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Ich bekam vor sechs Wochen einen Brief von der Lene. Sie schrieb mir, ich sollte sehen, daß ich eine Stelle als Stütze bekäme. Es wäre unverantwortlich von mir, daß ich Vater ein so hohes Kostgeld bezahlen ließe, wo die Geschichte ohnehin ein Heidengeld gekostet habe. Als ob es für mich ein Luxus wäre, bei den Daubs in Pension zu sein! . . . Die Lene ahnt ja nicht, welch einem Verständnis ihre Wünsche bei mir begegnen.
91 Zufällig fand ich an jenem Tage gerade Zeit, an Konni Liesmann in Hannover ein paar Zeilen zu schreiben und da flocht ich es mit ein, daß ich mich nach einer Stellung umsehe, und ob sie vielleicht was für mich wüßte. Einige Tage darauf schrieb Konni mir zurück, ich möchte doch zu ihr kommen. Sie wollte mir freie Station und zwanzig Mark monatlich Taschengeld geben und ich sollte dafür nur etwas im Haushalt helfen und im übrigen wie ihre Schwester gehalten werden. Natürlich war ich über das Anerbieten vergnügt wie ein Kiebitz und meldete es sofort nach Hause. Acht Tage darauf schrieb Vater mir, daß er über die Frau Liesmann in Hannover Erkundigungen eingezogen habe und die erhaltene Auskunft keine derartige sei, daß er mich der Dame anvertrauen könne. Dahinter steckt natürlich wieder Tante Frieda. Ihre Vorwürfe, meine Erziehung betreffend, müssen Vater höllisch nahe gegangen sein, daß er jetzt ganz nach ihrer Pfeife tanzen zu müssen glaubt. Sie wollen wieder in den Itzehoer Nachrichten eine Stelle für mich suchen. Wahrscheinlich soll ich wieder in ein »christliches Haus« kommen. Gott erbarme dich! Wenn ich nur wüßte, wie ich es anstelle, um hier fortzukommen. Ich würde dann einfach durchbrennen und doch zu Konni Liesmann fahren. Ich zerbreche mir Tag und Nacht den Kopf, wie ich es mache.
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