Ulrich von Lichtenstein
Frauendienst
Ulrich von Lichtenstein

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Vierundzwanzigstes Capitel.

Wie Ulrich eine andere Frau nahm.

Nach den Lieben geschah mir ein Ding, des ich mich immer im Herzen freuen muß, so lange ich mein Leben habe. Ich will auch gerne sagen, was mich so freute. Ich dachte: wie lange soll es denn sein, daß mein Herze ohne Fraue ist? das ist mir nicht gut: denn wer seine Jahre so verschwendet, daß er nicht mit Treuen gute Weib minnt, dem wird die rechte Würdigkeit versagt: schadenreich wird, wer die Weib nicht herzlich minnt, das weiß ich an mir selber. Da ich mich erst befließ, meiner Frau schön zu dienen, da sah man mich freudig und ritterlich gemuth, meine Zeit ging mit Freuden hin, nun diene ich weder dort noch hie, das ist kein ritterlicher Muth, ich sollte wieder eine Fraue haben, der ich mit Dienst unterthan wäre, die muß mir Gott bald geben; ich habe viele Frauen gesehen, die schöne und gut sind, deren will ich mir eine zur Frauen nehmen und ihr dienen, wie ich kann.

Da dachte ich sehr darüber, wo die Fraue sein möchte, der ich meinen Dienst schenken wollte; ich dachte über alle Land, was ich von Frauen kannte. Ihrer einer Tugend war mir kund, daß ich nie ein so weiblich Weib kannte, sie war schön und gut, hatte gute Geberde und sanfte Sitte, sie war keusch und lieblich. Ich gedachte dorthin und hiehin an diese und an die, aber an keiner fand ich mehr Tugenden als an ihr. Da ich das wohl bedachte, nahm ich das werthe Weib in mein Herz zu meiner Frauen: alsbald ritt ich hin, wo ich sie fand und thät Ihr meinen Willen kund. Ich sage nicht, was sie da sprach, aber hochgemuth kam ich von ihr zurück, sie hatte recht, daß sie mir gut war, denn sie war mir vor allen Weib. Da sang ich ihr zum Dienste diese Lied.

 
32) Eine Tanz-Weise.
       

Hoher Muth, nu bis empfangen
In meinem Herzen tausend Stund,
Laß es dir nicht bei mir bangen,
Du bist mir ein hoher Fund,
All meine Freude war zergangen,
Die hätt' Trauern mir benommen,
Die ist mir nun wieder kommen.

Hoher Muth, wo ich dich funden
Hab', da neig ich immer meh,
Mit dir hab' ich überwunden
Trauern das mir lang thät weh,
Das ist mir gar von dir verschwunden;
Wohl mich, wohl mich das Gelingen,
In mein minnend Herz zu dringen.

Hoher Muth, dich hat gesendet
Mir ein Weib, das Ehre hat,
An die hab' ich gar gewendet
Mich, das ist der Minne Rath,
Unter Schilden Speer verschwendet
Wird um sie von meiner Hand,
Die dich zu mir hat gesandt.

Hoher Muth, du und die Minne
Sollt mir helfen dienen ihr,
Sonder Falsch mit schlichtem Sinne.
So mag wohl gelingen mir,
Wird sie meiner Treue inne,
So thut mir viel Freuden kund
Ihr klein heißer rother Mund.

Hoher Muth, nach deiner Lehre
Will ich werben um ihren Leib,
Sie hat Schöne, sie hat Ehre,
Sie ist ein reines süßes Weib,
Hoch geboren, gar sanft und hehre,
Gut und frei in rechter Maße,
Sanft ist ihr weiblich Gelaße.

Hoher Muth, sollt nicht alleine
Vogt in meinem Herren sein,
Mit dir hat die Statt gemeine
Die viel liebe Fraue mein,
Sie viel Gute, Süße, Reine,
Hart die Minne mit sich bracht,
Sie haben zu hausen da gedacht.

Hoher Muth, mein Herze schwinget
Und ist worden freudenjung,
An die Brust es sehre dringet,
Hoch es springet manchen Sprung,
Werthe Liebe drinne ringet,
Die mich selten ruhen lat,
Wie hoch mein Gemuth auch staht.

Die Lied däuchten ihr mit Recht gut, und daß jeglich Lied sprach hoher Muth, darüber lächelte sie, denn sie hatte es vor noch nie gehört. Sie sprach: die Lied sind minniglich und meisterlich gedichtet, sie sind zum Tanzen gut.

Was ich ihr gedient habe, und was sie mir Gutes gethan, will ich verschweigen, nur das will ich sagen, daß ich ihr Lob zu allen Zeiten sang. Einmal saß ich ihr nahe und redete so und so, ich freute mich, sie anzusehen, als ich von ihr kam, sang ich diese Lied.

 
33) Eine Tanz-Weise.
       

Wisset, Fraue wohlgethan,
Daß ich auf Genade han
Herze und Leib an Euch verla'n,
Das rieth mir ein lieber Wahn,
Durch des Rath hab' ich's gethan,
Und will dem nicht abe stahn,
Das laßt mir zu Gute ergahn. –

»Seit Ihr Dienstes mir bereit
Und thut das auf Lohnes Recht,
So laßt mich erkennen das
Wie der Dienst sei gestalt,
Den ich mich soll nehmen an,
Wie der Lohn geheißen sei,
Der Euch von mir soll geschehen.« –

Fraue, ich will in meinen Tagen
So nach Euern Hulden jagen,
Daß es Euch muß wohl behagen,
Den Muth durch Euch hohe tragen
Und an Freuden nicht verzagen,
Euer Lob der Welt all sagen
Und erst spät nach Lohne fragen. –

»Seit Ihr froh dazu gemeit
Mir zu dienen, als Ihr sprecht,
So frommt Euch das selber bas
Denne mich wohl tausendfalt,
Wenn die Scham thut Lob hintan,
Mir ist der Spiegel schwerlich bei,
Darinne ich mein Leid soll sehen.«

Eure Lob die Würde hat,
Daß es wohl zu Hofe gaht,
Bas dann aller Könige Staat,
Ohne Scham allda bestaht, –
»Lieber Herre, selig Mann,
Ihr seid Spottes allzufrei,
Das ist Unpreis, darf ich's gestehen.« –

Durnach sang ich zum Dienst meiner Frauen vier Weisen, die Weisen und die Wort konnten nicht besser sein.

 
34) Eine Tanz-Weise.
                 

Weichet umme balde Sorge und Angest von der Straße,
Laßt die Wonne bringende Freude für!
Es geziemt Euch beiden auf meine Treue nicht zu Maße,
Wenn ihr mir dringet an der Thür,
Streichet von dem Lande wie der Winter von uns hin,
Laßt die Freude mit dem Sommer in.

Hoher Muth ist wohl gewesen lange von uns elende,
Wohl uns des, er ist nu wieder kommen,
Nu soll unser schwaches Trauern haben gar ein Ende,
Das uns Sorgen und Angest ist benommen,
Wer nu trauert, der ist verzaget an guten Dingen gar
Wünschet, daß der nimmer wohl gefahr.

Niemand kann mit Trauern seine Noth nicht überwinden,
Darum will ich hohen Muthes sein,
Man muß mich in hohem Muthe und auch bei Freuden finden,
Also will das spielende Herze mein,
Mir gestund der Muth nie so hoch bei meiner Zeit,
Wohl ihr, die mir hoch Gemüth verleiht!

Das ist ein Weib, die wohl mit Tugenden kann ihre Weibheit krönen,
Ihr weiblicher Muth ist Wandels frei,
Ich ersah nie Weibes Leib so guten noch so schönen,
Ihr ist reine Weibes-Sitte bei,
Sie ist eine Fraue von Geburt, so ist ihr süßer Leib
Von ihren Tugenden ein viel weiblich Weib.

Wer ihren reinen süßen Leib mit meinen Augen sähe,
Den ließe ich sie so lieblich schöne sehen,
Daß er ihr vor allen Weiben hohe Tugend zugestehe,
Könnte er wie ich Weibes Tugenden spähen,
So muß er von Wahrheit sprechen: seht das ist ein Weib
Der von Rechte dienet Ritters Leib!

 
35) Eine Tanz-Weise.
       

Warnet euch gar, Junge und Alte
Gegen den Winter, das ist Zeit,
Niemand bloß da vor ihm halte,
Er schlägt tiefe Wunden weit,
Laßt die Schilde
Stille liegen,
Schneidt euch selber Kleider milde,
So mögt ihr ihm angesiegen.

Ich will euch das Beste weisen.
Wollt ihr vor ihm sein behuth,
So sollt ihr die Häuser speisen
Gegen ihn, euch ist nichts so gut,
Wer mit Witzen
Nu nicht fährt,
Da er will die Haus besitzen,
Der ist von ihm unernährt.

Für sein Stürmen, für sein Schleichen,
Für sein ungefüge Droh,
Sollen wir in die Stuben weichen,
Da mit Weiben wesen froh,
Weibes-Güte
Das ist ein Dach,
Daß man nie für Ungemüthe
Also gutes nicht ersach.

Aller guten Weibe Güte
Müsse meine Fraue pflegen,
Vor ihrem Zürnen mich behüte
Gott, das ist mein Morgensegen,
Gutes Weibes Würdigkeit
Ist fürwahr gar meines Leibes
Höchster Trost für sehnende Leid.

Meines Herzens Freuden-Lehre
Ist ein süßer Weibes-Leib,
Die ist mein Trost für Herzens-Schwere,
Sie ist fürwahr ein weiblich Weib,
Und eine Fraue
Mannicher Tugende,
Wenn ich in ihre Augen schaue
Mich, so blüht mir Freuden Jugende.

 
36) Eine Tanz-Weise.
                 

Gott willkommen, Herre,
Freund, Geselle, lieber Mann,
Mein Trauern das ist ferre
Seit ich dich ummefangen han,
Du bist mir vor allen Dingen süße,
Davon ich dich herzigliche grüße,
Nun küsse tausend Mahle mich,
So küß' ich zwier so ofte dich.

Dein weiblich Freundes-Grüßen,
Dein Küssen und dein Ummefang,
Kann sich so lieblich süßen,
Daß mir die Weile nimmer lang
Bei dir wird, viel liebe Herzens-Fraue,
All meine Freude ich an dir alleine schaue,
Dein lieber Mann, mein liebes Weib,
Das sind wir beide und ein Leib.

Nach diesem Freundes-Gruße
Mit Trauten ward geküsset viel,
Dieselbe süße Unmuße
Ihnen beiden rieth ein Minnespiel,
In dem Spiel ihrer beider Herzen sprachen,
Da sie in den Augen recht Ursachen,
Ihren lieblich minnefarbnen Schein,
Daß er wär ihr und sie wär sein.

Nach diesem Spiel sie lagen
Geschlossen wohl nach Freundessitte,
Ihr beider Münde pflagen,
Womit sich die Liebe erzeiget mitte.
Ihre viel lautre Liebe schloß die Minne
Mit der Treue feste zu einem Sinne
Innerhalb ihres Herzens Thür,
Da riegelte sich die Stete für.

In Minnen-Paradeise
Ihr beiden Leib mit Freuden lag:
Daher schlich eine Maget leise,
Die sprach: nu wohl auf, es ist Tag.
Von dem Wort ihre Augen übergossen,
Daß ihnen die Thränen auf die Wangen flossen,
Da ward geküsset tausend stund.
Ihr Augenscheinen, Wängel, Mund.

So wollte der Tag sie scheiden,
Das that ihnen herzigliche weh,
Da rieth die Minne ihnen beiden
Ein süßes Spiel verenden eh,
Einander sie's nicht bas erbieten mochten,
Mit Armen und mit Beinen lag geflochten
Ihr beider Leib; da sprach die Maget:
Euch beiden es zu Leide taget.

Mit linden weißen Armen
Beschlossen lag des Ritters Leib,
Sie sprach: laß dich erbarmen,
Gut Freund, mich Freudenarmes Weib,
Führe mich in deinem Herzen von hinnen.
Fraue, ich minne dich mit Freundes-Sinnen,
Du bist Vogt in dem Herzen mein,
So bin ich dem Herzen dein,
Gott müsse deine Ehre pflegen,
Deine weibliche Güte sei mein Segen.

 
37) Eine Tanz-Weise.
           

Wohl mich immer mein Gemüthe
Hat ein gut Weib mit ihrer Güte
Hoch in spielende Freude bracht,
Die ist meine Wonne, die ist meine Fraue,
All meine Freude ich an ihr schaue,
Gott der hat ich wohl bedacht
Mit so reinem süßen Weibe,
Ich vertreibe
Trauern mit ihrem Minne-Leibe,
Hohen Muth ich da zu ihr hol.

Wohl mich, wohl mich immermehre,
Des, daß sie hat Tugend und Ehre,
Güte, Schöne, völliglich,
Drum leb' ich in hohem Muthe,
Gott der füge mir's zu Gute,
Niemand ward so freudenreich,
Als ich bin von der viel Süssen,
Trauern büssen
Kann sie, mit ihren Züchten süssen,
Ihr Gruß thut mich freudenvoll.

Wohl, wohl, wohl mich, daß die Weisen
Müssen sie von Rechte preisen,
Daß sie das verdienet hat,
Davon muß mir oft im Stillen
Freudenthau aus Augen quillen
Der aus Herzens-Grunde gaht,
Ihr Leib ist meine Freuden-Lehre,
Wohin ich kehre
Bin ich froh des, daß ihre Ehre
Hat behütet sich wie sie soll.

 
38)
       

Mein Muth der muß steigen immer
Davon, daß mir Wünschen thut so wohl,
Darum will ich trauern nimmer,
Mich macht Wünschen oft freudenvoll,
Davon will ich gerne wünschen viel,
Denn ich habe von süßen Wünschen ofte Wonne bringende Freuden-Spiel.

Mein Leib lag neulich alleine
Und wünschte nach der Frauen mein,
Daß sie die viel Süße, Reine,
Mit ihrem Willen sollte bei mir sein,
Von dem Wunsche ein Wunder mir geschah,
Daß ich die viel Minnigliche mit des Herzens Augen bei mir sah.

Da ich sie mit Wünschen brachte
Zu mir also nache, ward ich froh,
Alsobald mein Leib gedachte
Mit ihr viel Freuden so und so,
Mir ward fürwahr nie also wohl,
Als mir da war mit der Süssen, davon ich viel gerne wünschen soll.

Zu uns kam die werthe Minne
Und schloß uns beide fest in ein
Ich und sie wir wurden inne
Wie Minne flechtet Arme und Bein,
Und wie sie machet, daß ein Weib
Und ein Mann durch herzigliche Liebe werden nur ein einz'ger Leib.

Wo die Minne zu Einem Leibe
Machet einen Mann und ein gut Weib,
Wohl dem Manne, wohl dem Weibe,
Das muß sein ein minnesüßer Leib,
Und ein Leib der manche Wonne hat,
Es ist gar ein Himmelreiche, wo ein Lieb mit Liebe ummegaht.

Ich bin also minneweise
Und ist mir so rechte lieb ein Weib,
Daß ich in dem Paradeise
Nicht so gerne wüßte meinen Leib,
Als wo ich der Guten sollte sehen
In ihre Augen minnigliche, da möchte lieblich Wunder mir geschehen.

Sieht ein Weib in Mannes Blicke,
So erläßt sie Liebe nicht,
Wenn er heimlich dann zurücke
In ihre spielenden Augen sicht,
Da muß von der Liebe mehr entbrennen,
Gütlich Trauten und Küssen, dennoch viel, das ich nicht darf nennen.

 
39)
                           

Ich bin wohl bei meinen Stunden
Ofte worden minnewund,
Dafür hab' ich Hülfe funden,
Drum sieht man mich noch gesund,
Was die Minne mir mit Zwingen thut,
Dafür hab' ich Arzeneie, die ist gut.

Wo die Minne mir verwundet
Mit ihrem Strahle das Herze mein,
Das hat schiere mir gesundet
Meiner Frauen lichter Schein,
Wenne ich sehe ihre lichte Farbe klar,
So sind mir geheilet meine Wunden gar.

Ich salbe mit viel süßen Salben
Meine Wunden hie und dort
In dem Herzen allenthalben,
Die Salbe ist mannich süßes Wort.
Die aus meiner Frauen Munde gahn,
Davon meines Herzens Wunde Ende han.

Wenn ich will die Augen salben
Herze, Sinne und den Leib.
So geh' ich gleich ihrethalben
Und sehe an das werthe Weib,
Davon wird mein Leib gleich freudenjung,
Und muß mir das Herze springen mannichen Sprung.

Aus ihrem kleinen rothen Munde
Süße, Süße süße gaht,
Sie nimmt sie von Herzens Grunde,
Der sie da groß Wunder hat,
Sie ist schöne, reine, gütlich gut,
Es ist lieblich süße gut was sie mir thut.

Ich wollte, daß sie ohne Säumniß
In mein Herze könnte schauen,
Da sähe sie der Liebe Geheimniß,
So daß sie mir müßte trauen,
Daß sie mir ist lieb für alle Weib,
Und fürwahr lieber denn mein eigner Leib.

Gott weiß wohl, mir ist ihre Ehre
Lieber dann die Ehre mein,
Ihr Leib ist meine Ehren-Lehre,
Ich will ihr zu Diensten sein
Sonder Wanken all die Weile ich lebe,
Sie ist mein Trost für Trauern und meine Freudengebe.


 << zurück weiter >>