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Von B. Mertel.
Noch lag tiefer Schnee, – man schrieb den Hornung des Jahres 1349 – und menschenleer waren die Straßen ob der grimmigen Kälte, als aus einem Hause am Mehlgäßlein in der Reichsstadt Nürnberg gegen die sechste Stunde des Abends ein Mann trat, sich bedächtig allenthalben umsah, dann die Thüre sorgfältig verschloß und, von der Dunkelheit begünstigt, seinen Weg über den grünen Markt nahm. An dem Portale des neuen Rathhauses warf eine Laterne ihr helles Licht auf ihn und man unterschied eine dürftig bekleidete, vorwärts gebeugte Gestalt, Kopf und Hände eingehüllt in altem zernagten Pelz, an den Füßen plumpe, mit Wolle ausgefütterte Stiefeln. Er trat auf den wachthabenden Hellebardierer zu und jetzt beleuchtete ein Lichtstrahl auch das Gesicht. Eine scharf gebogene Habichtsnase, zwei kleine, unter buschigten Brauen hervorstechende Augen und ein langer, grauer Bart, den Mund völlig bedeckend und bis zum Gürtel reichend, traten aus der Verhüllung hervor.
»Der hohe Rath, ist er noch versammelt?« fragte er mit übelklingender Stimme den Stadtwächter.
»Fort, Jude!« polterte dieser, die Waffe ihm entgegenstreckend.
»Aber Ihr könnt mir doch sagen –« begann der Zurückgewiesene wieder.
»Willst Du gehen,« wetterte der erboste Thürsteher und die erhobene Hellebarde trieb den Fragenden in die Dunkelheit zurück.
»Daß Dich treffe der Fluch des hochgelobten Gottes Adonay, verdammter Gojim!« murmelte der Sohn Israel's, indem er seinen Weg durch die Dielinggasse und über den Dielinghof fortsetzte. Am Bonersberge blieb er vor einem großen Hause stehen und schien nochmals zu überlegen. Endlich pochte er mit zwei kräftigen Schlägen an die Pforte; es öffnete sich gleich darauf das Fensterlein des Thürhüters und eine tiefe Baßstimme fragte nach dem Begehr.
»Seiner Gestrengen, der Herr Bürgermeister und Rath von Grundherr, ist er zu Hause?« forschte der nächtliche Besucher.
»Ist zu Hause!« war die Antwort des Kustos. »Was wollt Ihr?«
»Wichtiges hab' ich ihm zu hinterbringen.«
»Wer seid Ihr?«
»Ein treuer Knecht des Herrn Bürgermeisters.«
»Ich muß den Namen wissen!« –
»Ihr müßt wissen durchaus den Namen? Ich heiße Abraham Ben Ismael und wohne am Mehlgäßlein.«
Kaum hatte der Pförtner solches vernommen, als er hastig das Fensterlein zuschlug und den Juden ohne Bescheid in der Kälte stehen ließ. Dieser, in der Meinung, daß er ihn zu melden gegangen sei, harrte geduldig eine Viertelstunde, allein da sich immer noch nicht die Thüre öffnete, so wagte er nochmals den Klopfer zu berühren und durch wiederholte Schläge seine Gegenwart kund zu geben. Der Kopf des Thürhüters erschien abermals, aber jetzt nicht, um nach dem Begehr zu forschen, sondern um eine Fluth von Scheltworten auf den vor Frost zitternden Hebräer herabzudonnern. »Galgengesicht!« klang es, »Du wagst es, einem ehrbaren Herrn des hohen Raths mit Deiner Gegenwart zu nahen? Glaubst Du, weil der Herr Dich vor zwei Jahren aus dem Kerker erlöste, in den Dein Wandel Dich gebracht hat, Du sei'st verbunden, dieses fleckenlose Haus zu verunreinigen? Die eiserne Jungfrau hätten sie Dich küssen lassen sollen, das wäre Dir wohl bekommen. Fort, oder ich hole die Geisel und dann sei der Teufel Deiner verworfenen Seele gnädig!« Und abermals schloß sich das Fensterlein und nahm so dem Juden jede Hoffnung, in das Haus zu gelangen. Eine Thräne des Zorns drang aus seinem Auge, aber gewohnt, täglich diese Behandlung zu ertragen, wollte er eben sich zum Heimweg anschicken, als zwei Diener mit Fackeln, vorleuchtend einem in dichte Pelze gehüllten Frauenzimmer, die Straße heraufkamen und vor dem Hause des Raths Halt machten. Während sich die Tritte des diensteifrigen Pförtners im Hausflur und das Klirren des mächtigen Schlüsselbundes hören ließen, hatte die Maid die Kaputze etwas gelüftet und das liebliche Antlitz einer Jungfrau lugte hervor. Abraham Ben Ismael, der sich hinter einen der Thürpfosten zurückgezogen hatte, erkannte die Tochter des Hausherrn und sogleich war er entschlossen, die Protektion der schönen Margarethe zur Erreichung seiner Absichten in Anspruch zu nehmen.
»Verzeiht meine Keckheit, hochgeborene Jungfrau!« sprach er vortretend. »Ich muß dringend sprechen Euern Herrn Vater; es hängt davon ab das Wohl Eures Hauses, wie das der Stadt Nürnberg und deshalb bitte ich inständig, mir zu verschaffen für fünf Minuten Gehör.«
»Wer seid Ihr?« forschte das Mädchen mit lieblicher Stimme.
»Ich bin unwerth, zu überschreiten die Schwelle dieses Hauses, aber die Dankbarkeit gegen meinen Wohlthäter macht es mir zur Pflicht, ihn zu warnen vor drohender Gefahr. Ich bin der Jude Abraham Ben Ismael.«
Das Mädchen trat erschrocken einige Schritte zurück, aber eben so schnell näherte sie sich wieder und sprach: »Kommt herein und wartet ein wenig, ich werde Euch bei meinem Vater melden.« – Unterdessen war die Thüre geöffnet worden und der Pförtner hatte den Verdruß, den Juden, von der Tochter des Hauses beschützt, ebenfalls mit eintreten zu sehen. –
In einem hohen gothischen, von Wachskerzen beleuchteten Gemach saß zu derselben Zeit der Bürgermeister und Schöppe des hohen Raths der freien Reichsstadt Nürnberg, Kaspar von Grundherr, am Schreibtische von Eichenholz, beschäftigt, Schriften durchzulesen und, wo es nöthig, erläuternde Worte anzuhängen. Er war ein hoher kräftiger Mann, noch nicht über den Herbst des Lebens hinaus, mit biederem, herzlichen Ausdrucke in den Zügen seines Antlitzes. Die reiche Amtskleidung hatte er, kurz zuvor aus dem Rathe heimgekehrt, abgelegt; ein einfacher schwarzer Sammtüberwurf nahm deren Platz ein und ein Barett bedeckte sein Haupt. Nachdem er noch eine gute Weile fortgearbeitet hatte, wandte er sich mit streng gefalteter Stirne zu dem an der Thüre harrenden Juden. »Rede jetzt, Abraham,« sprach er, »was Dich veranlaßt, so ungestüm in mein Haus zu dringen.«
Der Angeredete trat einige Schritte näher und begann: »Schon zwanzig Jahre sind es, Herr, daß mir der hochlöbliche Rath der Stadt ertheilt hat die Erlaubniß, darin zu treiben mein Gewerbe. Ich habe redlich gehandelt und genommen mäßige Zinsen von denen, die meiner bedurften. Und der Gott unserer Väter hat mich gesegnet dafür und hat vermehret mein Gut.«
»Zur Sache!« rief der Rath unmuthig.
Und der Jude fuhr, einen Theil seines Lebens überspringend, fort. »Ihr wißt, gestrenger Herr, daß ich vor sechs Jahren Rebekka, die Tochter des Rabbi David, einführte in mein Haus als mein Gemahl. Sie ist jung und schön und gefiel Manchem, dem sie nicht gefallen sollte. Und obgleich ich nur ein verworfener Knecht der kaiserlichen Reichskammer bin, so hielt ich doch auf die Ehre meines Hauses und meines Weibes. Darob ward ich fälschlich angeklagt; man warf mich in's Gefängniß, gab meinem Flehen, den Betheuerungen meiner Unschuld kein Gehör und ich schmachtete über ein Jahr ohne Urtheil. Aber die Gerechtigkeit lebte dennoch und in Euch fand ich einen Beschützer, der mir die Thüre meines Kerkers öffnete und mich heimkehren ließ zu meinem Weib. Noch war mir nicht vergönnt, gestrenger Herr, zu danken Euch dafür, aber jetzt versagt mir es nicht und erlaubt, daß ich den Staub Eurer Schuhe küsse mit dankbarem Herzen.« Und er stürzte zu den Füßen des Raths und Thränen der Rührung drangen über die bleichen Wangen.
Dieser aber erhob sich: »Steh' auf! Wenn Dich sonst nichts zu mir führt, als Deine Litanei, so packe Dich und störe mich niemals wieder.«
»Verzeiht, Herr,« entgegnete Abraham, sich erhebend, »daß ein verworfener Jude es wagt, Euch zu belästigen, aber die Dankbarkeit für die Rettung meiner Ehre und meines Lebens ist tief gepflanzt in mein Herz und ich konnte ihr jetzt nicht widerstehen. Auch habe ich noch nicht geendet.«
»Nun so rede, aber spute Dich.«
»Der Sohn meines leiblichen Bruders lebt in meinem Haus. Aus Mitleid dulde ich ihn, denn er ist kein Gerechter in Edom und hegt sträflichen Umgang mit Dirnen und in der Schenke. Gestern in der Nacht kam er nach Hause und sprach vieles in trunkenem Zustande, welches mir nimmer gefällt. So vernahm ich, daß sich zusammenrotten verschiedene Gewerbe in ihren Zunfthäusern und Trinkstuben, daß sie mißdeuten alle Verordnungen des hochlöblichen Magistrats, daß sie behaupten ohne Scheu, der Kaiser Ludwig lebe noch und der Rath sei ihm treulos geworden und wollte die Stadt verkaufen an den König von Böheim, – und noch viele andere ungereimte Reden, die mir auszusprechen verbietet die Ehrfurcht. Zuletzt haben sie sich verschworen, zu wählen aus ihrer Mitte einen neuen Rath, der treu hinge an dem Kaiser Günther von Schwarzburg und sich nicht neige auf die Seite des Luxemburgers. Das ist es, gestrenger Herr, was mich her trieb zu Euch, damit ich vergelten kann, was Ihr Gutes gethan habt, mir und meinem Weibe.«
Der Herr von Grundherr war nicht ungerührt von der Treue des Juden. »Ihr habt mir Euern guten Willen gezeigt, Abraham, und ich danke Euch,« versetzte er, »doch sind Eure Mittheilungen unstatthaft und was Ihr saget, ist bereits einem hochlöblichen Rath bekannt. Auch sind Ermahnungen an die unruhigen Köpfe ergangen, die diesem Unwesen bald ein Ende machen werden. Jetzt verlaßt mich.«
Der Jude wollte nochmals zu sprechen beginnen, allein ein strenger Fingerzeig des Raths nach der Thür war hinreichend, daß er das Zimmer verließ. Als der Pförtner aus der warmen Stube mußte, um ihm die Thüre zu öffnen, erlaubte er sich, diese Gefälligkeit mit einem Fußtritt zu begleiten, den der arme Israelite ebenfalls noch geduldig zu tragen gezwungen war.
Kurz darauf öffnete sich das Zimmer des Bürgermeisters wieder und seine Tochter hüpfte herein. Sie eilte auf den Vater zu und drückte einen herzlichen Kuß auf seine Stirne. »Viele Grüße, Väterchen, von dem Herrn Vetter, der Frau Muhme, meiner Freundin Kunigunde und –«
»Nun weßhalb stockst Du? Nicht auch von Ludwig?«
»Ach ja! auch von ihm!« entgegnete die Jungfrau erröthend.
»Und Du zögerst, seinen Namen auszusprechen?« forschte der Vater. »Närrisches Kind, ich hoffe, daß Du desto mehr an ihn denken wirst und ich finde es sehr in der Ordnung, wenn Du Dich seiner stets erinnerst. Oder liebt Ihr Euch nicht mehr?«
Statt der Antwort barg die Jungfrau den Lockenkopf beschämt an der Brust des Vaters.
»Nun, ich will doch nicht hoffen, daß Ihr Euch entzweit habt?« fragte der Rath heftiger.
»Doch ein bischen!« versetzte Margarethe, ihm die Wange streichelnd.
»Und weßhalb?«
»Nicht wahr, Ludwig soll mich einst als sein Weib heimführen in das Haus seiner Eltern?« fragte das Mädchen, kindlich naiv.
»Natürlich!« versetzte der Herr von Grundherr, »und kommendes Pfingstfest soll der Tag Eurer Verlobung sein.«
»Nun, siehst Du, Väterchen, und nun will er in der nächsten Woche an das Hoflager des böhmischen Königs und will nicht mehr wiederkommen.«
»Ist es möglich?« rief der Bürgermeister lachend. »Ja, dann hast Du ganz Recht, wenn Du zürnst.«
»Und,« fuhr Margarethe eifrig fort, »dann sprach er von Schlachten, von Kampf und Tod, daß es mir ganz bange ward. Ich ließ mich auch nicht von dem Abscheulichen heim begleiten und als er mir beim Abschied einen Kuß geben wollte, machte ich ihm einen Knix und drehte mich um.«
»Ganz recht!« versetzte der Vater scherzend; »das darfst Du nicht leiden! Ein Bräutigam und sich todtschießen lassen? Nein, nein, mein Kind, da müssen wir dazwischen treten, das darf nicht sein. Doch weißt Du auch, Margarethe, daß wir in der nächsten Woche den böhmischen König Karl IV. hier erwarten? Er ist der Gegenkaiser Günther's; der sämmtliche Adel Frankens hat ihm gehuldigt und Nürnberg öffnet ihm die Thore. Am Ende weiß es Ludwig schon und trieb seinen Muthwillen mit Dir.«
»Der Schelm!« rief Margarethe mit komischer Entrüstung. »Ja! da ist es ihm leicht, an das Hoflager zu gehen. Aber warte! Du sollst mir dafür büßen,« setzte sie, mit dem Finger drohend, hinzu; »keinen Kuß mehr, und wenn Du verzweifelst.«
»Recht so!« bekräftigte der Vater, »jedes Vergehen zieht Strafe nach sich. Doch jetzt gib mir noch einen Kuß und dann laß mich allein, weil ich noch beschäftigt bin. –«
Unterdessen war der Jude Abraham, vergnügt, seinen Endzweck dennoch erreicht zu haben, eben so vorsichtig, als er es verlassen, nach seinem Hause zurückgekehrt. In einer Hinterstube desselben saß Rebekka, sein Weib, auf weichem Polster und sang mit lieblicher Stimme ein Knäblein in den Schlaf. Als der Gatte eintrat, lächelte sie ihm freundlich entgegen und forschte, ob er den Herrn Bürgermeister gesprochen und ob dieser seine Worte berücksichtigt habe.
Abraham hatte unterdessen seine rauhe Bekleidung abgeworfen und sich in dürftigem, aber reinlichem Hausgewand neben seiner Gattin niedergelassen. »Mein trautes Kleinod,« sprach er, den Arm um ihren Nacken schlingend, »wie glücklich macht mich dieser Tag! Ich habe gehabt Gelegenheit, unserm Wohlthäter zu danken für die hohe Gnade, die er an uns ausgeübt hat; es war mir vergönnt, ihn zu warnen vor den bösen Rathschlägen des Volkes und er war gütig gegen mich und hat mich nicht getreten und verflucht, sondern mir gedankt für den geringen Dienst.«
»Hat er?« versetzte Rebekka, sichtlich erfreut. »Siehst Du, Abraham, daß es auch unter den Goyim's gute Menschen gibt, die uns nicht verachten. Ja, er ist ein guter Herr, der Herr Bürgermeister und Du mußt ihm auch ferner dienen, soviel Du kannst.«
»Das werd' ich, meine Perle!« und liebend küßte er sie auf die Stirne und auf den Mund und freute sich seines häuslichen Glücks. Als gegen die zehnte Stunde der Nacht auch sein Neffe, der Aaron, heimkehrte von dem Trinkgelage, war er auch freundlich gegen ihn und ermunterte ihn, zu forschen nach den bösen Rathschlägen und ihm mitzutheilen alles. Und Aaron versprach es.
Vier Wochen waren seit jenem Abend verstrichen. Der deutsche Kaiser Karl IV. war unterdessen durch Franken gezogen und hatte von dem Rath der Stadt den Schwur der Treue erhalten. Alsdann hatten ihn ausgebrochene Unruhen nach seinem Erblande Böhmen zurückgetrieben, wo er mit Strenge das Recht handhabte, um im Spätjahr zur Kaiserkrönung nach Aachen zu ziehen.
So ruhig sich auch alles Volk während seiner Anwesenheit in Nürnberg verhielt, so stürmisch ging es nach seinem Abzuge von Neuem los. Die Gewerbe, bis auf die Metzger und Messerschmiede, rotteten sich immer mehr zusammen und wagten endlich, den Rath eine Eingabe zu überreichen, in der die Abstellung der Mißbräuche in der Rathswahl, Befreiung von allen Steuern und Anhänglichkeit an den Kaiser Günther von Schwarzburg gefordert wurde. Da der Rath es nicht für nöthig fand, auf solche Forderungen etwas zu erwidern, so wählten die Unzufriedenen Versammlungsorte, wo sie bewaffnet in drohender Stellung erschienen.
Eines Abends kehrte der Jude Abraham Ben Ismael von einer Wanderung heim, die er in Geschäften nach Altdorf und Hersbruck unternommen, und da der Strahl der Frühlingssonne immer noch nicht die Erde erwärmen wollte, so schritt er, tief in seinen Pelz gehüllt, zum Lauferthor herein. Als er in die Nähe des Dominikanerklosters zunächst dem Rathhause kam, sah er schwarze Gestalten längs der Mauer hinschlüpfen und durch eine kleine Pforte des Klosters verschwinden. »Wie?« dachte er, »da könnte ich ja erfahren auf einmal, was man zu thun beabsichtigt. Daß sich der größte Theil der Unzufriedenen im Kreuzgange dieses Klosters versammelt, erfuhr ich schon längst durch den Aaron, mit der Losung hat der Bursche sich auch – der Gott meiner Väter weiß auf welche Weise – bekannt gemacht und so bliebe mir nichts übrig, als die Dunkelheit zu benützen und ebenfalls als Mitwissender zu erscheinen.« Dem Gedanken folgte sogleich die Ausführung, die Thürwächter erhielten das Losungswort und einige Augenblicke darauf befand sich Abraham an Ort und Stelle.
Eine beträchtliche Anzahl aus verschiedenen Gewerben war bereits versammelt und stritt sich, nach der Art des gemeinen Volkes, über Sachen, die das Bereich ihrer Kenntnisse weit überstiegen. Obgleich der Kreuzgang durch Fackeln nur ein spärliches Licht erhielt, so zog der Jude dennoch die Pelzmütze tiefer in's Gesicht und drückte sich hinter einen Pfeiler, von wo er Alles, aber man ihn nicht leicht bemerken konnte. Unter den verschiedenen Sprechern, die das Ohr der Versammelten mit goldnen Weissagungen kitzelten, zeichnete sich vorzüglich ein kleiner, korpulenter Mann aus, der mit bewunderungswürdiger Rednergabe auf den Rath loszog und durch Lügen und Ränke die Köpfe der ohnehin exaltirten Handwerker noch mehr erhitzte. Es war ein Harnischmacher, Namens Haubenschmidt, seines langen, spitzen Bartes wegen, gewöhnlich Geisbart genannt.
»Wo sind die Privilegien,« rief er mit kräftiger Stentorstimme, »die einigen übermüthigen Patrizierfamilien das Recht geben, uns zu beherrschen? Wo sind die Urkunden, in denen wir uns verpflichtet haben, Steuern und Auflagen zu bezahlen, ohne daß über die gute Anwendung des Geldes Rechenschaft abgelegt wird? Wo ist der Majestätsbrief, der den Luxemburger zum Nachfolger des gerechten und weisen Ludwig ernennt? Nirgends, Freunde, finden wir dergleichen. Aber wir sind die Sklaven der Reichen und Adelstolzen; man preßt uns bis auf's Blut, um ihnen die Mittel zu ihrer Verschwendung zu liefern, und zum Ueberfluß zwingt man uns jetzt, den Karl, der uns alle Rechte und Freiheiten nimmt, als deutschen Kaiser anzuerkennen, während der rechtmäßige, von Gott und Kurfürsten erwählte Kaiser, Günther von Schwarzburg, noch lebt und alle unsere Privilegien zu erhalten und zu schützen verspricht.«
»Deshalb, liebe Freunde,« nahm nun der Helfershelfer Geisbart's, der Pfauentritt, wegen seines langsamen und stolzen Ganges also genannt, das Wort: »deshalb müssen wir uns vereinigen und treu zusammenhalten und nicht dulden, daß man uns gleich Unmündigen, gleich Kindern behandle. Wir müssen die Leute, die sich widerrechtlich das Regiment über uns angemaßt haben, zum Teufel jagen und die Schlimmsten aus der Welt bringen, wir müssen aus unserer Mitte einen Rath ernennen und es ihm zur Pflicht machen, jeden Bürger von Steuern und Abgaben zu befreien; fest bin ich überzeugt, daß auch wir die Fähigkeit besitzen, Recht zu sprechen und zu handhaben nach dem Codex des großen Kaisers Justinianus. Ebenso werden wir dann nicht dem Luxemburger ausgeliefert, sondern halten die Treue unserem wackern Kaiser Günther.«
Nachdem also gesprochen war, erhob sich ein dumpfes Summen unter den Versammelten, welches zuletzt in den lauten Ruf ausbrach, daß es so geschehen solle, mit Gottes Hilfe. Da erschien einer der Thüraufseher in dem Koncilium und berichtete, daß ein Abgeordneter des hochlöblichen Raths mit der unzufriedenen Gemeinde zu sprechen verlange. »Fort mit ihm! Wir hören ihn nicht!« riefen Geisbart, Pfauentritt, Gramlieb und mehrere ihrer Anhänger, aber der größte Theil bestand darauf, wenigstens zu hören, was der Rath wünsche, und so mußten auch die Rädelsführer sich endlich bequemen, dem Gesandten Gehör zu gönnen.
Dieser erschien nun und nahm auf einem Stein, der als Rednerbühne galt, Platz. Nachdem er in einer langen Rede die Wichtigkeit seiner Sendung dargethan hatte, schloß er endlich mit folgenden Worten, die uns Chronist Meisterlin getreu wiedergiebt: »Seyd doch überzeugt, liebe Bürger, daß der Rath die Bürgerschaft für nichts hält, als für Leute, die seine Regierungsverwaltung aus freiem Willen anerkennen und daß die Glieder desselben ihre Pflicht, die Stadt nach Gottesordnung und zur Beförderung der gemeinen Wohlfahrt zu regieren, gar wohl wissen und fleißig ausüben. Es ist daher billig, daß die Glieder dem Haupt Folge leisten, so lange sich dieses nach Gottes Ordnung richtet. Glaubt deshalb nicht, der Rath wisse nicht, daß er an dem Kaiser einen Oberherrn hat, er hat vielmehr nur dessen Befehl und den Willen des apostolischen Stuhls befolgt. Sollte auch, wie einige der Sache Unkundige vorgeben, das deutsche Reich wanken, so kann der Rath jede Wendung mit unverletztem Gewissen abwarten. Bedenkt, daß die mächtigsten Republiken durch innerliche Uneinigkeit zu Grunde gerichtet wurden und daß Ihr ein schweres Verbrechen begeht, das Strafe und unauslöschliche Schande nach sich ziehen muß, wenn Ihr Euch gegen Eure Obrigkeit auflehnt, die ihre Pflicht jederzeit beobachtet hat. Diejenigen, welche dem Rath getreue Nachricht von dem geben, was in der Stadt vorgeht, sollen, wenn sie auch Verbrecher, Verschuldete und selbst Mitschuldige des Aufruhrs sind, von aller Strafe befreit sein und Geschenke erhalten. Man hat freilich Ursache gehabt, gegen einige, deren Verschuldung unleugbar ist, mit Strenge zu verfahren, allein der Rath will Mäßigung vorwalten lassen, um die Bürgerschaft nicht selbst in's Verderben zu stürzen und in die Gefahr, ein Verbrechen der beleidigten Majestät zu begehen, zu bringen. Der Rath hat von allen Euren Anschlägen genaue Kenntniß und weiß sogar die Namen Derjenigen, die ihr zu ermorden beschlossen habt; demohnerachtet will er Euch aber Zeit lassen, die Waffen niederzulegen, Eure Vermessenheit einzusehen und zu bereuen und um Verzeihung zu bitten, damit er die Gezwungenen entlasten kann und die Unterdrückten Erleichterung erhalten.«
Als er geendet hatte, entfernte er sich in der festen Ueberzeugung, durch seine Überredungskunst den Aufruhr gestillt zu haben. Wirklich waren auch viele der Versammelten geneigt, der Aufforderung Gehorsam zu leisten, aber die Häupter der Empörung, für die es äußerst gefährlich gewesen, wenn die Sache in Gutem beigelegt worden wäre, boten alle Kunstgriffe auf, um von Neuem an den glimmenden Funken zu schüren und ihn zu hellen Flammen anzufachen.
»Zu spät!« rief Geisbart, »zu spät jeder Vergleich. Glaubt ihnen nicht, Freunde und Nachbarn! Diese adelstolzen Patrizier können nimmer verzeihen, daß wir an ihrer Untrüglichkeit gezweifelt; aber weil wir zu mächtig sind, um mit Gewalt uns entgegenzutreten, suchen sie uns zu beruhigen und in die gewöhnlichen Schranken der Ordnung zurückzuführen. Sind sie erst wieder die Mächtigen, dann nehmen sie einen nach dem andern beim Schopf und der hölzerne Dreibein vor dem Frauenthor bringt ihn auf ewig zur Ruhe. Nein, laßt uns fest zusammenhalten und fürchtet euch nicht; der Kaiser Günther ist unser Beistand und bestätigt im voraus Alles, was geschieht.«
»Und damit sie am Ende nicht doch Uneinigkeit zwischen uns werfen oder den Luxemburger zum Beistand herbeirufen,« fuhr der bedächtige Pfauentritt im Geiste seines Kollegen fort, »so halte ich für dringend nothwendig, daß rasch gehandelt werde. Unsere gerechten Forderungen wollen sie nicht erfüllen, was bleibt uns daher übrig, als mit Gewalt sie zu erringen? Deshalb begebt euch jetzt ruhig nach Hause, Freunde und Nachbarn, und erwartet den Beschluß, den ich im Verein mit unserem wackeren Geisbart und euren Aeltesten und Obermeistern zur Reife bringen werde.«
Pfauentritt's concio missa est war für das Gesindel das Signal, den Rückweg anzutreten, denn die Rädelsführer trauten ihren eigenen Genossen nicht und suchten darum den Plan zur Ausführung so wenig wie möglich unter der wandelbaren Menge zu verbreiten. Es blieben daher nur etwa zwanzig zur engeren Berathung.
Von diesem allen hatte Abraham Ben Ismael keine Silbe verloren und die Vorsicht rieth ihm, mit der Menge davonzuschleichen und unentdeckt das Gehörte zum Besten der Stadt zu benützen. Allein die Hauptsache war ja noch nicht entschieden, der Tag des Aufstandes und das Wie der Ausführung sollte erst jetzt beschlossen werden. Reiz genug für den muthigen Juden, die Dunkelheit seines Verstecks noch ferner zur Vereitelung der verbrecherischen Pläne der Aufwiegler zu benützen und dann bei dem Abgang der Uebrigen eben so unentdeckt sich mit zu entfernen.
Und nun war er verurtheilt, Dinge anhören zu müssen, vor denen ihm schauderte. So beschloß man unter andern, den Moment der Ausführung auf den Mittwoch nach Pfingsten festzusetzen. Wenn an diesem Tage das Rathsglöcklein die Versammlung des Raths anzeigen würde, wollte man in Massen auf das Rathhaus stürmen und die sämmtlichen Herrn ermorden. Zu gleicher Zeit sollte eine andere Partie in die Hauser der Juden einfallen, so viel man deren habhaft werden könnte, todtschlagen und was sich an Werth daselbst fände, rauben und brüderlich theilen. Alsdann sei ein neuer Rath aus den Bürgern zu erwählen, die Stadtthore müßten geschlossen und der Kaiser Günther aufgefordert werden, mit Macht herbei zu ziehen und seine Getreuen gegen allenfallsige Angriffe zu vertheidigen.
Als Abraham auch von der Beraubung und dem Untergang seiner Glaubensgenossen hörte, erwachte die leidige Geldgier des Juden mächtig in seiner Brust, und die fürchterlichste Angst, den zusammengehäuften Mammon zu verlieren, überwog alle Einwürfe der Vernunft. Er sah sein Haus in diesem Augenblick schon bedroht, er mußte hinaus und schnell retten, was noch zu retten war; seine Besonnenheit hatte ihn verlassen. Diese übereilte Besorgniß war sein Verderben. Denn als er nun den Versuch machte, begünstigt durch den Schatten der hohen Pfeiler, in den Klosterhof zu schleichen und von dort aus das Pförtchen zu gewinnen, wurde einer der Verschworenen auf die Gestalt aufmerksam, packte sie mit raschem Griff am Kragen und zog sie zum Fackelschein.
»Ein Lauscher, ein Verräther!« klang es wild aus dem Munde der Versammelten und: »Nieder mit ihm!« war das schnelle Urtheil Geisbart's. Man riß dem Zitternden die Pelzmütze ab und mit Staunen und Wuth erkannten alle den Juden Abraham, den Verworfenen in einem christlichen Gotteshause. »Stoßt ihn nieder!« rief nochmals der verwegene Rädelsführer und: »Stoßt ihn nieder, den Hund, der uns belauschte, unser Gotteshaus verpestet hat!« riefen die übrigen ihm nach. Zwanzig Messer erhoben sich zu gleicher Zeit und der unglückliche Hebräer würde schon im nächsten Augenblick das Opfer seiner Unbesonnenheit gewesen sein, hätte ihn nicht der bedächtigere Pfauentritt in Schutz genommen.
»Hier an heiliger Stätte wollt ihr einen Mord begehen?« sprach er. »Fürchtet ihr nicht den Fluch der Väter Dominikaner, die uns in den Hallen ihres Klosters eine sichere Zusammenkunftsstätte gegeben haben? Bedenkt, daß sie unsere treusten Verbündeten sind und daß ohne ihren Beistand das gefahrvolle Unternehmen nicht gelingen kann.«
»Aber wenn wir den Hund laufen lassen, so verräth er alles!« rief Geisbart.
»Deshalb bitten wir den Pater Guardian, ihm bis nach dem Tag der Ausführung eine Wohnung unter der Erde anzuweisen, und sind wir einmal die Herren, dann werden wir schon Mittel finden, dem Verräther eine kleine Feuertaufe zu geben,« versetzte Pfauentritt.
»Recht so!« sprach Geisbart beruhigt; »oder wir übergeben ihn dem strafenden Arm der Kirche völlig, weil er ein christliches Bethaus besudelt hat.«
Ohne auf die Bitten und das Jammergeschrei des armen Abraham zu hören, packten ihn einige nervige Fäuste und der Pater Guardian, der davon unterrichtet wurde, fand es für höchst nothwendig, den Juden aus der Welt verschwinden zu lassen. Kurz darauf hatten auch die Verschwornen ihre Berathung zu Ende gebracht und als die Glocken vom St. Sebaldusthurme die Stunde der Mitternacht verkündigten, war in dem Dominikanerkloster und auf den Straßen Alles in der tiefsten Ruhe.
Und wieder läuteten die Glocken von Sankt Sebaldus und riefen die frommen Bewohner Nürnbergs zum Gebet. Es war der Morgen des zweiten Pfingsttages. Eine drückende Schwüle lag drohend über der Reichsstadt. Schon am frühen Morgen waren die Verschwornen in Schaaren hinausgezogen auf die Gritz, um beim Becherklang in Waldesnacht die gereiften Pläne vollends auszubilden. Der auf eine unbegreifliche Weise sorglose Rath ließ sie nach Gutdünken schalten und walten, Waffen tragen und auf öffentlicher Straße Schmähungen ausstoßen und konnte sich durchaus nicht mit dem Gedanken vereinigen, daß der Pöbel gegen die von Gott eingesetzte Obrigkeit Böses im Sinn haben könne. Er hatte zwar schon vor längerer Zeit einen Gesandten nach Böhmen geschickt und den Kaiser ersuchen lassen, selbst zu kommen und den Frieden herzustellen, allein Karl, der in seinen Erblanden viel zu thun fand und sich die Umstände auch wohl nicht so arg vorstellen mochte, schickte bloß einen Kommissär, Konrad von Heideck, der den Rath und die Bürgerschaft vergleichen und alle Beschwerden abstellen sollte. Dieser, bald einsehend, daß hier an keinen Vergleich mehr zu denken war, forderte die Glieder des Raths auf, sich mit ihm aus der Stadt zu begeben, und in Sicherheit abzuwarten, bis der Kaiser in Person und mit Macht dem Unheil steuern würde. Allein trotz dieser Einladung zogen nicht mehr als sechs Räthe mit ihm ab, die anderen blieben, um den völligen Ausbruch der Empörung abzuwarten.
Etwa zu derselben Zeit, als Geisbart und Genossen auf den waldigen Höhen der Gritz, – des jetzigen Schmausenbucks, – dem deutschen Reich einen Kaiser nach ihrem Sinne zu geben sich vermaßen, näherte sich ein feierlicher Zug dem Portale der Sankt Sebalduskirche. Es wurde die Verlobung des Junkherrn Ludwig von Volkamer mit der Jungfrau Margarethe von Grundherr gefeiert. Da Ludwig zwar am Hoflager des Kaisers in Nürnberg gewesen, aber weder in Kampf noch Tod gezogen war, so hatten sich die Liebenden bald wieder versöhnt und der zweite Pfingsttag wurde wirklich der ihrer Verlobung.
Das Grundherr'sche Haus war zu dieser Festlichkeit auf's Prächtigste ausgeschmückt. Den ganzen Vorplatz bedeckten Binsen, ein, zu jener Zeit sehr gebräuchlicher Luxus. Vor der Eingangspforte waren große Gefäße mit den Kindern des Lenzes, duftenden Blumen, angebracht, und Guirlanden von Buchs und Immergrün zogen sich an der Wendeltreppe in die oberen Stockwerke. Durch den großen Ehrensaal des Hauses lief eine lange bedeckte Tafel und auf ihr glänzten silberne Schüsseln und Pokale, sowie die bei derartigen Gelegenheiten eingeführten Schauessen. Da kehrten gegen Mittag die Verlobten mit Aeltern und Verwandten aus der Kirche zurück und nun riefen die Pfeiffer zum Genuß dessen, was die Kochkunst des Mittelalters Ausgesuchtes darbot. Natürlich, daß auch die nichtverwandten Räthe und Patrizier der Stadt geladen worden waren, und so sah das Grundherr'sche Haus den ganzen reichsstädtischen Adel während der dreitägigen Dauer des Festes in seinen Hallen.
Schon am ersten Tage hatte sich viel unnützes Volk auf dem Bonersberge versammelt. Man zog über die übertriebene Pracht los, man schmähte laut die ein- und ausgehenden Patrizier, man drohte sogar, ihnen das Mittagsmahl zu versalzen. Doch blieb es für heute nur bei den Drohungen, denn eine sechs Mann starke Wache, mit der der Rath das Haus zu besetzen für nöthig befunden, hielt die Volksmenge, größtentheils aus Weibern bestehend, von Thätlichkeiten ab. Allein am Dienstag nahm der Tumult schon so bedeutend zu, daß der Stadtschultheiß durch einen Ausrufer bekannt machen ließ, daß, wenn nicht binnen einer Stunde der Platz geräumt sei, ein Fähnlein Rumorknechte die Ruhe wieder herstellen werde und die Malefikanten Kerkerstrafe zu erwarten hätten. Dies wirkte abermals, doch war es der letzte Befehl, dem gehorcht wurde.
Denn als nun der verhängnißvolle Mittwoch-Morgen erschien, herrschte eine Todtenstille in der ganzen Stadt. Beinahe Jedermann wußte, daß heute der entscheidende Schlag geschehen sollte, nur der Rath selbst lebte immer noch in der größten Sorglosigkeit. Schon um die achte Stunde hatten sich sämmtliche Glieder desselben abermals im Grundherr''schen Hause versammelt, um mit einem glänzenden Frühstück die Verlobung zu beschließen. Der Wein floß in Strömen, und die ausgesuchtesten Leckereien, herbeigeschafft aus den Hansestädten und aus Venedig, belasteten die Tafeln. Die Gäste genossen reichlich die edlen Gaben des Wirths und trieben dabei allerlei launische Kurzweil, als plötzlich ein verworrenes Geschrei auf der Straße sie nach den Fenstern zog. Eine große Menschenmasse hatte sich vor dem Hause versammelt und hundert Stimmen johlten: »Heraus mit dem Juden, mit dem Verpesteten heraus!« Eben wollte der Herr des Hauses über den sonderbaren Ruf Nachfrage halten lassen, als die Thüre aufgerissen wurde, eine bleiche blutige Gestalt, gefolgt von Dienern und Rumorknechten athemlos in den Saal stürzte und entkräftet zu den Füßen des Bürgermeisters niedersank.
Entsetzt wichen alle Anwesenden zurück, aber der Hausherr hatte diese Züge, die jetzt entstellt und zerrissen waren, schon einmal gesehen, und mit den Worten: »Abraham Ben Ismael!« trat auch er drei Schritte von dem Ohnmächtigen hinweg. »Ein Jude! Ein Unreiner!« rief Alles und flüchtete sich in die anstoßenden Gemächer; nur der Herr von Grundherr blieb. Unterdessen hatte sich der Flüchtling etwas erholt und preßte nun, auf den Knieen liegend, mit der letzten Kraftanstrengung die Worte heraus: »Herr! – Die Aufwiegler wollen – heute – den ganzen Rath – ermorden!« dann brach er abermals kraftlos zusammen.
Der Bürgermeister, durch solche Worte, die bei diesen Umständen durchaus auf keiner Täuschung beruhen konnten, beunruhigt, gebot den Dienern sich zu entfernen und das Volk auf der Straße zur Ruhe zu bringen; dann stärkte er den entkräfteten Mann durch Wein und Imbiß und forderte ihn auf, schleunig zu erzählen, wo er seither verborgen gewesen und was er wisse. Der Jude erzählte hierauf die Ereignisse jener Nacht in dem Kreuzgang des Dominikanerklosters bis zu dem Augenblick, wo er in ein elendes Gefängniß geworfen worden war. Nach einer kleinen Pause fuhr er in seiner Erzählung fort: »Drei fürchterliche Tage verlebte ich so, gepeinigt von Hunger und Durst und schon den festen Gedanken fassend, daß über mich verhängt sei der Hungertod. Da erschien ein alter Klosterbruder, reichte mir etwas schlechte Nahrung und setzte dies fort Tag für Tag. Es wühlte in meinem Innern die Angst und die Verzweiflung und ich fand doch keinen Ausweg, zu entrinnen und die Stadt durch Euch, Herr, zu befreien von der drohenden Gefahr. Eben so wenig wußte ich, ob es sei Tag oder Nacht, Sabbath oder Werketag, bis endlich vor drei Tagen ein dumpfes Glockengeläute und ein Grabgesang von vielen Stimmen bis in meinen Kerker drang. Auf Befragen antwortete mir der alte Frater, daß der erste Tag des Pfingstfestes eingeläutet und gerade über mir von dem hochwürdigen Herrn Prior die Messe gehalten werde.«
»Immer noch hatte ich Hoffnung, befreit zu werden vor der entscheidenden Stunde, allein jetzt sah ich deutlich, welches Schicksal mir bevorstand, und meinen Brüdern und der guten Stadt. Durch einen schwachen Lichtstrahl in die Nacht meines Gefängnisses sah ich den folgenden Tag kommen und gehen, ebenso den gestrigen und es erschien der Morgen von heute. Es öffnete sich auch bald darauf die eiserne Thür und mein Wärter brachte mir das gewöhnliche Gericht, Wasser und Brod. »Läßt du ihn jetzt gehen, so ist es zu spät, so bist du verloren, hundert wackere Menschen sind es mit dir und finden durch dein Schweigen den Tod!« so rief es laut in meinem Innern und ich ergriff mit wahnsinniger Wuth den Frater, schleuderte ihn auf mein Strohlager und warf die Thüre des Kerkers hinter mir in's Schloß. Ich fand glücklich den Weg zum Kreuzgang zurück und gelangte in den Klosterhof, unangefochten. Allein es waren verschlossen sämmtliche Pforten und im Hofe trieben sich umher dienende Brüder und Knechte, die sahen meine Flucht, erhoben ein großes Geschrei und liefen herzu, mich zu fangen. Aber der hochgelobte Gott Adonay legte Riesenkraft in meine Glieder; ich ergriff eine der am Thore aufgehängten Piken und schlug jeden zu Boden blindlings, der sich mir näherte. Ein Apfelbaum, an der Mauer dicht stehend und über sie hinausragend mit seiner Krone, lenkte auf sich mein Augenmerk, die Bestürzung des Klostervolkes gab mir Zeit, ich schwang mich an ihm hinauf im Hui, erreichte die Mauer, und ein verwegener Sprung ließ mich gelangen auf die Straße. Doch nun waren auch meine Kräfte erschöpft; aber ich raffte mich nochmals zusammen und rannte fort Eurem Hause zu. Und hinter mir her schallte das Hallo der Knechte und des zusammenströmenden Volks, doch sie hatten nicht den Muth zu berühren den verworfenen, unreinen Juden.«
»Armer Abraham!« versetzte der Patrizier gerührt; »Ihr habt viel gelitten um unsertwillen und es soll Euch reichlich vergolten werden, was Ihr gethan habt. Aber nun kehrt heim zu Eurem Weibe, die in großer Trauer über Euer Verschwinden ist und bringt ihr Beruhigung; indessen wollen wir die nöthigen Maßregeln zur Rettung der Stadt ergreifen, damit alles gefahrlos vorübergehe.«
Abraham zögerte noch und der Rath, der ihn zu verstehen glaubte, fügte hinzu: »Ihr habt Furcht, daß man Euch wieder ergreifen möchte und ich glaube selbst, daß dieß sehr wahrscheinlich ist. Doch beruhigt Euch. Ich werde Befehl geben, daß Ihr andere Kleider erhaltet; unterdessen reinigt Euch von den Haaren, die während Eurer Gefangenschaft verwildert sind; so verändert führt Euch die hintere Pforte meines Hauses in ruhigere Straßen und Ihr könnt dann leicht unbemerkt bis zu Eurem Hause gelangen.«
Nachdem der Herr von Grundherr selbst für Alles Sorge getragen hatte, kehrte er zu seinen Gästen zurück und berichtete, was er vernommen. Da überfiel ein panischer Schrecken die Herren des Raths, die ganze Versammlung flog wie Spreu auseinander und Jeder eilte heim, zu retten und sich zu verwahren. Der Stadtschultheiß, die Bürgermeister und einige Räthe blieben, um zu berathen, was in dieser kritischen Lage zu thun sei. Allein trotz der Weisheit dieser Herren wollte sich durchaus nichts Günstiges herausfinden lassen und das endliche Resultat war, daß, weil das Rathsglöcklein den Empörern das Zeichen zum Beginn geben sollte, dieses heute nicht erschalle und ebensowenig Versammlung auf dem Rathhaus gehalten werde. Unterdessen möge jeder der Bedrohten auf seine Rettung bedacht sein, die nur durch eine schleunige Flucht nach Heideck bewerkstelligt werden könne.
Nach diesem Beschluß entfernten sich auch die Letzten aus dem Haus der Freude, nur der Bürgermeister von Grundherr berieth nun mit seiner Tochter und deren jungem Verlobten, was zu beginnen sei. Geflüchtet mußte werden, um der Wuth des Pöbels zu entgehen, denn es war leicht voraus zu sehen, daß wenn das Rathaus, der von Gott selbst für die Obrigkeit geweihte Ort, keine Sicherheit bieten konnte, die Wohnungen der zu Schlachtopfern Auserkornen es noch weit weniger im Stande wären. Aber wie und wohin? Die ausgesandten Diener kamen mit der Nachricht zurück, daß die Thore bereits von den Aufwieglern besetzt seien, und es war nun unmöglich, außer der Stadt Hilfe zu suchen. So kam der Mittag herbei, ohne daß man sich in dem Grundherr'schen Hause für etwas bestimmt entschieden hatte.
Unterdessen waren die Verschworenen auch nicht müßig gewesen. Unter der Veste, am Laufer-, am Lorenzer-, am Jakoberplatze hatten sich schon um 11 Uhr des Mittags die verschiedenen Gewerbe in Rotten versammelt und zogen dann unter Jubel- und Kampfgeschrei auf die Insel Schütt, wo der allgemeine Ort der Zusammenkunft war. Die Anführer stiegen bramarbasirend an den Reihen auf und ab und verhießen Glück und goldene Berge den größtentheils bethörten Handwerkern. Das Rathsglöcklein, welches stets der Stadt das Zeichen der Versammlung des Raths gab, sollte für dieses Mal ihnen das Zeichen zum Beginn des Mordens geben; aber die durch den Juden Abraham Ben Ismael aus ihrer Lethargie aufgeschreckten Räthe versammelten sich nicht und das Glöcklein wurde folglich auch nicht geläutet.
Als nun die Zeit verstrichen war, in welcher dies geschehen sollte, führten sie ihr unsinniges Vorhaben dennoch aus. Sämmtliche Rotten setzten sich in Bewegung und rannten unter gräßlichem Mordgebrüll nach dem Rathhaus. Die geschlossenen Thüren wurden eingeschlagen, alle Zimmer und Behälter durchwühlt, die Bücher, Papiere und Urkunden mit sinnloser Wuth herausgerissen, auf den Boden gestreut und mit den Füßen getreten. (Die Originalurkunde des ältesten, von dem deutschen Kaiser Friedrich II. im Jahr 1219 ausgestellten Privilegiums der Stadt trägt noch heute die Spuren davon.) Geisbart und Pfauentritt nebst den übrigen Anführern nahmen sogleich den gemeinen Schatz in Beschlag, aber sie dachten nicht daran, das Geld auf dringende Fälle aufzubewahren, sondern sie theilten sich brüderlich darein und riefen spottend dabei aus: es habe keine Noth, der Haufe wachse über Nachts wieder. Die Gefängnisse wurden geöffnet, Diebe und Mörder mischten sich unter die rasende Menge und vermehrten durch Blutgier und Rachedurst den Wahnsinn zur höchsten Stufe.
Der Theil der Bürgerschaft, welcher an dem Aufruhr keinen Theil genommen hatte, rottete sich nun ebenfalls zusammen, um Hab und Gut vor der Wuth der Empörer zu beschützen. Die Metzger vorzüglich versammelten sich in ihrem Fleischhause, um sich von dort aus zu wehren. Nachdem auf dem Rathhaus sich niemand vorgefunden hatte, der dem allgemeinen Grimm hätte geopfert werden können, zog der größte Theil ab und vertheilte sich in die Wohnungen der Patrizier. Sie wurden erstürmt; was nicht weggebracht werden konnte, ward zerschlagen und zertreten, geplündert und geraubt alles, was nur einigen Werth hatte. Die Personen, die darin zurückgeblieben, fielen, ohne Rücksicht Alters und Geschlechts als Opfer und die empörendsten und ausschweifendsten Grausamkeiten krönten das begonnene Werk. Keller, Böden und Speicher wurden nach den entflohenen Rathsherren durchsucht, und obgleich viele in verstellter Kleidung, auf Mistwägen, sogar als vermeintliche Leichen aus der Stadt entrannen, wurden doch einige von dem tobenden Pöbel auf der Flucht ereilt, mißhandelt und gemordet.
Und als nun der Tag zu Ende und die beträchtliche Beute in Sicherheit gebracht war, ließen die Pfaffen in allen Kirchen ein feierliches Te Deum laudamus! anstimmen und dann zerstreuten sich die Massen, um in Weinhäusern, Trinkgelagen und liederlichen Orten auf ihren Lorbeeren auszuruhen und die Früchte des Sieges in Sorglosigkeit zu genießen. –
Schon in der Mittagsstunde hatte der glücklich nach seinem Hause gelangte Jude Abraham Ben Ismael sein kostbarstes Gut in einem verborgenen Winkel des Kellers verscharrt, Weib und Kind der Obhut der Verwandten zunächst dem Fleischhause übergeben und ihnen bedeutet, bei der ersten drohenden Bewegung sogleich dort hinein zu flüchten, weil die Fleischerzunft sich bereits zur Abwehr gebildet hatte und alle Flüchtlinge ohne Unterschied in den großen Hallen ihres Verkaufshauses aufnahm. Dann war er mit seinem Neffen Aaron abermals nach dem Bonersberge geeilt, um wo möglich auch seinem Wohlthäter bei der Flucht behülflich zu sein. Die drohende Gefahr hatte alle Scheu vor der ehrlosen Klasse der Juden aufgehoben, und unangefochten gelangten Beide bis zum Prunkgemach des Hauses, wo der Herr von Grundherr sich noch befand, beschäftigt, die Kostbarkeiten und Alterthümer zu verwahren, aber immer noch unentschlossen, wohin er sich mit seiner Tochter wenden solle. Denn der Verlobte derselben, der junge Ludwig von Volkamer, war vor einer halben Stunde nach dem Hause seiner Eltern geeilt, um auch ihnen einen sicheren Zufluchtsort zu verschaffen.
»Verzeiht, gestrenger Herr,« sprach Abraham, als er eintrat, »aber die Empörer haben eben erbrochen das Rathhaus und wenn Ihr noch zögert eine Viertelstunde, so seid Ihr unrettbar verloren.«
»Aber wohin flüchten?« rief der Rath. »Ich finde hier nirgends einen Ort, der uns vor der Wuth des Pöbels verbirgt und aus der Stadt können wir nicht mehr.«
»Vertraut Euch mir, Herr,« versetzte der Jude, »und der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs wird mir verleihen Kraft, Euch zu führen, wo Ihr geborgen seid für den Augenblick.«
»Nun wohl, meine Tochter,« wandte sich der Herr resignirt zu Margarethen, »so laß uns diesem alten Mann folgen, der, obgleich nur ein Jude, besser ist als Tausende von Christen.«
»Aber Ludwig?« rief das Mädchen weinend und händeringend; »wenn er zurückkehrt und uns nicht mehr findet?«
»Es ist wahr,« sprach der Patrizier, »wir müssen ihn noch erwarten.«
»Es wird zu spät, Herr!« wandte der Jude dringend ein. Wenn Ihr noch verzieht fünf Minuten, so seid Ihr unrettbar verfallen den blutgierigen Meuterern und ich vermag Euch dann keine Hülfe mehr zu leisten.«
»Aber ich kann nicht fort!« schluchzte Margarethe. »Sei auf Deine Rettung bedacht, lieber Vater, und erhalte Dich der Stadt, die Deiner bald wieder bedürfen wird, aber mich laß hier bleiben und meinen Ludwig erwarten, wäre auch die nächste Stunde die meines Todes.«
Der Vater wollte sich nicht von der Tochter trennen, bis auch hier das Genie des Juden auf einen Ausweg führte. »Fräulein!« sprach er, »Ihr ward einst gütig gegen mich und habt mir die Thüre geöffnet, von der man mich gestoßen, Ihr sollt nicht fallen in die Krallen des Tigers. Meines Bruders Sohn, der Aaron, erwartet mich draußen, und ich will ihm sagen, daß er eile zu dem Hause Euerer Schwäher und sie und den Junkherrn gleichfalls dahin bringe, wohin ich mit der Hülfe des großen Gottes Adonay Euch zu führen hoffe; aber nun zögert nicht mehr und vertraut Euch mir.«
Und als der Vater ihr ebenfalls zugesprochen, warf sie schnell einen Mantel über, der Herr desgleichen, dann schlichen die drei zur hinteren Pforte hinaus, durch die Paniersgasse und an der Burg vorüber. Als sie aber auf den Milchmarkt kamen, stand ein Haufen Volk beisammen und betrachtete neugierig die drei Flüchtigen. Doch diese hüllten sich tiefer in die Mäntel und schritten eilends an dem Sankt Sebaldushofe vorbei in die Winklergasse zunächst dem Fleischhause. Da rief plötzlich einer aus der Rotte, ein Lumpensammler aus Wöhrd: »Bin ih verdammt, das war der Mauschel, der Abraham, den wir im Dominikanerkloster das Fell gegerbt haben!« Und ein Anderer aus dem Jakoberviertel: »Daneben ging der stolze Grundherr, der Bürgermeister, oder ich will des Teufels werden!« »Auf, sie zu fahen,« johlte der ganze Haufe und wuthbrüllend rannte alles durcheinander.
Indessen hatten die Flüchtigen, mit Aufbietung aller Kräfte einen tüchtigen Vorsprung gewonnen und befanden sich schon an den Thoren des Asyls, als die Rotte die Straße herabstürmte. »Auf, um Gotteswillen,« rief der Jude und pochte mit mächtigen Faustschlägen an die geschlossene Pforte. Da rief es innen: »Auf der Fleischbrücke ist der Eingang!« und fort rannten die Geängstigten, die Verfolger an den Fersen. Und als sie athemlos das Thürlein erreicht hatten und der nächste Schritt sie in Sicherheit brachte, standen auch schon die Verwegensten des Volkes an der geöffneten Thüre, um ebenfalls mit einzudringen. Aber es streckten sich ihnen blutige Beile entgegen, nervige Fleischerarme schwangen dieselben hoch und drohten, jeden Nähertretenden zu spalten. Bestürzt wichen die Aufrührer zurück, um Verstärkung herbei zu holen.
Schon waren die Hallen des Fleischhauses größtentheils mit Flüchtigen angefüllt, die vertrauensvoll zu der kleinen Schaar ihrer muthigen und fürchterlich bewaffneten Vertheidiger aufblickten. Auch der Herr von Grundherr nebst seiner Tochter mischte sich unter die Geretteten und fand Viele, die, erfreut ob seines Daseins, ihm die Hand drückten und mit reger Theilnahme Platz zur Ruhe darboten.
Abraham Ben Ismael war unterdessen durch die Reihen geschlichen, um nach Weib und Kind zu spähen; da saß, entfernt von den Uebrigen, das kleine Häuflein der Juden in einem Winkel, unter ihnen Rebekka mit dem kleinen Moses. Und freudig schlug das Herz des Gatten und des Vaters in der Brust und er fiel nieder und dankte laut dem Gott seiner Väter, genannt Jehovah.
Als nun noch eine Stunde verflossen war, tönte um die Pforten des Fleischhauses ein dumpfes Brausen und wüthende Stimmen begehrten Einlaß, um die hieher geflüchteten Patrizier zu ergreifen und zu würgen. Als das Gewerbe der Metzger ihnen solches verweigerte, schlugen sie mit Keulen und Hämmern an die schweren Thüren, die Opfer mit Gewalt zu erlangen, aber die Pforten waren fest und widerstanden jedem Angriff, und wie sie nun durch das kleine Thürlein bei dem Schleifersteg einzudringen versuchten, machten die Belagerten einen kühnen Ausfall, schlugen etliche zu Boden und trieben die Uebrigen in die Flucht.
Der Abend war so hereingebrochen und forderte viele der Geretteten auf, nach den Ereignissen des stürmisch verlebten Tages die Ruhe zu suchen. Da schafften die wackeren Fleischer Ochsen-, Schaf- und Kälberfelle in Menge herbei und bereiteten Lager, daß Jedermann weichgebettet auszuruhen vermöge. Nur dem Bürgermeister von Grundherr und seine Tochter floh die Ruhe und sie saßen Hand in Hand neben einander und Margarethe weinte im Stillen. Denn der Aaron war vor einer Stunde zurückgekehrt und hatte die Kunde gebracht, daß er das Haus des Kaufmanns Volkamer leer gefunden und, trotz aller Nachforschungen in der Nachbarschaft, nicht vernommen habe, wo sich die Familie hingeflüchtet. Das machte die Verlobte des jungen Volkamer sehr betrübt und sie klagte sich jetzt an, daß sie sich bereden lassen und nicht die Rückkehr des Geliebten erwartet habe. Obgleich der Vater sie zu trösten versuchte, so bemächtigte sich doch seiner eine große Unruhe, ob des Schicksals der ihm so nahe befreundeten Familie.
So verstrich die Nacht. Mit dem frühesten Morgen bildeten die Aeltesten des Fleischergewerkes einen Rath, um zu beschließen, was mit ihren Schützlingen geschehen könne. Für die Dauer durften sie nicht im Fleischhause bleiben, das war einleuchtend, und doch fanden sie nirgends sonst Schutz vor der Wuth des ergrimmten Pöbels. Der einzige Ausweg war, sie aus der Stadt nach Heideck zu schaffen und wie dies zu bewerkstelligen, bedurfte bei diesen muthigen Leuten keiner langen Besinnung. Sie schickten einen heimlichen Boten an das Gewerke der Messer- oder Waffenschmiede, welches gleichfalls der alten Ordnung treu geblieben war, und ließen solches ersuchen, ihnen beizustehen in der Unternehmung. Das wurde auch sogleich zugesagt und bald darauf rückte die ganze Zunft, schwerbewaffnet vor das Fleischhaus. Hierauf nahmen die beiden wackeren Gewerke die armen Bedrohten in ihre Mitte und zogen so durch die Straßen hinaus gen Heideck. Zwar versuchten die Rebellen mehrmals, den Metzgerzug anzugreifen, aber die drohende Waffenwand, die sich ihnen von allen Seiten entgegenstreckte, kühlte schnell den Muth der Angreifenden ab. Sie begnügten sich, dem Zuge mit Spottreden zu folgen und zuweilen Steine hinein zu schleudern, die aber wenig Schaden anrichteten.
Schon eine halbe Stunde vom Thore ab, kam ihnen der Herr von Heideck mit hundert Reisigen entgegen und nahm die sämmtlichen Flüchtigen in Empfang. Den treugebliebenen Gewerken dankte er für ihr wackeres Handeln und versprach, bei dem Kaiser ihrer Dienste ganz besonders zu erwähnen. Und so war denn der größte Theil derjenigen, die der neuen Republik als blutige Grundveste dienen sollten, gerettet und in Sicherheit. Die Metzger und Waffenschmiede aber zogen wieder in die Stadt zurück.
Als Ludwig Volkamer von seiner jungen Verlobten geeilt war, um den alten Eltern bei der Flucht behilflich zu sein, fand er bereits das ganze Gebäude leer und ausgestorben. Heftig schrak er zusammen, denn es drängte sich ihm sogleich der Gedanke auf, daß sie vielleicht schon eine Beute des mordlustigen Pöbels geworden seien. Als er aber in den ersten Stock gestiegen war und Alles noch in der größten Ordnung fand, nirgends die Hand des Raubes und der Zerstörung an Truhen und Behältern, da schien ihm wahrscheinlicher, daß sie einen Weg zur Rettung gefunden haben könnten und nun schickte er sich an, zu seinem Schwäher zurückzukehren und ihm und der Geliebten zur Flucht behilflich zu sein.
Plötzlich tauchte hinter einem mächtigen Behälter ein verzerrtes Gesicht auf, stierte ihn mit komischdummen Augen an und brach dann in ein helles Gelächter aus. »Elias!« rief der Junkherr, erfreut eine lebende Seele zu treffen, von der er Nachrichten über seine Eltern einziehen konnte; »Elias, was treibst Du hier für launige Kurzweil? Komm her, Du Schalksknecht!«
Ueber einen Berg von aufgehäuften Folianten, stolperte jetzt eine kleine bucklige Figur in das Zimmer und stellte sich mit verschlungenen Armen vor den Sohn des Hauses. Dem jungen Patrizier schien in dem Betragen des Kleinen durchaus nichts Auffallendes zu liegen, denn so groß auch seine Ungeduld war, so wartete er doch in Ruhe die verschiedenen possierlichen Bewegungen desselben ab. Als aber der Geselle sich dieses Privilegium im größten Umfange zu Nutze zu machen suchte, die spärlichen Haare wohlgefällig sich vom Hinterkopf über das Glätzchen in die Stirne strich, sich stolz in die Brust warf und mit der Grazie eines Pfau's schweigend im Zimmer auf und ab stieg, da riß dem Junkherrn doch der Geduldfaden ab und er sprach unwillig:
»Nun, Du heilloser Gauch, warum sprichst Du nicht? Was soll diese Narretei? Rede, Du hochfahrender Gesell, wo sich meine Eltern befinden, oder ich lasse Deine Haut Bekanntschaft mit der flachen Seite meines Schwertes machen.«
»Haha!« lachte dieser. »Ihr kommt zu spät, Junkherrlein, viel zu spät. Da ist der Herr Vetter drüben in der Krötenmühle, – haha! ein lustiger Herr Vetter! – kommt der wie ein Satan mit dem Mühlwagen vor das Haus gefahren, bringt unter zwanzig vollen ein Dutzend leere Säcke mit, haha! der Herr Rath nebst Gemahlin, die Jungfer Schwester auch dazu, mein Papa als treuer Haushofmeister, das übrige Gesindel ebenfalls schlüpft ganz bedächtig hinein, läßt sich von den groben Mühlknechten hinaus auf den Wagen werfen, ein Tuch wird darüber gespannt und hussah, hollah, geht's die Straße hinab, wenn ich nicht irre, zum Thor hinaus und in Heideck soll abgeladen werden.
»Dem Himmel Dank, sie sind gerettet!« rief Ludwig erfreut; »doch Elias; weshalb bist Du noch hier?«
»Haha!« grinzte der Gefragte, indem er mit stolzer Zuversicht das Haupt emporwarf, »bevor der gestrenge Herr Rath als Mehlsack auszog aus dem Lande der Pharisäer, nahm er mich liebreich bei dem Ohr und sprach: ›Elias, würdiger Prophet! Dich habe ich auserlesen, zu weilen in dem Lande der Philister. Sei ein treuer Hort in Juda und mische Dich unter die Edomiter und Samariter und wenn es Dir möglich ist, so gieb uns Kunde von ihrem gottverfluchten Treiben und Wandeln. Wenn mein Sohn nochmals zurückkommt in mein Haus, so unterrichte ihn von Dem, was ich Dir gesagt und weise ihn an, daß er sich flüchten solle gen Heideck.‹ Und nachdem er also gesprochen, warf man ihn hinaus auf den Wagen. Haha! Junkherrlein, nun wißt ihr mein Amt!«
Mit Aufmerksamkeit hatte Ludwig den Worten des Kleinen zugehört. »Wie?« dachte er, wenn ich nun ebenfalls zurückbliebe und so der guten Sache am nützlichsten wäre? Ein Pflaster auf's Auge, ein anderes Haar, ein gemeiner Anzug würde mich entstellen, ich könnte mich unter die Reihen der Empörer mischen, ihre Pläne durchschauen und Elias wäre am geschicktesten, sie den treuen Dienern des Kaisers zu überbringen. Was soll ich in Heideck? Thatlos dem Verderben meiner Geburtsstadt zuschauen? Nein! ich bleibe und diene so Allen am Besten.«
Hierauf theilte er dem Diener seinen Entschluß mit, den dieser auch von Herzen billigte und nach Verlauf einer Stunde trat ein gänzlich entstellter, zerfetzter Mensch aus dem Volkamerschen Hause und eilte nach dem Bonersberg, um dort ebenfalls zu retten, was möglich. Er kam auch hier zu spät. Der Pöbel hatte bereits das Haus in Besitz genommen und wirtschaftete darin auf gräuliche Art. Thüren, Behälter, Spiegel, Möbeln waren zerschlagen, geraubt Alles, was nur den geringsten Werth besaß und dazwischen tönte das Johlen und Schreien der Plünderer, die sich selbst wieder mit Gewalt das Gestohlene aus den Händen rissen.
Ludwig stand wie erstarrt bei diesem Anblick. Da schlug ihn plötzlich ein Rothschmied mit kräftiger Faust auf die Schulter und rief: »Du siehst mir auch nicht aus, als ob Dein Weg Dich weit vom Galgen abgeführt habe, deshalb greif' zu, es ist doch alles uns nur gestohlen.«
Diese Worte brachten den jungen Patrizier in seine Rolle zurück. Er zwang sich zu einem rohen Gelächter und rief, einschlagend in die nervige Rechte des Rußigen: »Hast Recht, Brüderlein! und solche Bürgerlust wächst nicht alle Tage und ich will nicht umsonst von Zirndorf hereingestolpert sein, um mit leeren Taschen wieder abzuziehen.«
»Brav, Zirndorfer!« wieherte der Rothschmied. »Hast Du überdieß Lust, Geschlechterblut zu saufen, so komm mit zum Fleischhaus, da gibt's Gelegenheit.«
»Warum dort?« forschte Ludwig unbefangen.
»Na, da haben sie sich hingeflüchtet die Verräther, und die Metzger geben ihnen Schutz. War ich doch selbst dem Filz, dem das Haus da gehört, auf den Fersen und habe ihn gesehen, wie er sich mit dem Juden Abraham, dem vermaledeiten Hund, und einem Frauenzimmer, ich meine, es war seine Tochter, zu den Fleischern geflüchtet hat.«
»Und ihr habt sie nicht erwischt?« fragte Ludwig mit bangem Herzklopfen.
»Den Alten hatte ich am Mantel, als er über die Schwelle trat,« murmelte der andere, »da legte sich aber schnell ein geschliffenes Beil dazwischen, und ich ließ los, um die Hand zu retten.«
»Gott sei gedankt!« rief der junge Mann, sich selbst vergessend, mit heiliger Rührung.
»Was sagst Du da?« brauste der Rußige und faßte ihn mit athletischer Kraft bei der Brust.
»Narr!« sprach Ludwig und das Lachen der Todesangst drang über seine Lippen, »ich dankte Gott, daß wir ihn noch in der Stadt haben, denn entschlüpfen kann er uns so nicht.«
»Bewahre!« versetzte der andere beruhigt; »doch nun komm', denn es wird jetzt das Fleischhaus gestürmt.« Und er faßte den neu gewonnenen Kameraden am Arm und zog ihn mit sich fort auf den Markt. Daß der Sturm mißlang und ebenso die Flüchtlinge unangetastet aus der Stadt entkamen, ist bereits erzählt. Ludwig sah seinen Schwiegervater, sah seine Braut unter ihnen, ohne daß sie ihn erkannten oder unter dem Haufen vermutheten und nachdem er sie außer aller Gefahr sah, kehrte er in die Stadt zurück, um zum Besten der Familie so viel als möglich zu handeln.
Sein Weg führte ihn zum Rathhaus, wo die Anführer der Empörung darauf bedacht waren, der vortrefflichen Republik die gehörige Form zu geben. Da alle Bande der Ordnung sich aufgelöst hatten, so konnte er sich mit Leichtigkeit bis zum großen Saal drängen, in welchem die Wahl der neuen Räthe stattfand.
Die Regierung selbst war nicht viel besser, als die Wahl der Regierenden. Kein Archiv und keine Schatzkammer fand sich mehr vor; ersteres war verheert, letztere geplündert worden. Den Bürgern mußte Wort gehalten werden, keine Steuer, keine Auflage durfte die Freien bedrücken; und weil sich die Reichsten und Angesehensten aus der Stadt geflüchtet hatten, so war nicht einmal abzusehen, wovon die dringendsten Ausgaben bestritten werden sollten. Die Gesetze und Verordnungen wurden verlacht. Der dem alten Rath treu gebliebene Theil der Bürgerschaft erkannte den Rath der Rebellen nicht für seine Obrigkeit und der rebellische Haufe hielt die Personen, aus welchen er bestand, weder für mehr oder weniger, als seine Kameraden und befolgte ihre Befehle nicht eher, als bis es ihm gefällig war. Deshalb suchte sich der neue Rath durch immer größere Bewilligungen bei den Zünften einzuschmeicheln und Trinkstuben für jedes Gewerbe, festliche Aufzüge durch die Straßen waren die Folge davon.
Dem erkünstelten Eifer Ludwigs war es gelungen, einen Posten als Thürsteher am großen Rathhaussaale zu erhalten und von hier aus gelangte alles Wissenswerthe durch den kleinen Elias, der sich unter den Trümmern seines Herrenhauses ein Nestlein gebaut hatte und wöchentlich einen Ausflug machte, an die Vertriebenen in Heideck, welche auch dann ihrerseits wieder Gegenmaßregeln ergriffen. So war Ludwig Zeuge sämmtlicher Rathsversammlungen und unter andern auch derjenigen, in welcher der Beschluß gefaßt wurde, die Stadt auf eine Stunde im Umfang zu erweitern. Nichts charakterisirt die damalige Beschaffenheit der Regierung mehr, als dieses an Starrheit grenzende Unternehmen. Eine Stadt, deren Bürger gegen einander unter den Waffen stehen, die keinen Fonds hat, wo Obrigkeit, Gerechtigkeitspflege und Polizei nur leere Namen und dem Angriff jedes Gassentreters ausgesetzt sind, in der Handel und Industrie gänzlich darniederliegt, kurz allenthalben Anarchie herrscht, – eine Stadt vergrößern zu wollen, daß Poppenreuth und Ziegelstein in die Ringmauer eingeschlossen werden, und die Burg die Mitte der Stadt bildet, kann nur von Wahnsinnigen gedacht und beschlossen werden. Wirklich begannen sie auch die Ausführung, allein die kurze Dauer der Rebellenregierung ließ sie nicht weit vorschreiten und später wurden auf Befehl des Kaisers sämmtliche von ihnen erbaute Gebäude wieder von der Erde vertilgt.
Eines Tages stand der Sohn des reichen Handelsherrn von Volkamer wieder auf seinem Posten an der Thüre des Saales, als ein ausgesendeter Trupp Stadtsöldner mit einem Gefangenen erschien, der sogleich vor den versammelten Rath geführt wurde. Ludwig trat, weil man es mit den Ceremonien durchaus nicht genau nahm, ebenfalls mit ein und faßte, statt an der äußeren, an der inneren Thüre Posto. Der Gefangene war ein Knappe des kaiserlichen Kommissars, Konrad von Heideck, und nannte sich Hennicke. Er wurde mit den fürchterlichsten Martern und dem schmählichsten Tod bedroht, wenn er nicht einen heiligen Eid schwören würde, seinen Herrn zu verrathen und in ihre Hände zu liefern. Hennicke, der den sicheren Tod vor Augen sah, schwur, was sie ihm vorsagten und meldete zu gleicher Zeit, daß sein Herr am St. Johannistage in ritterlichen Geschäften nach Roßstall reiten würde, daß sie ihm da auflauern könnten und versprach bei seiner Annäherung ein Zeichen zu geben, damit sie wüßten, wann der rechte Augenblick gekommen sei. Die Rathsherren waren mit diesem Vorschlage zufrieden und entließen den Knecht, hocherfreut, den ihnen verhaßten Kommissär des Luxemburgers in Gewalt zu bekommen und zugleich eine Geißel zu besitzen, die bei dem allenfallsigen Umschwung der Dinge ihren Rückzug decken könnte.
Ludwig hörte mit Abscheu dieses schändliche Complott an und beschloß, es zu hintertreiben, koste es, was es wolle.
Auf Schloß Heideck hatte sich unterdessen der größte Theil der vertriebenen Nürnberger zusammengefunden und alle wurden von dem Besitzer desselben aufgenommen und bewirthet. Die Nachricht, daß Kaiser Karl sich rüste, um die Nürnberger Rebellen zu bestrafen, hatte auf Heideck allgemeine Freude verbreitet und recht bald hofften die Herren in ihre Vaterstadt zurückkehren zu können.
Der Bürgermeister, Kaspar von Grundherr, bewohnte mit seiner Tochter und den Eltern Ludwigs einige Zimmer des linken Schloßflügels; allein die Freude über die Rettung aus der Todesgefahr war in ihr Asyl nicht mit eingekehrt, weil von Ludwig in den ersten Wochen alle Nachrichten ausgeblieben waren, und man denselben ermordet wähnte. Seine Braut, die schöne Margarethe, welkte sichtlich dahin; weder die Trostworte ihrer Eltern noch der schwache Strahl von Hoffnung, der immer noch in ihrem Innern glimmte, konnten ihr Ruhe geben, bleich und mit thränenden Augen saß sie tagelang an dem Fenster und blickte unverwandt nach der Gegend, woher der Geliebte kommen mußte. Da erschien endlich der kleine Elias mit seinen Nachrichten und mit ihm kehrte auch die Zufriedenheit in die befreundeten Familien zurück. Aber dringend ließ Margarethe den Geliebten auffordern, sich nicht länger der Gefahr auszusetzen, sondern aus der geächteten Stadt zu fliehen und in ihre Arme zu eilen.
So erging sie sich auch eines Tags mit der Schwester Ludwig's im großen Schloßgarten, als sich ihnen ein armselig gekleideter Mann näherte und um eine Gabe bat. »Dank, schöne Jungfrauen,« sprach er, nachdem er sie erhalten; »möge Euch der Himmel Glück dafür verleihen und Euch recht bald Das bescheeren, was Ihr liebt. Wenn mich mein einziges Auge nicht trügt, – denn das andere haben mir die Schurken in Nürnberg herausgeschlagen – so seid Ihr ja die Tochter des Herrn Bürgermeisters von Grundherr?«
»Ich bin's!« versetzte Margarethe. »Woher kennt Ihr mich?«
»Wer sollte Euch nicht kennen, mein schönes Fräulein?« versetzte der Bettler schlau, »spricht man doch von Euch sechs Meilen in der Runde. Komme eben aus Nürnberg, wo ich mich seither versteckt aufgehalten und wie ich so zum Thor herauswandele, ruft mir einer zu, der wahrscheinlich jetzt schon lange zwischen Himmel und Erde baumeln wird, denn der Stöcker war in seinem Geleit: ›Heda Gesell! wenn Du gen Heideck ziehst, so nimm hier dies gülden Ringlein mit und sage meiner Braut, der –‹ aber da riß ihn der Stöcker mit sich fort und er hatte kaum Zeit, mir das Reiflein hinüber auf die Straße zu werfen. Ich hob's auf und trug's hieher, weil ich aber nicht weiß, wen er gemeint hat und wer eigentlich seine Braut ist, so seid Ihr wohl so gut, es zu bestellen.«
»Gott! von Ludwig!« rief Margarethe erbleichend, nachdem sie den Reif betrachtet. Es war ein Verlobungsring.
»Sprecht, um Gotteswillen sprecht!« rief Kunigunde weinend dazwischen, »ist es Wahrheit, daß der Ring aus seiner eigenen Hand kommt?«
»Aus seiner eigenen!« versetzte der Bettler trocken.
»Aber wo, sagt Ihr, daß mein Bruder sei?«
»Hier!« antwortete der Entstellte, indem er Perücke und Pflaster abzog und die Geliebte in seine Arme schloß.
»Ludwig!« schluchzte das Mädchen an seiner Brust; »ich hätte des Todes sein können. Warum erschreckst Du uns so?«
»Lieb Schätzchen, ich habe Dir nur zeigen wollen, daß mich Niemand unter dieser Larve erkennen kann; ich war doch selbst Denen, die mir so nahe stehen, fremd.«
Und nun schloß er Geliebte und Schwester nochmals an's Herz, dann ging es im Triumph hinauf zu den Eltern, um die Freude vollkommen zu machen.
Bald darauf trat der junge Patrizier in das Zimmer des kaiserlichen Kommissarius, Konrad von Heideck. »Ah! mein junger Freund!« rief ihm dieser, ein kräftiger, kolossaler Mann, entgegen, »Ihr habt uns wichtige Dienste bisher geleistet; ich möchte fast wünschen, Euch noch länger in der Stadt zu wissen, damit uns auch ferner die Thorheiten des unvernünftigen Volkes nicht fern blieben.«
»Ich habe dafür gesorgt, gestrenger Herr,« versetzte Ludwig, »mein bisheriger Bote an Euch, unser kleiner Diener Elias, eignet sich ganz vortrefflich zu einem Spürhund und Ihr werdet deshalb auch in Zukunft nicht schlechter bedient werden.«
»Bringt Ihr vielleicht etwas von Belang?« forschte der Ritter.
»So viel, daß ich mich selbst aufmachen mußte, um es Euch ganz sicher zugestellt zu wissen.« Und nun erzählte er ihm, was er vor zwei Tagen in der Rathsversammlung gehört hatte.
»Daß Euch der Satan!« rief Herr von Heideck wüthend, nachdem er alles vernommen. »Wartet Ihr hochweisen Herren, ich will euch den Braten dermaßen salzen, daß Ihr nicht genug Wasser in der Pegnitz finden sollt, um den Durst zu löschen. Und Hennicke? Der Schuft hält seinen Eid und läßt mich in's Verderben laufen! He! Knechte! Schafft mir Hennicke herbei. Doch nein! Ich will den Kerl anders fangen, aber wehe ihm dann. Euer Dienst ist mir unbezahlbar, junger Mann, und ich kann mit nichts sonst, als dem Versprechen entgelten, dereinst diese Schuld auf gleiche Weise wiederzuerstatten, heißt das, wenn ihr es nothwendig habt.«
»Durch die freundliche Aufnahme meiner Verwandten und Mitbürger habt Ihr schon allen doppelt zurückgezahlt,« versetzte Ludwig, in die Rechte des Herrn von Heideck einschlagend.
»So laßt uns denn nicht zaudern, der Nürnberger Pfiffigkeit Heidecker List entgegenzustellen.« Hierauf gebot er dem jungen Mann, über die ganze Sache tiefes Stillschweigen zu beobachten und den Plan zur Ausführung ihm allein zu überlassen.
Der Morgen des St. Johannistages erschien. Der Herr von Heideck hatte seine sämmtlichen Gastfreunde zu sich in den Prunksaal bitten lassen und hier theilte er ihnen mit, daß er nothwendiger Geschäfte halber gen Roßstall reiten müsse. Nachdem sie ein treffliches Frühstück zu sich genommen hatten, ließ der Schloßherr noch den großen Ehrenpokal bringen und trank dann in der Runde mit seinen Gästen auf ein frohes Wiedersehen. Unterdessen war sein Leibknappe, der Hennicke, herein getreten, um zu melden, daß die Pferde gesattelt seien. Da reichte der Ritter auch ihm den Becher und sprach: »Trink' auch einmal, Hennicke! Wie wird es uns ergehen, wenn die Schälke von Nürnberg hinter uns kommen sollten? Heh?« Dabei blickte er ihn so durchdringend an, daß der Knappe zitterte, blaß wurde und den Pokal fallen ließ. Der Ritter stellte sich erstaunt, die übrigen Herren waren es in der That, aber Hennicke fiel dem Gebieter zu Füßen und gestand Alles, was er wußte. Da verzieh ihm der Herr von Heideck und befahl, daß er das angeordnete Zeichen nur immer geben sollte, den jungen Volkamer aber nahm er bei Seite und sprach lange angelegentlich mit ihm. Als er sich nun auf's Roß schwang und den Nürnberger Herren noch ein Valet zurief, baten ihn diese, ihre Begleitung anzunehmen; er aber dankte und sprengte, bloß von Hennicke begleitet, zum Thor hinaus. –
Es war schon Nacht, als der Herr von Heideck durch den Reichswald ritt, seiner Burg zu. Wie er nun in der Gegend von Feucht auf eine Lichtung kam, steckte ihm sein Knappe, daß es Zeit sei. Da befahl ihm der Ritter, das Zeichen zu geben. Hennicke schlug dreimal mit dem Schwertknauf an seinen Schild, daß es weit in die Nacht hineinhallte und kurze Zeit darauf sahen sich beide von einer großen Menge bewaffneter Nürnberger umringt, die dem Ritter zuriefen, sich zu ergeben.
Herr Konrad hielt sein Roß an und sprach: »Seid Ihr Reichsstädter?«
»Ja! Wir sind ehrliche Nürnberger!« riefen hundert Stimmen zugleich.
»Ihr?« versetzte der Ritter, »Ihr, ehrliche Nürnberger? Diebe seid Ihr, Buschklepper und Wegelagerer, die arglosen Reisenden auf den Dienst lauern. Laßt mich fürder ziehen, oder es könnte Euch schlimm bekommen.«
Da trat ein dicker Weinschröter hervor und rief: »Du Heidecker willst uns noch drohen? Herunter vom Gaul und mit nach Nürnberg! Magst zusehen, wie sich's vor'm Lauferthor so angenehm zwischen Himmel und Erde leben läßt; herunter sag' ich Dir, damit ich heimreiten kann. Ich will nicht drei Stunden hergelaufen sein, um wieder drei Stunden heimzulaufen.«
Hierauf versetzte der Ritter: »Ihr Rebellen wollt einen ehrbaren Ritter des heiligen römischen Reichs aufhängen? Kennt Ihr denn das Sprüchlein:
»Die Nürnberger hängen keinen,
Sie hätten ihn denn vor.«
»Ich sage Euch zum letzten Mal, Packt Euch heim und betet zweihundert Paternoster auf dem Weg, aber mich laßt nun weiter.«
Da erhob sich ein dumpfes Gemurmel unter den Versammelten und sie traten näher, um ihn zu greifen; aber der Herr von Heideck stieß dreimal in sein Hifthorn und in demselben Augenblick sahen sich die bestürzten Reichsstädter von Reisigen umgeben.
»Ergebt Euch!« rief der Ritter, »oder Ihr seid des Todes!« Viele stürzten auf die Kniee, aber einige Muthige zogen die Schwerter, um sich ehrlich durchzuhauen. Einigen gelang es, die meisten wurden zurückgeschlagen, niedergeworfen und dann sämmtlich, zweihundert an der Zahl, gefesselt. Hierauf ließ der Ritter zur Heimkehr das Zeichen geben und die Gefangenen nach dem Eichelberge transportiren, mit der Verheißung, daß mit dem Anbruch des nächsten Morgens ihnen das Urtheil gesprochen werden sollte.
Als nun der ganze Haufe gefesselt war und unter starker Bewachung die Nacht auf dem Berg zugebracht hatte, erschien des andern Tages Herr Konrad von Heideck in Begleitung seiner Nürnberger Gäste. Mit Grimm übersah er den Haufen Gefangener, dann sprach er: »Weil Ihr euch erfrecht, in mir den Namen des römischen Kaisers beschimpfen und mich einem gemeinen Verbrecher gleich hängen zu wollen, so habt Ihr dadurch Euer eigenes Urtheil gesprochen. Hängt sie sammt und sonders auf,« wandte er sich zu seinen Knechten, »denn die Schälke verdienen nichts besseres.«
Da erhoben die armen Gefesselten ein großes Geschrei und baten um Gnade; aber der Ritter war unerbittlich und wich nicht von der Stelle, bis einer nach dem andern an den Bäumen des Berges hing. Unter dem verschiedenen Lamento der Gefangenen rief auch ein junger Mensch: »Habt Erbarmen mit mir, Herr Ritter! Ich bin der Görg Spengler. Seid Ihr doch von meinem Vater, so oft Ihr nach Nürnberg kommt, gastlich ausgenommen worden und ich habe Euch bedient und stets Eurer geachtet.«
Und Herr Konrad versetzte: »Weil Du, dem ich so oft mein Leben anvertraut habe, nach meinem Leben getrachtet hast, so will ich Dir auch eine besondere Gnade erzeigen.« Hierauf befahl er, daß man ihm die ganze Exekution mit ansehen lassen und dann an dem höchsten Baum aufhängen sollte. Als der Mittag herbeikam, war unter tausend Flüchen und Verwünschungen der armen Verurtheilten das ganze Werk geschehen.
Die Nürnberger hatten diese Grausamkeit nicht gebilligt und mehrmals ihn gebeten, abzustehen von solchem Verfahren, aber der Herr von Heideck blieb unerbittlich und meinte, daß es um solche Schälke nicht Schad' wäre.
Das war ein schwerer Schlag für die Aufrührer und die Gegner schöpften die Hoffnung, daß in nicht zu ferner Zeit der alte Rath wieder einziehe. Mit allen Mitteln suchten Pfauentritt und seine Genossen sich zu halten und als namentlich die Geldmittel immer knapper wurden, da war der Verlegenheit kein Ende. Da schleuderte man die Sage von den vergifteten Brunnen, von den Mißhandlungen der Hostien in das Volk und – gab die Juden der Verfolgung preis. In ihrer Synagoge, in ihren Häusern wurden die Juden überfallen und vor dem Thor, auf dem lange so benannten Judenbühl, loderten auf die Flammen, verzehrend die unglücklichen Opfer von Habsucht, Verblendung und niedriger Rache. Auch Abraham, der sich zufällig in die Stadt geschlichen, fiel als einer der Ersten unter den Mißhandlungen der Menge.
Die Herrschaft der Rebellen nahte sich allmählich ihrem Ende. Den Todesstoß gab ihr die Nachricht, daß Kaiser Günther, der ihre einzige Hoffnung war, sich mit Kaiser Karl dem Vierten verglichen und daß er bald darauf gestorben sei. Immer hofften sie noch mit dem nunmehrigen rechtmäßigen Kaiser in Deutschland einen Vergleich schließen zu können, als aber Karl im Herbst des Jahres 1349 mit einem mächtigen Heer vor die Stadt rückte, bei Mögeldorf sein Lager aufschlug und unbedingte Unterwerfung forderte, da ließen sie gänzlich die Flügel sinken. Die Thore konnten dem Herrscher nicht länger verschlossen bleiben und sie sahen keinen andern Ausweg mehr, als sich auf Gnade und Ungnade zu ergeben.
In strengster Ordnung rückte nun das kaiserliche Heer in die Stadt und nahm die Thore und öffentlichen Gebäude in Besitz. Des andern Tages hielt der Kaiser seinen Einzug mit großem Gefolge, unter ihm auch die vertriebenen Räthe. Seine erste Handlung war, daß er den Rebellenrath absetzte, alle den Gewerben bewilligten Freiheiten aufhob, den ihm treu ergebenen Patriziern wieder ihre alten Rechte verlieh und sich sämmtlicher Aufwiegler versicherte. Und nun begann das Gericht über den ungeheuren Frevel. Der Kaiser war gewillt, unerbittliche Strenge obwalten zu lassen, selbst die Fürbitten der vertriebenen Räthe und ihre Vorstellung, daß nur Thorheit und nicht Bosheit ihre strafbaren Schritte geleitet habe, konnten ihn kaum zu milderen Maßregeln bewegen.
Sieben der Rädelsführer, unter ihnen Geisbart, Pfauentritt und Gramlieb, wurden mit dem Schwert hingerichtet, die übrigen mit Ruthen gepeitscht, an den Pranger gestellt und auf ewig des Landes verwiesen. Den abgefallenen Zünften wurde eine Strafe von 25 000 Pfund Hellern auferlegt und diese so pünktlich eingetrieben, daß Kleider, Hausgeräthe und selbst das Handwerkszeug weggenommen und verkauft wurden. Hierauf ertheilte er der Stadt viel neue schützbare Privilegien und belohnte die Gewerbe der treugebliebenen Messerer und Metzger auf eine der damaligen Zeit höchst ehrenvolle Art. Weil sie nämlich, hieß es, an der schönsten Partei gehangen hatten, so sollte ihnen jährlich ein öffentlicher Umzug in Masken, mit Tänzen und anderen Lustbarkeiten verbunden, erlaubt sein. So entstand das Schönbartlaufen, welches sich bis zum Jahre 1549 erhalten hat.
Schon in der Mitte Oktobers desselben Jahres war das alte Stadtregiment wiederhergestellt und die Räthe hatten ihre demolirten Häuser renoviren lassen und von Neuem bezogen. Namentlich entwickelte sich in dem Hause des Bürgermeisters von Grundherr ein reges Leben, weil die Hochzeit des jungen Paares noch während der Anwesenheit des Kaisers und zwar am Tage nach dem Feste Allerseelen stattfinden sollte. Zu gleicher Zeit hatten auch die treuen Gewerke die Erlaubniß bekommen, an demselbem Tag sich durch das erste Schönbartlaufen zu erfreuen. Kaiser Karl sprach selbst den Wunsch aus, der Hochzeit des Patriziers beizuwohnen, um öffentlich zu zeigen, wie sehr er die Treue schätze und zu belohnen wisse.
Der festgesetzte Tag erschien und die Trauung wurde in Gegenwart der römischen Majestät, sämmtlicher Patrizier und einer ungeheuren Masse Volks in der St. Sebalduskirche vollzogen. Als der feierliche Zug in das Grundherr'sche Haus zurückgekehrt war, nahmen die Festlichkeiten ihren Anfang. Daß die kostbarsten Gaben aller, selbst der entferntesten Länder auf der Tafel prangten, ließ sich nach dem Reichthum des Hochzeitgebers und dem Range der hohen Gäste zufolge wohl erwarten und noch viele Jahre nachher wurde von der Volkamer'schen Hochzeit unter dem Volk mit hoher Begeisterung gesprochen.
Nach aufgehobener Tafel entfernte sich der Bürgermeister von Grundherr aus dem Prunksaale und kehrte bald darauf mit einem jungen, schönen Weibe zurück, welches er in tiefster Ehrfurcht dem Kaiser vorführte. »Kaiserliche Majestät!« sprach er, »nicht unterlassen kann ich, Eurer hohen Gnade eine Familie zu empfehlen, deren Haupt zwar als ein unglückliches Opfer der Rebellenwuth fiel, das sich aber durch Edelmuth und Seelenadel vor Tausenden seiner verachteten Glaubensgenossen auszeichnete, dem wir allein die Erhaltung unseres Lebens und, waren seine Warnungen besser berücksichtigt worden, auch die Erhaltung der Stadt zu danken hätten. Es ist die Wittwe des Juden Abraham Ben Ismael. Der Diener meines verehrten Freundes von Volkamer, Elias mit Namen, befand sich bei dem Brand der Synagoge unter dem Haufen der Mörder und fand bei der allgemeinen Verwirrung Gelegenheit, dieses Weib den Händen der Blutgierigen zu entreißen und bis nach beendetem Aufruhr zu verbergen. Wir glauben unsere Schuld gegen den gemordeten Abraham nicht besser abtragen zu können, als wenn wir seine Hinterbliebenen in Schutz nehmen und sie zu entschädigen suchen für den Jammer und Verlust, der ihnen zu Theil wurde. Wollten auch Eure Majestät dem armen Weib Euere Gnade nicht entziehen.«
Der Kaiser, ohnedieß schon bei dem besten Humor, war entzückt von der Schönheit der Jüdin und unterhielt sich lange angelegentlich mit ihr. Dann befahl er, auf seine Kosten ihr eines der neuerbauten Häuser in der nunmehrigen Judengasse einzurichten, ihr aus seinem Schatze hundert Pfund Heller auszuzahlen und verpflichtete die Stadt, falls sie sich nochmals verheiraten sollte, ihr die Hochzeit zu richten und stets mit besonderer Aufmerksamkeit über der Familie zu wachen.
Die schöne Jüdin stürzte sich weinend zu den Füßen des gnädigen Kaisers und dankte ihm für die hohe Gnade, aber der Kaiser zog sie empor, küßte sie freundlich auf die Stirn und bat den Hausherrn, sie an der Festlichkeit ebenfalls Theil nehmen zu lassen. Einige der anwesenden Patrizier wollen bemerkt haben, daß die römische Majestät auch ferner sein Hauptaugenmerk auf sie gerichtet hatte und schrieben diese zarte Aufmerksamkeit nicht nur der Theilnahme an ihrem und ihres Mannes Schicksal, sondern noch einer anderen Regung zu, von der der junge, schöne Herrscher nicht ganz freigesprochen werden konnte.
Als der Kaiser nach völliger Ruhe der Stadt weiter zog, zur Krönung nach Aachen, gaben ihm sämmtliche Patrizier bis Würzburg das Geleit und dem Kaiser gefiel dieß so wohl, daß er Nürnberg immer mehr lieb gewann und beim Abschied bald wieder zu kommen versprach. Wirklich wählte er auch während der ganzen Dauer seiner Regierung beinahe jedes Jahr Nürnberg einige Zeit zu seinem Aufenthalt. Der junge Volkamer hatte sich seiner besonderen Gnade zu erfreuen und wir finden ihn unter dem Kaiser Wenzeslaus, dem Sohn Karls des Vierten, als Reichsschultheiß der freien Stadt Nürnberg.