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Ostern auf Bubaque

Am Karsamstag, zur Zeit, da in unserer Heimat die Auferstehungsglocken läuten, gingen wir auf schmalem Buschpfad dahin, ein junges deutsches Ehepaar zu besuchen, das sich im Dienste der Palmölfabrik auf Bubaque angesiedelt hatte. Bei unserer Ankunft sank die Sonne gerade hinter die weiten Palmenpflanzungen und beleuchtete das still und friedlich daliegende Buschhäuschen mit ihren letzten Strahlen. Es stand inmitten eines freien ausgerodeten Platzes auf hohen Betonpfeilern, ich hatte es vom Flugzeug aus schon gesehen. Auch diesmal flatterten uns zu Ehren die deutsche und die portugiesische Fahne am Mast. Schilderungen dieses einsamen kleinen Heimes können die Gefühle nicht wiedergeben, die man empfindet, wenn man es plötzlich, nach monatelangem Leben unter Eingeborenen, betritt. Auf der breiten Veranda, die um das Blockhaus führt, waren reinliche Matten ausgebreitet, von den Eingeborenen erzeugte geflochtene Stühle standen um den großen massiven Tisch. Speere und Schwerter, daneben zahlreiche kleine Erinnerungen an die deutsche Heimat schmückten die Wände des Zimmers. Selbstgezimmerte Möbel, Vorhänge und andere Verschönerungen, die man in Kolonistenwohnungen selten sieht, vervollständigten die Einrichtung. Sie erweckten das Gefühl der Gemütlichkeit. Überall spürte man die Tätigkeit geschickter fleißiger Frauenhände, so auch in dem abseits gelegenen kleinen Häuschen, in dem Küche und Vorratskammer untergebracht sind. Zwei gut erzogene schwarze Burschen helfen im Haushalt.

Mit viel Arbeit und Ausdauer haben sich diese jungen Leute hier dieses Heim geschaffen. Stolz zeigte uns der Hausherr, was er mit eigener Hand zustande gebracht hatte. Ein Gemüsegarten gedeiht dort, wo einst dichtester Busch den Boden bedeckte. Ein fünfzehn Meter tiefer Brunnen sammelt das Grundwasser, das ins Haus und in die Küche geleitet ist. Rasenflächen und Blumen, die allerdings jetzt vertrocknet waren, boten uns den hier ungewohnten Anblick eines Gartens. Blumentöpfe, in denen Pflanzen, die aus Europa mitgebracht worden waren und an die ferne Heimat gemahnten, mit Sorgfalt und Liebe betreut wurden, hingen zwischen den Pfeilern.

Das alles mag selbstverständlich erscheinen; doch was es, weit von Europa, auf einer einsamen Insel bedeutet, das weiß nur der zu schätzen, der die vielen trostlosen Behausungen der Weißen auf einsamen Farmbetrieben kennengelernt hat.

Die junge Hausfrau begrüßte uns im weißen Kleide. Die erste Frage galt der Ankunft der »Eguba«. Dieser Motorsegler wurde sehnsüchtig erwartet, denn er sollte die seit vielen Wochen überfällige Post mitbringen, und alle weißen Ansiedler waren nur von dem einen Gedanken erfüllt.

Kaum hatten wir es uns auf der Veranda bequem gemacht, als richtig ein schwarzer Bursche mit der Post ankam. Wenige Minuten später waren fünf heiße Gesichter in die Briefe aus der Heimat vertieft.

Inzwischen wurde es dunkel, der tropenhelle Sternenhimmel blickte auf uns herab. Heute sahen unsere Augen ihn nicht, die Gestalten lieber Menschen, die in Sorge und Güte all diese Zeilen geschrieben hatten, tauchten vor uns auf. Unsere Gedanken wanderten in weite Ferne, und keiner war sich mehr der Gegenwart des anderen bewußt. Eine Frage brach endlich den Bann und versetzte uns aus Dresden, aus Heidelberg, aus Wien in das kleine Buschhaus zurück. Es war wenig Erfreuliches, was uns aus Europa gemeldet werden konnte. Doch wir fühlten uns jung und voller Hoffnung, wir hier, im unendlichen Afrika! Wir feierten Ostern bei Rheinwein, erzählten von unseren Erlebnissen und waren von Herzen froh und glücklich.

Unter den Kisten und Paketen, die hauptsächlich Lebensmittel und Konserven enthielten, befand sich auch die berühmte »Weihnachtskiste«. Sie war im November von Deutschland abgeschickt, doch in Bissau nicht ausgeladen worden, fuhr dann um ganz Afrika herum und war so rücksichtsvoll, gerade zu Ostern, also immerhin an einem Festtag, hier einzutreffen. Es war rührend zu sehen, wie die junge Frau nun auspackte, vorsichtig die Tannenreiser beiseitelegte, die alle Nadeln verloren hatten, und mit welcher Andacht sie die weißen, mit roten Bändern verschlossenen Päckchen mit der Aufschrift »Fröhliche Weihnachten!« öffnete. Wir teilten alle die Freude der Beschenkten, wir ließen uns alle die Nürnberger Lebkuchen herrlich schmecken. So war in unser Osterfest eine Weihnachtsstimmung geraten, und es fiel nicht weiter auf, denn hier in Afrika verlieren beide Feste den Zauber, den ihnen die Jahreszeit verleiht. Es gibt keinen Tannenduft und keine Frühlingsblumen. Immer rauschen die Palmen, und die heiße Luft flimmert über unendliche Steppen und Wüsten.


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