden Futter sehr schnell und lernten auch bald selbst Fliegen fangen.«
Katzen, Marder, Ratten, Mäuse und nichtswürdige Buben zerstören oft das Nest des Fliegenfängers, rauben die Eier oder tödten die Brut. Die alten Vögel hingegen scheinen wenig von Feinden behelligt zu werden. Der vernünftige Mensch gewährt ihnen nachdrücklichst seinen Schutz. Der Fliegenfänger gehört, wie alle verwandten Vögel, zu den nützlichsten Geschöpfen und leistet durch Wegfangen der lästigen Kerfe gute Dienste. Eigentlich schädlich wird er nie, obgleich er zuweilen eine Drohne wegfängt. In der Gefangenschaft ist er unterhaltend und auch deshalb, mehr aber als Fliegenjäger sehr beliebt.
Die Trauerfliegenfänger ( Muscicapa), welche einer anderen Untersippe zugezählt werden, unterscheiden sich von ihren vorstehend beschriebenen Verwandten durch kürzeren Schnabel, welcher, von oben betrachtet, ein fast gleichseitiges Dreieck bildet, die verhältnismäßig etwas kürzeren Flügel und das auch nach den Geschlechtern verschiedene Kleid.
Der Trauerfliegenfänger, Trauervogel, Loch- oder Dornfink, Mohren- oder Todtenköpfchen, Schwalbengrasmücke, Meerschwarzblättchen, Baumschwälbchen ( Muscicapa atricapilla, nigra, ficedula, maculata, muscipeta, luctuosa, alticeps, fuscicapilla, atrogrisea und speculifera, Motacilla und Sylvia fidecula, Rubetra anglicana, Emberiza luctuosa, Hydemela und Fidecula atricapilla), ist im Hochzeitskleide auf der ganzen Oberseite tief schwarzgrau, einfarbig oder mehr oder weniger deutlich schwarz gefleckt; die Stirn, die ganze Unterseite und ein Schild auf den Flügeln, gebildet durch die drei letzten Handschwingen, die Außenfahne der Schulterfedern und die Armdecken, sind weiß. Das Weibchen ist oben braungrau, unten schmutzigweiß; seine Vorderschwingen sind einfach schwarzbraun, die drei hintersten weiß gesäumt, die drei äußersten Schwanzfedern auf der Außenfahne weiß. Sehr ähnlich sehen die Jungen aus. Das Auge ist dunkelbraun, Schnabel und Füße sind schwarz. Die Länge beträgt einhundertunddreißig, die Breite zweihundertunddreißig, die Fittiglänge fünfundsiebzig, die Schwanzlänge fünfundfunfzig Millimeter.
Der merklich größere Halsbandfliegenfänger ( Muscicapa collaris, albicollis, albifrons, streptophora und melanoptera) ist oft mit dem Trauervogel verwechselt worden, und die Weibchen beider Arten sind auch in der That schwer zu unterscheiden. Das alte Männchen des letztgenannten erkennt man an seinem weißen Halsbande; dem Weibchen fehlen die lichten Säume an den Schwungfedern. Die Länge beträgt einhundertsechsundfunfzig, die Breite zweihundertvierundfunfzig, die Fittiglänge vierundachtzig, die Schwanzlänge fünfundfunfzig Millimeter.
Der Trauervogel bewohnt alle Länder Europas südlich von Großbritannien und dem mittleren Skandinavien und wandert im Winter durch Kleinasien, Palästina und Nordafrika bis in die Waldländer jenseit des Wüstengürtels; der Halsbandfliegenfänger dagegen bevölkert mehr den Süden unseres Erdtheiles, namentlich Italien und Griechenland, verbreitet sich von dort aus bis in das südöstliche Deutschland, gehört im Norden unseres Vaterlandes zu den Seltenheiten und wandert etwa ebenso weit wie der Verwandte. Diesen sieht man bei uns zu Lande in allen ebenen Gegenden, wenigstens während seines Zuges. Er trifft in der letzten Hälfte des April bei uns ein und zieht zu Ende des August und im Anfange des September wieder von uns weg. Die Männchen pflegen eher zu erscheinen als die Weibchen und uns früher zu verlassen.
Im Betragen scheinen sich die beiden so nahe verwandten Arten nicht zu unterscheiden. Die Trauerfliegenfänger sind muntere, gewandte Vögel, welche während des ganzen Tages sich bewegen und auch dann, wenn sie auf einem Zweige ruhen, noch mit dem Flügel zucken oder mit dem Schwanze auf- und niederwippen. Nur wenn das Wetter sehr ungünstig ist, sitzen sie traurig und still auf einer und derselben Stelle; bei günstiger Witterung dagegen bethätigen sie ihre ungemein heitere Laune, flattern munter von Zweig zu Zweig, erheben sich spielend in die Luft, necken sich harmlos mit ihresgleichen, lassen ihre sanfte, kurz abgebrochene Lockstimme, ein angenehmes »Pittpitt« oder »Wettwett«, häufig vernehmen und begleiten jeden Laut mit einer entsprechenden Flügel- und Schwanzbewegung. Im Frühjahre singt das Männchen fleißig und gar nicht schlecht. Der einfache, schwermüthig klingende Gesang erinnert einigermaßen an den des Gartenrothschwanzes. Eine Strophe, welche hell pfeifend wie »Wutiwutiwu« klingt, ist besonders bezeichnend. Der Trauerfliegenfänger beginnt schon lange vor Sonnenaufgang, wenn die meisten Stimmen anderer Waldsänger noch schweigen, und wird dadurch dem, welcher ihn hört, um so angenehmer. Der Ruf des Halsbandfliegenfängers ist ein gedehntes »Zieh«, der Lockton ein einfaches »Tak«, der Gesang laut und abwechselnd, aus den Gesängen anderer Vögel entlehnt, dem des Blaukehlchens, durch mehrere hervorgewürgte Töne dem des Rothschwanzes ähnlich. Einer, welchen Gourcy besaß, »fing sein Lied mit ›Zih, zih, zih‹ an, worauf ein schwermüthig klingender Pfiff folgte; dann hörte man die Töne ›Zizizi‹ so scharf hervorgestoßen, daß man glaubte, eine Nachtigall wollte anfangen zu schlagen. Nach diesen wurde der Gesang ganz blaukehlchenartig; das ›Zizi‹ schien als Grundstimme fortzutönen, während man mehrere tiefe Töne hörte, von denen einige flötend klangen, die anderen aber hervorgewürgt wurden, als wenn sie der Vogel mit Gewalt hervorstoßen müßte. Auch kam dann und wann ein gewisses, dem der Meisen ähnliches ›Zizitä‹ und ein dem der Grillen fast gleich lautendes Gezirpe vor. Nur einige der Strophen wurden schnell durchgeschlagen, die anderen aber langsam vorgetragen. Jemand, welcher mehrere dieser Vögel besaß, sagte, daß sie in ihrem Gesange viel Rothschwanzartiges hätten und, je nachdem sie in den Auen neben guten oder schlechten Sängern gewohnt, bessere oder schlechtere Strophen hören ließen, was ganz mit meinen Erfahrungen übereinstimmt«. Der Flug ist schnell, gewandt und, wenn er länger fortgesetzt wird, wellenförmig, der Gang auf dem Boden ebenso schwerfällig wie bei irgend einem anderen dieser kaum gehfähigen Vögel.
Beide Fliegenfänger jagen derselben Beute nach wie ihr gefleckter Verwandter, beide jagen in der gleichen Weise, und beide fressen im Nothfalle Beeren. Bei trübem Wetter durchflattern sie die Baumkronen und nehmen fliegend die sitzenden Kerfe von den Blättern weg; bei günstiger Witterung erheben sie sich oft hoch in die Luft, um eine erspähte Fliege, Mücke, Schnake, Bremse, einen Schmetterling, eine Heuschrecke etc. aufzunehmen; selbst vom Boden erheben sie zuweilen ein Kerbthier, aber auch dies geschieht nur fliegend. Wie alle Vögel, welche sich viel bewegen, sind sie sehr gefräßig und deshalb fast ununterbrochen in Thätigkeit.
Laubwaldungen, in denen alte, hohe und theilweise hohle Bäume stehen, sind die liebsten Brutorte der Trauerfliegenfänger. Sie suchen sich hier eine passende Höhlung und füllen diese liederlich mit Moos und feinen Wurzeln aus, welche innen durch Federn, Wolle, Haare eine sorgfältig geordnete Ausfütterung erhalten. In Ermangelung solcher Höhlen bauen sie ihr Nest auch wohl in dicht verworrene Zweige nahe am Schafte oder auf alte Baumstumpfe. Das Gelege besteht aus fünf bis sechs, achtzehn Millimeter langen, dreizehn Millimeter dicken, zartschaligen, blaß grünspanfarbigen Eiern, welche von beiden Geschlechtern abwechselnd bebrütet werden. Im Verlaufe von etwa vierzehn Tagen sind die Eier gezeitigt, in weiteren drei Wochen die Jungen ausgeflogen; sie werden dann aber noch lange Zeit von den Eltern geführt und geleitet. In Gegenden, in denen die Trauerfliegenfänger regelmäßig brüten, kann man sie durch zweckmäßig eingerichtete Nistkästchen in bestimmten Gärten oder Baumpflanzungen festhalten, und sie werden dann oft überraschend zahm. »Ein Trauerfliegenfänger«, erzählt Baldamus, »welcher in einem Nistkasten meines Gartens brütete, hatte sich durch mein öfters wiederholtes Beobachten seiner Brutgeschäfte dermaßen an außergewöhnliche Störungen gewöhnt, daß er ruhig auf dem Neste sitzen blieb, wenn ich den Kasten in die Stube brachte und den Deckel abnahm, um das trauliche Thierchen zu zeigen.« Derselbe Vogel gab, wie Baldamus später berichtet, einst zu einem anmuthigen Scherze Veranlassung. Zwei Vogelkundige ersten Ranges, Lucian Bonaparte und Schlegel, besuchten Baldamus und stritten sich mit ihm über diesen Fliegenfänger und seinen Verwandten. Die weltberühmten Gelehrten vertraten den Standpunkt der Balgforscher, ohne jedoch Baldamus, einen hochbegabten Beobachter des Thierlebens, überzeugen zu können. Zum Beweise für seine Ansicht holte letzterer das Nistkästchen mit dem brütenden Fliegenfängerweibchen vom Baume herab, brachte es ins Zimmer, öffnete den Deckel des Kästchens und entschied dadurch augenblicklich den Streit zu seinen Gunsten.
Trauerfliegenfänger werden gern im Käfige gehalten, zählen auch zu den angenehmsten Stubenvögeln und erfreuen ebensowohl durch ihr zahmes und artiges Wesen, wie durch ihren Gesang. Wenn man sie frei im Zimmer umherfliegen läßt, säubern sie dasselbe gründlich von Fliegen und Mücken und werden so zahm, daß sie ihrem Pfleger die vorgehaltenen Fliegen aus der Hand nehmen.
In Deutschland verfolgt die nützlichen Vögel glücklicherweise niemand; in Italien findet leider das Gegentheil statt. Während des Herbstzuges lauert hier vornehm und gering mit allerlei Netzen und Fallen auch auf sie, und leider ist ihr Fang nur zu ergiebig. Auf jedem Markte sieht man während der Zugzeit Hunderte dieser Vögel, welche meuchlings gemordet wurden, um die abscheuliche Schleckerei zu befriedigen. Es wird erzählt, daß ehedem auf der Insel Cypern die so erbeuteten Fliegenfänger und ähnliche Vögel mit Weinessig und Gewürz eingemacht und in besonderen Töpfen oder Fässern verpackt wurden. Solche Gefäße sollen zu Hunderten nach Italien versandt worden sein. Gegenwärtig scheint man sich nicht mehr so viel Mühe zu geben, der alte Unfug aber steht noch in voller Blüte.
Im Osten und Südosten unseres Vaterlandes lebt noch ein Mitglied der Familie, der Zwergfliegenfänger ( Muscicapa parva, rubecula, minuta, lais und leucura, Erythrosterna parva und leucura, Saxicola rubeculoides, Synornis joulaimus, Rubecula Tytleri, Thamnobia niveiventris), seines verhältnismäßig starken Schnabels und hochläufigen Fußes halber auch wohl als Vertreter einer gleichnamigen Untersippe ( Erythrosterna) angesehen, eines der anmuthigsten Vögelchen, welche überhaupt in Deutschland vorkommen. Das alte Männchen ähnelt im Frühjahre in der Farbenvertheilung unserem Rothkehlchen. Die Oberseite ist röthlichbraungrau, auf dem Scheitel, dem Oberrücken und den Oberschwanzdeckfedern etwas dunkler, auf den großen Flügeldeckfedern und den hinteren Schwingen lichter gekantet; Kinn, Kehle, Gurgel, Kropf und Oberbrust sind roströthlich, die übrigen Untertheile trübweiß, die Handschwingen schwarzbraungrau, lichter gesäumt. Bei jüngeren Männchen ist das Rothgelb der Kehle blasser als bei alten. Die Weibchen unterscheiden sich durch düstere, mehr grauliche Farben von den Männchen. Das Auge ist dunkelbraun, der Schnabel und die Füße sind schwarz. Die Länge beträgt zwölf, die Breite zwanzig, die Fittiglänge sieben, die Schwanzlänge fünf Centimeter.
Ungeachtet aller bisherigen Forschungen kann der Verbreitungskreis des Zwergfliegenfängers noch nicht mit Sicherheit angegeben werden. Er tritt selten im Westen, häufiger im Osten Europas auf, verbreitet sich über ganz Mittelasien bis Kamtschatka und besucht auf seinem Winterzuge Südchina, Formosa und Indien, vielleicht auch Nordafrika, ist in vielen Ländern, in denen er höchst wahrscheinlich ebenfalls lebt, jedoch noch nicht nachgewiesen worden. Man hat ihn einzeln in fast allen Gegenden unseres Vaterlandes beobachtet und überall, aber als große Seltenheit, verzeichnet; es ist jedoch wahrscheinlich, daß er viel öfter vorkommt, als man annimmt. In Mecklenburg scheint er nicht besonders selten zu sein; in der Mark und in Pommern brütet er regelmäßig; in Polen, Galizien und Ungarn ist er stellenweise sogar häufig. Aber der Zwergfliegenfänger gehört durchaus nicht zu den auffallenden Vögeln, und der, welcher ihn entdecken will, muß ein geübter Beobachter sein. Waldungen mit hochstämmigen Buchen bilden seinen bevorzugten Aufenthalt. »Da, wo Edeltannen mit Rothbuchen im bunten Gemische stehen und diese Bäume ihre üppigen Zweige in hellgrünen und dunklen Farben durcheinander weben, kurz da, wo die Sonne nur sparsam ihre Strahlen bis auf den Untergrund des Bodens sendet, und wo unter dem grünen Dache ein eigenthümliches, heiliges Dunkel herrscht, da«, sagt Alexander von Homeyer, »ist unser Vögelchen zu Hause.« Hier lebt er hauptsächlich in den Kronen der Bäume und kommt nur gelegentlich in die Tiefe herab. Lieblingswohnsitze von ihm sind Baumgruppen, welche von dichtem Aufschlage jüngerer Bäume begrenzt werden; denn in den Dickichten sucht er bei ungünstiger Witterung und namentlich bei starkem Winde erwünschte Zuflucht. In der Nähe bewohnter Gebäude findet er sich nur ausnahmsweise ein: er ist so recht ein eigentlicher Bewohner des stillen Waldes.
Wodzicki versichert, daß er hinsichtlich seines Betragens ein wahres Bindeglied sei zwischen Laubsängern und Fliegenfängern und ebensosehr an die einen wie an die anderen erinnere; andere Beobachter behaupten, daß man den Fliegenfänger in ihm niemals zu verkennen im Stande sei, weil er im wesentlichen das Gebaren desselben zeige. »Der Zwergfliegenfänger«, schildert gestaltsam Alexander von Homeyer, »treibt sich auf dürren Zweigen dicht unter dem grünen Blätterdache, in einer Höhe von ungefähr dreizehn bis achtzehn Meter über dem Boden, mit besonderer Vorliebe umher. Er hat nur ein kleines Gebiet; innerhalb desselben aber gibt es keine Ruhe, wie man sie sonst wohl von einem Fliegenfänger erwarten dürfte. Unser Vogel erhascht im Fluge ein Kerbthier, setzt sich zehn Schritt weiter auf einen Ast, klingelt sein Lied, fliegt sofort weiter, nimmt einen kriechenden Kerf vom benachbarten Stamme für sich in Beschlag, sich dabei vielleicht ein wenig nach unten senkend, und steigt dann fliegend wieder bis unter das grüne Dach der Baumkronen empor. Hier singt er abermals, um sich gleich darauf um sechs Meter gegen den Boden herabzustürzen, dem brütenden Weibchen einen Besuch abzustatten und, wenn dies geschehen, sich wieder aufwärts zu schwingen. So geht es den ganzen Tag über. Am regsten und fleißigsten im Singen ist er früh morgens bis zehn Uhr; mittags bis gegen drei Uhr rastet er; abends, bis Sonnenuntergang, aber ist er in derselben fröhlichen Weise thätig wie am Morgen.« Der Lockton, ein lauter Pfiff, welcher dem »Füit« unseres Gartenrothschwanzes ähnelt, wird häufig in den Gesang verflochten. Dieser besteht aus einer Hauptstrophe, welche sich durch die Reinheit der Töne auszeichnet. Baldamus bezeichnet sie durch die Silben »Tink, tink, tink ei – da, ei – da, ei – da« etc. Nach Alexander von Homeyer ist der Gesang »ein munteres, glockenreines Liedchen, welches jeden kundigen Hörer überrascht, bezaubert und erfrischt, am meisten an den Schlag des Waldlaubsängers erinnert, denselben jedoch an Mannigfaltigkeit und Klangfülle übertrifft, so daß letzterer da, wo beide Vögel zusammenleben, vollständig in den Hintergrund tritt«. Der Warnungston ist ein gezogenes »Zirr« oder »Zee«. Die Jungen rufen »Sisir«. Wie bei vielen anderen Sängern kann übrigens über den Gesang sowohl wie über die anderen Stimmlaute allgemein gültiges kaum gesagt werden, weil die einzelnen Vögel hierin wesentlich abweichen.
Da der Zwergfliegenfänger ebenfalls spät im Jahre bei uns eintrifft und schon ziemlich frühzeitig wieder wegzieht, fällt die Brutzeit erst in die letzten Frühlingsmonate. Das Nest steht entweder in Baumhöhlen oder auf Gabelästen, oft weit vom Stamme. Feine Würzelchen, Hälmchen, grünes Moos oder graue Flechten bilden den Außenbau; das Innere ist mit Wolle und anderen Thierhaaren ausgekleidet. Das Gelege besteht aus vier bis fünf Eiern, welche sechzehn Millimeter lang, zwölf Millimeter dick und denen unseres Rothkehlchens ähnlich, das heißt auf blaugrünlich-weißem Grunde mit hell rostfarbigen, mehr oder weniger verschwommenen und verwaschenen Flecken ziemlich gleichmäßig gezeichnet sind. Beide Geschlechter wechseln im Brüten ab, und beide lieben ihre Brut außerordentlich. Das Weibchen ist beim Nestbaue am thätigsten und wie gewöhnlich beim Brüten am eifrigsten; das Männchen hält sich jedoch als treuer Wächter fortwährend in der Nähe des Nestes auf, sorgt durch fleißiges Singen für Unterhaltung der Gattin und warnt diese wie später die Jungen bei Gefahr. Bald nach dem Ausfliegen werden letztere den Dickichten zugeführt, und von Stunde an verändert sich das Wesen ihrer Eltern: sie verhalten sich ebenso still und ruhig, als sie früher laut und lebendig waren. Wahrscheinlich tritt die Familie schon früh im Jahre die Winterreise an.
Gefangene Zwergfliegenfänger stehen ihres schmucken Aussehens, ihrer Beweglichkeit und leichten Zähmbarkeit halber bei allen Liebhabern in Gunst.
Die Fliegenschnäpper ( Myiagrinae), eine zweite, den Gleicherländern der Alten Welt angehörende Unterfamilie bildend, kennzeichnen sich durch zierlichen Leibesbau, verhältnismäßig langen, sehr niedergedrückten, am Grunde breiten, auf der Firste fast geraden, hakig übergebogenen und gezahnten Schnabel, kurze und schwache Füße, mittellange Flügel, in denen die vierte und fünfte Schwinge die längsten sind, ziemlich langen Schwanz, dessen mittlere Fahnen bei den Männchen einiger Arten bedeutend sich verlängern, und reiches, in angenehmen Farben prangendes Gefieder, welches in der Schnabelgegend zu Borsten umgewandelt ist.
Alle hierher gehörigen Vögel zeichnen sich vortheilhaft durch ihre Rastlosigkeit und Lebendigkeit aus; einige von ihnen beleben die Waldungen in der anmuthigsten Weise. Sie sind viel in Bewegung, sitzen hoch auf hervorragenden Aesten der Bäume, schauen von hier aus nach Käfern umher, fliegen denselben auch wohl gewandt nach, fangen sie und kehren sodann nach ihrem Sitzplatze zurück. Ebenso durchkriechen sie aber auch jagend das Gezweige. Ihre Stimme ist angenehm, obwohl man bei ihnen von Gesang nicht recht sprechen kann.
Die prachtvollsten Arten der Familie sind in einer besonderen Sippe vereinigt worden, welcher man den Namen Paradiesschnäpper ( Terpsiphone) gegeben hat. Ihr Leibesbau zeigt im allgemeinen das Gepräge der Unterfamilie; der Schwanz aber ist keilförmig und so lang, daß beim Männchen die beiden mittleren Schwanzfedern die anderen um das doppelte an Länge überragen, das Gefieder des Hinterkopfes hollenförmig verlängert und das Hochzeits- und Winterkleid auffallend verschieden.
In den Waldungen Ostafrikas bin ich dem Schleppenfliegenschnäpper ( Terpsiphone melanogastra, Muscipeta melanogastra, melampyra, speciosa, Ferreti und Duchailii, Tschitrea melanogastra, melampyra, speciosa, senegalensis und Ferreti) häufig begegnet. Der ebenso schöne als lebhafte Vogel ist im Hochzeitskleide auf Kopf, Hals und Kropf schwarz, stahlgrün scheinend, auf der Oberseite, Flügel und Schwanz eingeschlossen, weiß, auf der Unterseite, bis auf die weißen Unterschwanzdecken, schiefergrau; die Schwingen sind schwarz, die des Armes außen weiß. Das Auge hat braune, der Schnabel meerblaue, der Fuß graublaue Färbung. Im Winterkleide ist die Oberseite nebst den beiden mittleren Schwanzfedern zimmetkastanienbraun, das übrige Gefieder dagegen wie im Prachtkleide gefärbt. Das Weibchen ähnelt dem Männchen im Winterkleide; die Unterseite ist jedoch dunkler als bei letzterem. Die Länge beträgt siebenunddreißig, die Breite zweiundzwanzig, die Fittiglänge neun, die Länge der beiden mittleren Federn des Schwanzes achtundzwanzig, der äußeren neun Centimeter.
Der Schleppenfliegenschnäpper bewohnt alle bewaldeten Gegenden der Wendekreisländer Afrikas, steigt im Gebirge bis zu einem Gürtel zwischen zwei- und dreitausend Meter unbedingter Höhe empor, wandert nicht, sondern streicht höchstens in einem beschränkten Gebiete hin und her, verläßt den Wald nie und siedelt sich mit Vorliebe in der Nähe von Gewässern oder in tiefeingerissenen Thalschluchten an. Im Thale von Mensah sahen wir ihn täglich, da, wo der Hochwald reichen Unterwuchs hatte, gewiß. Hier lebt der prächtige Vogel paarweise; aber es hält nicht eben leicht, neben dem auffallenden Männchen auch das bescheidenere Weibchen aufzufinden. Weiß sich doch sogar jenes, seiner prachtvollen Farben ungeachtet, vortrefflich in dem bunten Gelaube zu verstecken!
In seinem Wesen hat dieser Schleppenfliegenschnäpper manches mit den echten Fliegenfängern gemein, erinnert aber auch wieder an die Bienenfresser. Während des Sitzens spielt er mit seiner Holle und dem Schwanze, welchen er langsam hin- und herschwingt. Sein Flug ist sonderbar, rasch und leicht, wenn es gilt, nach Fliegenfängerart ein Kerbthier zu verfolgen oder einen Eindringling der gleichen Art aus dem Gebiete zu jagen, langsam schwebend, absatzweise und scheinbar schwerfällig hingegen, wenn es sich darum handelt, weitere Strecken einfach zu überfliegen. Wenn er sein Prachtkleid trägt, ist er unter allen Umständen eine überaus fesselnde Erscheinung. Um diese Zeit zeigt er sich in seiner vollen Lebendigkeit. Argwöhnisch überwacht er sein jetziges Wohn-, wahrscheinlich auch Brutgebiet, und muthig greift er jeden Vogel an, welcher dasselbe durchfliegt, nöthigt selbst einen Raben, dasselbe zu verlassen. Eifersüchtig verfolgen sich die Männchen mit außergewöhnlicher Heftigkeit und Beharrlichkeit, manchmal viertelstundenlang ohne Unterbrechung. Sie jagen mit raschem Fluge hinter einander her durch die Kronen der Bäume und durch die dichtesten Gebüsche, und ihre weißen Schwanzfedern ziehen wie eine prächtige Schleppe hinterdrein, so recht eigentlich von der Luft getragen. Ich muß der lebendigen Schilderung Swinhoe's, welche derselbe von einem in China lebenden Sippenverwandten entworfen, vollkommen beistimmen. Der fliegende Fliegenschnäpper gewährt wirklich einen großartigen Anblick, wenn die beiden langen Federn, welche der leiseste Wind bewegt, bald sich nähern, bald wieder von einander entfernen und überhaupt die zierlichsten Wellenlinien beschreiben. Levaillant, welcher die erste ausführlichere Lebensbeschreibung eines dieser Vögel gab, berichtet wahrheitsgetreu, zuweilen fünf oder sechs zusammen gesehen zu haben, welche hinter einander wüthend herflogen. Unglaublich dagegen scheint mir seine Angabe, daß die kampflustigen Vögel es hauptsächlich auf die langen Schwanzfedern ihrer Gegner abgesehen hätten und diese gelegentlich abbissen oder ausrissen. Ich darf versichern, niemals etwas ähnliches beobachtet zu haben. Allerdings trifft man die Paradiesschnäpper nur wenige Monate oder nur Wochen im vollen Hochzeitskleide an; die Prachtfedern nutzen sich im Gelaube bald ab, fallen dann aus und werden durch minder lange ersetzt; während der angegebenen Zeit aber tragen nach meinen Erfahrungen alle alten Männchen ihren Schmuck unversehrt.
Die Stimme des schwarzbäuchigen Paradiesschnäppers hat nichts von der Rauhigkeit des Locktons anderer Arten, ist im Gegentheile ein sehr wohlklingendes und ziemlich leises »Wüht, wüht«, welches anfangs gehaltener, gegen das Ende hin schneller ausgestoßen wird. Einen eigentlichen Gesang habe ich niemals vernommen; auch Heuglin und Antivori wissen nur von »höchst einfachem und schwachem, aber nicht unmelodischem Gesange« oder einer »unbedeutenden Stimme« zu berichten.
Ueber das Brutgeschäft habe ich leider keine Beobachtungen sammeln können. Levaillant bildet das Nest des verwandten Tschitrek ab, bemerkt aber ausdrücklich, daß er den Vogel nicht selbst an demselben gesehen habe, sondern hinsichtlich der Bestimmung des Erbauers nur der Angabe eines seiner Begleiter folge. Das in Rede stehende Nest hat die Gestalt eines Hornes und hängt in dem Gabelaste einer Mimose. Seine Länge beträgt, der Krümmung nach gemessen, zwanzig, der Durchmesser der Nestmulde aber nur sechs Centimeter. Es besteht aus sehr feinen Bastfäden, welche höchst sorgfältig durcheinander geflochten sind, so daß die Außenseite einem grobhaarigen Zeuge ähnelt. Die Nestmulde, welche kaum ein Viertheil des gesammten Baues einnimmt, ist mit keinerlei weichen Stoffen ausgefüttert. Heuglin beobachtete im Bongolande im Juli flügge Junge des Schleppenfliegenschnäppers, welche sich längere Zeit auf einer und derselben Stelle in den Kronen der Hochbäume herumtrieben und von den Alten gefüttert wurden.