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II.

Mitten in der Nacht hatte der Monteur bei Surewski angerufen. Mit zwei Mechanikern hantierte er im unsicheren Scheinwerferlicht an den Verspannungen und den Motoren des ›Leviathan‹ herum. Es war alles gut, nur die linke Maschine muckte, wollte nicht anspringen, und tat sie es endlich nach langer Arbeit doch, dann blieben die Geräusche unrein.

Olga Surewski stand blaß und übermüdet mitten im Zimmer, während ihr Mann aufgeregt in den Apparat hineinsprach.

»Was ist, Sascha?«

Der schlug den Hörer auf die Gabel. »Diese Idioten werden mit den Vergasern nicht fertig. Wassily hat Lampenfieber wie ein Theatermädel vor dem ersten Auftreten. Er hat so lange an den Düsen gestellt, bis sie nun endlich versagen.«

Sie versuchte ihn zu beruhigen. »Leg' dich zu Bett, Sascha, du mußt Ruhe haben. Bedenke doch, die Anstrengung des weiten Fluges.«

Ohne auf sie zu hören, hatte er den Frack und die weiße Weste abgerissen, stieß den Schrank auf und suchte nach dem Straßenanzug. »Das sind Kindereien.«

»Robertson sagt doch aber, du hättest die besten Motoren, das einwandfreieste Material.«

»Robertson, Robertson.« Surewski fuhr sich durch die Haare. »Dieser Ignorant, dieser aufgeblasene Konjunkturgewinnler, der nichts einsetzen will und nur herausziehen. Ja, wenn ich es wie Truckbrott hätte, oder wie dieser ewig grinsende Schotte, dann schliefe ich die Nacht auch ruhig, kümmerte mich um nichts und führe morgen eine Stunde vor dem Start nach Schiphol. Aber so – zuerst sollte aus dem Vollen gewirtschaftet werden – und dann wurde gespart. Gespart – bei einem Riesenflugzeug, bei dem an jeder Verspannung der Tod lauert. Hast du diese deutsche Maschine gesehen?«

Olga zitterte. »Du weißt, Liebling, ich verstehe nichts von technischen Dingen, aber sie sieht plump und schwerfällig aus gegen den ›Leviathan‹, ist's nicht so, Sascha?«

»Plump? Ein Guß ist sie, ein durchdachtes Ganzes, ein Ding. Aber wir werden es diesen pedantischen Deutschen doch zeigen, wie man Pedanterie mit Genialität schlägt.«

Sie streichelte ihm stolz das Haar. »So liebe ich dich, Sascha.«

»Geh schlafen, Olga, du bist müde.«

»Und du?«

»Ich fahre auf das Flugfeld.«

»Dann komme ich mit«, sagte sie mit einer Energie, die ihm sonst fremd war an ihr.

Das Auto raste durch die Nacht, schoß die engen Chausseen entlang, über Brücken, an schlafenden Häusern vorbei. Nervös ließ Surewski das Horn in das Dunkel hineinschreien. Dann holperten sie über das Gras auf den Hangar zu und stoppten dicht vor der Zeltwand.

»Wassily!«

Zitternd vor Kälte wickelte sich Olga Surewski in ihren Mantel. Ihr Mann beachtete sie nicht mehr. Er schwang sich auf die Tragfläche und beugte sich in den Motor hinein, um den die andern ratlos standen. Kurze Befehle für den Anwerfer und den Monteur am Schallbrett. Tiefes Atemholen, das seelenlose Ding da oben saugte Luft ein.

»An!«

Die unten zogen mit schweißglänzenden Gesichtern, sie spürten die Nachtluft nicht.

»Aus!«

Eine Wendung der Handlampe beleuchtete Olgas todblasses Gesicht. Surewski erinnerte sich. »Geh schlafen.« Und als sie sich hilflos umsah: »Drüben im Flughotel wird man dir ein Zimmer geben.«

Mit schweren Füßen schleppte die Frau sich durch die Nacht, stolperte, fiel fast und zwang sich doch weiter. An den dunklen Hangars und an der Halle vorbei. Wenn sie sich umwandte, sah sie gespenstische Schatten drüben, glaubte alles deutlich zu erkennen und unterschied doch nichts. Und als sie endlich todmüde auf das Bett in dem kleinen Eckzimmer sank, das man ihr erstaunt eingeräumt hatte, fiel sie in marternden, wildbewegten Schlaf. Kämpfte mit dem Motor, der plötzlich ein Tier geworden war, eine Spinne mit langen Saugarmen, die nach ihr griffen. Und hörte das stoßweise, verzweifelte Atmen der Maschine.

Wie lange sie so gelegen haben mochte, wußte sie nicht. Ein Donnern und Brausen riß sie aus der Furchtbarkeit ihres Traumes. Ein Gedanke packte sie: Der ›Leviathan‹! Ein Entsetzen: Jetzt, in der Nacht, war Sascha aufgestiegen – ohne daß sie es wußte –

Oder sie hatte die Zeit verschlafen.

Mit bloßen Füßen lief sie ans Fenster, riß es auf. Schweigende Nacht, nur hoch oben über ihr die gleichmäßigen Geräusche von Motoren, ein heller Lichtstreif, wie ein Komet, eine Silhouette. Jetzt senkte das Fabelwesen sich, glitt niedrig über den Platz hinweg, drei, vier schmatzende Geräusche kurz hintereinander, und nun standen grelle Lichter frei in der Luft – Landelichter, die das Flugzeug abschoß. Und die den Grasboden in Tageshelle tauchten. Ein suchender Finger – der Scheinwerfer.

Ruhig, wie am lichten Tage, glitt das deutsche Nachtflugzeug von Berlin in den Lichtkreis, setzte auf, sprang einmal – noch einmal, rollte aus, um dann kurz vor den Hangars zu wenden und mit halber Kraft auf den Asphaltplatz zurückzukehren.

Olga Surewski preßte das Taschentuch zwischen die Zähne, sie hätte sonst aufschreien müssen, weil die überlegene Ruhe ihre Nerven zerriß.

Als sie zum zweiten Male aufwachte, war heller Tag. Sie tastete neben sich. Nein, er war nicht gekommen. Aber das ganze Flugfeld schien ihr ein Leben. Die Hangars atmeten weit geöffnet, Jagdmaschinen standen in Reihen gerichtet, Menschen liefen über das Feld mit Markierungsflaggen, steckten ab, maßen. Dicht an der Halle sechs Ungeheuer. Die silbergrauen Flügel der Deutschen neben dem lichten Gelb der französischen Luxusmaschinen Farmans, neben dem Blau der Niederländer. Alle mit Stricken verankert, schwere Klötze vor den Fahrgestellen.

Und alle bevölkert von Menschen, die sie fertigmachten.

Hier sprang ein Motor an, der Propeller raste, und der scharfe Luftzug zwang das Gras in Wellen. Dort drei, vier Gestalten, die die Verspannungen prüften. Weit hinten trieb ein Mann seine Pferde an, die die Mähmaschine über das Feld zogen.

Alles sah die Frau deutlich. Nur den ›Leviathan‹ nicht. Der Hangar mit dem Sternenbanner lag wie tot da.

Muffige, benzingeschwängerte Luft umfing Olga, als sie die Tür aufstieß. Übermächtig mit ihrer gigantischen Spannweite drohte die Maschine, die Propeller standen.

»Sascha!«

Unter dem Fahrgestell regte es sich. Ein russischer Fluch.

»Sascha!«

Aus Tüchern und Decken wickelte sich ein Mensch mit wirrem Haar. Alexander Surewski sah wenig dekorativ aus in der ölbefleckten Frackhose.

»Es war zu spät, ich wollte dich nicht stören«, sagte er.

»Und der Motor?«

Er machte eine Armbewegung. »Was willst du, es ist alles in Ordnung, er macht die volle Tourenzahl – aber das verstehst du ja doch nicht.«

»Sag' mir's, Sascha,« bat sie, »auch wenn ich das Technische nicht begreife, ich werde doch verstehen, ob alles gut ist.«

Er lachte. »Ich habe einen Boy mit dem Wagen in die Stadt geschickt, er soll mein Zeug holen. Wir haben noch drei Stunden.«

Sie sah zur Seite. »Sascha, ich bitte dich, nimm mich mit. Wenn der ›Leviathan‹ dich trägt, werde ich ihm auch nicht zu schwer werden.«

»Unnützes Weiberfleisch können die Motoren nicht tragen.«

Sie überhörte die Kränkung. »Bin ich so unbrauchbar gewesen, damals, als wir aus Krasnojarsk flohen, als wir Tag und Nacht im eisigen Viehwagen durch Sibirien fuhren mit nichts als nur unserm armen Leben?« Eintönig sprach sie weiter und vermied es, ihm ins Gesicht zu sehen. »War ich es nicht, die in San Franzisko in den Hafenschenken für dich und mich gesungen hat, vor Malaien und Chinesen. Unsere uralten russischen Lieder – als jeder Ton mir die Kehle zerriß, weil die Kälte in die Brust gestochen hatte wie mit weißglühenden Nadeln. Und wie ich mit todmüden Füßen in roten Stiefeln getanzt habe und mit Strümpfen, die nur noch Fetzen waren. Nur damit du in dem dunklen Kellerloch, in unserm Heim, das nur eine Ecke war, und die doch einen halben Dollar kostete jeden Tag – damit du arbeiten konntest.«

Er wehrte ab. »Laß die toten Jahre ruhen, Olga. Schweig'.«

»Ich will davon reden, Sascha, denn es war keine tote Zeit. Damals haben wir gekämpft und nicht im Genuß gesessen wie früher. Gott gab das Leid, in dem wir uns fanden. Und ein Recht habe ich mir erbettelt damals, ein Recht, das ich heute von dir fordere. Weißt du noch, wie ich im Ballkleid zwischen den Geldbeuteln saß und lächeln mußte, während sie mich mit ihren Blicken entkleideten? Wie es mich fror, weil ihre Gier nach mir tastete, nach meinem weißen Nacken, an die Brust, in der die Erregung bebte. Aber du mußtest sie haben, denn du brauchtest Geld für deine Pläne. Und dir gaben sie es nicht.«

Sie stand an ihn gepreßt, fühlte seinen Arm an ihrer Hüfte und zitterte im Erinnern an Höhen ihres Lebens, die nur sie kannten.

»Und wenn ich heute das Höchste von dir fordere, Olga,« seine Stimme klang rauh, »willst du es mir verweigern?«

»Ich weiß, was du forderst, Sascha.«

»Ein Narr bin ich gewesen vorhin, überreizt von der Arbeit, die bis zum Morgen gedauert hat. Kaum eine Stunde habe ich gelegen. Verzeihe mir, Olga.«

Und sie glaubte den Atem der Seele Rußlands zu spüren, zügelloses Asiatentum, das doch versank, wenn es warm und einlullend aus der Tiefe aufstieg.

Du kämpfst für mich, wenn du bleibst, sang es in ihrem Ohr. Du wirst bei mir sein, auch wenn ich dich nicht sehe.

Sie stöhnte auf. »Ich will für dich beten, Sascha. Gott hat nicht all die schweren Jahre für uns aus der Ewigkeit geholt, damit wir untergehen. Gott will unsern Aufstieg.« Ehe er es hindern konnte, hatte sie sich vor ihm niedergebeugt, küßte seine Hand und preßte sie leidenschaftlich an ihre Stirn.

»Olga!«

Vor der Tür sprachen laut zwei Menschen, jetzt fiel das helle Tageslicht in den Schuppen. »Ist Herr Surewski hier?«

Alexander trat vor und deckte die Frau mit seinem Leibe. »Was gibt es?«

»Die Arbeiter müssen den ›Leviathan‹ herausziehen, wenn es Ihnen recht ist. Die andern Maschinen sind bereits am Start.«

»Der ›Leviathan‹ wird immer noch zur Zeit kommen«, erwiderte Surewski stolz.

Auf der Chaussee strömte es von Amsterdam her heran, Menschen in Autos und Wagen, Menschenrudel auf Fahrrädern, Menschenballen zu Fuß. Ein Kreuzzug der Neugier. Alle Plakate hatten es geschrien, alle Zeitungen gehämmert, in den Hotels, in den Cafés, seit Tagen das Gespräch: Flugtag. Die Züge aus dem Haag und von Rotterdam brachten Menschen, auf altmodischen holländischen Karren fuhren sie heran, an den Stellwagen hingen sie in Trauben.

Das Feld von Schiphol wurde zum Jahrmarkt.

Sie liefen über die Wiesen, stolperten in Gräben, scheuchten das Vieh von den Weiden, sprangen über Koppeln und Hecken, drängten sich hinter den Stricken und starrten auf die Vögel, die da vor ihnen aufmarschiert waren. Namen von Fliegern schwirrten in der Luft, Fachausdrücke, die sonst den Massen fremd blieben. Wer ein Wort über Verwindung, Steuerknüppel oder Pferdestärken sagen konnte, hatte sofort eine andächtige Gemeinde um sich versammelt. Monteure wurden angestaunt, als trügen sie statt des Ölanzuges eine goldstrotzende Rüstung, wer einen Sturzhelm trug, war ein Held.

Der Viscount Macmorris, der seinen eigenen Wagen mitgebracht hatte, holte den Geheimrat und Barbara am Hotel ab, er überflog prüfend die elegante Gestalt der Hamburgerin.

»Man wird mehr nach Ihnen sehen als nach den Flugzeugen, Miß von Gordon«, sagte er.

»Dann hätte mein Anzug seinen Zweck verfehlt«, parierte die. Und dann abspringend: »Wird Mister MacKenney starten?«

»Ich denke.«

»Dann werden unsere Piloten einen schweren Stand haben.« Das war ihre Art, seine Liebenswürdigkeit zurückzugeben, nur um eine Nuance verfeinerte sie, um ihm das Grobauftragende vor Augen zu führen.

Der Viscount verstand. »Ich möchte nicht Ihr Gegner sein, Miß von Gordon.«

Kurz vor Schiphol wurde die Limousine von einem teufelsroten Rennwagen überholt, hinter dessen mächtiger Haube zwei Vermummte kauerten. MacKenney steuerte kaltblütig durch die endlose Wagenreihe, immer wieder eine Lücke findend. Truckbrott Hatte Barbara erkannt und grüßte.

Der Geheimrat lächelte. »Jetzt denken die beiden nur an Maschinen, wahrscheinlich will MacKenney Truckbrott sein Wasserflugzeug noch vor der Konkurrenz vorführen. Als wir jung waren, hatten wir nach einer Ballnacht andern Ehrgeiz.«

Barbara runzelte die Stirn und blickte starr geradeaus, dem Wagen nach, der wirklich an der Kurve jetzt nicht einbog, sondern weiterschoß.

»Die Herren werden uns einen Morgenbesuch nicht übelnehmen«, schlug Macmorris vor. »Wenn es Ihnen recht ist, Lady?«

»Ich bin die Tochter meines Vaters und verstehe jedes Ding nach seinem Zweck zu beurteilen. Und heute ist ja Meeting.«

So standen sie wenige Sekunden später um den Eindecker herum, der sich auf dem Wasser eines Stichkanals leise wiegte. Der Zufall wollte es, daß Barbara und Truckbrott auf der einen Seite der Maschine stehenblieben, während MacKenney den beiden Herren eine Besonderheit der Motoranlage erklärte.

»Sie versäumen drüben Wichtiges, Fräulein von Gordon«, sagte Truckbrott.

Barbara hielt ihn zurück. »Sie haben heute noch kein Wort für mich gehabt.« Und als er beharrlich schwieg: »Es gab eine Zeit, da wußten Sie mir mehr zu erzählen, Günter Truckbrott.«

»Ich verstehe Sie nicht.«

»Sie verstehen mich sehr gut, Truckbrott, Sie können sich nicht verstellen. Denken Sie daran, wie Sie mich das erstemal mit in die Luft genommen haben, an die kleine Maschine mit den schwachen Drähten. Hat sich seit damals denn soviel geändert? Wissen Sie noch, damals wurden wir Kameraden?«

»Seit damals hat sich viel geändert«, sagte er.

Aber sie ließ sich nicht beirren. »Es war in dem ersten Jahr nach dem Kriege, als fremdländische Kommissionen durch Deutschland fuhren und überall Dinge suchten, die wir dann zerstören mußten. Auch den kleinen Vogel, mit dem wir damals aufstiegen. Sie waren in Fuhlsbüttel stationiert, und ich kam mit meinen Bekannten heraus, um die Flieger anzusehen. So wie heute Amsterdam hierher pilgerte, so kamen wir damals.«

»Aber es war ein Abschied«, sagte er rauh.

»Deshalb riefen Sie uns. Die Deutschen sollen noch einmal sehen, was sie gehabt haben und was verloren ist – waren Sie das nicht, Truckbrott, der mit dem Satz ganz Hamburg begeisterte, das kühle, nüchterne Hamburg?«

Als er darauf nicht einging, sprach sie weiter. »In Ihrer Maschine gab es zwei Sitze, aber der eine blieb frei – und weil ich so sehr bat, haben Sie mich mit in die Luft genommen. In Lederjacke und Sturzhelm. Und Sie haben mir von hoch oben die Welt gezeigt. Vielleicht war's Hamburg, ich weiß es nicht mehr. Mir ist, als hatten Sie mir eine neue Welt gezeigt. Und wissen Sie noch, daß wir dann nicht mehr zu der Gesellschaft zurückgekehrt sind, sondern über den Platz gegangen, nebeneinander her? Und daß Sie davon sprachen, daß es kein Ende gibt, daß die Idee stärker ist als die Macht derer, die heute den Hammer nehmen und die Maschinen zerschlagen würden. Damals haben Sie von der Zeit gesprochen, vor der wir heute stehen. Nein, in der wir mittendrin sind.«

»Und Sie haben leuchtende Augen gehabt. Haben Sie denn nicht an mich geglaubt – damals?«

»Geglaubt? Skeptisch und kühl bin ich gekommen, so wie die meisten andern auch, und Sie haben mich bezwungen. Damals sind wir Kameraden geworden –«

»Damals.«

»Truckbrott«, sie sprach leise. »Fühlen Sie denn nicht, daß ich um sie werbe – um meinen alten Kameraden?«

»Frauen sollen nicht werben, Fräulein von Gordon«, sagte er hart.

Sie warf den Kopf mit einer herrischen Gebärde in den Nacken. »Sie sind unausstehlich.«

Ein paar Schritte war er zur Seite getreten, damit ihn die andern nicht hören konnten. »So wie ich damals an meine Idee geglaubt habe, so glaube ich heute noch. Nur habe ich gelernt, die Person und die Sache zu unterscheiden. Schritt für Schritt will das Luftmeer erobert sein, in zäher Arbeit, nicht in Bocksprüngen. Deshalb bin ich ins Ausland gegangen, nach Schweden, als es in Deutschland keine Flugzeuge mehr geben durfte. Und dort habe ich der Idee gedient – wie ein Kuli. Bis ich wieder habe aufsteigen dürfen. Und mit den ersten deutschen Maschinen war ich wieder da, hab' Post und Frachten geflogen, hab' Schaustücke vorgeführt, und habe mich gefreut, als eines Tages es gerade Ihr Vater war, der den Verkehr großzügig organisierte.«

»Weil Sie den Kameraden nicht vergessen hatten, war's das, Truckbrott?«

Er ging nicht darauf ein. »Und jetzt ist's wieder eine neue Idee, die sich durchringen will, deren Pionier ich bin!«

»Und Surewski?«

»Wer meine Idee begriffen hat, wird in diesem Zusammenhang seinen Namen nicht nennen.« Und obgleich er fühlte, daß er sie kränkte, sprach er weiter. »Und ich habe gesehen, daß das, was ich will, keine Halbheiten duldet. Es fordert den ganzen Mann.«

Ihre Hand zitterte. »Seh' ich's denn anders? Ich will nicht, daß einer Ihnen zuvorkommt.«

»Ich will keinen Rekord, darum kämpfe ich nicht.«

»Um was kämpfen Sie?«

»Um ein neues Reich.«

Ein helles Signal tönte drüben vom Flugplatz. MacKenney sprang aus dem Führersitz heraus und winkte Truckbrott. »Kommen Sie, wir wollen die ersten Starts nicht versäumen.«


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