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Der Friedensschuß.

Nürnberger Geschichte.

1649.

Von G. Winter.


Der Kongreß zu Nürnberg war beendet, der von den Abgeordneten Oesterreichs, Deutschlands und Schwedens, nach Ratificirung des 1648 geschlossenen westphälischen Friedens, welcher dem unglückseligen 30jährigen Krieg das längst erwünschte Ende machte, in den Mauern der mächtigen freien Reichsstadt gehalten wurde. Feste reihten sich an Feste, aber das prächtigste derselben war unstreitig das große Bankett, welches der schwedische Generalissimus, Pfalzgraf Karl Gustav von Zweibrücken (der später nach der Abdication von Gustav Adolfs Tochter, seiner kgl. Base Christine, als Wahlkönig auf Schwedens Thron unter dem Namen Karl X. das Scepter führte) in dem großen Saale des ehrwürdigen Nürnberger Rathhauses als Friedensmahl am 25. September des Jahres 1649 veranstaltete.

Volle 6 Tage vor dem Feste wurden zu den Vorbereitungen gebraucht, dafür war aber auch das Bankett so glänzend, daß dessen genaue Beschreibung in den Annalen Nürnberg's hinterlegt wurde, aus denen wir unseren freundlichen Lesern in gedrängter Kürze das Wichtigste mittheilen.

Drei kolossale Leuchter waren in dem großen Saale aufgehangen, von schönen Festons aus des kunstreichen Zirkelschmieds Hautsch Werkstatt umwunden. Die Fürstentafel prangte in der Mitte des Saales, weiter hinab standen die Tische von 30 Fuß Länge für die Herren Stände. Die Hauptzierde des Saales aber war das lebensgroße Bildniß des im rühmlichen Kampfe für Freiheit und Glauben gefallenen Schwedenkönigs Gustav Adolf zu Pferde, ein Engel schwebte über dem getreuen Konterfei des nordischen Helden, zu seinen Füßen schmiegte sich der schwedische Löwe, zwei Tafeln in den mächtigen Pranken haltend: »Mit Gott und ritterlichen Waffen« war auf der einen zu lesen, das jede Kriegerbrust höher schwellende Wort »Viktoria« auf der anderen.

In allen Ecken des von 200 Wachskerzen erleuchteten Saales waren Schenktische angebracht, und die Plätze für die zahlreich bestellten Trompeter, Pauker und sonstigen Spielleute; Palmen und Lorbeerzweige schmückten die Wände, der Estrich war mit Binsen bestreut, und als die Stunde des Nachmittags herannahte, welche die Geladenen versammeln sollte, begann zur Belustigung des Volkes aus dem Rachen eines kolossalen, zu dem Fenster hinaus aufgerichteten Löwen durch zwei Röhren rother und weißer Wein zu sprudeln; eine Stunde lang hielt diese Quelle an, und die versammelten Fürsten und Herrn hatten gar manchen spaßhaften Anblick vom Fenster aus, wie die das Rathhaus umlagernde Menge sich gegenseitig abkämpfte, dieser gewiß nie so wohlfeil gebotenen Labung sich theilhaftig zu machen.

In sechs festlich geschmückten Zimmern des Rathhauses hatten sich schon in den ersten Stunden des Nachmittags gar viele fürstliche und ritterliche Herren mit stattlichem Gefolge eingefunden und als nun das erste Gericht auf der Tafel dampfte, verfügte sich der Freiherr von Schlippenbach, des erlauchten Herrn Pfalzgrafen Marschall, hinauf zu der hohen Versammlung und unter seinem Vortritt begaben sich die edlen Herren im festlichen Zuge nach dem Speisesaal, wo schon alle Plätze nach Rang und Würden bezeichnet und alsbald von den geladenen Gästen eingenommen waren.

Nach der Sitte der Zeit ward ein kräftiges Gebet gesprochen, ehe man darüber ging, durch herzhaftes Zulangen von Speise und Trank des hohen Festgebers Einladung alle mögliche Ehre anzuthun; die Tafelmusik, welche gar fleißig aufspielte, kitzelte aber vorerst die Ohren nicht mit lustigen Sing- und Tanzweisen, sondern erhebende geistliche Lieder schallten vom Orchester herab, von dem die Spielleute den Choral »Herr Gott, Dich loben wir!« nach des Chronisten Ausdruck »mit solcher Lieblichkeit zusammen musiciret, daß einem das Herz im Leibe erfreuet.«

Die fürstlichen und erlauchten Herren aber, die dem Bankette beiwohnten, waren folgende: Der Festgeber Pfalzgraf Karl Gustav, Churfürst Carl Ludwig von der Pfalz, der Principal-Kommissär Octavio Piccolomini, Herzog von Amalfi, Graf Franz Egon von Fürstenberg, Graf Georg Ludwig von Nassau-Dillenburg, die Hohenloher Grafen Georg Adolf und Wilhelm Heinrich, Pfalzgraf Philipp und Landgraf Friedrich von Hessen und der Pfalzgraf Philipp von Sulzbach.

Mannlicher Kriegshelden zählte man den schwedischen General Gustav Wrangel, den General Goldstein, den Obrist Lacron, die Obristlieutenants Mey und Hans Wolf von Wolfsthal und den kaiserlichen Obristen Hans Christoph Ranft; an gelehrten Herren von der Feder waren zugegen die Gesandten Meel von Churmainz, Oexel von Churbayern, Wesenbeck von Churbrandenburg, Krüll und von Alvensleben von Magdeburg, Sengel für Schwarzenburg, Hoffmann für Hanau, die edlen Herren von Trandorff und Goll für Chursachsen und Oesterreich, Karl Röder von Thiersberg für Nassau-Saarbrücken; Goetzendörfer war von Bamberg, Schütz von Eichstädt gesendet; der Orden der Deutschen Herren ließ sich durch Johann von Giesen und Georg Wilhelm von Elckershausen vertreten; Salzburg hatte zwei Abgesandte zum Kongreß beordert, deren beide Namen absonderlicher Art dem Thierkreise entnommen waren, Krebs hieß der eine, Stier der andere; als kaiserlicher General-Bevollmächtigter war zugegen der Edle von Lindenspühr; die englische Krone war vertreten durch Sir William Curtius, von Pfalz-Neuburg war Michael Silbermann, von Altenburg Konrad von Thumshirn, von Weimar Achatius Heher, von Koburg August Carpzow, von Kulmbach Nikolaus Crinesius und von Onolzbach Lorenz Eisselein gesendet; Heyland und Otto vertraten Braunschweig und Lüneburg, von Wangenheim war von Hessen-Darmstadt, Nicolay von Mecklenburg erschienen. Syndikus Schneider und Daniel Birr waren von Colmar, Bremer von Speier, der Doktor Frisch von Heilbronn mit dem Ehrenposten der Gesandtschaft betraut worden. Von den freien Reichsstädten hatte Weissenburg den Syndikus Brodwolf und Georg Roth, Schwäbisch-Hall den Doktor Schragmüller, Rothenburg den Doktor Frisch, Dinkelsbühl Herrn J. G. Maul, Nördlingen den Doktor Sattler, Lindau den Doktor Heyder und Ulm den Doktor Otto gestellt; von Regensburg war das Kleeblatt Gumpelzheimer, Agricola und Ludwell eingetroffen. Das reiche Augsburg ward durch Herrn Christoph von Stetten repräsentirt und von den mächtigen Hauptstädten Lübeck und Frankfurt am Main waren die Doktoren Glorin und Stenglin zur stattlichen Versammlung gekommen. Von Seiten Nürnbergs waren dessen Vertreter die beiden Losunger Christoph Fürer und Ulrich Grundherr, dann Burkard Löffelholz, Christoph Jobst Kreß von Kressenstein und der gelehrte Doktor Tobias Oelhafen von Schöllenbach zur pfalzgräflichen Tafel geladen worden. – Wir wollen den freundlichen Leser nicht mit Aufzählung der einzelnen Speisen ermüden. Was auch die Feinschmeckerei unserer Zeit bietet, es wurde von den Köchen jener Periode, die größtentheils den materiellen Genüssen mehr huldigte als den geistigen, gewiß vielfach überboten; in sechs Gängen war die festliche Mahlzeit geordnet und in den ersten vieren wurden allein über 600 Schüsseln aufgetragen. Der fünfte Gang bestand in Gartenfrüchten, die zum Theil in silbernen Geschirren als Tafelaufsätze prangten, zum Theil noch an lebendigen Bäumen hingen, mit denen die ganze fürstliche Tafel reich umgeben war. Zum Schluß des Mahles bot der sechste Gang den Gästen eine ungeheuere Menge von Zuckerwerk, Marcipan und feinen Confituren, und wenn wir der Chronik glauben, daß zwölf Köche bei diesem Feste ihr Meisterwerk geliefert hatten, so kann man wohl annehmen, daß von dem edlen Rebensäfte des Rheines, den feurigen französischen und den purpurdunklen hispanischen Weinen, die feinsten Leckerbissen aller Art durch die durstigen Kehlen der mannlichen Versammlung hinabgespült wurden; aber nicht nur durch den Duft der Speisen war gesorgt, die Riechorgane der gastlichen Versammlung zu kitzeln, sondern auch durch Tafelaufsätze, bestehend aus Räucherbergen, die ihr Aroma, aus den köstlichsten indischen Spezereien gezogen, in die Luft hauchten und durch Fontainen von Rosenwasser, welche rings umher ihren Wohlgeruch ausströmten. Zwei Schaugerichte, das eine ein Triumphbogen, das andere ein Berg mit drei Göttinnen, in den Nationalfarben der Krone Schwedens und Frankreichs und des deutschen Kaiserreichs gekleidet, – das Ganze mit sinnigen lateinischen Schriften verziert, – waren als die Prachtstücke des Ganzen.aufgestellt. –

Von manchem derben Scherzwort erschallte der Saal von der Tafel aus, wo die Kriegsleute sich lustige Reiterstückchen erzählten; nicht minder lebhaft, doch mit weniger Geräusch, ging es in den Reihen der Herren von der Feder zu, die sich mit lateinischen Redensarten bekämpften und ihre Meinung mit spitziger Zunge oft nicht minder kräftig vertheidigten, als mancher der anwesenden Kriegsmänner an der Spitze seiner Hellebardierer mit dem Schwerte es hätte thun können; dazwischen klirrten die Humpen, und die häufig ausgebrachten »Gesundheiten« wurden von dem rauschenden Spiele der Trompeten und Pauken begleitet, wozu auf ein gegebenes Zeichen die auf der Burg aufgestellten Stückmeister Feldschlangen und Karthaunen lösten, die gar kräftig den Baß dazu brummten.

Mehrere Stunden waren so verflossen, schon hatte die Nacht ihren schwarzen Mantel auf die alte Stadt Nürnberg herabgesenkt, als die Gäste zum Aufbruch sich bereit machten und die Geladenen der verschiedenen Städte in wohlgesetzen Worten, bei denen jedoch manches Zünglein ein leichtes Lallen nicht ganz verbergen konnte, sich bei dem Pfalzgrafen Karl Gustav verabschiedeten. –

»Werthe Herren und Freunde,« sprach dieser, sich von seinem Sessel erhebend, »nehmet meinen Dank für Euren Zuspruch; einen mächtigeren wird Euch das treue, deutsche Land spenden, dem durch Euer Zuthun nach dreißig Jahren Friede gegeben wurde, daß es endlich heilen kann die Wunden, die ihm der heillose Krieg geschlagen und hoffentlich wieder gedeihen wird der Oelbaum des Segens, den es auf's Neue heget in seinen Gauen.«

»Nehmt denn noch einmal die Pokale zur Hand, ihr Herren, und thut mir auf meine drei Trinksprüche, die ich ausbringen werde zum Schlusse des heutigen Festes, kräftigen Bescheid. Deutschland lebe hoch! – Das wackre Volk und seine Fürsten. – Einigkeit möge das schönste Band um sie schlingen für alle Zeiten.«

Und er hob den mächtigen Pokal, that einen kräftigen Zug und von allen Seiten scholl freudiges Vivat in die Luft.

»Der Glaube lebe, der uns ein sanftes Sterbekissen bereitet, – der ächte christliche Glaube, fern von Menschenfurcht und Menschenzwang – und seine wackeren Priester, gleichviel ob sie Christi Lehre durch Bibel oder Meßbuch vertreten. – Glaube, Liebe, Duldung, hoch für immer!« – Und wieder leerte er einen Theil des vor ihm stehenden, in prächtiger Goldschmiedsarbeit getriebenen Pokals und auf's Neue klirrten die Becher der Gäste zusammen.

»Der dritte Trinkspruch gehört Euch, meine werthen Herren und Gastfreunde, und der guten Stadt Nürnberg, die uns so wohlwollend aufnahm und uns in den wackeren Herren hier« – er deutete auf die beisammenstehenden Patrizier – »ihre Stellvertreter gesandt hat. – Hoch Nürnberg und seine lieben Bewohner, und Glück und Heil ihnen bis in die spätesten Zeiten.« –

Und er leerte den Goldpokal bis zur Neige und zum dritten Male donnerte ein jubelndes Hoch der Menge durch den Saal und hinaus in die dämmrige Herbstluft. –

»Und nun noch ein Wort zu Euch!« – wandte sich der Pfalzgraf an die Losunger Grundherr und Fürer. »Viel des Schönen habe ich bei Euch kennen gelernt, viel wackere Männer und hochverdiente Künstler gefunden; gönnt mir drum, Euch ein Andenken meiner Freundschaft, eine Erinnerung für längere Zeit zu hinterlassen. Der wackere Maler Joachim von Sandrart hat meinen Wünschen Gehör gegeben und wird in einer großen Schilderei das heutige Mahl für spätere Zeiten abkonterfeien. Er war in meinem Auftrag anwesend im Saale und beginnt morgen in meiner Behausung seine Arbeit, gewiß ein Kunstwerk, würdig, des Meisters Namen und unser Bankett auf die Nachwelt zu bringen. Ich widme dies Gemälde der Stadt. Möge sie es freundlich aufbewahren, und meiner mit Freundschaft und Liebe eingedenk sein, wenn die Pflicht mich aus ihren gastlichen Mauern gerufen hat.«

Mit dankenden Worten erkannten die Nürnberger Senatoren die fürstliche Gabe, und schon wollten die Gäste sich entfernen, da erhob sich der alte kaiserliche Obrist Ranft, ein rauher, aber gemüthlicher Kriegsmann, und sprach mit seiner tiefen Kommandostimme also: »Noch ein Wort, meine Herren, ehe wir auseinandergehen. In wenig Tagen, werthe Kriegsgenossen und Kameraden, sind wir in alle Welt zerstreut und werden uns wohl nicht so leicht wieder begegnen, zum Heile Europas am allerwenigsten gewaffnet und gerüstet zu kriegerischem Thun. Wie wir beisammen stehen, kaiserlich und schwedisch, schwuren wir doch Alle zu einer Fahne, zu der der Viktoria. Lasset uns darum vor unserer Trennung einen festlichen Umzug halten in diesem Saal, und es sei das letzte kriegerische Manöver, das wir ausführen.« Die bärtigen Krieger stimmten ein in den Vorschlag des Veteranen und rasch hatten sich in buntem Gemische die Generale und Obristen aller Länder aufgestellt, die mächtigen Pallasche an der Seite und das massive Faustrohr am Gürtel, das sie theils gar nicht abgethan beim Bankette, theils schon wieder angelegt zum völligen Waffenschmuck auf die Heimkehr. Und heiter beorderte der alte weinfröhliche Krieger die Trompeter und Pauker, einen munteren Kriegsmarsch aufzuspielen; bald ertönte in kräftigen Klängen die soldatische Weise und unter fröhlichem Lachen umkreiste der Zug der derben Kriegsmänner dreimal den Saal. – Da fesselte ein kräftiges »Halt« die Reihen und der Alte fuhr fort: »Das war also unser letztes Manöver, Kameraden, was wir hinfüro nicht leicht mehr mit einander ausführen werden.« Da riß der heißblütige Wrangel das Pistol von der Seite und rief mit dröhnender Stimme über die Versammlung: »Weil der Friede geschlossen ist, so habe ich ferner kein geladenes Gewehr mehr nöthig; Friede und Freude dem deutschen Lande immerdar.«

Und in seiner schönen Wallung vergessend, wie er nicht im freien Felde stehe, sondern im reichverzierten Bankettsaale, hob er das Rohr in die Höhe des Fensters gegen das Waldamt zu, auf blitzte das Pulver und die Kugel des stattlichen Reitergewehres flog klirrend durch eine Scheibe des hohen Saalfensters. – Ein Hurrah folgte der auf so kräftige Weise ausgesprochenen guten Meinung des wackeren Schwedenführers und im lärmenden Getümmel strömten die munteren Gäste hinaus auf die Vorplätze, wo bereits der Diener Menge mit Windlichtern ihrer harrte, und die Herren heimgeleitete in ihre gastlich bereiteten Wohnungen.

Und lange noch sprach man von dem Friedensschuß des Generals Wrangel, hinausgedonnert in die Nacht des 25. Septembers 1649. –

Die zerschmetterte Scheibe war wohl ein zu gebrechliches Andenken an jenen Moment der edelsten Begeisterung, aber ein dauerhafteres und heute noch prangendes ist des Malers Sandrart herrliches Gemälde, das soeben geschilderte Friedensmahl darstellend. Sein Versprechen erfüllend, hatte es der Pfalzgraf der Stadt verehrt und dem talentvollen Künstler die fürstliche, für jene Zeiten höchst bedeutende Summe von zweitausend rheinischen Gülden nebst einer zweihundert Dukaten in Gold schweren Ehrenkette zustellen lassen. welche ansehnliche Gaben der Senat der Stadt Nürnberg noch vermehrte. Das zwölf Schuh breite und neun Schuh hohe Bild steht noch heute im frischesten Farbenglanze in der städtischen Gemäldegalerie. In sprechenden Zügen erblicken die aufmerksamen Beschauer darauf die meisten der in dieser Skizze aufgeführten, historischen Personen, des wackeren Malers Bildniß aber, beschäftigt mit dem Abschildern des Bankettes, im Vordergrunde.


Hundert und fünfundneunzig Jahre später weilte eine Versammlung gelehrter Männer, der herrlichsten Wissenschaft, der Erforschung der Natur und ihrer Kräfte zugethan, im friedlichen Vereine ihre Versammlungen haltend, in Nürnbergs Mauern, im ehrwürdigen Rathhaussaale in den Tagen vom 17. – 25. September, aber auch daselbst zu freundlichem Mahle vereint. Nicht minder prächtig, wenn auch nach dem Geschmacke und der Anforderung des Zeitalters, waren die Räume geschmückt, nicht minder fröhlich die Versammlung.

Und als man schrieb 1877, da sollte in dem gleichen Raum zur Feier des 25 jährigen Jubiläums des Germanischen National-Museums wieder ein Bankett stattfinden, welches an Pracht und Originalität das von 1649 noch übertreffen sollte. Es sollten nur Speisen dargeboten werden, wie sie die verflossene Zeit den Gästen bot, in alten Geschirren sollte aufgetragen, auf alten Tellern sollte gegessen werden. Die Aufwärter sollten in alten Kostümen erscheinen und die Speisen zu Pferde überbringen. Die Speisenreihe aber war wie folgt geplant:

1) Endiviensalat, 2) Köpfelsalat, 3) Rapunzelsalat, 4) Salat von allerlei Kräutern, 5) Salat von rochen Rüben, 6) Salat von Pomeranzenschalen und Saft, 7) Brunnenkreßsalat, 8) Salbeisalat, 9) Sauerampfersalat, 10) Schinken, 11) zwei gebratene Schwäne, kalt in ihrem Gefieder, 12) sechs gebratene Pfauen, auch in ihrem Gefieder, 13) sechs Ochsenköpfe mit vergoldeten Hörnern in einer Gallerte zubereitet, 14) Kalbsköpfe in Essig und Oel, 15) geräucherte Zungen, 16) Kopf von einem Wildschwein, 17) Ochsenschwanzsuppe mit kleinen Vögeln. Das war der erste Gang. Der zweite Gang sollte bieten: 18) Rindfleisch gesotten, mit Meerrettig und warmen Kuttelflecken, 19) Lungenbraten, 20) grüne Erbsen mit geräuchertem Speck, 21) gebackene Spansau, 22) Kalbskeule, 23) Hirschziemer, 24) warme Pastete von Feldhühnern, 25) Pastete mit lebendigen Vögeln, 26) Pastete mit lebendigen Tauben, 27) Wildschwein, eingemacht in schwarzem Pfeffer, 28) eingemachte junge Hühner, 29) gebratene Gans mit Birnen und Quitten, 30) Rehkeule, 31) Reisbrei mit Zucker und Zimmt. In der wohl etwas ungegründeten Vermuthung, daß die bisherigen 31 Gerichte noch Manchen ungesättigt lassen könnten, wurde noch ein dritter Gang projektirt und der bestand nach dem Entwurf aus: 32) allerlei gedünsteten Früchten, 33) allerlei Saft und Quitten, 34) eingemachtem Ingwer, 35) Marzipan, 36) Fröschen von Zucker, 37) Krebsen von Zucker, 38) Fischen von Zucker, 39) Strauben, 40) Ungarischer Torte, 41) Spinattorte, 42) Truthahn von Biscuit, 43) Enten von Biscuit, 44) einem Taubenhaus von Mandelgebackenem, 45) einem Baum von Mandelgebackenem, 46) Hobelspähnen, 47) Makronenplätzchen, 48) allerlei überzogenem Konfekt, 49) Hohlhippen und 50) aus allerlei Früchten.

Während des Banketts sollte ein großer beweglicher Drache erlegt werden und eine Athletenproduktion stattfinden.

Im ganzen weiten, deutschen Reich fanden sich aber nur ein und ein halb Dutzend muthiger Menschen, welche sich getrauten, zu diesem Mahl sich anzumelden. Das war zu wenig und hätte die Kosten nicht gedeckt. Und da der eine Pfau, bevor ihm das Lebenslicht ausgeblasen werden sollte, schon davonflog und sich auf dem Lorenzerthurm dem dortigen alten Wetterhahn beigesellle, unterblieb das Festmahl bis auf den heutigen Tag.


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