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Ulrich will eine Fahrt über Meer thun.
Ich ritt schnell nach Lichtenstein, wo ich mein Gesinde gelassen hatte, sie grüßten mich alle freudig, weil sie nicht wußten, wohin ich gekommen war, ich dankte ihnen, und blieb drei Tage da, dann ritt ich nach Oesterreich, denn zu Sanct Pölten war eine Turnei, dahin ritt ich mit sechs Gesellen, mein Bote folgte mir auch.
Auf der Straße zwang mich wieder mein sehnend Leid, und ich sprach zu meinem Boten: Möchte es mit deinen Hulden sein, so wäre mir lieb, wenn du zu Ihr rittest, daß du erführst, ob sie mir feind oder noch hold sei, und auf welche Weise ich heimlich zu ihr kommen soll. – »Ich fahre gern um Euretwillen hin, seid nur bei dem Turnei hochgemuth.«
Er schied von mir, und kam zu der Werthen, sie sprach zu ihm: Freund: ich bin deiner Kunst froh, du sollst mir nach der Wahrheit sagen, wie dein Herr sich gehabt. –– Da sprach der Bote: Fraue, wollt Ihr ihm gnädig sein, so wird er noch froh, Gott weiß, daß Ihr übel an ihm thut, denn ich habe noch keinen Ritter gesehen, der ein Weib so liebte; seine Witze brachen ihm, da er von Euch hier so scheiden mußte, ich hörte ihn laut das üble Wort: O weh! schreien. da lief ich ihm nach, und fand ihn, wie sich sein Sinn verkehrt hatte, er wollte sich selber den Tod in dem Wasser hie gethan haben, er hätte sich ertränket, hätte ich es nicht mit Witzen gehindert, und ihm gute Botschaft gesagt, die ihm wieder Kräfte gab: ich sagte ihm von Euch, daß er des Nachts wieder herkommen sollte, so wollet Ihr ihn minnen, davon kam sein Sinn wieder, ich gab ihm Euer Wangen-Kissen in die Hand, da wähnte er, alles sei wahr, was ich ihm gesagt hatte, darauf rieth ich ihm, zu seinen Pferden zu gehen, und als wir den Knecht fanden, sagt' ich ihm wieder, Ihr wolltet ihn über zwanzig Tage sehen und daß es Euch weh thäte, daß Ihr ihn von hinnen gelassen es sei nur um eine Frau geschehen, vor der Ihr Euch bewähren müßtet, diese würde aber bald fortreisen, so habe ich ihm von Euch gelogen, aus Furcht, der biedre Mann möchte sich sonst das böse Leid selbst thun; aber seid Ihr ihm nun nicht gnädig, so verwandelt er gar seinen Sinn; nun hat er mich auf den minniglichen Wahn wieder hergesandt, daß Ihr weibliche Güte an ihm begehen sollt, zu Sanct Pölten soll ich ihm Euern Willen sagen, da ist ein Turnei, wohin er Euch zu dienen gegangen ist.
Die Gute sprach: er wäre wohl lieber froh als traurig, wenn er Sinne hätte, denn ein trauriger Ritter erwirbt nie ein werthes Weib, welch Weib sich ertrauern läßt, das ist missethan; als er hier seine Zucht so brach, daß er so jämmerlich schrie, so hörte es der Wächter und ging von der Zinne und sagte in der Burg, er höre den Valand; man fragte ihn, wie und wo, er sagte. da bei der Mauer hört ich ihn laut: O weh! schreien, so fuhr er den steilen Weg zu Thal, daß ich dessen erschrak, die Steine rollten ihm nach, ich segnete mich in der Angst: wie behagt dir nun, mein Geselle, daß dein Herr so gebart; soll ein Ritter klagen wie ein krankes Weib?
Da sprach der Bote: wohl hat er übel daran gethan, aber er hatte seinen Sinn so verkehrt, daß er sein Leben geringe schätzte, hätte ich ihn nicht mit süßen Worten getröstet, so wäre er hie todt gelegen, und thut Ihr ihm nicht Gnade, so hat auch in kurzen Zeiten sein Leben ein Ende. – »Bote, sage deinem Herrn, wenn er meine Minne verdienen will, so muß er um mich eine Fahrt über Meer fahren, und behütet ihn Gott, daß er glücklich wiederkommt, so will ich ihn bei meinen Treuen so minniglich lohnen, daß er immer freudenreich bleibt, denn du weißt, daß ich seinen Dienst noch nie wollte angenommen haben, diese Fahrt aber soll er mir zu Dienste thun, dann lohne ich ihm, daß ich ihm all sein sehnendes Leid verschwende.« – »Fraue, ich sage ihm Euern Willen, und gewiß thut er die Fahrt, denn ich weiß, ihm kann nichts Lieberes geschehen, als wenn Ihr Dienste von ihm begehrt.«
So schied der Bote von ihr. Er fand mich zu Wasserberg, dahin war ich vor dem Turnei geritten. Ich ging mit ihm allein und sprach: du sollst mich wissen lassen, was meine Fraue mir entboten hat. Da sprach der Bote: sie sagt, Ihr habt mit Dienst noch keinen hohen Minnesold geholt, Ihr müßt noch eine Fahrt fahren, und wenn Euch Gott behütet, daß Ihr glücklich wiederkehrt, dann will sie Euch lohnen; die Fahrt soll über Meer sein.
Ich sprach: der Fahrt wird sie gewährt, ich will um sie todt liegen, oder ich hole ihren Minnesold. Er sprach: mir gefällt die Fahr nicht, denn Ihr mögt wohl todt liegen, wann Ihr über See fahrt und verliert Ihr so um ein Weib den Leib, so habt Ihr auch die Seele verloren, darum sollt Ihr hier bleiben.
Da sprach ich: Freund, Gott ist so gut und erbarmend und so tugendreich, daß es ihm nicht leid ist, wenn ein Mann einem Weibe herzlich dient, es ist sein Wille, daß man den Frauen mit Dienst bereit sein soll, und Gott wird mich beschützen, denn ich will wahrlich die Fahrt thun, da meine Frau es mir entboten hat; ich wäre an Ehren verzagt, wenn ich ihr nicht dazu bereit wäre, ich bin froh, daß sie diese Fahrt von mir zu Dienste fodert, ohne ihren Dank habe ich ihr alle meine Jahr gedienet, wankte ich nun in meinem Dienste, den meine Fraue mir gebietet, so müßte ich gar verzagt sein. – »Da Ihr der Fahrt nicht abstehen wollt, so entbietet es ihr bald, denn sie ist dessen froh, ich will die Botschaft gern werben, ich weiß, ich werde gut von ihr empfangen, denn die Botschaft thut ihr sanft.« – »Da du mich tröstest, Geselle, daß sie es gerne hört, so will ich ihr wieder eine Botschaft dichten und ihr ein klein Büchlein senden, das ihr meinen Willen sagt, daß ich die Fahrt um sie gerne thue.«
Damit schied ich von den Boten und dichtete neue Lied und auch ein kleines Büchlein, kein Büchlein ward je so minniglich gedichtet. Dann ritt mein Bote zu meiner lieben Frauen, die sprach: Geselle, willkommen, du sollst mir sagen, ob dein Herr auf der werthen Fahrt Lohn erjagen will. – »Er hat mich gesandt, daß er alles gerne thut, womit er Euch dienen kann, er ist der Fahrt bereit und von Herzen froh, er sendet Euch ein Büchlein und gute neue Lied.
Sie nahm Lied und Büchlein und ging, wo sie beides las. Das Büchlein sprach so:
Das dritte Büchlein. |
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Wohl her, Freund, an meinen Rath, Was Selden ich von Kinde her Möcht' ich, als mein Wille staht Meine Hände falt' ich Euch, Ich bitt' Euch, hehre Fraue gut, |
Der Reinen gefiel wohl, was sie in dem kleinen Büchel geschrieben fand, mit ihren lichten Augen las sie dann den Brief, worin sie die Lied fand.
12) Eine Tanz-Weise. |
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Wohl mich der Sinne, die mir je riethen die Lehre, Selden ich wäre viel reich und an Freuden der Frute, Meine Hände ich falte mit Treuen begehrende auf ihre Füße, Mein sehnendes Denken dabei meine Sinne allgemeine, Ich wünsche, ich ringe nach einem noch vor grauem Haare, |
Als sie die Lied gelesen, ging die Reine zu dem Boten und sprach: ich will deinem Herrn immer danken, daß er gegen mich so gemuth ist, bitte ihn, daß er sich schöne zu der Fahrt bereite, damit er gerüstet sei, wenn ich ihm entbiete, daß er fahren soll: ich will ihn aber selber sehen, wenn es mit Fuge geschehen mag, er soll auch nicht mehr so viel Botschaft zu mir hersenden, ich fürchte, daß man es merkt, daß ich so viel mit dir rede: wenn es Zeit wird, daß ich ihn mit Fuge sehen kann, so will ich es ihm entbieten.
So schied der Bote von ihr und fand mich nicht, wo er mich gelassen hatte, denn er fand mich zu Wien, wohin ich aus Kurzweil gekommen war, ich sah da manches schüne Weib. Mein Geselle sagte mir, was meine Frau gebot, ich freute mich, daß ich sie noch einmal sehen sollte und ritt mit Freuden von Wien in die Land, um manche schöne Fraue zu sehen. Der Sommer kam auch wieder, und ich sang diese neuen Lied.
13) Eine Tanz-Weise. |
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Des Maien Hochzeit ist hie Schaue, sel'ge Fraue mein, Sel'ge Fraue, selig Weib, Wann ich nicht genießen kann Guter Weibe milder Sinn |
In diesem Sommer blieb ich selten drei Tage an einer Statt, man sah mich dort und hie und allenthalben fahren, denn es ward den Sommer viel geturniret, ich diente willig meiner Frau mit Tyoste, bis der Winter wieder kam. Da gedachte ich: ach! wann wird es denn sein, das meine Frau mir etwas Gutes entbietet? Wollte Gott, ihre Botschaft käme mir bald; auch muß ich traurig sein, daß ich meinen Boten nicht zu ihr senden darf; wie weh mir aber mein Sehnen thut, will ich doch ihr Lob singen, das rathe mir mein Herz. Da sang ich die Lied:
14) Eine Tanz-Weise. |
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O weh! daß ich bei den Wohlgemuthen also lange muß beleiben ungemuth, Sie viel ungenädig Weib, die mich so raubet Sinne Selde und all der Freude mein! O weh, sollte ich ihr viel Lieben, ihr viel Guten, Hochgemuthen, also nahe sein, Von ihren lichten Augen spielende Blicke, von ihrem Munde ein minniglicher Freundes-Gruß. Gute Weib, Ihr helfet wünschen, daß ich werde der viel Lieben also werth, Sie viel minnigliche Gut, gut von rechter Güter, gut vor allen guten Weib, |
Als die Reine die Lied hörte, kam eine Güte in ihr Herz, sie dachte: wenn es mit Fuge geschehen kann, muß ich ihn sehn, ich will ihm Hochgemüthe geben, denn er hat mir so viel gedient. Da ließ sie meinen Boten rufen und sandte ihn zu mir, der mir allen ihren Willen kund that. Mehr will ich nicht sagen und aus Zucht viel verschweigen. –
Darnach erließ mich die Gute der Fahrt, denn sie sah mich gern im Lande, davon nahm all mein Trauern ein Ende. Der Sommer kam wieder, mein Gedanke stand hoch; zwo Weisen sang ich gegen den Sommer, eine lange Weise und eine Ausreise.
15) Eine lange Weise. |
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Ihr Trost der Welt, und alle ihre Würdigkeit, Wenn mich meine Klage nicht anders kann verfahn, Ihr guten Weib, wenn Euch der Rath behage |
16) Eine Ausreise. |
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Will Jemand nach Ehren die Zeit wohl vertreiben, Wer folget dem Schilde der führ' es ohn' Schanden Der Schild will mit Züchten, Kraft, kühnes Gemüth. Arge und Unfuge, und Unsitt, die wilde, Hochgemuthe Frauen, ihr sollt wohl bedenken Sie will ohne Schulde mit Haß mich bezwingen, Gegen ihrem langen Kriege setzte ich meine Gedulde, |
Mit der Ausreise fuhr den Sommer mancher Ritter turniren. Viel ward in dem Sommer geturniret hie und dort in dem Lande, und ich versäumte keines der Ritterspiele. Ich war froh und den Sommer und Winter vor allem Trauern behütet, ich fuhr hiehin und dahin und war zu allen Zeiten hochgemuth. Da sang ich wieder diese Lied:
17) Eine Tanz-Weise. |
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Freut Euch minnegehrende Mann Weib sind reine, Weib sind gut, Immer müsse selig sein Wohl mich, daß ich sie je ersach, Gott sei mir als ich ihr sei, |
Die Lied sang ich zur Sommerzeit, wenn die Vögel singen und der saftreiche Wald grüne Farbe trägt und die Haide ihr Sommerkleid von lichten Blumen angelegt, die vom Thaue naß werden.
Der Sommer verging wieder, daß man mich dort und hie sah Ritterschaft und Ritterspiel treiben, es wurde wieder viel um die süßen Weib geturniret. Gegen den Winter sang ich ein Singweise, die von ihrer Würdigkeit sagte, also:
18) Eine Sangweise. |
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Er Thore viel dummer, des Leib sei gehaß Unfälschliches Merken, seht, das ist ein Preis Die Huthe an den Weiben die thut mich so froh, Meine Fraue kann hüthen ihrer Ehren sowohl, Und könnte sie merken, sie müßte mir gestehen, |
Die Lied mußten allen gefallen, die durch die Frauen fröhlich gemuth waren. Wie ich den Winter meiner Frauen diente, und wie ich auch bei trüben Tagen froh war, alles das zu sagen wäre zu viel. Als der Winter verschwunden, sang ich diese Lied:
19) Eine Tanz-Weise. |
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Bei so großem Ungelingen Ich weiß wohl, daß Weibes Güte Will die minnigliche Gute Will sie Gute, will sie Reine, Wann ich mich ihrer werthen Minne |
Die Weise ward viel getanzt. Der Sommer war wieder reich an sommerlichen Freuden, er wurde wieder um die werthen Weib mit Ritterschaft vertrieben.