Ulrich von Lichtenstein
Frauendienst
Ulrich von Lichtenstein

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Dreizehntes Capitel.

Reise nach Chnütelfelde, Lioben, Chapfenberg, bis Murzuslage,
die achtzehnte Tagereise.

Die Nacht nahm ein Ende, da wappnete ich mich, so thaten die Hochgemuthen, ich zog aus das Feld, sehr fröhlich, daß ich meiner lieben Frauen wieder dienen sollte. Auf dem Felde hielt Herr Conrad von Medekke, der rannte mich ritterlich an, sein Puneis war schöne und lang, er trieb sein Roß mit den Sporen und dachte auf Frauenlohn, er verstach ritterlich sein Speer, daß ich es an meinem Halse empfand, ich machte ihm in seiner rechten Hand eine Wunde, was mir inniglich leid that, denn er war ein mannlicher Ritter. Herr Otto und Herr Dietrich von Buches fehlten beide meiner, worüber sie zornig wurden, daß sie die Fingerlein verloren hatten, denn sie warben mehr um Gut als um den Sold der Minne. Mit sieben Rittern stach ich und zog von dannen, fünf Fingerlein gab ich ihnen.

Man sah mich gegen Scheuflich reiten in das werthe Steyerland, neunzehn Ritter ritten mit mir und nur fünfe warteten meiner, die ritten mir mit freundlichem Gruß entgegen. Gott willkommen, Venus, edle Königin, zu Freuden in dies Land! Da neigte ich züchtiglich. Ich blieb die Nacht in Scheuflich, und am andern Morgen wappnete ich mich, so thaten auch die Ritter, die tyostiren wollten. Da kam aus dem Felde wohl geziemirt gegen mich ein biedrer Mann, Herr Ilsung von Scheuflich, der immer nach Ehren und Rittersnamen rang, er führte wohl fünfhundert Schellen an sich, sein Roß sprang in kleinen Sprüngen, laut erklang sein Ziemir, Silber und Gold war aus rothen und grünen Zendal geschlagen und glänzte so licht, daß um den Rhein kein Ritter schöner geziemiret ward, als mein Landsmann. Er führte in seiner Hand ein Speer, daran viel kleiner Schellen hingen, er nahm sein Roß mit den Sporen und stach mir meinen Schild vom Arm, daß alle Riemen wie von einem Donnerschlag brachen, der Tyost erklang, mein Schild fiel hin, auf seiner Achsel zerbrach mein Speer, wie man einen großen dürren Ast von einem Baum abreißt. Nie hab' ich jemals von einem Tyost einen so großen Krach gehört, weit weg stoben seine Schellen, die Schilde zerkluben sich.

Nach diesem schönen Tyost stach ich noch mit vier Rittern und gab ihnen fünf Fingerlein, sie sprachen; wahrlich, diese Königin fährt eine schöne Fahrt, Gott hat sie bisher geschützt, der müsse ihrer ferner pflegen. So zog ich im hohen Muthe nach Judenburg.

Ich wünschte, daß meine werthe Fraue meinen Muth zu ihr erkennen möchte, und daß sie mir dann gnädig wäre. Zu Judenburg empfing man mich freundlich, ich hatte die Nacht gut Gemach, und als der Tag kam, wappnete ich mich und fuhr geziemirt auf das Feld, da hatten sich auch neun Ritter schön gegen mich geziemirt, auf die ich neun Speer ohne Fehler verstach, drei verfehlten da meiner, und ich gab sechs Fingerlein.

Freudig hob ich mich dann gen Chnütelfelde zu Thal an der Mur hin. Am andern Tage verstach ich zwei Speer und gab zwei Fingerlein.

Nach Lioben ritt ich und fand da wohl zwanzig Ritter, ich ward von ihnen minniglich empfangen und dankte ihnen freundlich. Ich ritt in meine Herberge und als am Morgen die Sonne aufging, hörte ich in der Gassen den Ton von Floyten, die Ritter zogen schön geziemirt auf das Feld, in leuchtenden Wappenkleidern. Ich wappnete mich in ein Wappenkleid weiß wie ein Schwan und fuhr mit zehn Speeren auf das Feld. Da kam gegen mich mein Herr Dietmar von Steyer, wir trieben eilig die Rosse auf einander, und die Speere fielen als kleine Stücke in das Gras. Ritterlich kam dann gegen mich Herr Sifrit von Torsiol, unsre beiden Speere krachten und die Splittern flogen. Dreizehn Speere wurden da auf mich verstochen, und ich verfehlte dreier Tyoste, dreizehn Fingerlein gab ich hin.

Von Lioben zog ich zu Thal hinab, wo die Murz ihren Fall hat in die Muhre, das ist ein fischreiches Wasser, bei dem ritt ich zu Berge unter eine Burg, die sehr hoch liegt, welche Chapfenberg heißt und im Steyerlande wohl bekannt ist. Auf der saß ein Wirth, der immer den Muth hatte, alles Lob zu erwerben, das einem Ritter geziemt, er war milde, kühn und wohlgezogen, der hieß Wulfnig von Stubenberg, er war reich au Leuten und an Gut und lebte löblich. Als der ehrbegierige Mann meine Ankunft hörte, sprach er: die edle Königin soll mir willkommen sein. Der Hochgemuthe ließ meinen Boten verkünden, daß sie ihr kaufen sein ließen, er sprach: die edle Königin soll es von mir hier nehmen. Da man sie nicht wollte kaufen lassen, wollten die Boten fortgehen, er sprach: nein, Ihr sollt hier bleiben, da Eure Fraue auf ihrer Fahrt so gemuthet ist, daß sie nichts umsonst nehmen will, so kauft nur so viel Ihr immer wollt, sie sollte aber lieber bei mir hie sein, denn ich gebe ihr gerne. Mein Schaffer sprach: das lohne Euch Gott, denn ihr Muth steht so hoch, daß sie uns auf das Leben verboten hat, etwas anzunehmen, das man ihr umsonst geben wolle.

Da hieß der Hochgemuthe alsbald meinem Wirthe kund thun, so lieb ihm das Leben sei, sollte er mir den Kauf so geben, daß er für das, was drei Mark werth war, nur einen Pfennig forderte. Da meinem Schaffer dieser Kauf bekannt ward, ritt er eilig von dannen, der Biedre sandte ihm wieder nach und sagte: wo willst du hin? – »Von hier, denn der Kauf ist hier allzugut.« – Da lächelte der edle Mann und sprach: ich sehe wohl, ich muß durch Zucht Euch ganz Euren Willen lassen, oder Ihr bleibt nicht hier, schafft es nun, wie Ihr wollt. Damit ritt er fort und empfing mich ritterlich. Mit ihm kamen wohl dreißig Ritter zu Rosse, gekleidet nach Ritters Sitten, niemals ward ich besser empfangen, als wie mich der Tugendreiche empfing. Nach dem schönen Gruße ritt ich in meine Herberge, wo ich die Nacht Gemaches pflog. Am andern Tage ward ich wohl geziemirt, und mein minnebegehrendes Herze war hohes Muthes; auf dem Felde hielt köstlich geziemirt der von Stubenberg gegen mich, sein reiches Wappenkleid glänzte wie die Sonne, er ritt mir seinen Tyost so nahe, daß der Stoß kaum vermieden wurde, beide Speere bohrten ein Loch durch die Schilde, laut erklang der Tyost, und die Splittern fielen nieder, und zum Theil die Schilde, beide Arm hatte Male, und einige Ring vom Harnisch waren verschnitten. Alle, die die Tyost mit angesehen hatten, sagten, sie wäre ritterlich geritten. Da band der von Stubenberg seinen Helm ab und forderte ein Fingerlein von mir, das gab ich ihm mit Freuden. Darnach verstach ich noch zwölf Speere, und es geschah nach meinem Willen, daß ich keines Tyostes verfehlte, auch fehlte von den zwölfen meiner keiner, und ich gab ihnen zwölf Fingerlein.

Dann ritt ich mit Urlaub gegen Chinnenberg, da saß ein biederer Mann, Otto von Buchawe, weit durch Zucht und Mannheit bekannt. Sein Bote ritt mir eine Meile entgegen und sprach: viel edle Königin, Euch heißt in diesem Lande ein wendisch Weib willkommen, die will sich mit Ritterschaft auf dem Plan gegen Euch versuchen, wenn Ihr es ihr vergönnt, denn ich sage Euch fürwahr, in diesem Thal ist kein Ritter gesessen, der der Tyost pflege, darum will sie mit Speeren gegen Euch kommen, und durch Eure hohe Würdigkeit sollt Ihr ihr Tyost gewähren.

Ich lächelte und hieß den Boten sagen, daß ich wohl schon gegen Weib getyostirt hätte, daß ich aber dann keinen Harnisch angetragen und wäre von ihrem Tyost doch wohl gewesen; ihr Tyost thut so wohl, daß sich Niemand gegen sie wappnen darf. Der Bote sprach: Ihr habt Euch als ein Weib gekleidet und tragt doch Harnisch darunter, so besteht Ihr manchen Mann, darum will meine Frau gegen Euch nicht ohne Harnisch sein, sondern mit Harnisch Euch ritterlich als einen Mann bestehen.

Ich sprach: Herr Bote, ich will Euch sagen, vor allen Männern bin ich Magd und bin den Weiben mit großen Freuden beigelegen, ist Euere Frau wirklich ein Weib, so kann ich ohne Harnisch wohl ihre Huld verdienen. Da sprach der Bote, so sei es Euch denn bekannt, meine Frau ist ein hochgemuther Ritter und hat sich als ein Weib gekleidet, er ist ein minnebegehrender Mann und hat oft sein Leben um die minniglichen Weib gewagt. Ich sprach: wenn Eure Frauen ein Mann ist und er mich durch seine Würdigkeit bestehen will und Weibskleid angelegt hat, so bin ich das inniglich froh, und ein Tyost wird ihm gewährt, da er ihn auf so schöne Weise bittet.

Damit ritt der Bote von mir und sagte seinem Herrn, daß ich ihn mit Tyost bestehen wollte. Da wappnete sich der biedre Mann in einen leuchtenden Harnisch, sein Helm glänzte, auf dem war ein weiter Ring gemacht und köstliche Ohrenringe hingen vom Helme herab, er führte zween blanke Zöpfe, deren Länge auf dem Sattel schwankte, er hatte eine Godehsen an, das ist ein windisches Weiberkleid, sein Schild war köstlich blau, und Schapel waren hie und da wonniglich darauf gestreut, sein Roß war schön verdeckt mit blauem Zendal, die Decke war voll Schapel gestreut, die leuchteten von allen Blumen, die nur des Maien Zeit gibt, er führte ein großes Speer, ganz mit Blumen umwunden. So kam der Biedre gegen mich; ich hatte indessen auch ein großes Speer genommen, auf zweien schnellen Rossen kamen wir aneinander, so daß die Splittern hoch flogen, die Tyost brach durch die Schilde, daß man es auf beiden Armen sah.

Nach diesem kam ein wohlbekannter Ritter gegen mich, Ottaker Träge war er genannt, der rannte mich mit einem Speer an, das unmäßig groß war, was ihm aber wenig frommte, denn ich stach ihm nach meinem Willen das Speer durch seinen Helm ab den Fenstern, daß der Helm an meinem Speer schwebte, und beide Speere blieben ganz; der Helm hatte ihm Nase und Mund bestraufet, daß er nicht mehr stechen mochte. Da kam gegen mich der wohlbekannte Herr Sibot von Reichenfels, sein Tyost und der meine konnten nicht schöner sein.

Weiter fand ich da keinen Tyost. Von Puchenowe der Degen forderte da von mir sein Gold und so auch Herr Sibot, ich gab ihnen zwei Fingerlein. Des Trägen ungefüges Speer wurde mir da, das legte ich auf meinen Wagen und gab ihm kein Fingerlein, weil er mein gefehlt hatte. Desselben Tages zog ich nach Murzeslage.


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