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Als das vorliegende Tagebuch in meine Hände gelangte, war es meine Absicht, den Inhalt nach einiger Zeit zu einem Roman zu verarbeiten.
Auf Anraten meines Verlegers, des Herrn Fontane, stand ich später von diesem Vorhaben ab, und zog es vor, die Aufzeichnungen nach der erforderlichen Überarbeitung im Original der Öffentlichkeit zu übergeben. Die einzelnen Umgestaltungen mußten mit Rücksicht auf die verschiedenen in dem Buch benannten Personen vorgenommen werden und bestehen im wesentlichen in Namensänderungen. Einige Streichungen von Stellen, die sich absolut nicht für die Veröffentlichung eigneten, waren ebenfalls nicht zu vermeiden.
Nichts liegt mir ferner, als die Absicht, mit der Herausgabe dieser Tagebuchblätter die pikante Literatur um ein Buch zu bereichern. – Die schlichten Aufzeichnungen erheben keinen Anspruch auf künstlerische oder literarische Wertschätzung; sie sind nichts und wollen nichts sein als ein authentischer Beitrag zu einer brennenden sozialen Frage unserer Tage. Beredter und überzeugender als die glänzendsten Schilderungen aus berufener Schriftstellerfeder, sprechen sie zu uns und werfen ihre grellen Schlaglichter in die Welt der bürgerlichen Toten, der Ausgestoßenen und Parias der Gesellschaft.
Wenn die Lektüre dieser Blätter hier und da jemand zum Nachdenken anregt, wenn sich der Leser dabei vergegenwärtigt, daß kein Mensch, und stünde er noch so fest und hoch, mächtiger als sein Fatum ist, daß weder Wohlhabenheit noch Bildung, noch geachtete bürgerliche Stellung Tod und Unglück Schach bieten, und unseren eigenen jugendlichen Angehörigen sicheren Schutz vor einem ähnlichen Schicksal wie das der armen Thymian gewähren, – wenn er daraus die Schlußfolgerung zieht, daß man nicht konsequent in gedankenloser Gleichgültigkeit oder mit liebloser Verachtung an jenen Unglücklichen vorübergehen, sondern die Augen offen halten soll, um zu schauen, und Laster und Unglück zu trennen – dann ist der Zweck dieser Veröffentlichung erreicht. Dann hatte Thymian nicht umsonst ihres verfehlten Lebens Daten fixiert . . . Vielleicht war dann ihr Leben nicht einmal ein »verlorenes«.
Margarete Böhme.