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39. Familie: Schmuckvögel ( Pipridae)

Von vielen Vogelkundigen werden die Schmuckvögel ( Pipridae) der Familie der Fruchtvögel zugezählt, von anderen, wohl mit mehr Recht, in einer besonderen Familie vereinigt. Die dieser Gruppe angehörigen Arten, etwa sechzig an der Zahl, welche wohl auch Zier- und Sammetvögel oder Manakins genannt werden, sind ebenfalls in Süd- und Mittelamerika zu Hause, theilen mit den Fruchtvögeln dasselbe Verbreitungsgebiet, unterscheiden sich aber, ganz abgesehen von ihrer Kleinheit, durch alle hauptsächlichen Merkmale. Der Schnabel ist kurz und ziemlich hoch, auf der Firste mehr oder minder scharfkantig, von der Mitte an zusammengedrückt, hinter dem Haken des Oberkiefers seicht ausgeschnitten; der Lauf ist hoch und dünn und die Zehen sind kurz, die Außen- und Mittelzehen bis zur Mitte verwachsen; die Flügel, unter deren Schwingen die vierte die längste zu sein Pflegt, reichen zusammengelegt wenig über die Schwanzwurzel hinab; die ersten Handschwingen sind stufig verkürzt und namentlich an der Spitze stark verschmälert; der kurze Schwanz ist entweder gerade abgestumpft oder durch Verlängerung der mittelsten Federn keilförmig zugespitzt. Das Gefieder liegt ziemlich knapp an und ist zumal in der Stirngegend sehr kurz, bedeckt aber doch die Nasenlöcher und verwandelt sich um den Mundrand herum zu feinen Borsten. Im männlichen Geschlechts bildet Schwarz die Grundfärbung; mit ihr vereinigen sich aber an einzelnen Theilen des Leibes die lebhaftesten Farben. Dagegen tragen die Weibchen fast aller Arten ein einfarbiges, graugrünes Kleid, und ihnen ähneln mehr oder weniger auch die Jungen beiderlei Geschlechtes.

In ihrer Lebensweise und in ihrem Betragen erinnern die Schmuckvögel am meisten an unsere Meisen. Sie leben paarweise oder in kleinen Familien und Gesellschaften, Hüpfen von Zweig zu Zweig und fliegen weder weit, noch hoch, sind aber munter und unruhig und deshalb Wohl im Stande, die Wälder zu beleben. Wie so viele Vögel des Urwaldes, bevorzugen sie feuchte Wälder und vermeiden fast ängstlich alle schattenlosen Stellen derselben, so auch die offenen Flußufer. In den Morgenstunden sieht man sie zu kleinen Gesellschaften vereinigt, auch Wohl in Gesellschaft mit anderen Vögeln; gegen Mittag hin lösen sich diese Gesellschaften auf, und die einzelnen suchen nun die Einsamkeit und die dunkelsten Schatten auf. Ihr Gesang ist unbedeutend, wie Pöppig sagt, »ein leises, jedoch recht angenehmes Gezwitscher«, ihre Lockstimme ein Pfeifen, welches häufig wiederholt wird. Sie fressen Kerbthiere und Fruchtstoffe; Beeren scheinen die Hauptnahrung einzelner zu bilden, und ihnen zu Liebe kommen die sonst vorsichtigen Vögel wohl auch in die Nähe der menschlichen Wohnungen. »An der Mündung des Parima«, sagt Schomburgk, »stand ein Ficusbaum mit reifen Früchten in der Nähe unseres Lagers, welcher während des ganzen Tages von diesen sonst scheuen Vögeln besucht wurde, die an dessen kleinen saftigen Früchten den Hunger stillten.« Das ziemlich einfache und kunstlose Nest besteht aus Moos und ist innen mit Pflanzenwolle ausgefüttert; das Gelege enthält, wie es scheint, immer zwei Eier von sehr länglicher Gestalt, welche auf blassem Grunde fein getüpfelt sind, gewöhnlich aber am stumpfen Ende einen Fleckenkranz zeigen.

siehe Bildunterschrift

Mönchsschmuckvogel (Pipra manacus). ⅚ natürl. Größe.

Der Mönchsschmuckvogel ( Pipra manacus, gutturosa und Edwardsi, Manacus niger und Edwardsi, Chiromachaeris manacus), welcher seiner hohen Läufe, sichelförmig gekrümmten ersten Handschwingen und des weichen, in der Kinngegend stark verlängerten und hier bartartigen Gefieders halber zum Vertreter einer gleichnamigen Sippe erhoben wurde, ist zwar nicht eines der schönsten, aber eines der beachtenswerthesten Mitglieder der Familie. Scheitel, Rücken, Flügel und Schwanz sind schwarz, Bürzel und Steiß grau, Kehle, Hals, Brust und Bauch weiß. Das Auge ist grau, der Schnabel bleifarben, am Unterkiefer weißlich, der Fuß blaß gelblichfleischfarben. Die Länge beträgt einhundertundzwanzig, die Breite einhundertundachtzig, die Fittiglänge fünfundvierzig, die Schwanzlänge achtundzwanzig Millimeter.

»Dieser kleine, niedliche Vogel«, sagt der Prinz von Wied, »ist über einen großen Theil von Südamerika verbreitet. Man trifft ihn in Guayana, und im Süden der Gegenden, welche ich bereiste, ist er gemein. Er lebt in den geschlossenen Urwäldern und Gebüschen, welche mit offenen Stellen abwechseln, durchzieht außer der Paarzeit in kleinen, oft aber auch in zahlreichen Gesellschaften die Gesträuche, wie unsere Meisen, hält sich meistens nahe am Boden oder doch in mittlerer Höhe auf, ist sehr lebhaft und in beständiger Bewegung, hat einen kurzen, aber reißend schnellen Flug und läßt dabei ein lautes, sonderbares Schnurren hören, welches man mit dem von einem Spinnrade herrührenden vergleichen kann.« Dieses Schnurren wird durch die Bewegung des Handtheiles der Flügel erzeugt und kann selbst nach dem Tode des Vogels durch rasche Bewegung des betreffenden Gliedes wieder hervorgebracht werden. Wenn der Mönchsmanakin in Bewegung ist, vernimmt man auch oft seine bereits von Sonini erwähnte Stimme, ein Knacken, wie das einer zersprengten Haselnuß, auf welches ein knarrender und zuletzt ein tief brummender Ton folgt. »Anfänglich ist man erstaunt über diese sonderbaren, plötzlich im Dickichte oft wiederholten Stimmen. Man glaubt, der tiefe Baßton komme von einem großen Thiere, bis man das kleine, sonderbare Vögelchen als den Urheber desselben mit Erstaunen kennen lernt. Oft hörte ich in der dichten, malerischen Verflechtung des dunkeln Waldes die höchst wunderbaren Töne dieses kleinen Manakins, während er unmittelbar neben uns umherschwärmte, knackte und brummte, ohne daß man ihn sehen konnte« Die Aufmerksamkeit der Brasilianer ist durch eine Eigenheit des Mönchsmanakins erregt worden. Er bläst nämlich gern seine Kehlgegend auf und treibt dadurch das lange Kehlgefieder bartartig hervor. Hierauf begründet sich der in Brasilien übliche Name »Mono« oder zu deutsch »Mönch«. Die Nahrung scheint gemischter Art zu sein und ebenso aus Beeren wie aus Kerbthieren zu bestehen. Das Nest soll mit dem anderer Arten übereinstimmen; wirklich begründete Nachrichten über das Brutgeschäft sind mir jedoch nicht bekannt.


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