Ulrich von Lichtenstein
Frauendienst
Ulrich von Lichtenstein

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Zweiundzwanzigstes Capitel.

Ulrich will eine Fahrt über Meer thun.

Ich ritt schnell nach Lichtenstein, wo ich mein Gesinde gelassen hatte, sie grüßten mich alle freudig, weil sie nicht wußten, wohin ich gekommen war, ich dankte ihnen, und blieb drei Tage da, dann ritt ich nach Oesterreich, denn zu Sanct Pölten war eine Turnei, dahin ritt ich mit sechs Gesellen, mein Bote folgte mir auch.

Auf der Straße zwang mich wieder mein sehnend Leid, und ich sprach zu meinem Boten: Möchte es mit deinen Hulden sein, so wäre mir lieb, wenn du zu Ihr rittest, daß du erführst, ob sie mir feind oder noch hold sei, und auf welche Weise ich heimlich zu ihr kommen soll. – »Ich fahre gern um Euretwillen hin, seid nur bei dem Turnei hochgemuth.«

Er schied von mir, und kam zu der Werthen, sie sprach zu ihm: Freund: ich bin deiner Kunst froh, du sollst mir nach der Wahrheit sagen, wie dein Herr sich gehabt. –– Da sprach der Bote: Fraue, wollt Ihr ihm gnädig sein, so wird er noch froh, Gott weiß, daß Ihr übel an ihm thut, denn ich habe noch keinen Ritter gesehen, der ein Weib so liebte; seine Witze brachen ihm, da er von Euch hier so scheiden mußte, ich hörte ihn laut das üble Wort: O weh! schreien. da lief ich ihm nach, und fand ihn, wie sich sein Sinn verkehrt hatte, er wollte sich selber den Tod in dem Wasser hie gethan haben, er hätte sich ertränket, hätte ich es nicht mit Witzen gehindert, und ihm gute Botschaft gesagt, die ihm wieder Kräfte gab: ich sagte ihm von Euch, daß er des Nachts wieder herkommen sollte, so wollet Ihr ihn minnen, davon kam sein Sinn wieder, ich gab ihm Euer Wangen-Kissen in die Hand, da wähnte er, alles sei wahr, was ich ihm gesagt hatte, darauf rieth ich ihm, zu seinen Pferden zu gehen, und als wir den Knecht fanden, sagt' ich ihm wieder, Ihr wolltet ihn über zwanzig Tage sehen und daß es Euch weh thäte, daß Ihr ihn von hinnen gelassen es sei nur um eine Frau geschehen, vor der Ihr Euch bewähren müßtet, diese würde aber bald fortreisen, so habe ich ihm von Euch gelogen, aus Furcht, der biedre Mann möchte sich sonst das böse Leid selbst thun; aber seid Ihr ihm nun nicht gnädig, so verwandelt er gar seinen Sinn; nun hat er mich auf den minniglichen Wahn wieder hergesandt, daß Ihr weibliche Güte an ihm begehen sollt, zu Sanct Pölten soll ich ihm Euern Willen sagen, da ist ein Turnei, wohin er Euch zu dienen gegangen ist.

Die Gute sprach: er wäre wohl lieber froh als traurig, wenn er Sinne hätte, denn ein trauriger Ritter erwirbt nie ein werthes Weib, welch Weib sich ertrauern läßt, das ist missethan; als er hier seine Zucht so brach, daß er so jämmerlich schrie, so hörte es der Wächter und ging von der Zinne und sagte in der Burg, er höre den Valand; man fragte ihn, wie und wo, er sagte. da bei der Mauer hört ich ihn laut: O weh! schreien, so fuhr er den steilen Weg zu Thal, daß ich dessen erschrak, die Steine rollten ihm nach, ich segnete mich in der Angst: wie behagt dir nun, mein Geselle, daß dein Herr so gebart; soll ein Ritter klagen wie ein krankes Weib?

Da sprach der Bote: wohl hat er übel daran gethan, aber er hatte seinen Sinn so verkehrt, daß er sein Leben geringe schätzte, hätte ich ihn nicht mit süßen Worten getröstet, so wäre er hie todt gelegen, und thut Ihr ihm nicht Gnade, so hat auch in kurzen Zeiten sein Leben ein Ende. – »Bote, sage deinem Herrn, wenn er meine Minne verdienen will, so muß er um mich eine Fahrt über Meer fahren, und behütet ihn Gott, daß er glücklich wiederkommt, so will ich ihn bei meinen Treuen so minniglich lohnen, daß er immer freudenreich bleibt, denn du weißt, daß ich seinen Dienst noch nie wollte angenommen haben, diese Fahrt aber soll er mir zu Dienste thun, dann lohne ich ihm, daß ich ihm all sein sehnendes Leid verschwende.« – »Fraue, ich sage ihm Euern Willen, und gewiß thut er die Fahrt, denn ich weiß, ihm kann nichts Lieberes geschehen, als wenn Ihr Dienste von ihm begehrt.«

So schied der Bote von ihr. Er fand mich zu Wasserberg, dahin war ich vor dem Turnei geritten. Ich ging mit ihm allein und sprach: du sollst mich wissen lassen, was meine Fraue mir entboten hat. Da sprach der Bote: sie sagt, Ihr habt mit Dienst noch keinen hohen Minnesold geholt, Ihr müßt noch eine Fahrt fahren, und wenn Euch Gott behütet, daß Ihr glücklich wiederkehrt, dann will sie Euch lohnen; die Fahrt soll über Meer sein.

Ich sprach: der Fahrt wird sie gewährt, ich will um sie todt liegen, oder ich hole ihren Minnesold. Er sprach: mir gefällt die Fahr nicht, denn Ihr mögt wohl todt liegen, wann Ihr über See fahrt und verliert Ihr so um ein Weib den Leib, so habt Ihr auch die Seele verloren, darum sollt Ihr hier bleiben.

Da sprach ich: Freund, Gott ist so gut und erbarmend und so tugendreich, daß es ihm nicht leid ist, wenn ein Mann einem Weibe herzlich dient, es ist sein Wille, daß man den Frauen mit Dienst bereit sein soll, und Gott wird mich beschützen, denn ich will wahrlich die Fahrt thun, da meine Frau es mir entboten hat; ich wäre an Ehren verzagt, wenn ich ihr nicht dazu bereit wäre, ich bin froh, daß sie diese Fahrt von mir zu Dienste fodert, ohne ihren Dank habe ich ihr alle meine Jahr gedienet, wankte ich nun in meinem Dienste, den meine Fraue mir gebietet, so müßte ich gar verzagt sein. – »Da Ihr der Fahrt nicht abstehen wollt, so entbietet es ihr bald, denn sie ist dessen froh, ich will die Botschaft gern werben, ich weiß, ich werde gut von ihr empfangen, denn die Botschaft thut ihr sanft.« – »Da du mich tröstest, Geselle, daß sie es gerne hört, so will ich ihr wieder eine Botschaft dichten und ihr ein klein Büchlein senden, das ihr meinen Willen sagt, daß ich die Fahrt um sie gerne thue.«

Damit schied ich von den Boten und dichtete neue Lied und auch ein kleines Büchlein, kein Büchlein ward je so minniglich gedichtet. Dann ritt mein Bote zu meiner lieben Frauen, die sprach: Geselle, willkommen, du sollst mir sagen, ob dein Herr auf der werthen Fahrt Lohn erjagen will. – »Er hat mich gesandt, daß er alles gerne thut, womit er Euch dienen kann, er ist der Fahrt bereit und von Herzen froh, er sendet Euch ein Büchlein und gute neue Lied.

Sie nahm Lied und Büchlein und ging, wo sie beides las. Das Büchlein sprach so:

 
Das dritte Büchlein.
             

Wohl her, Freund, an meinen Rath,
An dem mein Rath besonder staht,
Gebt mir Lehre und gebt mir Rath
Darnach als es mir staht,
Freund, Rath und Lehre
Bedurft ich nicht so sehre.
Nach Herzenliebe für Herzenschwere
Suche ich, Freund, Rath und Lehre,
Nu rathet und lehret wohl
Wie Freunde Freunden rathen soll,
Ich meine Euch beide, Herze und Sinn,
In Eurem Geleit ich gerne bin,
Nun laßt sehen mich dabei
Wie gut Euer Geleite sei,
Nehmt alle meine Gedanken gar
An Eure Rede, ich sende Euch dar
Meinen sehre sehnenden Muth,
Ich weiß viel wohl, der ist nur gut,
Dabei die währende Stete mein
Soll auch in diesem Rathe sein,
Und ihr Gespiel meine Treue
Schlicht und immer neue,
Nu rathet alle sonder Krank,
So hülfet Euch Gott ohne argen Wank:
Wie ich Dummer, ich Sinnes-Kranke
Ohne kranke so danke
Der lieben werthen Frauen mein,
Daß ihr Leib und sie viel selig müsse sein
Für die Würde und die Würdigkeit
Der sie viel hat überstreut
Und gelegt an meinen Leib,
Aller Selden ein selig Weib,
Aller meiner Freuden Fraue,
Die viel freudenreiche Schaue
Die sie zu Freuden meinem Leben
Hat gefüget und gegeben:
O daß ich so viel töchte,
Daß ich ihr danken möchte
Um ihr viel werthes Angesicht
So wie ich sollte! – Nein, ich nicht!
Ich habe dazu nicht Sinne noch Gedank.
Denn dem Danken wäre zu krank
Salomon der weise,
Denn gleichet dem Paradeise
Ein Ding hie auf der Erde,
In gleicher Wunne in gleichem Werthe,
Hat das Jemands Auge gesehen,
Soll ich bei Gott Wahrheit gestehen,
So helfe mir Gott, ich muß gestehen,
Daß ich es habe an ihr gesehen,
Ich meine, als ich die Reine falsches frei
Mir so rechte nahe bei
Vertraut und heimelich
(Da ich sie nicht als Gast beschlich)
Mit ihrem viel guten Willen sach,
Das spreche ich noch, als ich da sprach,
Mit Herzen und mit Mund,
Daß wir die liebe Stund
Und die Schlaue thät so wohl,
Daß ich die Freude von Rechte soll
Beide muß und immer will
Für aller andern Freuden Ziel
Preisen und krönen,
Und wünsche der viel Schönen,
Daß ihr Leib, ihr Lob, ihre Ehre
Sei selig immermehre,
Sie Liebe, sie Reine, sie Selig, sie Hehre.

Was Selden ich von Kinde her
Noch über meines Herzens Begehr
Habe gesehn und hören nennen,
Kann ich für Selde nicht erkennen,
Bei der viel hohen Seligkeit
Die mir war allda bereit,
Viel seldenreiche Fraue mein,
Daß ich den wonniglichen Schein
Und das freudeschwang're Sommerjahr
Das in Eurer Schöne blühet gar
So rechte seliglichen sah,
Davon so Liebe mir geschah.
Daß ich der Freuden' immer will
Mich freuen bis an meines Endes Ziel,
Und all mein Wünschen, das ich han
Hie viel manniche Zeit gethan
Das war viel nah ergangen gar,
Sich hätte mein Wille mein Wunsch alldar
In Gelegenheit wonniglich
Gefüget und geleget sich,
Wie ich ihn legen wollte,
Wenn ich wünschen sollte:
Was sollte mir fürbas mehre
Bess're Freude, großre Ehre,
Größre Selde, besser Trost,
Wie würde ich immer das erlost
Von Herzensschwere, von Herzensleide,
Denn von solcher Augenweide
Und solcher Wunder-Schaue?
Meine viel herzensliebe Fraue,
Ich war zu Wunsche gar gewährt
Was mein Wunsch je hatte begehrt,
Daß keines Wunsches ist gebrast,
Denn daß ich eines war ein Gast
Das da heißet Krone
Ob aller Freuden Lohne,
Aus meiner Selden Fingerlein
War meiner Freuden Rubein
Recht da mitten ausgenommen;
Da ich zu Lande sollte kommen
Wie der Kiel auf wilder See,
Da fernte ich dem Lande je meh,
Also hätt' ich beide
Herzenliebe und Herzenleide,
Höllensitz und Himmelreiche,
Dem Marterer viel gleiche,
Den man da nennet Tantalus,
Des Noth ist auch gestalt alsus,
Er schwebet auf einem breiten See,
Und ist ihm doch von Durste weh,
Auch hat er viel große Quale
Von Hunger zu allem mahle
Wie nahe seinem Munde sei
Der Zweig von edlem Obste bei:
Wie denn? Es fliehet je von dann
So wie er reichen will daran,
Und so kommt ihm zu aller Stund
Speise und Trank an den Mund
Und wieder so von danne;
Geleich dem armen Manne
Hätte ich Freude und dabei Noth,
Hie das Leben, da den Tod,
Von der Stunde und von der Zeit
Ließ ich doch nimmer seit
(Wie ich auch fluchte der Huthe)
Das Wort aus meinem Muthe:
Sie Liebe, sie Reine, sie Gute.

Möcht' ich, als mein Wille staht
Und als mir gibt mein Herze Rath,
Euch sagen hohen Dank,
Das thät ich, weiß Gott, sonder Wank,
Viel selig Fraue hehre
Ihr habt mir also sehre
Gehöhet meinen sehnenden Sinn,
Und alle meine Sinne hin
Von mir geführet so,
Beide ferne und so hoh,
Als ob ich in dem Himmel sei
Oder aber viel nahe dabei,
Alexander der hehre
Der edel Wunderere,
Dem geschah nie Freuden halb so viel,
Da er über der Sterne Ziel
Von Greifenklau geführet ward?
Wohl mich meiner seldiglichen Fahrt,
Da ich gewann so hohen Gewinn
Daß ich so hoch getheuert bin;
Ob ich Euch das alles wohl
So danke, wie ich von Rechte soll?
Das kann nimmermehr geschehn,
Will ich die Wahrheit recht gestehn
Muß ich's angreifen anders viel,
Wenn mir's die Selde gönnen will.
Muß ich bei allen meinen Tagen
Euch immer Dank und Gnade sagen,
Daß ihr, viel selig Fraue mein,
Mich heißet Euern Ritter sein,
Und nehmet mein so große wahr,
Daß Ihr geruhet, daß ich fahr
Für Euch die hehre Gottesfahrt,
Ich wäre, weiß Gott, viel unbewahrt
Ehren und Seligkeit,
Sollte ich das nicht sein bereit
Womit ich Eure Huld erjagen mag,
Und dabei den viel hohen Bejag
Gottes Lohnes und Gottes Minne
Erwerbe und gewinne,
Wenn ich mich an die Reise
Und die selig Freise
Mit begehrendem Willen hebe;
Ja gerner, weiß Gott, denne ich lebe.
Nu hat aber meine Gewohnheit
Wieder mich zu mannicher Zeit
In ihrem angewöhnten Wahn
Viel dumme Frage gethan:
Was meinet sie, die Gute,
Mit also fremden Muthe,
Mit so wunderlichen Sitten,
Daß sie dich mag bitten,
Daß dein Leib eine Fahrt besteh
Um ihretwillen über See?
Sollt du für sie, viel Süssen,
Eine ihrer Schulden büssen,
Die vor aller Missewande gar
Ist beide lauter und baar?
Das wundert mich viel sehre. –
Nun schwieg der Rede mehre,
Viel sinneloses Herze mein,
So dummes Wähnen das laß sein!
Meine selge Fraue hat sonder Wahn
Ihre große Selde an mir gethan,
Als mein Wille je hat begehrt,
Das hat sie mich damit gewährt,
Es ist mein Wille und auch mein Begehr
Gegen sie gewesen alles her,
Daß ich erfünde die Mähre,
Was an ihr mein Wille wäre,
Nun sehe ich wohl, ihr Wille, ihr Muth
Sind beide süße und beide gut,
Sie will fürwahr ohn' allen Spott
Was ich gegen ihr und wider Gott
An Dienste mich versäumet habe,
Daß ich komme der Sünde abe
Und sie ihnen beiden büße:
Des neige ich auf ihre Füße,
Sie Liebe, sie Reine, sie Süße.

Meine Hände falt' ich Euch,
Fraue mein, Ich Euer armer Pilgerein,
Und bitte und mahne Euch sehre
Durch Weibes Güte und Ehre
Und durch Euch selber auch, daß Ihr
Euer selber Gnade an mir
Gnädiglichen bedenket,
Und mir davon nicht wenket
Ihr laßt mich Euren Pilgerein
Auf dieser Gottes-Fahrte sein,
Und recht als selig Ihr seid
So bescheidet mir die Zeit,
Wenn Ihr gebietet, daß ich fahr,
Daß ich mich daran bewahr,
Daß ich möge kehren
Meine Fahrt nach Euren Ehren
Zurechte und also wohl
Als Euer getreuer Ritter soll.
Bescheidet mir die Maße
Was ich thu' oder was ich lasse,
Das soll nicht länger sein gespart,
Wie Ihr wollt, daß ich meine Fahrt
Soll schicken und stellen,
Mit was Gezoges, mit was Gesellen,
In welcher Masse, in welcher Weise,
Nach ritterlichem Preise
Oder nach göttlicher Achte,
Was daran in Euer Trachte
Und Euren Gnaden wesen müge,
Darnach als es Euch Fraue tüge,
Das wahrlich, edles Weib,
Nimmermehr unterbleib
So groß als um ein Haar,
Wann ich immer wohl gefahr,
So will ich, viel liebe Fraue mein,
Mit Treuen Euer Waller sein,
Und befehlen auf diesem langen Wege
All mein Heil in Eure Pflege,
Daß ich vor Kummer sei bewahrt,
Und wisset bei Gott, daß ich die Fahrt
Sonderlich alleine
Euch zu Dienste meine,
Und nur durch Eure Ehre
Auf diese Reise kehre
Und durch keinen andern Muth,
Sie ist nicht so sanfte noch so gut.
Daß ich sie auf keine Weis
Durch hohe Güte durch hohen Preis
Bestehn noch leisten wollte,
Wann ich Euch nicht sollte
Getreuen Dienst erzeigen mit,
Wohl ihn ich nicht so loser Sitt,
Auch bin ich des viel unbetrogen,
(Mir haben denn die Weisen gelogen,)
Daß Gott unser Herre Christ,
Des eigen all die Welt ist,
Will haben die Fahrt alleine
Und mit Niemand gemeine,
Wollt ich sie ihm dann allein weihn,
So müßtet Ihr, Fraue, übersehen sein,
Ihm genüget auch die halbe Fährte nicht,
So weiß ich wohl, was mir geschicht,
Beide ich muß und ich soll
Begierig zu Muth, begierig zu dulden wohl
Euch dienen und Dienst zugestehn,
Mag aber meine Fahrt also geschehn,
Daß Ihr sie mögt als Dienst annehmen,
Und sie dabei mag Gott geziemen,
So wohl mich dann noch immer meh,
Da weiß ich dann nur, wies ergeh,
Daß ich wohl alle Stunde
Spreche von Herzens Grunde:
Süßer Gott, viel reicher Gott,
Durch deine Hulde, durch dein Gebot
Diene ich deinem Namen hie
Und befehle deinen Tugenden die
Hat meinen Dienst gemeine,
Sie Liebe, sie Gute, sie Reine,
Sie Liebe, sie Gute, sie Reine.

Ich bitt' Euch, hehre Fraue gut,
Wieder durch Euern süßen Muth
Und durch Eure seligliche Sitt,
Denen nicht als Selde folget mit,
Und durch viel manniche Eure Tugend,
Bedenket meine dumme Jugend,
Die tröstet mir mit einem Sitt,
Als ich Euch meine und als ich bitt,
Daß Ihr auf diese Gottesfahrt
Mich seliget und also bewahrt
In dieses ferne Elende,
Daß ich von Euere Hände
Das hehre Zeichen müsse nehmen,
Das mag Euch, Fraue, wohl geziemen,
Seit ich durch Euch fahren soll
So füget sich die Fuge wohl,
Daß ich Euch Euer Kreutze trage,
Glaubet, Fraue, was ich Euch sage,
Ich nähm' es nicht von seiner Hand
So gerne, der da Pabst ist genannt,
Als von Euch, viel sel'ge Fraue mein,
Ich wollte eh sonder Kreutze sein
Und auch ohne Kreutze fahren.
Drum sollt Ihr, Fraue, mich bewahren:
Auch vertraue ich Euren Tugenden wohl
Wann der Tag nun wesen soll,
Daß sich meine Fahrt soll enden,
Daß Ihr von Euren Händen
Mich viel gern empfahen laßt
Zugeräthe das dazu gestat,
Ich meine Tasche und Stab,
Ich denke nimmer Gottes Grab
Anders zu beschauen, noch zu sehen,
Mir möge denn dieß Heil von Euch geschehen;
Auch gehe ich an der Stunde,
Daß ich von Eurem Munde
Müsse empfangen Euren Segen,
Der mein dort unterwegen
Auf meiner Straße auf meinem Wege
Schöne hüte und schöne pflege,
Mir kann auch nimmer missegahn,
Wenn ich Euern Segen han.
Was Segens ich nu meine,
Viel selig Fraue reine,
Soll ich Euch das zeigen an?
So wisset, Fraue, sonder Wahn,
Es ist ein tugendlicher Gruß,
Der mit spielenden Blicken muß
Viel schöne sein gesüßet,
Was der an mir büßet
Leiden von Herzens Grunde?
Und in derselben Stunde
Soll Euer rosenrother Mund
Mir viel schiere machen kund
Euer Küssen eines,
Und auch anders keines
Als das beste, das er hat,
Wohl mich danne, wenn es vergaht,
Gott gebe, daß da Niemand bei
Durch Spähen noch durch Melden sei
Als alleine wir beide,
So lieber Augenweide
Wenn mir die von Euch geschicht,
Die gönnte ich meinem Bruder nicht
Zu wissen noch zu sehen,
Soll ich Wahrheit gestehen,
Als ich wahrlich von Rechte muß,
Umme das Küssen und um den Gruß,
Gewinne ich die beide in meine Pflege,
Wie stark sie sein die Donnerschläge,
Wie groß und auch wie schwinde
Sein Fluthen und auch die Winde,
Ich bedarf keiner ander Wehr
Für die Winde und für das Meer,
Und will doch bei den beiden wesen,
Und traue vor ihnen beiden zu genesen
Und darzu vor den Heiden,
In allen meinen Leiden
Traue ich's darzu zu bringen
Daß mir helfen singen
Freunde und Feinde offenbare:
Das ist ihre Schaue
Sie weibliche Fraue!
Mich soll ihr lachen
Froh machen,
Sie Schöne, sie Klare.

Der Reinen gefiel wohl, was sie in dem kleinen Büchel geschrieben fand, mit ihren lichten Augen las sie dann den Brief, worin sie die Lied fand.

 
12) Eine Tanz-Weise.
       

Wohl mich der Sinne, die mir je riethen die Lehre,
Daß ich sie minne von Herzen je länger je mehre,
Daß ich ihre Ehre
Recht als ein Wunder besunder so sehre
Minne und meine, sie Reine, sie Selige, Hehre.

Selden ich wäre viel reich und an Freuden der Frute,
Wollte meine Schwere bedenken die viel Hochgemuthe,
Die wohl Behuthe,
Vor falschen Dingen, mit Singen ich muthe,
Daß sie mein hüte mit Güte, sie Liebe, sie Gute.

Meine Hände ich falte mit Treuen begehrende auf ihre Füße,
Daß sie wie Isalde Tristanden mich trösten müsse,
Und also grüße,
Daß ihre Gebere meine Schwere mir büße,
Daß sie mich scheide von Leide, sie Liebe, sie Süße.

Mein sehnendes Denken dabei meine Sinne allgemeine,
Gar ohne Wenken besorgen besonders das eine,
Wie ich ihr bescheine,
Daß ich nu lange mit Sange sie meine,
In stetem Muthe, sie Gute, sie Liebe, sie Reine.

Ich wünsche, ich ringe nach einem noch vor grauem Haare,
Daß mir gelinge mehr als ihre Gnade gebare,
Trost meiner Jahre
Daß ist ihre Schaue, sie Fraue, zuwahre,
Mich soll ihr Lachen froh machen, sie Süße, sie Klare.

Als sie die Lied gelesen, ging die Reine zu dem Boten und sprach: ich will deinem Herrn immer danken, daß er gegen mich so gemuth ist, bitte ihn, daß er sich schöne zu der Fahrt bereite, damit er gerüstet sei, wenn ich ihm entbiete, daß er fahren soll: ich will ihn aber selber sehen, wenn es mit Fuge geschehen mag, er soll auch nicht mehr so viel Botschaft zu mir hersenden, ich fürchte, daß man es merkt, daß ich so viel mit dir rede: wenn es Zeit wird, daß ich ihn mit Fuge sehen kann, so will ich es ihm entbieten.

So schied der Bote von ihr und fand mich nicht, wo er mich gelassen hatte, denn er fand mich zu Wien, wohin ich aus Kurzweil gekommen war, ich sah da manches schüne Weib. Mein Geselle sagte mir, was meine Frau gebot, ich freute mich, daß ich sie noch einmal sehen sollte und ritt mit Freuden von Wien in die Land, um manche schöne Fraue zu sehen. Der Sommer kam auch wieder, und ich sang diese neuen Lied.

 
13) Eine Tanz-Weise.
       

Des Maien Hochzeit ist hie
Reich an Freuden, reich an aller Seligkeit,
Den Freudelosen gibt wohl dir
Trost für Trauern, Trost und Rath für sehnende Leid,
Herze liebe Fraue, sprich,
Du alleine bist mein Maie, sage, wie willt du trösten mich?

Schaue, sel'ge Fraue mein,
Wie der Maie sein Gesinde trösten kann,
Soll ich dabei traurig sein?
Nein, o Fraue, freue mit freudesiechen Mann,
Thu mir wie der Maie thut,
Der giebt Trostes viel den seinen dabei freudereichen Muth.

Sel'ge Fraue, selig Weib,
Freuden- und Wonnen-Trost und Selde meiner Tage,
Deines Trostes hat mein Leib
Lange her gewartet mit mannicher sehnenden Klage,
Wenne kommt mir Freudenschein?
Wenne willt du selig Fraue, trösten das sehnende Herze mein?

Wann ich nicht genießen kann
Deiner Güte nach der langen Treue mein,
So laß mich viel sehnenden Mann
Derer genießen, denen ich durch den Willen dein
Soll und muß gedienen viel,
Das sind alle gute Weib, deren Leib ich immer ehren will.

Guter Weibe milder Sinn
Und ihre Güte, die Genaden Wunder thut,
Lege ich zum Bilde hin
Deinem Muthe, daß er mir noch werde gut,
Weibes-Güte erzeige an mir,
Daß ihr aller Güte, ihr aller Wünschen müsse danken dir.

In diesem Sommer blieb ich selten drei Tage an einer Statt, man sah mich dort und hie und allenthalben fahren, denn es ward den Sommer viel geturniret, ich diente willig meiner Frau mit Tyoste, bis der Winter wieder kam. Da gedachte ich: ach! wann wird es denn sein, das meine Frau mir etwas Gutes entbietet? Wollte Gott, ihre Botschaft käme mir bald; auch muß ich traurig sein, daß ich meinen Boten nicht zu ihr senden darf; wie weh mir aber mein Sehnen thut, will ich doch ihr Lob singen, das rathe mir mein Herz. Da sang ich die Lied:

 
14) Eine Tanz-Weise.
 

O weh! daß ich bei den Wohlgemuthen also lange muß beleiben ungemuth,
Und ich doch der großen Trauer bin zu krank!
Soll aber ich sie minnen, die mich hasset, soll mir lieben, die mir also leide thut?
Ja, so will das Herze und aller mein Gedank;
Sie nimmt mir Freude, die mich Sorgen sollte machen frei:
Nu laßt sie also rauben, sie mag Freuden mich viel wohl versehren!
Aber eines kann sie nicht erwehren,
Mir sei noch Freuden Hoffnungen bei.

Sie viel ungenädig Weib, die mich so raubet Sinne Selde und all der Freude mein!
Was mag ihre Gewalt mir Liebes mehr benehmen?
Ich will einer Freuden immer all die Weile ich lebe, von ihr unberaubet sein,
Die mir ohne ihren Dank muß rechte wohl geziemen,
So reiche Freuden wünsche ich, daß mir thut das Wünschen froh,
Ach, was lieber Dinge bringen mir von ihr die Wünsche mein!
Soll jemand froh vom Wunsche sein,
So steht auch von dem Wunsche mein Gemüthe hoh.

O weh, sollte ich ihr viel Lieben, ihr viel Guten, Hochgemuthen, also nahe sein,
Daß ich ihr von meinem Wunsche müßte sagen,
Was ich mir von ihr zu Gute, was ich mir von ihr zu Dienste in dem Herzen mein
Hab gewünschet her in meinen sehnenden Tagen!
Vielleicht, daß sie dieß Wünschen mir ließe sonder Haß! –
Zürnte aber sie, die Gute, das versöhnte ein Küssen an ihren Mund:
Es wünschet darin wohl tausend Stund
Näher und näher, bas und aber bas.

Von ihren lichten Augen spielende Blicke, von ihrem Munde ein minniglicher Freundes-Gruß.
Süße in Treuen, wohl geläutert als ein Guld,
Wenn ich das nicht minniglichen wünsche, werde mir der Sorgen nimmer Buß;
Ich habe nach ihnen beiden Jammers viel geduldt:
Viel ofte ich eines dabei wünsche das ich sagen will,
Daß sie, Liebe, Gute, mochte mitten in mein Herze sehen,
Darinne mein Gemüthe spähen
Was ich mir Gedanken gegen ihren Hulden spiel.

Gute Weib, Ihr helfet wünschen, daß ich werde der viel Lieben also werth,
Daß sie mein zum Herzensfreunde wünschte sich
Würde ich immer von Ihr meines Wunsches so Wunsche und also wonniglich gewährt,
Ja so möchte man hochgemuther sehen mich,
Denn so Freudenreichen all' die Welt nie gewann
Als ich dannen wäre, wenn ich ihr viel minnigliches Ja
Vernehme von ihrem Munde da,
So begünnte ich Freude der ich nie begann.

Sie viel minnigliche Gut, gut von rechter Güter, gut vor allen guten Weib,
Wo hat mir ihre Güte denn verborgen sich?
Ich hab' bei ihrer Güte sehnende Schwere, ein sehnendes Herze und ohne Trost viel sehnende Leib,
Davon sollte die Gute wohl behüten mich:
Ja, wahrlich, fünde ich irgend Trost für Trauern anders wo,
Eh daß ich verdürbe meiner Freuden meiner besten Zeit –
An ihr allein liegt Trost und Freud,
Ja, da soll er sein und ist ohne Ende do.

Als die Reine die Lied hörte, kam eine Güte in ihr Herz, sie dachte: wenn es mit Fuge geschehen kann, muß ich ihn sehn, ich will ihm Hochgemüthe geben, denn er hat mir so viel gedient. Da ließ sie meinen Boten rufen und sandte ihn zu mir, der mir allen ihren Willen kund that. Mehr will ich nicht sagen und aus Zucht viel verschweigen. –

Darnach erließ mich die Gute der Fahrt, denn sie sah mich gern im Lande, davon nahm all mein Trauern ein Ende. Der Sommer kam wieder, mein Gedanke stand hoch; zwo Weisen sang ich gegen den Sommer, eine lange Weise und eine Ausreise.

 
15) Eine lange Weise.
       

Ihr Trost der Welt, und alle ihre Würdigkeit,
Ihr guten reinen Weib,
Ich suche nun wieder bei Euch Hülfe und Freundes Rath,
Ich habe geklaget so sehre mein Leid,
Daß mancher dummer Leib
Die lange Klage mir zu Gute nicht gar verfaht,
Davon zwiefaltet sich meine sehnende Noth,
Meine Fraue thut an Freuden mir den Tod
Viel ungemuth,
Dabei viel schameroth
Thun mich die, die sprechen, ich sei nicht wie sonst hochgemuth.

Wenn mich meine Klage nicht anders kann verfahn,
Bis an meines Endes Ziel,
Und daß ich immer mich ihres Trostes finde bloß
Die ich zum Troste nur aus all der Welt han
Und immer haben will,
So muß ich suchen aus Noth mir ein ander Loos;
Mein Leib sei froh, den laßt in Freuden fahren,
Der Freuden Schein soll Spottes mich bewahren,
Das Herze mein
Kann Sehnen nimmer sparen,
Auf ihre Gnade soll das nun mein Leben sein.

Ihr guten Weib, wenn Euch der Rath behage
Den ich mir selber han
Für klagende Leid und auch sehnende Noth gegeben,
Das Euch mein Lob ist alle meine Tage
Mit Treuen unterthan,
So verderbet auch an mir nicht dasselbe Leben,
Ich meine dort, wo ich Trostes begehr
Und habe begehrt mit Treuen wohl lange her,
Würde ich gewährt
Ich würde wohl leichte den,
Der all der Weet sich däuchte vor Freuden werth.

 
16) Eine Ausreise.
       

Will Jemand nach Ehren die Zeit wohl vertreiben,
Zu Selde sich kehren, bei Freunden beleiben,
Der diene zu Fleiße mit Treuen viel schone,
Nach der Minne Lohne,
Der ist süße und reine,
Viel gut und alleine
Den guten gemeine.

Wer folget dem Schilde der führ' es ohn' Schanden
Mit Leibe mit Gute, mit Herzen mit Handen.
Das lohnet viel hohe mit hohem Gewinne
Die viel werthe Minne,
Die giebt Freude und Ehre,
Wohl ihrer süßen Lehre,
Sie kann trösten sehre.

Der Schild will mit Züchten, Kraft, kühnes Gemüth.
Schand' und ihr Gefolge er hasset und flieht,
Gott gebe nicht, daß man je bei ihm finde
So schwächlich Gesinde,
Er will, daß die Seinen
Auf Ehre sich peinen,
In Tugenden erscheinen.

Arge und Unfuge, und Unsitt, die wilde,
Geziemt nicht dem Helme und taugt nicht dem Schilde,
Der Schild ist ein Dach das nicht Schande kann decken,
Sein Glanz muß erschrecken
An Ehren die Weichen,
Vor Furcht sie erbleichen,
Die Farbe ist ihr Zeichen.

Hochgemuthe Frauen, ihr sollt wohl bedenken
Getreuen Gesellen viel stete ohne Wenken,
Den minnet, den meinet mit Herzen mit Muthe,
Daß ihn Eure Huthe
Behalte, behüte
Mit Liebe mit Güte
Frei vor Ungemüte.

Sie will ohne Schulde mit Haß mich bezwingen,
Der ich zu Dienste den Schild noch will schwingen,
Nu hab' ich für ihr Zürnen noch für Herzensschwere
Nicht anders Schildes mehre
Als den Trost alleine,
Daß ich sie baß meine,
Danne je Weib keine.

Gegen ihrem langen Kriege setzte ich meine Gedulde,
So steh gegen ihrem Hasse zu wehe meine Unschulde,
Mein Wehr gegen den Falschen das soll sein meine Treue.
Viel süße ohne Reue,
Mein kampflich Gewete
Für ihre neidigen Räthe
Das soll sein meine Stete.

Mit der Ausreise fuhr den Sommer mancher Ritter turniren. Viel ward in dem Sommer geturniret hie und dort in dem Lande, und ich versäumte keines der Ritterspiele. Ich war froh und den Sommer und Winter vor allem Trauern behütet, ich fuhr hiehin und dahin und war zu allen Zeiten hochgemuth. Da sang ich wieder diese Lied:

 
17) Eine Tanz-Weise.
       

Freut Euch minnegehrende Mann
Der viel Wonne bringenden Sommerszeit.
Freut Euch, das ist wohl gethan,
Wisset, Freude gibt Würdigkeit,
Hochgemuthes Mannes Jugend
Minnet werthes Weibes Tugend.

Weib sind reine, Weib sind gut,
Weib sind lieber denn irgend Dinges sei,
Weib sind schöne, wohlgemuth,
Weib sind aller Misse wende frei,
Weib sind gut für sehnende Leid,
Weib die fügen Würdigkeit.

Immer müsse selig sein
Ihr viel ehrenreich werther Leib,
Ja meine ich die Fraue mein,
Sie viel reine süße selig Weib,
Sie ist noch besser danne gut,
Schöne, dabei wohlgemuth.

Wohl mich, daß ich sie je ersach,
Wohl mir das, daß ich ihr dienen soll,
Wohl mir, das mir nie gebrach
Meine Stete an ihr, das thut mir wohl,
Wohl thut ihre Würde mir zumeist,
Die man von ihrer Güte preißt.

Gott sei mir als ich ihr sei,
Gott der müsse ihr manniche Freude geben,
Gott der mache sie Leides frei,
Gott lasse mich die Zeit erleben,
Daß mir also wohl geschicht,
Daß sie von mir als Freunde spricht.

Die Lied sang ich zur Sommerzeit, wenn die Vögel singen und der saftreiche Wald grüne Farbe trägt und die Haide ihr Sommerkleid von lichten Blumen angelegt, die vom Thaue naß werden.

Der Sommer verging wieder, daß man mich dort und hie sah Ritterschaft und Ritterspiel treiben, es wurde wieder viel um die süßen Weib geturniret. Gegen den Winter sang ich ein Singweise, die von ihrer Würdigkeit sagte, also:

 
18) Eine Sangweise.
       

Er Thore viel dummer, des Leib sei gehaß
Den Merkeren durch ihr arges Spähen,
Ihr Merken, ihr Hüten das tröstet noch das
Denne an dem Dummen das taube Uebersehen,
Wer guten Weiben ihren gütlichen Muth
Wohl kann gemerken, des Merken ist gut,
Wer das nicht merket der ist taub und unfrut.

Unfälschliches Merken, seht, das ist ein Preis
Mannen und Weiben, der viel hohe staht,
Von gütlichem Merken wird man ehrenweis:
Unwerthes Merken in Neide ergaht,
Und Huth in Neide, den zweien trag' ich Haß,
Von rechtem Hüthen will ich sprechen das,
Daß all der Welt geziemt nicht Dinges bas.

Die Huthe an den Weiben die thut mich so froh,
Daß ich ihnen wünsche, daß sie recht sein behuth,
Mit Huthe beschlossen viel sehre, und also,
Daß ihnen die Huthe behüte den Muth
Mit rechter Güte vor sachlicher Sitt,
Daß sie nirgend wanken von Güte einen Tritt,
Die Huthe ihnen allen ich wünsche und bitt.

Meine Fraue kann hüthen ihrer Ehren sowohl,
Daß sie in ihrer Huthe so wehrlichen staht,
Sie wehrt sich Unpreises so recht als sie soll,
Als nur nicht des einen, das sie an mir begaht,
Sie will nicht merken, daß ich von ihr trage
Leidende Schwere nu viel manniche Tage,
Und daß ich ringe mit wehthuender Klage.

Und könnte sie merken, sie müßte mir gestehen,
Daß Ihr mein Dienest ist stete ohne Wank,
Nu mag sie heimlich in mein Herze spähen,
Wie gegen ihren Hulden spielt all mein Gedank,
Sie mag da schauen, wenn sie's merken will,
Ein süßes Hoffen, dabei Jammers viel,
Der zweien Schanze ich gegen ihren Hulden spiel.

Die Lied mußten allen gefallen, die durch die Frauen fröhlich gemuth waren. Wie ich den Winter meiner Frauen diente, und wie ich auch bei trüben Tagen froh war, alles das zu sagen wäre zu viel. Als der Winter verschwunden, sang ich diese Lied:

 
19) Eine Tanz-Weise.
       

Bei so großem Ungelingen
Daß die Welt ist so unfroh,
Will ich lachen und auch singen,
Mein Gemüthe steht also,
Was sie heißen klagende Noth,
Sollte ich damit immer ringen, so wäre ich noch sanfter todt.

Ich weiß wohl, daß Weibes Güte
Friuden-Fund uns jetzt kann geben,
Dabei Trost für Ungemüthe,
Dieser Hoffnung will ich leben,
Daß sie, die mein Herze hat.
Vor Unfreuden mich behüte, die Weile es so übel staht.

Will die minnigliche Gute
Minnigliche hüten mein,
Vor Unfreuden, vor Unmuthe,
So muß ich viel selig sein,
Hüten ist den Sehnenden leid,
So wonnigliche Huthe wäre mir eine Seligkeit.

Will sie Gute, will sie Reine,
Will sie Süße minniglich
Hüten mein, vor Leid sie eine,
So bin ich viel freudenreich,
Was mir Leides kann geschehen,
Darauf achte ich sehr keine, will sie mir zum Freunde stehen.

Wann ich mich ihrer werthen Minne
Von ihren Schulden muß bewegen,
So bringe ich die Welt wohl inne,
Daß ich Freude will verpflegen,
Wovon sollte ich wesen froh,
Wenn von ihr meine Sinne noch mein Muth nicht stünde hoh?

Die Weise ward viel getanzt. Der Sommer war wieder reich an sommerlichen Freuden, er wurde wieder um die werthen Weib mit Ritterschaft vertrieben.


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