Ulrich von Lichtenstein
Frauendienst
Ulrich von Lichtenstein

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Sechszehntes Capitel.

Stechen in Wien und zu Neuenburg,
der fünf und zwanzigste und sechs und zwanzigste Tag.

So schied der Bote von mir, ich ging in mein Bett, bis der Tag erschien, da vernahm ich eine Messe und empfahl mich Gott, wie es sich geziemet, denn ohne ihn mag Niemand einen halben Tag seine Ehre behalten. Dann ging ich in meine Kammer zurück und ward wohl gewappnet, über den Harnisch legte ich ein weißes gefaltenes Röckelein, darüber gürtete ich einen Gürtel, dreier Finger breit, vor den Busen steckt ich ein spannbreites Heftelein, einen Schleier legte ich auf das Haupt. Da hieß ich meine Posaune laut blasen, damit thät man den Rittern kund, daß ich bereit wäre. Ich ging zu meinem Rosse, das mit einer silberweißen Decke verdecket war, die hatte man künstlich geschnitten und bereitet, auf dem starken schnellen Rosse saß ich. Man brachte mir dreißig Speer, alle silberfarb, mein Schleier verdeckte mein Antlitz ganz, doch konnte ich sehr gut dadurch sehn.

Da hatte sich mein Kammerer von Gors selb achte gekleidet, daß es nicht schöner sein konnte, er ging zu Fuß und nahm mein Roß am Zaum, und mancher biedre Mann folgte mir nach. Das Gedränge war sehr groß, die Fenster waren voll Frauen, deren Glanz meinem Herzen wohl that. Sanft ritt ich durch die Straßen, und hundert schön gekleidete Ritter ritten mit mir auf schönen Pferden, sie sangen und waren froh, dabei ritten sechszig gewappnete Ritter, deren Wappenkleider wonniglich waren.

So kam ich auf das Feld, wo meiner der hochgemuthe Thumvogt gewartet hatte, als er mich sah, band er seinen Helm zu Haupt und nahm ein Speer in seine Hand. Er führte einen Busch von Pfauenfedern auf seinem Helm ellenhoch, sein Wappenrock war von einem rothen Sammt geschnitten, mit schönen Eichenblättern durchwirkt, so gefärbt war auch seine Decke. Sein Schild war niederthalben Gold, das Obertheil war von Pelz mannigfach, sein Roß war schnell, stark und gut.

Von Gors mein Kämmerer sprach: Frau, viel edle Königin, hie kommt der Thumvogt gegen Euch, nehmt in Eure Hand ein Speer und sitzet fest, denn er ist ein starker Mann. Man gab mir ein Speer in die Hand, ein andrer Ritter Gundacker von Steyr war indeß herfür gekommen, der mit dem Thumvogt zugleich gegen mich rannte, ich kam ihnen entgegen, den vordern fehlte ich, aber den zweiten traf mein Tyost an den Hals, wo Schild und Helm zusammengeht, so daß das Koller aufgetrennt wurde und daß der starke Mann sich etwas neigte, beide aber verstachen auf mich ihre Speer, und der von Steyr war froh, daß er ein Fingerlein von mir verdient hatte.

Auf dem Felde drungen sie nun so sehr hin und her, daß ich mir keinen Ring gewinnen mochte, das war mir verdrüßlich, oft rannten ihrer drei zugleich gegen mich, so groß war zu tyostiren ihre Gier, dann saß ich mit Kunst desto fester und bat Gott meiner zu bewahren. So ritt ich an dem Tage so künstlich, daß ich Zusammenstoßen vermied, da ward mancher Speer verstochen und mancher Harnischring aufgetrennt. Da ich wohl zwanzig Speer verstochen hatte, kam ein Ritter gegen mich, Herr Conrad von Streitwisen, der schon viele hohe Dinge um Frauen gethan hatte, er führte ein starkes Speer, das er mir auf der Brust verstach, so daß es mir durch die Platte drang, ich traf ihn oberhalb des Schildes am Halse so stark, daß er auf das Land fallen mußte. Davon ward auf dem Felde ein großer Schall, mancher sprach im Spotte so: ei, wie die Königin Venus die Ritter hie niedersticht! ich habe bei meinen Zeiten nie gesehen, daß Frauen also die Männer fällen können.

Da gab man mir ein ander Speer, und mein Herr Sifrit von Dotzenbach kam gegen mich, der kam mir, als er sein Speer ritterlich verstach, so nahe, daß er mir mit seinem Schilde den hängenden Aermel vom Röcklein zerrte, ich traf ihn da, wo der Helm den Augen ihren Schein gibt, so daß die Bande des Helmes zerbrachen und der Helm auf das Land fiel, der Biedre aber blieb sitzen.

Darnach verschwand ich noch neun Speere, mein Schild war gar zerstochen, daß er nur noch an den Riemen hing, da kam der Thumvogt und nahm mir den Schild von der Hand und band mir den Helm ab, er sprach: viel edle Königin, ich lasse Euch hie nicht mehr stechen, Ihr habt hie dreißig Speer verstochen, das ist Euch allzuviel, und ich gestatte es Euch nicht mehr. Da nahm mich der Hochgemuthe bei dem Zaum und ritt mit mir von den Leuten hinweg, wo ein Teppich niedergelegt war, darauf entwappnete ich mich und kleidete mich als eine Frau in köstliche Kleider, dann saß ich auf ein schönes Pferd und ritt hin, wo ich tyostiren sah; da war ein großer Krach von Speeren auf dem Felde, und es war ein schönes Ritterspiel.

Endlich bat ich es die Ritter lassen, und wir zogen [in] die Stadt. Da ritt ein Ritter zu mir und sprach: viel edle Königin, mein Herr, Herr Hadmar von Ehunringe hat Euch entboten, daß er Euer Diener sein wolle, wenn Ihr hie seiner wartet, bis er gewappnet ist, damit er ein Speer noch heut gegen Euch versteche. Ich sprach: sagt dem Herrn Hadmar, daß ich heut zu müde bin und daß er sich durch seine Fuge bis morgen enthalten möge, dann bin ich ihm bereit, und wenn er zehn Speer gegen mich verstechen will. Der Bote sprach: edle Königin, er soll es heute gerne lassen, da ihr ihm morgen bereit seid. Der Bote ritt von mir und sagte dem Herrn Hadmar, was ich ihm mit Züchten entboten hatte, der sprach: ich bin es zufrieden, wenn sie es morgen gerne thut.

So ritt ich in mein Gemach, woraus die Rede ging, die mir sehr leid that, die Königin hat dem Herrn Hadmar ihren Tyost versagt, was sie noch keinem Ritter gethan hat, vielleicht thut sie es darum, weil man spricht, er minne die Mann. Als Herr Hadmar diese Rede vernahm, ward er mir von Herzen gehaß und sprach: um diese Rede muß die Königin nieder liegen.

Ich hatte gutes Gemach in meiner Herberge, da kam ein Ritter zu mir, der biedre Herr Engelschalk von Königes-Brunne und that mir durch seine Zucht heimlich kund, daß mir Herr Hadmar gehaß wäre und warnte mich, weil er sich vermessen, mir ein Leid zu fügen. Ich sprach: dem mag wohl Rath werden, wer mich mit Stoß darnieder reiten will, gegen den treibe ich mein Roß so, daß es ihm wohl mag leid werden und er zusammt mir zu Haufen liegen. Ich dankte dem biedern Mann für seine Warnung und ging zur Ruhe in mein Bette.

Am andern Morgen kleidete ich mich und ritt mit manchem biedern Manne von dannen gegen Neuenburg, ich fuhr da über die Donau und ritt jenseits nach Neuenburg, wo wohl hundert Ritter meiner warteten, die mich schön empfingen.

Wir griffen sogleich zur Ritterschaft, und es ward ein schönes Ritterspiel schon früh am Morgen getrieben, zuerst stach mit mir Herr Gottfried von Dotzenbach, der um Umfang der Frauen warb und viele gute Lied von ihnen sang. Darnach tyostirte mit mir Herr Ulrich von Steuntz, nach ihm verstach Herr Otte von Otterstein ein großes Speer auf mich, dann rannte mich der starke Mann von Chiow an und stach einen Speer durch meinen Schild, daß man es weithin krachen hörte. Der arge Heinrich von Hakenberg stach löblich mit mir, der sehr karg und eben so tapfer war. Noch mancher Tyost geschah mit mir, und dreimal wurde mir der Helm vom Haupt gestochen, den ich doch mit seidnen Schnüren festgebunden hatte; doch neigte ich mich nie, was die Ritter wunderte.

Den ganzen Tag währte die Ritterschaft, so daß mein Leib endlich müde war, denn ich hatte im Dienst meiner Frauen bis auf den Abend tyostirt. Da nun Herr Hadmar sah, daß ich wohl vierzig Speer verstochen hatte und daß ich müde und schwach war, wie ein Weib, da that er ein unhöfisch Ding, denn er brachte gegen mich einen Ritter, der mich nieder reiten sollte. Da sprach der biedre Herr Engelschalk von Königesbrunne: Frau Königin, seht, dies ist der Ritter, der Euch nieder reiten soll, ich sah bei meinen Zeiten wahrlich nie so groß Unfuge, als Herr Hadmar sie begeht. Ich sprach: das mag wohl Rath werden, wenn er mich des Stoßes nicht erläßt, so mag ihm Schaden geschehen, denn ich kenn den Buneiz besser. Ich war ihm gehaß und machte den Buneiz lang, da kam er auch gegen mich, ich suchte ihm in die Quere anzukommen, und es gelang mir, daß ich ihn mit meinem Rosse traf, daß das seine strauchen mußte und ich ihm den Sattel-Bausch und Stegereif abritt und hätte ihn nicht ein Freund gegriffen, so wäre er in das Gras gefallen. Da brachte Herr Hadmar einen andern Sattel, den man auf das Roß legte, man gab uns zwei andere Speer, da dachte ich; es kann nicht anders sein, wir müssen beide hie liegen, oder einer muß die Ehre des Sieges haben. Ich trieb mein Roß an, und da er es gewahr ward, daß ich ihn mit Stoß bestehen wollte, furchte sich der Mann so, daß er mir auswich, worüber sein genug gespottet wurde, doch stach ihm mit Tyost den Helm vom Haupte. Dieser Ritter war Herr Bope von Busenberg genannt und diente den Frauen sonder Wank.

Der Tag war schon zergangen, da kam ein höf'scher Mann zu mir, Herr Rüdger von Antschowe, sein Wappenrock, seine Decke, sein Speer war alles von heller Farbe roth, er hatte oft in fremden Landen um Ehre große Noth erlitten. Da es finster geworden, sandte ich nach großen Lichtern, deren kamen viele auf das Feld. So stachen wir beim Schein des Lichtes, und im Dienst meiner Frauen verstach ich noch auf den Herrn Rüdiger sechs Speer.

Dann zog ich in meine Herberge und gab den Löblichen fünfunddreißig Fingerlein; dreiundvierzig Speere hatte ich an diesem Tage verstochen.


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