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Die Geschichte von Harun al-Raschid und der Sklavin

Zur Zeit, als der Kalif Harun al-Raschid den Thron bestieg und Kalif wurde, waren die Einwohner der Stadt Kairo zu spät gekommen, um dem Kalifen zu seiner Thronbesteigung Glück zu wünschen. Darüber geriet der Kalif so sehr in Zorn, daß er den Türhütern befahl, von jetzt an jeden, der noch kommen würde, gefangenzunehmen und in das Gefängnis zu werfen. Diesem Befehle gemäß nahmen sie jeden Großen der Stadt, der in dieser Absicht herbeikam, gefangen und warfen ihn in das Gefängnis. Der Kalif ging drei, vier Tage nicht aus, sprach zu niemandem ein Wort und blickte niemandem in das Gesicht, sondern setzte sich voller Wut und Zorn für sich hin. Eines Tages nun, da er sich noch nicht hatte beruhigen lassen, schüttete plötzlich eine Sklavin während des Essens ein Gericht auf den Kalifen. Hierüber wurde er so erzürnt, daß er die Sklavin in Stücke zerreißen wollte. Die Sklavin sprach: »O Kalif der Erde, Allah, der Erhabene, hat geruht zu sagen: Die ihren Jähzorn unterdrücken!« Sogleich beschwichtigte sich dadurch des Kalifen Zorn, und er sprach: »Allah sei mein Zeuge! Mein Zorn ist vergangen.« Darauf sprach die Sklavin: »Und die den Menschen verzeihen!« Der Kalif sprach: »Allah sei mein Zeuge! So viele schuldige Menschen ich auch bei mir in Gefängnissen haben mag, sie seien hiermit alle frei!« Wiederum sprach die Sklavin: »Ja, Allah liebt die Gutes Tuenden!« Der Kalif entgegnete: »Allah sei mein Zeuge! Alle meine der Freiheit beraubten Diener seien hiermit frei! Und von allem Gelde, das ich besitze, erlaube ich euch aus Liebe zu Gott, heute die Hälfte unter euch zu verteilen!« Hierauf ließ er alle im Gefängnis befindlichen Leute herausholen, bekleidete sie mit Ehrenkleidern und bat sie wegen des ihnen geschehenen Unrechts um Verzeihung. So huldigte der Kalif Harun al-Raschid vermöge des segensreichen Einflusses dieses Koranverses so der Gerechtigkeit, daß jeder, welcher seiner noch jetzt gedenkt, sagt: »Allahs Barmherzigkeit walte über ihn!«


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